Kategorie: Gold

Weltordnung und Weltwährung drehen: Der Stern des Westens sinkt

Die bisherige Weltordnung ist mitten in einem scharfen Umschwung – und kaum jemand redet darüber.

Noch.

In Deutschland jedenfalls.

Der US-Dollar und mit ihm die USA verlieren in immer rasanterem Tempo an weltweiter Dominanz. Was das für die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten bedeutet, blenden die meisten Politiker am liebsten aus, ist es doch zu beängstigend. In rasendem Tempo übernimmt der Osten unter Chinas Führung die wirtschaftliche Weltherrschaft. Immer öfter lachen Staaten weltweit den Westen und seinen politischen Führungsanspruch aus. Der US-Dollar und mit ihm die USA verlieren in immer rasanterem Tempo an weltweiter Dominanz. Am schlechtesten steht dabei Europa da: Im Gegensatz zu den USA hat der Staatenverbund kaum eigene Rohstoffe. Alles, was Europa zu bieten hat, ist Wohlstand, der auf Erfolgen der Vergangenheit basiert und ein hohes innovatives Potential. Aber der Abstand zu früheren Entwicklungsländern wird stetig kleiner.

Und das ist erst der Anfang.

Es ist der Ukraine-Krieg, der den lange schwelenden Ärger der Welt über den Führungsanspruch der USA so deutlich wie nie vorher offenbar werden lässt. Es begann mit der ständigen Provokation Russlands durch die Führungsmacht der Nato, die von allen Verbündeten selbstverständlich vehement geleugnet wird. Nachdem die Annektierung der Krim für Präsident Putin kaum Folgen hatte, sah dieser sich ermutigt, im nächsten Schritt gleich die ganze Ukraine einzunehmen und marschierte am 24. Februar 2022 dort ein.

Die Reaktion des Westens fiel aus, wie immer seit vielen Jahren: Mit ihrer ganzen Wirtschaftskraft machten sie mobil gegen den Angreifer. Wieder einmal wurde die Herrschaft der USA über den Dollar benutzt, um massive Sanktionen einzuleiten, die bis heute ständig verstärkt werden. Dieses Verhalten ist weltweit gefürchtet und verhasst, wird es doch seit Jahrzehnten zunehmend genutzt, um andere Staaten zu politischem Wohlverhalten im Sinne des Westens zu bewegen. Aber diesmal geht die Rechnung nicht auf. Weil die Sanktionen weltweit zu extrem steigenden Energiekosten geführt haben. Weil Nahrungsmittel so teuer geworden sind, dass immer mehr Menschen sie sich nicht leisten können. Weil die Wut auf Nordamerika einen Point of no Return erreicht hat.

Die USA sind ein zerrissenes Land. Unter der Präsidentschaft von Donald Trump wurden die widerstreitenden politischen Meinungen im Land derart offenbar, dass sie weltweit nicht mehr übersehen werden konnten: Rechte Hardliner ziehen das Land zunehmend weg von seinem demokratischen Grundsätzen, zurück in einen fast mittelalterlich wirkenden Zustand. Mehrere völkerrechtswidrige Kriege mit weltweit bekannten Kriegsverbrechen haben besonders im Osten die Achtung vor dem Land, das ständig mit dem Zeigefinger Menschenrechte und demokratische Werte anmahnt, immer weiter schwinden lassen. Gleichzeitig ist der Punkt gekommen, an dem sich das ungebremste Schuldenmachen der Nation gegen sie wendet: Auf mehr als 32 Billionen Dollar werden die Staatsschulden inzwischen geschätzt. 32 000 000 000 Dollar. Die Folgen: Allein die Zinszahlungen für diese enorme Summe lagen in den letzten neun Monaten bei 652 Milliarden Dollar – 25 Prozent höher als vor einem Jahr.

Von Oktober 2022 bis Juni 2023 gab die US-Regierung 1,4 Billionen Dollar mehr aus, als ursprünglich im Staatshaushalt veranschlagt – auch deshalb, weil sie mit insgesamt 60 Milliarden Dollar Hauptfinanzier der massiven Kosten zur Verteidigung der Ukraine ist. Das sind um 170 Prozent höhere Ausgaben als in der gleichen Periode des Vorjahres. Sie treffen zusammen mit sinkenden Staatseinnahmen und deutlich gestiegenen Kreditzinsen. „Wir entgleisen in einem alarmierend schnellen Tempo“ fasste die Vorsitzende des Commites für einen verantwortungsvollen Staatshaushalt, Maya Macguineas, zusammen. Den amerikanischen Bürgern geht es nicht anders: Deren Kreditkarten-Schulden haben jetzt die Milliardengrenze überschritten.

Viel zu spät mahnte erst im Juni 2023 US-Finanzministerin Janet Yellen, die frühere Fed-Chefin vor immer stärkeren Sanktionen durch ihr Land: „Sie könnten die Sanktionierten dazu bewegen, sich Alternativen zu suchen,“ erklärte sie. Aber jetzt ist ein Zurückrudern gar nicht mehr möglich. Im Juli 2023 fiel der US-Dollar auf das niedrigste Niveau seit 15 Monaten, im August setzt sich der Trend bisher fort. Während die Öl-Importe Chinas um mehr als 45 Prozent zunahmen, ist die strategische Ölreserve der Vereinigten Staaten auf dem niedrigsten Stand seit 1983. Russland, dessen Kriegskasse durch die Sanktionen ausgetrocknet werden sollte, hat eine weiter sprudelnde Einnahmequelle, indem es jede Menge Öl nach China und Saudi-Arabien verkauft. Saudi-Arabien exportiert sein eigenes Öl teuer nach Europa – ein Ringtausch also, so wie es Nato-Länder mit den Waffen für die Ukraine vereinbart haben.

In Europa hat man sich mit den Sanktionen selbst geschwächt: Im Winter 2022/2023 konnte eine Energiekrise nur knapp vermieden werden; wie es mit dem kommenden Winter aussieht, wissen wir noch nicht. Die Energiekosten insgesamt sind erheblich gestiegen, besonders in Deutschland, dem Wirtschaftsmotor der EU. Inzwischen stagniert die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Auch Deutschland unterstützt die Ukraine im Kampf gegen Russland massiv: Bisher wurden, so Finanzminister Lindner am 14. August in Kiev, 22 Milliarden dafür ausgegeben, davon 12 Milliarden Euro für militärische Hilfe.

Ein kurzer, nicht vollständiger Abriss der letzten 50 Jahre soll aufzeigen, wie sich die bisherige Weltordnung zusammensetzt. In dieser gibt es sogenannte Schwellen- und Entwicklungsländer, die alle in wirtschaftlicher Hinsicht dem Westen bisher nicht das Wasser reichen konnten. Dazu gehören der Nahe Osten ebenso wie ganz Afrika, wie Indien, China und Südamerika. Dies hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten aber zunehmend verändert: Sowohl die arabischen Länder, als auch China und Indien, sowie immer noch Russland, drängen mit Macht, zunehmender Wirtschaftskraft und wachsendem Führungsanspruch auf die Weltbühne.

In den 1970er Jahren haben die USA und Saudi-Arabien einen Deal beschlossen: Die USA würden das Land beschützen, und dafür würden alle Öl-Verkäufe in Dollar abgerechnet. Nur mühsam erkennen die amerikanischen Politiker, wie sehr sich die Zeiten inzwischen gewendet haben. Das arabische Land ist schon lange nicht mehr ihr Freund, sondern erhebt im Nahe Osten einen eigenen Führungsanspruch. „Die Golfstaaten und Russland sind begierig darauf, alle Formen ihrer Zusammenarbeit innerhalb der OPEC zu verstärken“, titelten die Arab News am 14. Juli. Man müsse die globale Wirtschaft und die Stabilität des Ölmarktes stärken, hieß es, und: Die Golfstaaten stehen hinter dem UN-Beschluss, sich nicht in die „inneren Angelegenheiten“ (gemeint sind der Ukraine-Krieg und Chinas Anspruch auf Taiwan) anderer Länder einzumischen.

Die G7 (Abkürzung für Gruppe der Sieben) ist ein informeller Zusammenschluss der zu ihrem Gründungszeitpunkt bedeutendsten Industriestaaten der westlichen Welt in Form regelmäßiger Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs. Das Forum dient dem Zweck, Fragen der Weltwirtschaft zu erörtern. Ihm gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten an. Die Europäische Kommission hat einen Beobachterstatus.

Die G7-Staaten stellen etwa 10 Prozent der Weltbevölkerung und erwirtschaften etwa 45 Prozent des weltweiten Bruttonationaleinkommens. Die Gruppe wurde 1975 etabliert und 1998 durch die Aufnahme Russlands zur G8 erweitert. Am 24. März 2014 schlossen die anderen Mitglieder Russland aufgrund der Annexion der Krim aus und kehrten zum ursprünglichen Format der G7 zurück.

Den ersten „Weltwirtschaftsgipfel“, aus dem die G7 entstanden, haben 1975 der frühere französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing und der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt ins Leben gerufen. Die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien und den USA – die Gruppe der Sechs – trafen sich zu einem Kamingespräch auf Schloss Rambouillet in Frankreich. Angesichts der ökonomischen Probleme in den 1970er-Jahren – erste Ölkrise und Zusammenbruch des Systems der festen Wechselkurse (Bretton Woods) – diente das Treffen einem Gedankenaustausch über Lösungsansätze.

Foto: Gründungsversammlung der G6 1975 auf Schloss Rambouillet, Frankreich

Bestandteil des Bretton-Woods-Abkommens war der „White Plan“. In dessen Zentrum stand die US-Währung, zu der alle anderen Währungen ein fixes Wechselverhältnis hatten. Das Tauschverhältnis zwischen Dollar und einer Unze Gold wurde auf 35 Dollar je Unze Feingold (31,104 Gramm) festgelegt. Um die Goldparität des Dollars zu sichern, verpflichtete sich die Federal Reserve Bank of New York (FED), Gold zu diesem Preis unbegrenzt zu kaufen oder zu verkaufen. Der Goldpreis in US-Dollar wurde so für Jahrzehnte festgelegt. Der Dollar war damit goldgedeckte Weltleitwährung, eine Tatsache, die den USA zu großer wirtschaftlicher Macht verhalf.

Die Zentralbanken der Mitgliedsstaaten verpflichteten sich im Vertrag von Bretton Woods dazu, durch Eingriffe an den Devisenmärkten die Kurse ihrer Währungen in festgelegten Grenzen zu halten. Sobald einer der Wechselkurse nicht mehr dem realen Austauschverhältnis entsprach, mussten sie Devisen kaufen beziehungsweise verkaufen, um das Verhältnis wiederherzustellen. Devisengeschäfte waren hauptsächlich Käufe und Verkäufe von einheimischen Währungen der jeweiligen Länder gegen den US-Dollar. Der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde geschaffen, um das Funktionieren des Systems zu gewährleisten.

