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Menschenleben zählen im Krieg nicht – weder in Russland, noch den USA, in China oder Arabien

Nach wochenlangen Angriffen auf die Ukraine stellt sich heraus: Russland kommt nicht wie geplant voran. Die russische Truppe hat eine niedrige Kampfmoral, der Nachschub klappt nicht so recht, und die Ukraine, die vom Westen mit Waffen inzwischen regelrecht überschüttet wird, wehrt sich in Teilen erfolgreich. Obwohl inzwischen mehr als vier Millionen Einwohner – vorrangig Frauen und Kinder – nach Westen geflohen sind, ist der Wille zum Widerstand im Land ungebrochen. Dazu trägt Präsident Selensky höchst erfolgreich bei. Der Mann, der inzwischen mehr als ein Dutzend Mordversuche überlebt hat, führt einen bisher einmaligen Kommunikationskrieg über die sozialen Medien. Täglich richtet er sich an die Soldaten und alle Einwohner des Landes mit aufmunternden Worten. Er und seine Botschafter heizen dem Westen auf eine Weise ein, die nichts mehr mit Diplomatie zu tun hat. „Wir kämpfen für den gesamten Westen“ ist das Motto, und jedes Land wird einzeln aggressiv verbal angegriffen, damit es sich bewegt und mehr gegen diesen Krieg unternimmt.

Tausende Tote hat der inzwischen gefordert, und die Wut Wladminir Putins wächst stetig. Die Regionen entlang der nordöstlichen, östlichen und südlichen Grenze der Ukraine sind unter Dauerfeuer, und längst nehmen die Soldaten dort keine Rücksicht mehr auf die Zivilbevölkerung. Gezielt werden Wohnsiedlungen, Krankenhäuser, Schulen und andere Einrichtungen der Infrastruktur ebenso wie einfache Leute angegriffen. Das ukrainische Internet funktioniert nicht mehr. Milliardär Elon Musk sorgt für Abhilfe: Er stellt sein Satelliten-Netz Starlink zur Verfügung und schaffte innerhalb kürzester Zeit Container voller Receiver ins Land. Beim russischen Überfall kamen sowohl international geächtete Streubomben, als auch Thermobomben und die nicht abwehrbaren russischen Hyperschallraketen zum Einsatz. Seit Wochen ist die Küstenstadt Mariupol eingeschlossen und total zerbombt. Evakuierungskorridore werden, wenn überhaupt, nur Richtung Russland geöffnet. Ohne Heizung, Wasser, Strom und Nahrung harren in der zerstörten Stadt noch immer über 100 000 Einwohner aus.

Seit dem ersten Aprilwochenende hat sich die russische Armee aus dem Großraum Kiev zurückgezogen. Die zerstörten umliegenden Orte offenbaren ein Bild des Grauens: Hunderte gefolterter und getöteter Zivilisten liegen auf den Straßen herum. Im Ort Butscha ist es besonders schlimm. Während der Westen in höchster Aufregung weitere strengste Sanktionen fordert, behauptet die russische Regierung, die Toten seien gestellt, so wie viele andere Szenarien der letzten Wochen Teil der ukrainischen Propaganda. Russland eröffnet seinerseits ein Strafverfahren gegen das ukrainische Militär, nachdem Hubschrauber ein Öllager bei der grenznahen russischen Stadt Belgorod in Brand gesetzt haben…

In Panik haben in der vierten Kriegswoche die russischen Soldaten die Region rund um das Katastrophen-Kraftwerk Tschernobyl verlassen. Als sie sich befehlsgemäß rund um den havarierten Atommeiler in den verseuchten Boden eingruben, erlitten sie Strahlenschäden. Ein halbes Dutzend russischer Generäle sind inzwischen gefallen. Der Frust in der Truppe ist hoch: Ein Verband hat den eigenen Kommandeur mit dem Panzer überfahren, nachdem die Brigade hohe Verluste erlitten hatte. Die Soldaten plündern Lebensmittelgeschäfte und vergewaltigen systematisch Frauen.