Tabelle: IWF – Wikipedia

Das Bretton-Woods-System litt von Anfang an unter einem als Triffin-Dilemma bezeichneten Konstruktionsfehler. Der wachsende Welthandel führte zu einem steigenden Bedarf an Dollar-Währungsreserven. Diese Währungsreserven konnten aber nur durch konstante Leistungsbilanzüberschüsse gegenüber den USA erwirtschaftet werden. Die USA unterlagen dabei nicht dem Leistungsbilanzanpassungszwang anderer Länder, weil die Verschuldung in eigener Währung vom Ausland finanziert wurde, solange ausländische Staaten ein Interesse daran hatten, Währungsreserven anzulegen.

Ständige US-Leistungsbilanzdefizite mussten jedoch früher oder später das Vertrauen in den Dollar untergraben. Durch hohe Leistungsbilanzdefizite der USA überstiegen die Ende der 1950er Jahre bei ausländischen Zentralbanken befindlichen Dollarbestände die Goldreserven der USA bei weitem. Wenn alle Bretton-Woods-Mitglieder gleichzeitig auf der im Bretton-Woods-System vorgesehenen Goldeinlösepflicht bestanden hätten, hätten die USA dem nicht vollumfänglich nachkommen können.

Der Dollarpreis am freien Goldmarkt hatte schon über längere Zeit Druck auf den offiziellen Goldpreis ausgeübt. Als im Februar 1973 eine Entwertung von 10 Prozent bekannt gegeben wurde, entschieden sich Japan und die EWR-Länder relativ schnell dazu, die Wechselkurse ihrer Landeswährungen zukünftig nicht mehr am Dollar zu fixieren. Zwischen dem 11. und 14. März 1973 beschlossen mehrere europäische Länder den endgültigen Ausstieg aus dem System fester Wechselkurse, angeführt von der Schweiz und Großbritannien. Im selben Jahr wurde das Bretton-Woods-System offiziell außer Kraft gesetzt. Danach wurden in den meisten Ländern die Wechselkurse freigegeben.

Die heutige Weltwährungsordnung ist eine Mischung aus einem System mit fixen und mit flexiblen Wechselkursen. Zwischen den Ländern des Europäischen Währungssystems EWS und Nichtmitgliedsländern wie zum Beispiel Japan und den USA besteht ein sich frei bewegendes Wechselkurssystem. Auf den internationalen Devisenmärkten in London, New York, Tokio und Frankfurt passen sich in diesem Wechselkurssystem die einzelnen Währungen den Gegebenheiten von Angebot und Nachfrage an. Gold spielt als internationales Zahlungsmittel kaum mehr eine Rolle, es sichert den heutigen Dollar nicht mehr ab. Die Tatsache, dass der weltweite Handel vorwiegend in Dollar getätigt wird, sichert noch immer den Status der USA.

Die G20 ist ein seit 1999 bestehender informeller Zusammenschluss aus 19 Staaten und der Europäischen Union. Sie repräsentiert die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die G20 dient vor allem als Forum für den Austausch über Probleme des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems, aber auch zur Koordination bei weiteren globalen Themen wie Klimapolitik, Frauenrechten, Bildungschancen, Migration oder Terrorismus. In den in der G20 direkt oder indirekt vertretenen Staaten leben knapp unter zwei Drittel der Weltbevölkerung. Sie erwirtschaften über 85 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) und bestreiten rund drei Viertel des Welthandels (Stand Ende 2016).  Sie sind auch für rund 80 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Das mit Abstand geringste Pro-Kopf-Einkommen der G20-Staaten hat Indien. Konkrete Erfolge waren etwa nach der weltweiten Finanzkrise die Stabilisierung der Finanzmärkte durch verbindliche Eigenkapitalquoten und strengere Regeln zur internationalen Bankenregulierung. Darüber hinaus wurden Maßnahmen gegen Steuervermeidung (wie etwa die globale Mindeststeuer) vereinbart, der Informationsaustausch zur Terrorabwehr verbessert, die Covax-Initiative vorbereitet und Maßnahmen zum Kampf gegen den Klimawandel auf den Weg gebracht.

Tabelle: IWF-Wikipedia

Die BRICS-Staaten sind eine Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften. Die Abkürzung „BRICS“ steht für die Anfangsbuchstaben der fünf zugehörigen Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Etwas mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung, knapp über drei Milliarden Menschen, leben in den BRICS-Staaten. Ihr Anteil am nominellen weltweiten Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2021 ein Viertel. Beim BIP nach Kaufkraftparität lag er mit über 31 Prozent deutlich höher. (Zum Vergleich: In den G7-Staaten leben etwa 11 Prozent der Weltbevölkerung, kaufkraftbereinigt werden dort 33 Prozent des weltweiten BIP erwirtschaftet).

Die New Development Bank, ehemals BRICS Development Bank wurde als eine multilaterale Entwicklungsbank am 15. Juli 2014 von den BRICS-Staaten als eine Alternative zu den bereits existierenden Institutionen Weltbank und Internationalem Währungsfonds gegründet. Als Schwesterorganisation entstand das Contingent Reserve Arrangement (CRA) mit einem Anfangskapital von 100 Milliarden Dollar. Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs seit 2022 und des Konflikts um Taiwan „strebt der BRICS-Staatenbund nach mehr politischem Gewicht und versucht, sich als Alternative zur G7 zu positionieren“, so Günther Maihold von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Zum Ukrainekrieg selbst haben sich die Mitglieder der BRICS-Staaten nur zurückhaltend geäußert.

Vor dem Gipfel vom 22. bis 24. August 2023 in Südafrika, zu dem insgesamt 67 Staatschefs eingeladen sind, haben 40 weitere Staaten ihr Interesse an einer BRICS-Mitgliedschaft geäußert, darunter Bahrain, Indonesien, Mexiko, Nigeria und die Vereinigten Arabischen Emirate. Davon haben bisher 22 einen offiziellen Aufnahmeantrag gestellt, darunter Ägypten, Algerien, Argentinien, Iran und Saudi-Arabien. Südafrika, das den Gipfel leiten wird, hat überdies alle Staatschefs des afrikanischen Kontinents eingeladen, mit der Absicht, ganz Afrika in den Staatenbund zu integrieren. Auf dem Kontinent konkurrieren derzeit China, Russland und der Westen um Einfluss auf die rohstoffreichen, aufstrebenden Länder.

Ein weiterer Schwerpunkt der Interessen ist Südamerika. Da gibt es das Lithium-Dreieck mit Chile, Argentinien und Bolivien, in dem 60 Prozent der weltweiten Lithiumreserven zu finden sind. Peru und Chile sind die beiden weltgrößten Kupferproduzenten, und Brasilien besitzt 19 Prozent aller Nickel-Reserven. Vor dem Hintergrund des Klimawandels werden Unmengen der genannten Metalle gebraucht, um Energie speichern zu können. Auch hier scheinen der Westen und der Dollar ein Rennen zu verlieren: Zahlreiche Länder Südamerikas sind dabei, sich für den Yuan = CNY (Renminbi = RMB), also die chinesische Währung als Zahlungsmittel bei internationalem Handel zu entscheiden. Auch der Iran, der wegen der US-Sanktionen sein Öl nur schwer verkaufen kann, ist inzwischen im bilateralen Handel auf Landeswährungen ausgewichen. Vor wenigen Tagen haben Indien und Saudi-Arabien einen Vertrag unterzeichnet, wonach Indien seine Ölkäufe in seiner eigenen Währung, der Rupie, bezahlen darf. Die erste Zahlung ist diese Woche erfolgt. Argentinien will den Banken erlauben, Kundenkonten in Yuan zu eröffnen.

So könnte das Zahlungssystem der BRICS-Staaten aussehen unter Zuhilfenahme der Landeswährungen und unterstützt durch neue digitale Währungen.

Eines der großen Ziele der BRICS-Gruppe ist es, sich ein- für allemal aus der Klammer des Dollars zu befreien. Wie wichtig das für viele Staaten weltweit ist, wurde mit dem Ukrainekrieg noch einmal besonders deutlich. Die USA benutzen ihre Währung immer wieder, um mit Hilfe von „Sanktionen“ andere Staaten zu politischem Handeln in ihrem Sinn zu zwingen. Zwei Staaten, die darunter seit Jahrzehnten leiden, sind beispielsweise Kuba und der Iran. Jetzt sind so gut wie alle Staaten weltweit betroffen: Durch US-Sanktionen gegen Russland, die den Handel mit dem Land und dessen befreundeten Staaten empfindlich behindern, leiden vor allem ärmere Länder, für die sich Energie und Nahrungsmittel in teils unerträglicher Weise verteuert haben.

Deshalb prüft die BRICS-Gruppe die Einführung einer eigenen Währung, die durch Gold und andere wertvolle Ressourcen gedeckt werden könnte, wie etwa mit Seltenen Erden. Als ersten Schritt soll nächste Woche über einen Ausschuss gesprochen werden, der die Einrichtung eines gemeinsamen Zahlungssystems planen soll. Jedes Mitglied soll auch seine eigene Währung einbringen können. Die Neue Entwicklungsbank hat sich außerdem zum Ziel gesetzt, bis 2026 ein Drittel ihrer Kredite in Landeswährungen zu vergeben. Man habe nicht die Absicht, in einen Wettbewerb gegen den Dollar einzutreten, heißt es. Muss man ja auch gar nicht, wenn man ohne diesen auskommt. Verschiedene Kryptowährungen, wie etwa der digitale Yuan, der jetzt in China getestet wird, bieten weitere Möglichkeiten. Die Nutzer können ihr Geld in einer App über das Handy verwalten.

Foto: CZ. Zlataky – Unsplash

Eine Währung ist immer so viel wert, wie sie an Vertrauen unter den Nutzern hat. Das gilt besonders, wenn die Währungen nur aus gedrucktem Papier bestehen, wie der Dollar und auch der Euro. Dass das Vertrauen in den Dollar sinkt, ist seit einiger Zeit auch daran zu erkennen, dass die Zentralbanken weltweit ihre Goldkäufe verstärken. China hat allein 2023 bis einschließlich Juni nach eigenen Angaben 165 Tonnen Gold gekauft und seine offiziell gemeldeten Reserven auf 2113 Tonnen aufgestockt. Im gesamten Jahr 2022 kaufte das Land nur 62 Tonnen. Es ist außerdem eines der Länder mit den größten Goldreserven weltweit. Seit Jahrzehnten hält China massive Dollar-Reserven, die es in letzter Zeit verstärkt abstößt. Aber: Durch die Ausweitung des Handels in der Landeswährung vermehrt sich automatisch die Geldmenge in Yuan, was wiederum dessen Wert drückt. Ein Argument mehr für eine BRICS-Gemeinschaftswährung.

Insgesamt beliefen sich die weltweiten Goldreserven 2022, soweit sie veröffentlicht wurden, auf 35 500 Tonnen. Seit 2021, besonders stark aber seit dem letzten Quartal 2022, steigen die Goldkäufe massiv an. Die im Verhältnis mit Abstand größten Goldkäufe tätigte 2022 die Türkei: Sie steigerte ihre Reserven um 148 auf 542 Tonnen. Auch die Türkei hegt Großmacht-Gelüste, befindet sich aber seit geraumer Zeit in einer galoppierenden Inflation. Die USA, das Land mit den höchsten Goldreserven weltweit, kauften 2022 113 Tonnen zu.

2022 erwarben die Zentralbanken so viel Gold wie seit 1967 nicht mehr. Im Halbjahresbericht 2023 des World Gold Council setzt sich diese Tendenz fort. Nur scheinbar wird sie im zweiten Quartal des laufenden Jahres durchbrochen: Die Türkei musste wegen der Erdbebenkatastrophe 102 Tonnen Gold wieder verkaufen. Russland vermeldete den Verkauf von drei Tonnen Gold, es hält geschätzte 2 300 Tonnen in Reserve. Deutschland gab, wie im Vorjahr, zwei Tonnen für die Produktion von Goldmünzen frei und kaufte, wie schon seit Jahren, nichts zu. Sieht man von der Katastrophe in der Türkei ab, ist der Trend zum Kauf von Gold bei den Zentralbanken weiter ungebrochen.

Zum zweiten Augustwochenende fiel der Goldpreis bis auf ein Tief von 1 912 US-Dollar. Unter anderem der weltweite Anstieg der Zinsen macht das zinslose Gold für Investoren zurzeit weniger attraktiv. Betrachtet man jedoch die sich wandelnde Situation der Weltordnung, macht es Sinn, Goldvorräte aufzustocken, wie es viele Staaten zurzeit tun.

Saudi-Arabien hat angekündigt, 15 Milliarden Riyal (3,65 Milliarden Euro) in seine Gold-Industrie zu investieren. Die Minenproduktion soll ebenfalls deutlich ausgeweitet werden. Das Land hat seine Goldreserven inzwischen auf 323 Tonnen aufgestockt und ist zurzeit in Verhandlungen mit Pakistan, wo es sich an der Erschließung einer großen Kupfermine beteiligen will. Das ist auch deshalb von Bedeutung, weil die USA unter anderem Kupfer zum Metall von nationalem Interesse erklärt haben und den Handel damit entsprechend einschränken. Pakistan hat den Golfstaaten Investitionsmöglichkeiten im Wert von Milliarden von Dollar angeboten, was diesen die Möglichkeit bietet, ihr Portefolio zu diversifizieren. Indien hat im Juli 2022 seine erste internationale Edelmetall-Börse eröffnet. Außer bilateralem Handel in Landeswährungen haben auch Bemühungen zugenommen, im Handel mit Gold zu zahlen.

TonnesQ2’22Q3’22Q4’22Q1’23Q2’23 y/y change
Supply      
Mine production889.3950.4948.5857.1923.44%
Net producer hedging2-26.5-13.336.19.5383%
Total mine supply891.3923.9935.2893.2932.85%
Recycled gold285.3268.6290.7311.7322.313%
Total Supply1,176.61,192.51,225.91,204.91,255.27%
        
Demand      
Jewellery fabrication493.5582.6601.9511.5491.30%
 Jewellery consumption461.7525.6628.5474.8475.93%
 Jewellery inventory31.857.1-26.736.715.4-52%
Technology78.377.372.170.170.4-10%
 Electronics64.363.557.956.156.4-12%
 Other Industrial11.411.311.711.611.61%
 Dentistry2.62.52.42.42.4-10%
Investment213.8103.8250.8275.9256.120%
 Total bar & coin demand261.2347.9340.4304.5277.56%
  Physical Bar demand172.7225.5222.6183.4162.9-6%
  Official Coin70.889.48996.488.925%
  Medals/Imitation Coin17.63328.924.725.847%
 ETFs & similar products-47.4-244.1-89.6-28.7-21.3
Central banks & other inst.158.6458.8381.8284102.9-35%
Gold demand944.21,222.51,306.61,141.5920.7-2%
OTC and other232.5-30.1-80.763.4334.544%
Total Demand1,176.61,192.51,225.91,204.91,255.27%
LBMA Gold Price, US$/oz1,870.61,728.91,725.91,889.91,975.96%
Source: ICE Benchmark Administration, Metals Focus, World Gold Council

In Europa gibt es mit Ausnahme von Rumänien keine nennenswerten Goldvorkommen. Das rumänische Gold liegt überdies unter den Karpaten und wäre nur unter großen Schwierigkeiten zu fördern. Die Staaten Europas halten jedoch mit Stand November 2022 zusammen 10 256 Tonnen Gold. Davon entfallen 3 555 auf Deutschland, das nach den USA mit 8 134 Tonnen rechnerisch die zweithöchsten weltweiten Goldreserven hält. Europa steht also zumindest auf den ersten Blick mit seinem Bestand an der Welt-Reservewährung recht gut da. Aber: Ähnlich wie in den USA sind die Länder Europas hoch verschuldet. Auch Deutschland macht da seit der Covid-Pandemie keine Ausnahme mehr.

Nicht einbezogen obige Schulden sind haushaltstechnische Tricksereien. In Deutschland sind das die sogenannten Sondervermögen. Hier handelt es sich um Ausgaben zu bestimmten Aufgaben, die zusätzlich zum Bundeshaushalt umgesetzt werden. Sie haben jeweils eigene Einnahmen-, Ausgaben- und Finanzierungspläne. Die durch sie aufgenommenen Schulden werden nicht zur Staatsverschuldung hinzugezählt. Zurzeit werden im Bundeshaushalt 2023 folgende Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung bedient: Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS), Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), Investitions- und Tilgungsfonds (ITF), Restrukturierungsfonds (RSF) und das Sondervermögen Bundeswehr (SV BW).

Insgesamt ergab sich laut Juli-Mitteilung des Finanzministeriums: Der Bund hatte bis zum 31. Dezember 2022 Kredite in Höhe von 1 551,7 Milliarden Euro aufgenommen. Dieser Bestand erhöhte sich zum 30. Juni 2023 auf 1 601 Mrd. Euro. Die Erhöhung gegenüber dem 31. Dezember 2022 um 49,3 Milliarden resultierte aus neuen Aufnahmen im Volumen von 303,4 Milliarden, denen Fälligkeiten im Volumen von 254,1 Milliarden Euro gegenüberstanden. Die Bedienung der Schulden wird mit zunehmenden Zinserhöhungen durch die EZB immer teurer: Von Anfang Januar bis Juni 2023 wurden für die Verzinsung aller auch in früheren Jahren aufgenommenen bestehenden Kredite saldiert 22,8 Milliarden Euro aufgewendet.

Die USA haben sich auf China als Hauptrivalen um die wirtschaftliche Vorherrschaft festgelegt und inzwischen die Ausfuhr zahlreicher Wirtschaftsgüter dorthin eingeschränkt oder verboten. Damit soll die Entwicklung des Landes verlangsamt werden – was allerdings ein zweischneidiges Schwert ist: China verfügt über große Mengen von Rohstoffen, die andernorts nur schwer zu bekommen sind, wie etwa seltene Erden. Weltweit kauft sich das Land seit Jahren in die Gewinnung von Rohstoffen ein. Gelingt es dem Westen nicht, trotz aller Schulden seine wirtschaftliche Vormachtstellung zu erhalten, ist sein Schicksal besiegelt: Die Führungsmächte der kommenden Weltordnung sitzen im Osten. So wie im Übrigen auch die meisten Einwohner dieser Erde: Während Europa, Kanada und die USA nichtmal eine Milliarde Menschen zählen, die zudem immer älter werden, wohnen allein in China und Indien zusammen schon die dreifache Anzahl an Menschen. Zwar gibt es auch unter den BRICS-Staaten erhebliche Rivalitäten, die die Entwicklung verlangsamen werden. Aber die Herrschaft der ungeliebten USA und ihres Dollars los zu werden, ist ein gemeinsames Ziel, das alle enorm verbindet. Eine gemeinsame Währung, vertrauenswürdig durch ihre Deckung mit Gold und anderen seltenen Gütern, würde außerdem die Wirtschaft aller Beteiligten nachhaltig stärken.

Tweet von „Gold-Telegraph“ zum Thema „Denkanstöße am Beispiel der Vereinigten Arabischen Emirate:

  • Wer ist ein Verbündeter der Vereinigten Staaten? Die Vereinigten Arabischen Emirate.
  • Wollen die Vereinigten Arabischen Emirate den BRICS-Staaten beitreten? Ja.
  • Wohin wurde eine beträchtliche Menge russischen Goldes gelenkt? In die Vereinigten Arabischen Emirate.
  • Die Luftstreitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate und Chinas planen, noch in diesem Monat zum ersten Mal gemeinsam zu trainieren.
  • Der Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate besuchte Russland im vergangenen Jahr zweimal, um sich mit Wladimir Putin zu treffen. Die Wirtschaft der Vereinigten Arabischen Emirate ist die viertgrößte im Nahen Osten.
  • Im Mai erfuhren wir, dass die VAE sich nicht mehr an Operationen einer von den USA geführten Task Force zum Schutz der Golfschifffahrt beteiligen würden.
  • Im Juni wurde bekannt, dass der iranische Marinekommandant Pläne für ein Seebündnis zwischen Iran, Saudi-Arabien, Indien, Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten angekündigt hat.

So sieht eine sich verändernde Weltordnung aus.“

Beitragsbild: Monstera-Production, Pexels

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Gold im Jahr 2022: Rege Bewegung auf dem Markt spiegelte die Weltlage

Jedes Jahr gibt es an verschiedenen Stellen unserer Welt Kriege. Aber keiner hat große Teile der Weltwirtschaft derart durcheinander geworfen, wie 2022 der Ukraine-Krieg. In seiner Folge gab es Hungersnot, Inflation und Rezessionsängste. Es gab neue Blockbildungen: NATO gegen Russland, USA gegen China. Harte Covid-Lockdown-Maßnahmen in China sorgten überdies für nachhaltige Störungen der Lieferketten. All dies sorgte auch für massive Entwicklungen auf dem Goldmarkt.