Der Handel der Ukraine ist durch die Blockade der Häfen durch Russland massiv eingeschränkt. Die Angreifer haben außerdem das Asowsche Meer vermint. Mehrere treibende Seeminen sind vor der Küste der Türkei aufgetaucht. Korridore für die Handelsschiffe werden nicht freigegeben. Da die Frühjahrsaussaat in weiten Teilen des Landes nicht ausgebracht werden kann, drohen nun Hungersnöte vor allem in ärmeren Staaten Afrikas, die von günstigen Weizen-Einfuhren abhängig sind.

Die EU und die USA haben massive Finanzsanktionen gegen Russland ausgesprochen. Das Auslandsvermögen in Höhe von etwa der Hälfte der Staatsreserven ist eingefroren, das Land ist so weit von Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen, dass es gerade noch möglich ist, Öl- und Gasimporte zu bezahlen, die noch den ganzen März über unverändert fließen. Putin versucht, mit Gegenmaßnahmen den wirtschaftlichen Kollaps zu verhindern. Dann verlangt Putin die Zahlung der Energieimporte in Rubel, was die EU geschlossen ablehnt. Die Energieimporte werden rückwirkend bezahlt, so dass zu befürchten war, dass Öl und Gas nicht weiter fließen. Der deutsche Wirtschaftsminister Habeck rief also die erste von mehreren Warnstufen für den Gas-Notfallplan aus, und die deutsche Wirtschaft reagierte höchst alarmiert. Ein plötzlicher Stopp der Gas-Lieferungen, so eine DIW-Studie, würde Deutschland in eine zehnjährige Rezession treiben. Schon jetzt haben Hamsterkäufe dafür gesorgt, dass in den Supermärkten seit Wochen weder Sonnenblumenöl, noch Mehl zu finden ist.

Die Inflation in Deutschland hat im März die 7 Prozent-Grenze überschritten. Die Lebensmittelpreise steigen, der Handel erwartet Erhöhungen um bis zu 50 Prozent. Die Chemieunternehmen weisen darauf hin, dass, falls sie im Notfall kein Gas bekommen, sich dies an zahlreichen Produkten des Alltags zeigen werde, wie beispielsweise Shampoo. Die Bauern schlagen Alarm, weil auch russische Düngemittel von den Sanktionen betroffen sind. Das Problem ist so groß, dass die USA, die weltweit allen anderen Ländern mit Konsequenzen drohen, falls sie die Sanktionen umgehen, ihrerseits klammheimlich den russischen Dünger von der Liste nehmen. Um die Bevölkerung von völlig ungewohnt steigenden Preisen an den Tankstellen zu entlasten, entscheidet Präsident Biden außerdem, in der nächsten Zeit täglich eine Milliarde Barrel Öl aus der strategischen Reserve freizugeben.

Öl erreicht am Welt markt Preise von zeitweise 130 Dollar pro Barrel, die Dieselpreise an deutschen Tankstellen steigen bis auf 2,40€ pro Liter; haben sich damit gegenüber den Jahresbeginn verdoppelt. Die europäischen Regierungen reagieren schnell, die deutsche wie immer sehr langsam und viel zu schwach: Während die Gaspreise sich inzwischen verdreifacht haben, will die deutsche Regierung ein Energiegeld von 300 Euro pro Person und 100 Euro pro Kind auszahlen, das zu versteuern ist. Rentner bekommen nichts. Dazu soll es – aber nicht sofort – drei Monate lang ein ÖPNV-Ticket für 9 €/Monat geben – das auf dem Land so gut wie gar nichts nützt. Benzin und Diesel sollen drei Monate lang subventioniert werden, Benzin etwa doppelt so hoch wie Diesel.

Robert Habeck ist krisendiplomatisch in Arabien unterwegs, um neue Lieferanten für Öl und Gas zu finden, denn der Druck auf Europa, Energieimporte aus Russland zu kappen, steigt. Immer wieder wird jetzt wieder ein „vorübergehendes“ Tempolimit gefordert. Die Grünen betonen, dass der dauerhafte Ausweg ohnehin nur die erneuerbaren Energien seien. Die EU diskutiert, gemeinsam neue Einkaufsmöglichkeiten für Öl und Gas zu finden. Deutschland und wenige andere Staaten blockieren einen gemeinsamen Einkaufsstopp von Öl und Gas in Russland – mit Mühe einigt man sich auf den Importstopp von Kohle.

Mit Spannung wird erwartet, ob die EZB nun endlich ihre Geldpolitik ändert. Aber es besteht nur eine geringe Aussicht auf Änderung; zu sehr brauchen einige Staaten billiges Geld, das sie in der Vergangenheit freigiebig unter’s Volks gebracht haben: Italien beispielsweise hat damit der Bevölkerung völlig kostenfreie energetische Sanierungen ihrer Häuser spendiert.

Das Vorgehen der russischen Armee bei der Zivilbevölkerung der Ukraine und die wahllose Erschießung unbewaffneter Menschen werden mit dem Völkermord vom Srebrenica verglichen. Rufe nach einem internationalen Haftbefehl gegen Putin als Kriegsverbrecher werden laut. Für diesen ist es inzwischen kaum mehr möglich, seinen Angriff auf die Ukraine ohne Gesichtsverlust zu beenden – sofern er das überhaupt vor hat. Es kursieren Gerüchte, wonach der Präsident von seinen Beratern über den wahren Verlauf des Überfalls nicht informiert worden war, zu groß sei die Furcht vor seinen Wutausbrüchen. Seit Wochen werden Gespräche zu einem Waffenstillstand und/oder Bedingungen für ein Ende des Krieges gestellt – bisher ohne jedes Ergebnis. Der russische Präsident verlangt nicht nur dauerhafte Neutralität der Ukraine, zu der das Land inzwischen gegen Sicherheitsgarantien bereit wäre. Er fordert auch die Anerkennung des Donbas als eigenständig, was für die Ukraine nicht zur Debatte steht. Und eigentlich denkt er noch viel globaler, wie jetzt in aller Grausamkeit deutlich wird: Seit zehn Jahren propagiert Putin eine Freihandelszone von Portugal bis Wladiwostock. Ob es nur eine Freihandelszone sein soll, darf inzwischen bezweifelt werden.

Das kleine Moldawien, Polen, die baltischen Länder, Finnland und Schweden fürchten, dass Putins Aggression sich in Kürze auf sie richten könnte. Erstmals denken Finnland und Schweden an einen Beitritt zur Nato, obwohl Russland für diesen Fall mit ernsthaften wirtschaftlichen und militärischen Konsequenzen droht. Die Nato reagiert mit großflächiger Verlagerung von Truppen und Gerät an ihre Ostgrenze. Alle Verbindungen zwischen dem Westen und Russland scheinen dauerhaft gekappt. Wladimir Putin bleibt jedoch nicht untätig: Bei Besuchen in China und Indien werden Verträge über die Lieferung von Öl und preisgünstigem Gas abgeschlossen, zahlbar in den Landeswährungen, also unabhängig von den US-Sanktionen. Indien, das von Russland auch Waffen bezieht, hat sich, wie China, bei der UN-Vollversammlung geweigert, den russischen Überfall auf die Ukraine zu insgesamt verurteilen, hat allerdings nach den grauenhaften Bildern aus Butcha die Tötung von Zivilisten angeprangert. Beide Staaten, die zusammen immerhin für rund drei Milliarden Menschen stehen, rechnen sich Vorteile durch die Zusammenarbeit mit Russland aus.

So ist innerhalb weniger Wochen nicht nur ein neuer kalter Krieg entflammt, der jederzeit ein heißer werden könnte. Vielmehr ändert sich die bisherige Weltordnung in Riesenschritten. Die wirtschaftlich starken und aufstrebenden Länder Asiens verbünden sich mit Russland gegen Europa und die USA, vor allem aber auch gegen den Dollar. Wenn dieser als Welt-Leitwährung endgültig entmachtet wird, werden Sanktionsmaßnahmen zunehmend ihre Wirkung verlieren. China weitet seinen Einfluss unter anderem in Afrika kontinuierlich aus. Auch mit wenig Fantasie lässt sich leicht ausmalen, wohin diese Entwicklung führt: Der Westen muss darauf achten, nicht unter die Räder zu geraten. Allein die ständige Demonstration moralischer Überlegenheit wird ihn davor nicht retten.