Enorme Zukäufe der Zentralbanken, unterstützt durch große Nachfrage des Einzelhandels und langsamere ETF-Abflüsse hoben die Gold-Nachfrage des Jahres 2022 auf ein Elfjahreshoch. Das berichtet der World Gold Council (WGC) in seinem jüngsten Jahresrückblick.

Die Nachfrage nach Gold stieg 2022 um 18 Prozent auf 4 741 Tonnen, fast wie 2011, einem Jahr mit außergewöhnlich hoher Investment-Nachfrage. Besonders im letzten Quartal wurde eine Rekord-Nachfrage von 1 337 Tonnen verzeichnet.

Dabei schrumpfte der Schmuck-Konsum um drei Prozent auf 2 086 Tonnen, vor allem auch, weil der Goldpreis im vierten Quartal stark anstieg. Die Investment-Nachfrage ohne außerbörslichen Handel stieg 2022 um 10 Prozent auf 1 107 Tonnen, die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen um 2 Prozent auf 1 217Tonnen, während die ETF langsamer fielen als im Vorjahr (-110 vs. -189 Tonnen). 

Im zweiten Jahr in Folge gab es eine enorme Gold-Nachfrage der Zentralbanken, die den Jahreseinkauf in diesem Bereich auf ein 55 Jahre-Hoch von 1 136 Tonnen brachte. Die Nachfrage im Technologie-Sektor brach dagegen im vierten Quartal scharf ein, was hier zu einem Gesamt-Minus von 7 Prozent führte. Grund war, so der WGC, dass die globale wirtschaftliche Unsicherheit die Nachfrage der Verbraucher nach elektronischen Geräten dämpfte. Auch der im Jahresverlauf immer stärkere Dollar erwies sich als tückisch bei der Umrechnung des Goldpreises in nationale Währungen.

Die weltweite Goldversorgung stieg in 2022 um 2 Prozent auf 4 755 Tonnen. Die Minen-Förderung erreichte ein 4 Jahres-Hoch von 3 612 Tonnen.

Im Durchschnitt lag der LBMA-Goldpreis bei 1 800 $ pro Unze; in den einzelnen Ländern variierte der Preis in den lokalen Währungen jedoch deutlich. Das Jahr endete mit einem marginalen Gewinn von 0,4 Prozent, trotz deutlichen Gegenwindes durch den starken Dollar und international steigende Zinsen. Die Rege Verbrauchernachfrage hob die Preise für Münzen und Barren auf ein 9 Jahres-Hoch, obwohl der starke Dollar für zusätzliche Verteuerungen sorgte.

Die starke Nachfrage in Europa, der Türkei und dem Nahen Osten stand einer deutlichen Verringerung in China gegenüber, die mit den Covid-Begleiterscheinungen zusammen hing. Die Nachfrage in Indien blieb im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt stabil, obwohl lokale Preissteigerungen in den letzten Wochen des Dezember die Verkäufe sinken ließ.  

Die globale Minenproduktion stieg um 1 Prozent, verfehlte aber ihren Höhepunkt aus 2018. Recycling-Gold erreichte nur einen marginalen Zuwachs.

Im laufenden Jahr rechnet der WGC mit einem Ansteigen der Gold-Investments. Die außerbörsliche Nachfrage und die nach ETF scheint ähnlich zu bleiben wie 2022. Die Nachfrage im Einzelhandel werde geringer, aber dennoch gesund ausfallen, wenn die Inflationsängste sinken. In Asien dagegen erwartet man eine stabile und höhere Nachfrage. Rezession und geopolitische Risiken werden den Bedarf an Gold stabil halten und im Jahresverlauf zunehmendes Potential haben, schätzen die Analysten.

Dass die Einkäufe durch die Zentralbanken wieder das Niveau von 2022 erreichen, sei nicht klar, da geringere Geldreserven die Möglichkeiten der Banken einschränken könnten. Aufgrund verzögerter Bankenreports unterliege diese Einschätzung aber Unsicherheiten, wahrscheinlich zum Positiven hin.

Beim Goldschmuck erwartet der World Gold Council eine Stabilisierung auf hohem Niveau, wobei jedoch positive Entwicklungen in China durch ernste Wirtschaftsprobleme in anderen Ländern unterminiert werden könnten. Ein träger Start in 2023 könnte sich verlängern, wenn die lokalen Preise weiterhin so hoch bleiben. Bei der Gold-Versorgung erwartet man einen bescheidenen Anstieg aufgrund der Ausweitung bereits begonnener Projekte. Im Recyclingbereich wird eine weitere Verlangsamung erwartet, wobei eine Verbesserung durch eine geringere Rezession in den westlichen Märkten nicht ausgeschlossen wird.

Eine Statistik darüber, wer genau wie viel Gold gekauft hat, beziehungsweise jetzt besitzt, gibt es dieses Jahr nicht. Der Ukraine-Krieg und seine Folgen haben dafür gesorgt, dass An- und Verkäufe teilweise nicht wie sonst gemeldet wurden. So hat beispielsweise Russland seine letzte Meldung im Januar 2022 gemacht: Da waren seine Goldreserven um 3 Tonnen gesunken. Vermutet wird ein Bestand von 2 299 Tonnen.

Gegen Jahresende meldete China die erste Steigerung seiner Goldreserven seit September 2019: Die Bank des Volkes (PBoC) teilte mit, 62 Tonnen des Edelmetalls gekauft zu haben, womit die offiziellen Goldreserven des Landes auf über 2000 Tonnen gestiegen sind. Es wird jedoch seit langem vermutet, dass die Goldbestände des Landes wesentlich höher sind. Es gibt statt dessen interaktiv nutzbare Schnappschüsse aus Q4 2022. Die Rangfolge der Länder mit den meisten Goldreserven bleibt dabei im wesentlichen gleich.

Folgende Veränderungen in den verschiedenen Ländern sind dem World Gold Council bekannt:

Türkei: +148 Tonnen auf jetzt 542

USA: +113 Tonnen auf 8 134

China: +62 Tonnen auf jetzt 2 011

Ägypten: +47 Tonnen auf jetzt 126

Katar: +35 Tonnen auf jetzt 92

Irak: +34 Tonnen auf jetzt 130

Usbekistan: +34 Tonnen auf jetzt 396

Indien: +33 Tonnen auf jetzt 787

Vereinigte Emirate: +25 Tonnen auf jetzt 80

Kirgisien: +6 Tonnen auf jetzt 16

Tajikistan: +4 Tonnen auf jetzt 6

Ecuador: +3 Tonnen auf jetzt 34

Oman: +2 Tonnen auf jetzt 2

Tschechien: +1 Tonne auf jetzt 12

Serbien: +1 Tonne auf jetzt 38

Kasachstan: -51 Tonnen auf jetzt 352

Deutschland: -4 Tonnen für das Münzprogramm auf jetzt 3 355

Sri Lanka: -3 Tonnen auf jetzt 0,5

Polen: -2 Tonnen auf jetzt 229

Philippinen: -2 Tonnen auf jetzt 157

Mongolei: -2 Tonnen auf jetzt 8

Bosnien-Herzegowina: -1 Tonne auf jetzt 1,49

Kambodscha: -1 Tonne auf jetzt 52

Myanmar: -1 Tonne auf jetzt 7

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Beitragsbild und alle Tabellen: World Gold Council

 

Die Ukraine-Krise ist in Wahrheit ein lange geplanter Finanzkrieg

Die Märkte der Welt sind nicht politisch. Sie folgen „nur“ der Spur des Geldes. Um das tun zu können, beobachten sie die Welt- und Geldpolitik aber sehr genau. Deshalb sind Analysen aus Trading-Perspektiven oft um ein vielfaches ehrlicher als die der Politik. Alasdair Macleod vom kanadischen Konzern Goldmoney hat am 24. Februar 2022, dem Tag des Einmarsches Russlands in die Ukraine, den Ukraine-Krieg, seine Gründe und seine Auswirkungen auf die Geldmärkte in Europa und in den USA analysiert. Sein Ergebnis ist mehr als bedenklich, denn er führt auf: Die hohe Verschuldung der EZB und die enorme Ausweitung der Geldmenge hat die Währung Euro an ihre Grenzen gebracht. Sie kann jederzeit kippen, wenn sie unter Druck gerät. Genau das könnte passieren, wenn jetzt die falschen Entscheidungen getroffen werden.

Deshalb möchte ich die Analyse Macleods leicht gekürzt übersetzen und hier festhalten.
GoldMoney Inc. ist ein kanadisches Edelmetall-Finanzdienstleistungs- und Technologieunternehmen. Über seine Tochtergesellschaften ist das Unternehmen im An- und Verkauf von Metallen, der Lagerung von Edelmetallen für seine Kunden und im Münzhandel tätig. Zu den Segmenten des Unternehmens gehören Goldmoney Holding, Schiff Gold, LBTH und Mene. Der im folgenden übersetzte Text drückt die persönliche Meinung des Autors aus.

Mit diesen Punkten setzt sich Alasdair Macleod ausführlich auseinander:

  • Die Ukraine ist Teil eines wesentlich größeren geopolitischen Bildes. Russland und China möchten hegemonische Einflüsse im eurasischen Kontinent marginalisieren. In der Folge von Niederlagen der US-Außenpolitik in Syrien und Afghanistan und dem Brexit treibt Putin einen Keil zwischen Amerika und den nicht-angelsächsischen Teil der EU.
  • Bedingt durch das globale Wachstum der Geldmenge, profitiert Russland von steigenden Energiepreisen, und es kann es sich leisten, Deutschland und andere EU-Staaten, die von seinem Gas abhängig sind, zu erpressen. Das wird erst aufhören, wenn Amerika einspringt.
  • Die USA, die sich sehr bewusst sind, dass ihre dominante Rolle in der Nato bedroht ist, versuchen die Ukraine-Krise zu eskalieren, um Russland in eine unhaltbare Besatzung zu ziehen. Putin wird nicht darauf hereinfallen.
  • Die Gefahr für uns alle ist nicht ein tatsächlicher Krieg – das betrifft wahrscheinlich nur die jederzeit unterbrechbaren Attacken auf militärische Ziele, mit denen Putin in der Nacht zum 24. Februar begann – sondern ein Finanzkrieg. Für den ist Putin bestens vorbereitet.
  • Beide Seiten sind sich wahrscheinlich nicht darüber im Klaren, wie zerbrechlich das Bankensystem der Eurozone ist, in dem sowohl die EZB, als auch ihre Träger, die nationalen Zentralbanken jetzt schon mehr Schulden haben als Vermögenswerte. In anderen Worten: Steigende Zinsen zerbrechen das Euro-System. Eine wirtschaftliche und finanzielle Katastrophe an seiner Ostflanke wird wahrscheinlich seinen Kollaps auslösen.