Wohin die Reise führen könnte, zeigte sich diese Woche im Weltsicherheitsrat. Dort wurde, um der russischen Propaganda etwas entgegen zu setzen, Präsident Selensky per Video zugeschaltet. Dieser stellte den gesamten Sicherheitsrat in Frage: Wenn er nicht in der Lage sei, Sicherheit herzustellen, müsse er sich entweder dringend reformieren – oder sich selbst auflösen. Damit trifft der ukrainische Präsident einen Nerv: Da sowohl die USA, als auch Russland, bei Beschlüssen des Weltsicherheitsrates Vetorecht haben, können sie jeweils eine Verurteilung ihres eigenen Handelns verhindern. Jetzt versuchen die USA, Russland aus dem Weltsicherheitsrat zu werfen. Das wäre für die Vereinigten Staaten der beste Weg: Sie würden ihr Vetorecht behalten, und Russland könnte verurteilt werden. Sinnvoller wäre aber, im Rat Mehrheitsbeschlüsse möglich zu machen, die von keinem Veto verhindert werden können. Dann könnte sich der Rat auch anderen Kriegsverbrechen widmen – und die USA kämen nicht gut dabei weg.

Ganz besonders geht es hier um den völkerrechtswidrigen Einmarsch der USA in den Irak vor fast 20 Jahren. Im Unterschied zum Ukrainekrieg bekam die Öffentlichkeit dazu so gut wie keine Bilder zu sehen und erfuhr auch kaum Einzelheiten, wie etwa zum Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung – dafür sorgten die US-Präsidenten höchstpersönlich. Umso ärgerlicher war es für das Land, das sich so gern als Vertreter der Menschenrechte inszeniert und den moralischen Zeigefinger zeigt, dass Wikileaks im Oktober 2010 fast 400 000 Geheimdokumente der Amerikaner zum Irak-Krieg veröffentlichte. Wenige Monate zuvor hatte die Enthüllungsplattform bereits 77 000 geheime US-Dokumente zur Lage in Afghanistan veröffentlicht und sich damit den Zorn der US-Regierung zugezogen. Nun wurden blutige Details des Irak-Krieges offenbar: Einer internen Aufstellung der Armee zufolge wurden zwischen der Invasion 2003 und Ende 2009 insgesamt etwa 109 000 Iraker getötet, 63 Prozent von ihnen Zivilisten.

Zusätzlich wurden Berichte über Folter und Erniedrigung veröffentlicht. Wikileaks zitierte Augenzeugen mit den Worten: „Die einzigen Grenzen, die es gab, waren die Grenzen der Vorstellungskraft.“ In der Mehrzahl der Fälle gehe es um Taten von Irakern gegen Iraker. Ausgebildet worden waren diese irakischen Foltertrupps von US-Amerikanern. Eine führende Rolle dabei soll der Texaner Jim Steele inne gehabt haben, involviert war auch General Petreus, der später wegen einer Liebesaffaire stürzte. Ein Skandal für sich wurden die Berichte über Folterungen und Demütigungen im US-Geheimgefängnis Abu Graib: Dort hatten US-Soldaten in mindestens 400 Fällen Männer und Frauen vergewaltigt, sexuell extrem misshandelt, mit Hunden bedroht, kopfüber aufgehängt und vieles mehr. Präsident Obama verbot die Veröffentlichung der Bilder aus dem Gefängnis, weil sie „den Anti-Amerikanismus stärken und Soldaten in Afghanistan gefährenden“ könnten. So wurde möglich, was im Ukraine-Krieg niemals gelingen wird: Während die Flut der Bilder geschundener Menschen und zerstörter Zivilgebäude aus der Ukraine sich auf Dauer ins kollektive Gedächtnis einprägen werden, geraten die Hässlichkeiten des Irak-Krieges so langsam in Vergessenheit. Jedenfalls im Westen – nicht jedoch im Nahen Osten und in Asien. Dort vergleicht man Putins Krieg sehr wohl mit denen der USA.

Wikileaks konnte so viel über den Irak-Krieg veröffentlichen, weil ein als Bradley Manning bekannt gewordener Soldat während der Stationierung im Irak Hunderttausende Armeedokumente sowie Depeschen der USA von Militärrechnern heruntergeladen hatte. Darunter waren auch zwei Schock-Videos: Kampfhubschrauber der Army hatten am 7. Juli 2007 Ziele in Nord-Baghdad angegriffen.

Beim ersten Angriff beschossen die beiden Apaches mit ihren 30mm-Bordkanonen eine Gruppe von neun bis elf Männern, die sich im Weg von herannahenden amerikanischen Bodenkräften befanden. Einige der Männer waren bewaffnet mit AK-47 und einer Panzerfaust; andere waren unbewaffnet. Zwei für die Nachrichtenagentur Reuters arbeitende irakische Kriegsberichterstatter Saeed Chmagh und Namir Noor-Eldeen, begleiteten die Gruppe. Noor-Eldeens Kamera wurde dabei ebenfalls für eine Waffe gehalten. Acht Männer, Noor-Eldeen eingeschlossen, wurden während dieses Angriffes getötet. Der zweite Angriff, bei dem auch die 30mm-Kanone zum Einsatz kam, galt dem verletzten Saeed Chmagh und zwei unbewaffneten Männern, die Chmagh helfen wollten: Kurz bevor die Bodentruppen eintrafen, versuchten sie ihn in ihren Van zu ziehen. Dabei wurden die drei Männer getötet und zwei im Wagen sitzende Kinder verletzt.

Bradley Manning, der Informant, der heute Chelsea Manning heißt, wurde in den USA wegen Geheimnisverrat 2013 zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt, legte aber Berufung ein und kam wesentlich früher frei. Als Staatsfeind Nr. 1 betrachten die Vereinigten Staaten hingegen noch immer Julian Assange, einen der Gründer von Wilikeaks. Assange hatte für die Veröffentlichung gesorgt. Der 1971 in Australien geborene investigative Journalist wird seit dem Jahr 2010 gejagt. Zunächst stellte Schweden einen internationalen Haftbefehl wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung aus, der inzwischen längst zurückgezogen ist. Großbritannien verhaftete Assange und bereitete sich auf die Überstellung in die USA vor. Der auf Kaution Freigelassene flüchtete sich in die Botschaft von Ecuador, wo er sieben Jahre lang ausharrte. Er erhielt sogar die ecuadorische Staatsbürgerschaft, konnte die Botschaft aber nicht verlassen, weil er sofort verhaftet worden wäre.

Nach einem Regierungswechsel in Ecuador wurde Assange 2019 die Staatsangehörigkeit wieder entzogen. Er wurde in der Botschaft verhaftet und sitzt seitdem in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis in Einzelhaft, bis über den Antrag der USA auf Auslieferung entschieden ist, der sich im Berufungsverfahren befindet. In den USA droht Assange lebenslange Haft unter extremen Bedingungen. Nachdem er inzwischen seit 12 Jahren eingesperrt ist, hat der Journalist seelisch erheblich Schaden genommen. Wäre seine Anwältin nicht, die er kürzlich geheiratet und mit der er zwei Kinder hat, würde er womöglich nicht mehr leben.

Diese Gegenüberstellung zweier Kriege dient nicht der Rechtfertigung einer oder der anderen Seite. Es geht darum, nicht mit zweierlei Maß zu messen. Unzählige Kriegsverbrechen sind nicht gesühnt – und das darf nicht sein. Von den Sünden Chinas in dieser Beziehung habe ich andernorts bereits berichtet. Seit 63 Jahren ist Tibet nun aus chinesischer Sicht „befreit“. Noch immer werden Klöster zerstört, Mönche inhaftiert und grausam gefoltert, bevor sie zum Sterben heimkehren. Der Besitz eines Fotos des Dalai Lama ist dem tiefgläubigen Volk unter Strafe verboten. Unterricht in tibetischer Sprache darf nicht mehr stattfinden. Sogar die Gebetsfahnen, mit denen Tibeter die heiligen Berge geschmückt haben, müssen „aus Gründen des Umweltschutzes“ entfernt werden. Von der Behandlung der muslimischen Uiguren war in letzter Zeit häufiger die Rede. Sie werden zu Zigtausenden in Umerziehungslager gesteckt. In China soll nichts existieren, das anders denkt, als es die Partei vorgibt. Der Weltsicherheitsrat weiß von all diesen Dingen, handelt aber nicht. Es darf auch nicht sein, dass die größten Kriegsführer dieser Welt nicht bereit sind, sich Kriegsverbrecher-Verfahren in Den Haag zu stellen, weil sie den Gerichtshof schon gar nicht anerkennen.