Die These von Mackinders Welt-Insel

Die Spannungen zur Ukraine folgen einer größeren Perspektive – einem Kampf zwischen den USA und den beiden eurasischen Hegemonen Russland und China. Der Preis für den Sieger ist die ultimative Kontrolle über Mackinders Welt-Insel.

Halford Mackinder ist bekannt als der Begründer der Geopolitik: dem Studium von Faktoren wie Geografie, Geologie, Wirtschaft, Demographie, Politik, Außenpolitik und der Interaktion aller. Der berühmte Kernsatz dieser Theorie aus dem Jahr 1905 lautet: Wer Osteuropa beherrscht, herrscht über die Welt-Insel (Eurasien); wer die Welt-Insel regiert, beherrscht die Welt. Stalin soll sich sehr für diese Theorie interessiert haben, und auch wenn es nicht zugegeben wird, sind sich die Führer und Verwaltungen von Russland, China und den USA sicher der Theorie und ihrer Auswirkungen bewusst.

Wir können nicht wissen, on Russen und Chinesen begeisterte Mackinder Fans sind, aber ihre Partnerschaft in der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) stimmt mit der Welt Insel-Theorie überein. Seit den Anfängen als post-sowjetisches und post-Mao Sicherheitsabkommen zwischen Russland und China 2001, gegründet, um dem islamischen Fundamentalismus etwas entgegen zu stellen, hat sich das SCO zu einer politisch und wirtschaftlich gemeinsamen Regierungsorganisation entwickelt, die mit ihren Mitgliedern, Beobachterstaaten und Dialogpartnern immerhin für 3,5 Milliarden Menschen zuständig ist, die Hälfte der Weltpopulation.

Die symbiotische Beziehung zwischen dem ressourcenreichen Russland und dem industriellen Teil Chinas hält die ganze Organisation zusammen. Chinas Entwicklung auf dem asiatischen Kontinent beinhaltet das Versprechen dramatischer Verbesserungen in jedermanns Lebensumständen. Und im Einklang mit der Welt-Insel-Theorie dominiert das chinesische Geld inzwischen die ganzen Sub-Sahara-Staaten in Afrika, den Nahen Osten (middle east) und die südöstlichen asiatischen Nationen, besonders solche, die von China kontrolliert und beeinflusst werden.

Während die sino-russische Partnerschaft die Welt-Insel wirtschaftlich dominiert, wurde Amerika allmählich aus den asiatischen Angelegenheiten verdrängt. Seine Kampagnen im Nahen Osten nach 9/11 haben die Region destabilisiert, haben Amerikas Feinden in die Hände gespielt und ihren europäischen Alliierten scheußliche Flüchtlings-Kalamitäten eingebracht. Ihr Rückzug vom ressourcenreichen Afghanistan war nur noch der letzte Domino-Stein, der fiel. Die USA haben politischen Einfluss nur noch in Westeuropa und Südostasien, obwohl ihre militärische und geheimdienstliche Präsenz noch immer weit verbreitet ist.

Heute ist das Verhalten der USA das eines Hegemons, dessen Zeit zuende geht. Durch den Brexit Großbritanniens hat sich der Einfluss der USA auf die europäische Union ohne die politische und Sicherheitspartnerschaft mit Großbritannien deutlich verringert. Ihr Einfluss auf die europäischen Angelegenheiten wird zum Einen unterminiert von der Entschlossenheit der Türkei, einen neuen Schwerpunkt in Zentralasien zu setzen, zum Anderen durch die Entschlossenheit der EU, ihre eigene Verteidigung selbst zu organisieren. Die Irrelevanz der Nato für die künftige Verteidigung Europas wird den Russen jetzt bewusst, und es muss hart für sie sein, sich zu beherrschen, den Niedergang nicht noch zu beschleunigen.

Im kalten Krieg im Pazifik geht es vor allem darum, China etwas entgegen zu setzen. Während Taiwans Zukunft und die chinesischen Versuche, Marinebasen im südchinesischen Meer zu etablieren, die Überschriften dominieren, steigt Chinas Handelseinfluss in der Region stetig an. Nachdem Donald Trump sich für Amerika aus der geplanten transpazifischen Partnerschaft TTP zurückzog, wurde TTP ersetzt durch eine verständnisvolle und fortschrittliche Einigung für eine transpazifische Partnerschaft, die im Dezember 2018 in Kraft gesetzt wurde. Die elf Unterzeichner und ihre kombinierte Wirtschaftsleistung repräsentieren 13,4 Prozent der Welt-Wirtschaftsleitung. Sie ist damit eine der größten Freihandelszonen weltweit und schließt Australien und Neuseeland ein. Sogar Großbritannien hat formell den Beitritt beantragt, was es durch seine Commonwealth-Teile in der Region auch kann. So sind jetzt drei der US-Sicherheitsgruppe „Fünf Augen“ Teil der CPTPP.

China hat letzten September ebenfalls den Beitritt in CPTPP beantragt. Zurzeit ist seine Mitgliedschaft noch nicht sicher. US-Alliierte in der Partnerschaft, inclusive Japan, bestehen auf mehreren Bestimmungen, die blockierend wirken. Aber, wie das Sprichwort sagt, China ist der Elefant im Raum, und man wird das Land nicht dauerhaft aus der Partnerschaft heraushalten können. Zurzeit macht China statt dessen bilaterale Freihandelsabkommen mit ausgesuchten CPTTP-Mitgliedern.

Wo auch immer die USA politische und militärische Kontrolle über den Pazifik behalten wollen, werden möglicherweise Handelsbeziehungen diesen Einfluss verkleinern. Und während die Säbel über Taiwan und Pazifik-Atollen rasseln, macht Putin Europa am anderen Ende der Welt-Insel Druck, die von Amerikanern dominierten Verteidigungsarrangements zu beenden.

Beobachter des größten der großen Spiele sollten die Entwicklungen in der Ukraine im Kontext der Mackinder Herzland-Theorie betrachten. Einmal verstanden, und man versteht ein Stück von Putins Gedankenwelt. Den amerikanischen Einfluss aus Eurasien heraus zu drängen, war sein Ziel, seit sich Amerika nicht daran gehalten hatte, die Nato nicht weiter nach Osten auszubauen.

Ukraine in der Mitte eingeklemmt

Russland, wie auch die Angelsachsen, verschärfen ihre Rhetorik zur Ukraine. Bis vor kurzem hatte die Ukraine selbst wenig Beweise für die Wahrheit der westlichen Propaganda gesehen und darum gebeten, sie herunterzufahren, denn ständig über den Krieg zu reden, mache diesen zunehmend wahrscheinlicher und ruiniere die Wirtschaft. Der EU-Mainstream will einfach nur Frieden und Gas. Es gibt zunehmend Sorge, dass das ständige Kriegsgerede selbsterfüllend wirke, wie im Ersten Weltkrieg. Wäre das so, sind sich die Militärstrategen einig, dass Putin wild entschlossen wäre, die gesamte Ukraine zu übernehmen. Aber ein Land gegen den Willen der Bevölkerung zu besetzen, das außerdem eine extrem lange Grenze hat, über die Dissidenten mit Waffen und anti-russischer Propaganda versorgt werden können, ist eine ganz andere Sache.

Deshalb erscheint es wahrscheinlicher, dass die russische Besatzung sich am Ende auf Donbas und Luhansk beschränkt. Ohne einen Schuss abzufeuern hatte Russland mit der Anerkennung der beiden „Volksrepubliken“ die Grenze um über 50 Kilometer hinein auf ukrainisches Gebiet verschoben. Da sollte eine Besatzung eigentlich enden – was nicht zu verwechseln ist mit Präventivschlägen gegen militärische Ziele und Flughäfen.

Also was will Putin wirklich: Im Prinzip will er, dass Amerika sich aus Osteuropa zurückzieht. Und nach dem Brexit von „Amerikas Pudel“ sieht er auch keinen Grund, warum Großbritannien noch dort sein sollte. Mit dem Daumen auf verschiedenen Gas-Pipelines Richtung Europa will er Deutschland und andere EU Nato-Mitglieder zwingen, seine Sichtweise anzunehmen. Die Ukraine-Krise kommt kurz nach dem desaströsen Abzug der Amerikaner aus Afghanistan, die deren verfehlten Versuch, Assad in Syrien abzusetzen folgte. So ist aus Putins Sicht die amerikanische Politik gescheitert. Er ist dabei, Amerika in die Flucht zu schlagen und will aus dessen Rückzug Kapital schlagen. In der Zwischenzeit finden die USA, die Westeuropa über die Nato seit dem Zweiten Weltkrieg regiert haben, es schwierig, sich mit ihren Rückschlägen zu arrangieren und müssen wieder auf die Füße kommen. Vermutlich hoffte die Biden Administration, mit der Verbreitung von Ängsten vor einer russischen Invasion, Putin entweder zum Rückzug oder zum Angriff auf die Ukraine zu bringen. Hätte er sich zurückgezogen, wäre es ein diplomatischer Sieg gewesen, der es den USA gestattet hätte, ihre Präsenz in Kiew wieder aufzubauen. Im Fall von Invasion und Besatzung kann Amerika helfen, der Besatzungsmacht das Leben extrem schwer zu machen. Egal wie würde es das Ende der politischen Fehlschläge auf dem eurasischen Kontinent bedeuten.

Aber Putin ist nicht verrückt. Er zerstört die Wirtschaft der Ukraine und hat den Daumen auf Nordstream 1. Deutschland hat zu viele wirtschaftliche und finanzielle Interessen in Osteuropa und Russland, als dass das nicht schmerzen würde. In Deutschland liegt außerdem der Haupt-Endpunkt von Chinas neuer Seidenstraße. Wenn Deutschland sich den USA beugt: Werden diese dann auch Druck auf das Land ausüben, seine Geschäftsbeziehungen zu China aufzugeben?

Das ist die geopolitische Realität, der sich Deutschland und alle Europäer jetzt stellen müssen. Der neue deutsche Kanzler muss entscheiden: Steht er auf der Seite Amerikas, opfert das deutsche wirtschaftliche Potential und schaut zu, wie die Energiekosten in die Höhe schießen, oder erkennt er die wirtschaftlichen Realitäten der Partnerschaft zu Russland und China und deren langfristig enorme Möglichkeiten?

Russland, die USA und Deutschland sind die wichtigsten Akteure, deren Entscheidungen das Ergebnis der Ukraine-Situation festlegen werden. Eine Eskalation in einen nicht-nuklearen Konflikt und eine russische Besatzung der Ukraine nutzt ausschließlich den Amerikanern, denn sie beweist, dass ihre Gegenwart die Garantie für nationale Sicherheit ist.