Saudi-Arabien führt zusammen mit einer Allianz arabischer Staaten, zu denen auch Katar, Kuweit und die Vereinigten Emirate gehören, seit sieben Jahren einen vernichtenden Stellvertreterkrieg gegen den Iran im Jemen. Er wird von den USA unterstützt. Jemen war schon vorher ein bettelarmes Land. Dort gibt es inzwischen eine der schwersten humanitären Katastrophen weltweit. Trotzdem wird dieser Krieg bei uns kaum beachtet. Warum? Weil wir kaum Bilder davon sehen. Inzwischen wurden mehr als 24 000 Luftangriffe auf Ziele im Jemen geflogen. Wer sich die Karte anschaut sieht, dass es so viele militärisch wichtigen Ziele dort gar nicht geben kann. Es geht also auch hier gegen Zivilisten. Seit 2014 sind mehr als 200 000 Menschen gestorben, rund die Hälfte davon an Hunger oder Krankheiten. Hilfstransporte erreichen die leidende Bevölkerung nur schwer.

Und was tun wir? Wir tauschen Energielieferungen vom Kriegsverbrecher Putin gegen Lieferungen aus Arabien, deren Regierungen sich keinen Deut weniger schuldig gemacht haben. Mal ganz abgesehen davon, dass weder in Katar, noch in Saudi-Arabien die Menschenrechte so geachtet werden, wie wir das immer einfordern. Erst kürzlich hat Saudi-Arabien an einem einzigen Tag 81 Menschen hingerichtet, einige davon allein wegen Teilnahme an Sitzstreiks und Protesten.

Auf dieser Welt sollte es überhaupt keine Kriege geben. Nahrung und Wasser müssten gerecht verteilt und das Zusammenleben geprägt sein von dem Bewusstsein, dass wir alle Brüder und Schwestern sind – egal wo wir leben und welche Hautfarbe wir haben. Leider wird das wohl niemals der Fall sein und die Menschheit sich irgendwann wohl selbst vernichten. Dann profitiert wenigstens der Planet, an dessen Zerstörung wir so erfolgreich arbeiten.

Siehe auch: Angriff auf die Ukraine: Putins aufgestauter Zorn entlädt sich

Goldnachfrage 2019: Heftige Bewegung im Markt

Um ein Prozent auf 4 355,7 Tonnen sank die weltweite Goldnachfrage im Jahr 2019. Laut Report des World Gold Council (WGC) lag das unter anderem daran, dass sich ein enormer Investmentstrom in ETF und ähnliche Produkte verlagerte und außerdem die private Konsumentennachfrage aufgrund der gestiegenen Preise sank. Das ist aber nicht das einzige bemerkenswerte am jährlichen Goldreport:

Die Nachfrage der Zentralbanken nach Gold ist konstant weiter gestiegen. In der letzten Dekade legten sich diese insgesamt 5019 Tonnen des Edelmetalls zu, zwischen 2000 und 2009 waren es 4 426 gewesen. Die offiziellen internationalen Goldreserven liegen damit jetzt um 5000 Tonnen höher als 2009 und nur noch zehn Prozent unter dem Allzeithoch von 1966. Da waren es 38 491 Tonnen gewesen. Hier die Tabelle der aktuellen nationalen Goldreserven.