Ukraine als virtuelles Schlachtfeld

Es war klar, dass die geographische Lage der Ukraine zwischen den freien zentraleuropäischen Staaten und Russland das Land zum Zentrum der steten Rivalität zwischen Russland und den USA machen würde. Seit dem Fall der Sowjetunion war die Ukraine entschlossen, ihren Weg unabhängig von Russland als souveräne Nation zu gehen. Aber der Anfang war schwierig, mit den östlichen Provinzen, die vorwiegend nach Russland orientiert waren, während die westlichen eher nach Zentraleuropa tendierten. Die Orange und die Maidan-Revolution 2004 und 2014 waren Stellvertreter-Kämpfe zwischen den USA und Russland. Während die USA Milliarden in ihre ukrainischen Interessen steckten, antwortete Russland mit der Annektierung der Krim und dem Schüren von Rebellionen in Luhansk und Donetsk. Damit hatte Putin diese territoriale Auseinandersetzung in einem fortgesetzten Krieg für sich entschieden.

Anders als diese östlichen Provinzen versuchten die meisten Ukrainer verzweifelt zu verhindern, dass ihr Land eine russische Kolonie wird. Sie wollten sich um eine Mitgliedschaft in der EU bemühen, was ihr von Russland unterstützter Ex-Präsident Janukowitch 2013 verhinderte. Das führte zur Maidan-Revolution und Janukowitchs Flucht nach Russland. Die Ukraine suchte auch den Schutz der Nato, was Putin dazu provozierte, dem ostwärts wandernden amerikanischen Einfluss ein Stoppschild entgegen zu stellen.

Während die Ukraine nie ganz aus den Überschriften verschwand, setzten später in 2014 die USA einen neuen Fokus auf Syrien. Das Scheitern des Versuchs, Assad zu verdrängen, der auf russische Hilfe setzte, war gefolgt von dem in Afghanistan. Jetzt ist die Ukraine auf Initative Russlands in den Schlagzeilen. Putin führt nun proaktiv in den Konflikt, statt in Ruhe Amerika all seine Fehler machen zu lassen und dabei mit den Augen zu rollen. Das bedeutet eine massive Änderung der russischen Strategie. Es bedeutet, dass Putin Amerika als aus dem Gleichgewicht gekommen wahrnimmt und daraus folgert, dass er gute Chancen auf den Gewinn hat.

Putin hat seine Verteidigung sorgfältig vorbereitet. Nach der Invasion der Krim hatten US-Politiker gefordert, Russland aus dem Swift-System auszuschließen. Seitdem hat das Land Mir entwickelt, ein elektronischen Zahlungssystem, und das Swift-Gegenstück, als SPFS bekannt. SPFS hat Schnittstellen zu China, Indien, dem Iran und anderen Mitgliedern der eurasischen Wirtschaftsunion. Die russische Zentralbank hat das kommerzielle Bankennetzwerk verstärkt und den Einfluss des Dollars so weit wie möglich reduziert, indem sie in Gold und Euro investierte. Heute hält sie deutlich weniger Finanzreserven im US Bankensystem oder in US-Bonds. Damit hat Putin signalisiert, dass er die Gefahr eines Finanzkrieges höher einschätzt als die eines physischen. Wie Präsident Biden sagte: Wenn Amerikaner direkt gegen Russen kämpfen, bedeutet das einen Weltkrieg, daher wird es nicht passieren. In diesem Sinne ist die Ukraine, die Russland im Energie-Würgegriff hält, ein virtuelles Schlachtfeld für einen Stellvertreterkrieg.

Finanzielle Betrachtungen

Die wichtigsten Parteien sind Russland, die USA und die EU. In der EU ist es vor allem Deutschland, aber alle Mitglieder werden betroffen sein.

Wie zuvor dargelegt, ist Russlands wichtigstes Ziel, Amerika aus Europa heraus zu bekommen. Seine Strategie ist es, einen Keil zwischen die USA und Europa zu treiben, hier besonders dessen industrielles Kraftzentrum Deutschland. Diese Pläne begannen schon mit der Konstruktion von Nordstream 1, mit der die Ukraine, die mit Gazprom im Streit lag, umgangen werden konnte. 2012 war die Pipeline fertig und konnte jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas liefern. Nordstream 2 verdoppelt diese Kapazität.

Der amerikanische Druck auf Deutschland, die Inbetriebnahme von Nordstream 2 zu verzögern, folgte der Entwertung des Dollars vor allem ab März 2020, als die Fed die Zinsen auf null senkte und die Geldausweitung um 120 Milliarden monatlich festlegte. Damit wurde die Kaufkraft des Dollars unterminiert. Die Kombination der Dollar-Entwertung, zusammen mit der Winter-Energienachfrage und der Verweigerung von Zusatzlieferungen aus Russland führte zu einer Energiekrise nicht nur für Deutschland, sondern die gesamte EU.

Deutschland ist besonders hart getroffen mit einem um 25 Prozent höheren Produktionspreis-Index Ende Januar. Deutschland kann sich keine Eskalation finanzieller Sanktionen gegen Russland leisten, während seine Industrie mit weiteren steigenden Produktionskosten kämpft. Nicht nur treibt Deutschland erheblichen Handel mit Russland; es hat auch finanzielle Interessen in Zentral-, Osteuropa und Russland, die durch US-geführte Versuche, Zahlungen zu begrenzen, destabilisiert werden könnten.

Trotz Kanzler Scholz‘ ursprünglicher Unterstützung von EU-Sanktionen wird Deutschland hin und her gezogen sein von rivalisierenden Bedürfnissen einer zusammenbrechenden Wirtschaft und dem Druck durch die Nato. Indem Scholz die Inbetriebnahme von Nordstream 2 verzögerte, hat er gezeigt, dass er dem Druck der Nato entgegen den Interessen seiner Wähler nachgegeben hat. Diese Schwäche von Scholz korreliert mit dem unentschlossenen Sozialismus seiner Sozialdemokratischen Partei und Deutschlands fortgesetztem Schuldgefühl nach zwei Weltkriegen.

Die Bedeutung Deutschlands und seiner vermutlichen Unentschlossenheit erkennend, ergriff der französische Präsident Macron die politische Gelegenheit, zwischen Russland und der EU zu vermitteln, was der russischen Sache entgegen kam. Er stellte einfach einen weiteren Nachrichtenkanal für Putins Nachricht an die Nato dar: Die USA sollen raus aus Europa, und die EU für ihre Verteidigung selbst verantwortlich sein. Da Macron große Ambitionen für Frankreichs Rolle in Europa hat, sieht er das sicher als eine Möglichkeit für Frankreich, die Führung der künftigen EU-Verteidigung zu übernehmen, nachdem die Ukraine-Krise vorbei ist. Zunächst aber steht die EU geschlossen hinter den Vorschlägen der USA und Großbritanniens zu den Sanktionen.

Sanktionen funktionieren nur selten. Sie sorgen nur dafür, dass die Sanktionierten sich darauf konzentrieren, sie zu umgehen. Russland wird sein Gas einfach anderswo verkaufen. Bei den derzeitigen hohen Preisen kann das Land es sich leisten, die Versorgung durch die Ukraine, die Yamal-Europa- und Turk-Stream-Pipeline zu verringern. Es könnte Sinn für Russland machen, die Versorgung durch Nordstream 1 vorerst aufrecht zu erhalten mit der Option, eine Verringerung anzudrohen. Die Gaspreise in Europa werden wahrscheinlich noch stärker steigen; für Russland ein Glücksfall. Im untenstehenden Tweet kündigt Ministerpräsident Medwedew an, dass sich die europäischen Gaspreise verdoppeln werden.

Das offensichtlich mangelnde Verständnis der wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen für die EU durch die Führungsriege der EU ist eine Gefahr. Die wirtschaftliche und finanzielle Exposition Deutschlands gegenüber seinen östlichen Nachbarn wurde schon erwähnt, aber anderen EU-Mitgliedern geht es genauso. Außerdem hat die rücksichtslose inflationäre Politik der EZB die finanzielle Gesundheit des gesamten Euro-Systems unterminiert bis zu dem Punkt, dass beim gegenwärtigen Anstieg der Kapitalmarktzinsen die EZB und alle nationalen Zentralbanken (bei nur drei kleineren Ausnahmen) mehr Schulden haben als Gegenwerte. Die gesamte Eurozone ist ein Gebirge an finanziellen Katastrophen, die an einem Scheitelpunkt balancieren und jederzeit kippen können.

Wir können nicht sicher sagen, das die Ukraine den letzten Strohhalm für das Eurosystem darstellt, aber wir können die politische Ignoranz gegenüber diesem Thema aufzeigen. Jeder Zentralbanker, der mit der Linie nicht einverstanden ist (und das könnten einige sein, speziell bei der Bundesbank), hat auf der politischen Ebene keinerlei Einflussmöglichkeit. Wir müssen annehmen, dass keiner der politischen Player in dieser Tragödie sich über die finanzielle und wirtschaftliche Krise im Klaren ist, die jederzeit ausgelöst werden kann. Und wenn die Russen einen Fehler gemacht haben, dann war es der, Reserven in Euro anzuhäufen, die wertlos sein werden, wenn das Eurosystem zusammen bricht.

Finanzielle Sanktionen gegen bestimmte Oligarchen sind sehr wahrscheinlich erwartet worden, und die Betroffenen haben rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen: Oligarchen sind nicht dumm. Auch Sanktionen gegen russische Banken sind erwartet worden und werden wahrscheinlich bei den Russen weniger Probleme auslösen als bei ihren Gegenübern im europäischen Bankensystem, besonders wenn Swift unter Druck kommt, den russischen Zugang abzubrechen. Nicht nur die Ukraine, sondern die gesamte EU, deren Gasversorgung zu 40 Prozent von Russland abhängt, werden erpresst. Wir können sicher sein, dass Russland diese Situation in seine Kriegsrechnung im voraus eingeplant hat. (Anmerkung: Inzwischen hat Olaf Scholz erreicht, dass das Sperren Russlands von SWIFT einige Banken nicht einbezieht, so dass Energie-Rechnungen weiter bezahlt werden können).

Inflation, Gold und unerwartete Konsequenzen

Die Situation heute ist mit den massiv gestiegenen Staatsschulden sehr verschieden zu der von 2014 zur Zeit der Maidan Revolution. Zur Zeit der Krim-Übernahme gingen die Rohstoffpreise von ihrem Höhepunkt seit 2011 zurück, und nach der Annektierung fielen sie scharf, mit entsprechend negativen Konsequenzen für die russische Wirtschaft. Die weltweite Ausweitung der Geldmenge zieht jetzt die Rohstoff- und Energiepreise in die Höhe, weil die Kaufkraft der Währungen abnimmt.

Untenstehende Kurve zeigt, wie ein Warenkorb an Rohstoffen im Preis gestiegen ist, seit die Fed die Zinsen auf null senkte und die Geldausweitung auf 120 Milliarden monatlich festlegte. In diesen 22 Monaten sind durch diese Maßnahmen die Rohstoffpreise um 127 Prozent gestiegen.

Wenn alle Rohstoffpreise gleichzeitig steigen, liegt das an der Ausweitung der Geldmenge, und das ist hier passiert. Im größeren Zusammenhang waren die Rohstoffpreiserhöhungen besonders stark, wovon Russland mit einem Riesen-Plus in seiner Handelsbilanz besonders profitierte.

Es war ein Langzeit-Ziel der russisch-chinesischen Partnerschaft, nicht nur die USA von der Welt-Insel zu werfen, sondern auch die Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren. Während der Handel zwischen Russland und China zunehmend in deren eigener Währung durchgeführt wird, behält der Dollar aber seine Glaubwürdigkeit bei internationalen Transaktionen und wird weiter den Handel bei den anderen Nationen der eurasischen Landmasse dominieren. Die Fiat-Alternative für Russland war der Euro, was teilweise erklärt, warum Russland ihn in seiner Finanzreserve angehäuft hat. Aber seit 2014 ist die Stabilität des Euro derart gesunken, dass die Währung nicht länger eine glaubwürdige Alternative zum Dollar darstellt. Wir können nicht sicher sein, ob das im Kreml erkannt wurde. Aber es gibt immer den Plan B, und das ist physisches Gold.

Es gibt Beweise dafür, dass die Goldreserven in China und Russland deutlich höher sind als die offziellen Bekanntgaben. Seit Beginn der Regulationen 1983, als die Bank des Volkes allein verantwortlich wurde für Chinas Ankäufe von Gold und Silber, schätze ich, dass der Staat mindesten 20 000 Tonnen Gold angesammelt hatte, bevor der Öffentlichkeit erlaubt wurde, Gold zu kaufen. Dafür wurde 2002 die Goldbörse in Shanghai eröffnet. Seitdem hat die SGU weitere 20 000 Tonnen in öffentliche Hände geliefert.

Der chinesische Staat hat das Exklusivrecht auf Goldminen und die Verfeinerung von Gold, sogar auf das Importieren allen Goldes aus dem Ausland. China ist jetzt der bei weiten größte Goldminen-Produzent weltweit, und fügt seinem Schatz jedes Jahr viele Tonnen hinzu (der Rückgang auf 350 Tonnen letztes Jahr lag an Covid), die alle in China bleiben. Diese Politik, ebenso wie anekdotische Beweise legen den Schluss nahe, dass meine Schätzung von 20 000 Tonnen Gold im Staatsbesitz realistisch sind.

Russland hat relativ spät damit begonnen, seine Goldreserven zu steigern und offiziell 2 298 Tonnen angesammelt. Aber als zweitgrößter Goldminenproduzent nach China mit 330 Tonnen ist es wahrscheinlich, dass in der Folge früherer Sanktionen Russland ebenfalls unveröffentlichte Goldreserven angesammelt hat. Außerdem können wir sehen, dass alle SCO-Mitglieder und ihre Partner ihre deklarierten Goldreserven seit 2014 um 75 Prozent gesteigert haben. Plan B scheint daher zu sein, im Falle des Zusammenbruchs westlicher Währungen goldgedeckte Rubel und Renminbi einzuführen.

Im Westen gibt es keinerlei Pläne dieser Art. Amerikas 51jährige Ablehnung und Demontage von Gold als ultimatives Geld scheint seine Vorräte versiegen zu lassen – sonst hätten sie Deutschlands Gold sofort zurückgeben können, statt die Rückgabe über mehrere Jahre zu verteilen. Weiterhin es es Routine bei den Zentralbanken, ihr Gold zu verleihen und auszulagern, was dazu führt, dass Reserven doppelt gezählt werden und es oft keine Klarheit über die Besitzverhältnisse gibt. Wir können sicher sein, dass weder Russland, noch China so etwas tun.

Die Konsequenz dieser Unterschiede ist, in einem Finanzkrieg den Geldstatus von Gold als Waffe zu benutzen. Wenn beispielsweise in einem Nato-geführten Versuch, den Rubel zu destabilisieren, Russland gezwungen wäre, weitere 6 000 Tonnen Gold zu deklarieren, um Amerikas ungeprüften Zahlungen zu entsprechen, und wenn China seine Reserven mobilisieren müsste, um den Renminbi zu stabilisieren, würde das wahrscheinlich auf einen Kampf gegen den Dollar hinauslaufen. Es wäre ein todsicherer Weg für die asiatischen Hegemone, die wirtschaftliche und militärische Macht der USA zu zerstören.

Aus all diesen Gründen könnten die USA und ihre Fünf Augen-Alliierten keinen Finanzkrieg gewinnen. Als China und Russland ihre finanzielle Verteidigung planten, machte dieser goldene Schirm Sinn, und die amerikanischen Sicherheitsdienste hätten ihn bemerken können, wenn auch vielleicht nicht gleich seine vollen Auswirkungen. Aber die Dinge haben sich geändert, besonders durch die Entwertung aller wichtigen Währungen, inclusive des Renminbi. China hat regelmäßig Probleme mit Eigentumsdelikten und druckt sich dann den Weg frei. Zusammen mit der Fed, der EZB und der Bank von Japan hat die Bank des Volkes rücksichtslos die Geldmenge ausgeweitet. Alle zusammen haben sich vom Äquivalent von 5 Milliarden Dollar in 2007 auf über 31 Billionen Dollar heute gesteigert, mit einer besonders hohen Quote seit März 2020.

Die Konsequenzen für die Kaufkraft ihrer Währungen werden jetzt deutlich und zu einem Turbo hinsichtlich der russischen Energieversorgung Europas. Was sich die wenigsten Politiker bewusst machen – und wir sollten hier Putin mit einbeziehen – ist der zerbrechliche Zustand der wichtigsten Zentralbanken. Ihre Bilanzen sind voll mit festverzinslichen Staatsanleihen, deren fallender Marktwert die Spanne an Vermögenswerten gegenüber ihren Schulden immer weiter verkleinern. Während die Fed, die Bank von Japan und die Bank von England sich über ihre Regierungen refinanzieren können, hat die EZB diese Möglichkeit nicht. Die nationalen Zentralbanken sind die Anteilseigner der Fed. Und sie alle, außer Irland, Malta und Slowenien, haben Schulden, die ihre Vermögenswerte bei weitem übersteigen. Das Eurosystem ist jetzt schon insolvent, und wenn Russland jetzt mit den Energielieferungen spielt, könnte das ganze System kippen. In Bezug auf die russische Währungsreserve kann man das eine unbeabsichtigte Konsequenz nennen.

Foto: Pixabay – Pexels

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Siehe dazu auchhttps://www.goldmoney.com/research/goldmoney-insights/central-banks-are-now-insolvent

Angriff auf die Ukraine: Putins aufgestauter Zorn über die Nato-Osterweiterung entlädt sich

Mission Rettung des Euro: EU fährt mit vollem Risiko

Goldnachfrage 2019: Heftige Bewegung im Markt

Um ein Prozent auf 4 355,7 Tonnen sank die weltweite Goldnachfrage im Jahr 2019. Laut Report des World Gold Council (WGC) lag das unter anderem daran, dass sich ein enormer Investmentstrom in ETF und ähnliche Produkte verlagerte und außerdem die private Konsumentennachfrage aufgrund der gestiegenen Preise sank. Das ist aber nicht das einzige bemerkenswerte am jährlichen Goldreport:

Die Nachfrage der Zentralbanken nach Gold ist konstant weiter gestiegen. In der letzten Dekade legten sich diese insgesamt 5019 Tonnen des Edelmetalls zu, zwischen 2000 und 2009 waren es 4 426 gewesen. Die offiziellen internationalen Goldreserven liegen damit jetzt um 5000 Tonnen höher als 2009 und nur noch zehn Prozent unter dem Allzeithoch von 1966. Da waren es 38 491 Tonnen gewesen. Hier die Tabelle der aktuellen nationalen Goldreserven.

2019 erwies sich als zweigeteilt, so der Report. Belastbares Wachstum in der ersten Jahreshälfte stand zunehmenden Rückgängen und Einbrüchen in der zweiten Jahreshälfte gegenüber. Letzteres wirkte sich vor allem im Bereich Schmuck, Barren und Münzen aus. Auch die Gesamtnachfrage der Zentralbanken verlangsamte sich in der zweiten Jahreshälfte, was der WGC aber als Folge der großen Zukäufe in den vorangegangenen Quartalen wertet. Insgesamt erreichten die Käufe der Zentralbanken 2019 bemerkenswerte 650,3 Tonnen, es sind damit die zweithöchsten in den letzten 50 Jahren. ETF Investment Inflows widersetzten sich dem Trend und erreichten im dritten Quartal mit 256,3 Tonnen ihren Höhepunkt. Im letzten Quartal blieben sie mit 26,8 Tonnen allerdings weit zurück. Neu auf den Mark kamen 2019 4766 Tonnen Gold (plus 2 Prozent). Die Steigerung kam aus dem Handel und aus Recycling, denn die Minenproduktion sank im Jahr 2019 um 1 Prozent auf 3437 Tonnen.

15 Zentralbanken steigerten letztes Jahr ihre Goldreserven um mindestens eine Tonne: Die Türkei, die 2017 begann, massiv Gold zu kaufen, lag 2019 an der Spitze aller Zentralbanken. Sie steigerte ihre Goldreserven um 159 Tonnen auf jetzt 413. Das entspricht 20 Prozent ihrer gesamten Reserven. Polen hatte 2018 25,7 Tonnen Gold gekauft und legte 2019 noch einmal deutlich zu: In einem einzigen Ankauf im Juni erwarb die Zentralbank 94,9 Tonnen, insgesamt waren es 2019 100. Polens Goldreserven stiegen damit auf 228,6 Tonnen.

Die russischen Goldreserven stiegen um 158,1 Tonnen. Das war weniger als im Vorjahr, unter anderem auch, weil die russische Zentralbank ab Mai einen besonders günstigen Einkaufspreis anbot, um heimische Produzenten zu ermutigen, mehr Gold zu exportieren. Die chinesischen Goldreserven stiegen bis September um 95,8 auf insgesamt 1 948 Tonnen (drei Prozent der Gesamtreserven). Im letzten Quartal wurden keine Einkäufe mehr gemeldet. Weitere Einkäufer von mehr als zehn Tonnen waren Kasachstan (35), Indien (32,7), die Vereinigten Emirate (13,5), Katar (11), Ecuador (10,6) und Serbien (10 Tonnen).

Der starke Preisanstieg im zweiten Halbjahr sorgte für eine stark sinkende private Nachfrage im Schmuckbereich. Weltweit fiel sie um 6 Prozent auf 2 107 Tonnen. Der Wert dieses Goldes spricht jedoch eine andere Sprache: Gerechnet in US-Dollar stiegt die Schmucknachfrage um 3 Prozent auf ein Fünfjahreshoch von 94,3 Milliarden $. Der höchste Anstieg wurde im vierten Quartal verzeichnet: Mit 27,8 Milliarden $ erreichte er ein Siebenjahreshoch.

In Indien schlugen die gestiegenen Einkaufspreise zusammen mit einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage besonders zu Buche: Nicht einmal der vermehrte Schmuckeinkauf zu Diwali, dem Lichterfest im Oktober verbesserte die Bilanz. Die im November beginnende Hochzeitssaison brachte ebenfalls nur eine leichte Verbesserung. Ähnlich war die Situation in China, wo die Schmucknachfrage um 7 Prozent auf 637 Tonnen sank. Während der Einkauf zum Frühjahrsfest noch wie erwartet stark war, belasteten später zusätzlich zum verlangsamten Wirtschaftswachstum die steigenden Preise für Schweinefleisch den privaten Konsum.  Auch, so der Report der WGC, sei die junge Generation des Landes nicht mehr so überzeugt von Goldschmuck als Anlageform.

Im Iran sorgten die Unruhen um die steigenden Ölpreise für einen deutlichen Einschnitt in der Nachfrage. Im Gegensatz zum restlichen nahen und mittleren Osten stieg in Ägypten bei einer stabilen Währung im vierten Quartal die Nachfrage um deutliche 7 Prozent auf 26,4 Tonnen. In den USA sorgte die robuste wirtschaftliche Lage für eine Steigerung der Nachfrage um 2 Prozent auf ein Zehnjahreshoch mit insgesamt 131,1 Tonnen. In Europa ging unter dem Eindruck des Brexit die Nachfrage um 2 Prozent auf 72,1 Tonnen zurück. In ganz Asien ging die Nachfrage aufgrund des gestiegenen Goldpreises zurück. Nur in Japan stieg sie im vierten Quartal um 3 Prozent auf ein Hoch von 17 Tonnen an – in der gleichen Zeit wuchs die Wirtschaft um 3 Prozent.

Im Investmentbereich gab es einen radikalen Umschwung. Der Umsatz bei Barren und Münzen sank um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 870,6 Tonnen. Am stärksten war der Rückgang mit 31 Prozent in Festland-China. Der Handel mit goldgedeckten ETF stieg dagegen im Vergleich zu 2018 um 426 Prozent auf 401,1 Tonnen. Niedrige Zinsen sorgten dafür, dass die ingesamt gehaltenen ETF auf einen Rekord von 2 905,9 Tonnen anstiegen. In Nordamerika gab es den höchsten Anstieg um 206 Tonnen, gefolgt von Europa um 188.

China baut den ETF-Markt weiter aus. Indien setzt seine Anstrengungen, den Goldmarkt zu regulieren, fort. Dazu gehört auch, die eigenen Goldproduzenten auf einen internationalen Standard festzulegen.

Die Produktion der Minen sank weltweit um 1 Prozent auf 4 776,1 Tonnen. In Russland stieg sie jedoch um 8 Prozent, in Australien um 3. Auch in der Türkei und in den Staaten West-Afrikas wurde ein deutlicher Anstieg verzeichnet. Noch verzeichnet Indonesien mit Grasberg den höchsten Anstieg. In Grasberg sind die qualitativ hochwertigen Ausbeutemöglichkeiten jedoch zunehmend erschöpft. In Süd- und Ostasien, sowie im Nahen Osten wurde eine deutliche Steigerung bei Recycling-Gold festgestellt.

Gold-Nachfrage der Zentralbanken 2018 ist die „höchste seit Bretton Woods“

651,5 Tonnen Gold haben die Zentralbanken 2018 zu ihren Beständen zugefügt. Das ist die höchste Nachfrage seit 1971, berichtet der World Gold Council (WGC) in seinem Rückblick auf das abgelaufene Kalenderjahr. Die gesamte Nachfrage stieg 2018 um vier Prozent auf 4.345,1 Tonnen. Indien blieb dabei mit minus 4 bei 598 Tonnen nahezu konstant.

Die Gold-Schmuck-Nachfrage blieb dagegen bei einer Tonne Unterschied nahezu unverändert bei 2.200 Tonnen. Die Nachfrage bei Goldmünzen stieg 2018 um 4 Prozent auf 236,4 Tonnen, das bedeutet ein Fünf-Jahres-Hoch. Bereits im fünften Jahr etwa gleichbleibend blieb mit 781,6 Tonnen die Nachfrage nach Goldbarren.

Die Zuflüsse in goldgedeckte ETFs nahmen 2018 ab auf nur noch 68,9 Tonnen. Das stellt einen Rückgang von 67 Prozent dar. Einzig in Europa habe es einen Nettozuwachs gegeben, heißt es im Bericht. Die Minen-Produktion stieg 2018 mit 3347 Tonnen auf ein Rekordniveau. Beim Technologie-Gold blieb die Nachfrage bei 334,6 Tonnen etwa gleich. Ganz allgemein war festzustellen, dass sich im vierten Quartal die Markt-Aktivitäten eintrübten.

Die Konsumenten in Indien seien aufgrund des volatilen Goldpreises vorsichtiger geworden, präzisiert der Bericht des World Gold Coucil. Auch habe es 2018 weniger besonders geeignete Hochzeitstermine gegeben, und man habe verstärkten Tausch Gold gegen Gold festgestellt. So sank die Nachfrage auf 180,1 Tonnen. Für das Jahr 2019 sei der Ausblick wieder positiver. Die Nachfrage in China wurde zuletzt durch die Streitereien mit den USA eingetrübt. Hier versucht sich der Handel in neuen Angeboten, wie etwa dem „Spiegelgold“: Ein 999s Produkt mit einer weichen, spiegelähnlichen Oberfläche zielt besonders auf die jüngere Generation. Dennoch sank die Nachfrage um drei auf 174,8 Tonnen. Im Mittleren Osten blieb die Nachfrage schwach, während sie in den USA im zweiten Jahr in Folge stieg. Einen scharfen Einbruch um 21 Prozent auf nur noch 9,1 Tonnen gab es bei der türkischen Nachfrage. Auch im Iran sank die Nachfrage um 29 Prozent auf noch 29,5 Tonnen.

Die 651 Tonnen Neukäufe der Zentralbänke seien die Höchsten seit dem Wegfall von Bretton Woods, heißt es im WGC-Bericht. Russland, die Türkei und Kasachstan seien hier Schlüssel-Einkäufer, bei weitem aber nicht allein. Verstärkte wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheiten bewegten die Zentralbanken, ihre Sicherheiten zu diversifizieren und mehr in sichere, sowie liquide Anlagen zu investieren. 76 Prozent der Zentralbanken, zu eine Umfrage des World Gold Councils, sehen Gold als sicheren Hafen in schwierigen Zeiten, während 59 Prozent das Edelmetall als wichtigen Bestandteil diversifizierter Portfolios sehen. Jede fünfte Zentralbank habe angekündigt, ihre Goldreserven auch im laufenden Jahr weiter aufzustocken.

Russland, das seine Reserven gezielt „entdollarisiert“, hat 2018 allein 274,3 Tonnen Gold gekauft und damit seine Reserven auf 2113 Tonnen zum Jahresende aufgestockt. Die Türkei kaufte mit 51,5 Tonnen zwar 40 Prozent weniger als im Vorjahr, steigerte ihre Reserven aber doch seit Mai 2017 um 137,4 Tonnen. 2017 war das Land nach 25jähriger Enthaltsamkeit wieder in den Goldhandel eingestiegen. China äußerte sich erstmals seit 2016 wieder und gab an, seine Reserve um gerade einmal 10 auf 1852,2 Tonnen gesteigert zu haben. Auch europäische Zentralbanken kauften kräftig ein, hier besonders Polen und Ungarn. Deutschland liegt mit 3369,7 Tonnen inzwischen nach den USA auf Platz zwei der weltweit höchsten Goldreserven.

Im Technologiesektor gab es eine Nachfrage von 334,6 Tonnen. Hier sank der Verbrauch von Zahngold, während der Bedarf im Elektronikbereich stieg. Auch hier gab es allerdings im vierten Quartal mit der Gewinnwarnung von Apple einen Einbruch. Ähnlich verhielt es sich im LED- und Speicherbereich.

Die Minen-Produktion stieg 2018 mit 3347 Tonnen auf ein Rekordniveau. Die Menge recycelten Goldes belief sich auf 1173 Tonnen. In China sorgten verschärfte Umweltauflagen für eine um 9 Prozent geringere Goldproduktion. Einige Produktionsstätten wurden ganz geschlossen. In Indonesien sank die Produktion um 24 Prozent, was zu einem großen Teil auf den Wegfall ertragreicherer Felder zurückgeführt wird. In Süfafrika fiel die Produktion um 18 Prozent aufgrund eines 45tägigen Streiks im vierten Quartal. Auch in Peru sank die Produktion um 9 Prozent. Um vier Prozent gestiegen ist dagegen der Output in Australien, um zehn Prozent in Russland. Im Papua Neu Guinea stieg die Goldproduktion sogar um 23 Prozent, auch Burkina Faso und Ghana meldeten gestiegene Mengen.

Die Türkei und der Iran bleiben die Nationen, die das meiste recycelte Gold auf den Markt bringen. In Q4 sorgte die Türkei damit dafür, dass sich der Goldpreis wieder etwas mäßigte. Der Goldpreis unterlag im Verlauf des Jahres heftigen Schwankungen und geht tendenziell weiter nach oben. Nachdem sowohl die FED, als auch die europäische Zentralbank signalisiert haben, dass die Zinsen in absehbarer Zeit wieder steigen, wird dies voraussichtlich auch so bleiben. Im Januar 2019 überstieg der Preis kurzfristig die Markt von 1300 $ pro Feinunze.

Siehe auch: Gold-Förderländer und noch nicht abgebaute Reserven

Update: Maduro Sold 40% of Venezuela’s Gold Last Year

Update: 2019 gute Chancen für Gold und Silber

Update: US-Streitkräfte transportieren 50 Tonnen Gold aus Syrien ab

Update: Russland setzt Diversifikations-Strategie fort

Update: Exclusive: Gold worth billions smuggled out of Africa