2019 erwies sich als zweigeteilt, so der Report. Belastbares Wachstum in der ersten Jahreshälfte stand zunehmenden Rückgängen und Einbrüchen in der zweiten Jahreshälfte gegenüber. Letzteres wirkte sich vor allem im Bereich Schmuck, Barren und Münzen aus. Auch die Gesamtnachfrage der Zentralbanken verlangsamte sich in der zweiten Jahreshälfte, was der WGC aber als Folge der großen Zukäufe in den vorangegangenen Quartalen wertet. Insgesamt erreichten die Käufe der Zentralbanken 2019 bemerkenswerte 650,3 Tonnen, es sind damit die zweithöchsten in den letzten 50 Jahren. ETF Investment Inflows widersetzten sich dem Trend und erreichten im dritten Quartal mit 256,3 Tonnen ihren Höhepunkt. Im letzten Quartal blieben sie mit 26,8 Tonnen allerdings weit zurück. Neu auf den Mark kamen 2019 4766 Tonnen Gold (plus 2 Prozent). Die Steigerung kam aus dem Handel und aus Recycling, denn die Minenproduktion sank im Jahr 2019 um 1 Prozent auf 3437 Tonnen.

15 Zentralbanken steigerten letztes Jahr ihre Goldreserven um mindestens eine Tonne: Die Türkei, die 2017 begann, massiv Gold zu kaufen, lag 2019 an der Spitze aller Zentralbanken. Sie steigerte ihre Goldreserven um 159 Tonnen auf jetzt 413. Das entspricht 20 Prozent ihrer gesamten Reserven. Polen hatte 2018 25,7 Tonnen Gold gekauft und legte 2019 noch einmal deutlich zu: In einem einzigen Ankauf im Juni erwarb die Zentralbank 94,9 Tonnen, insgesamt waren es 2019 100. Polens Goldreserven stiegen damit auf 228,6 Tonnen.

Die russischen Goldreserven stiegen um 158,1 Tonnen. Das war weniger als im Vorjahr, unter anderem auch, weil die russische Zentralbank ab Mai einen besonders günstigen Einkaufspreis anbot, um heimische Produzenten zu ermutigen, mehr Gold zu exportieren. Die chinesischen Goldreserven stiegen bis September um 95,8 auf insgesamt 1 948 Tonnen (drei Prozent der Gesamtreserven). Im letzten Quartal wurden keine Einkäufe mehr gemeldet. Weitere Einkäufer von mehr als zehn Tonnen waren Kasachstan (35), Indien (32,7), die Vereinigten Emirate (13,5), Katar (11), Ecuador (10,6) und Serbien (10 Tonnen).

Der starke Preisanstieg im zweiten Halbjahr sorgte für eine stark sinkende private Nachfrage im Schmuckbereich. Weltweit fiel sie um 6 Prozent auf 2 107 Tonnen. Der Wert dieses Goldes spricht jedoch eine andere Sprache: Gerechnet in US-Dollar stiegt die Schmucknachfrage um 3 Prozent auf ein Fünfjahreshoch von 94,3 Milliarden $. Der höchste Anstieg wurde im vierten Quartal verzeichnet: Mit 27,8 Milliarden $ erreichte er ein Siebenjahreshoch.

In Indien schlugen die gestiegenen Einkaufspreise zusammen mit einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage besonders zu Buche: Nicht einmal der vermehrte Schmuckeinkauf zu Diwali, dem Lichterfest im Oktober verbesserte die Bilanz. Die im November beginnende Hochzeitssaison brachte ebenfalls nur eine leichte Verbesserung. Ähnlich war die Situation in China, wo die Schmucknachfrage um 7 Prozent auf 637 Tonnen sank. Während der Einkauf zum Frühjahrsfest noch wie erwartet stark war, belasteten später zusätzlich zum verlangsamten Wirtschaftswachstum die steigenden Preise für Schweinefleisch den privaten Konsum.  Auch, so der Report der WGC, sei die junge Generation des Landes nicht mehr so überzeugt von Goldschmuck als Anlageform.

Im Iran sorgten die Unruhen um die steigenden Ölpreise für einen deutlichen Einschnitt in der Nachfrage. Im Gegensatz zum restlichen nahen und mittleren Osten stieg in Ägypten bei einer stabilen Währung im vierten Quartal die Nachfrage um deutliche 7 Prozent auf 26,4 Tonnen. In den USA sorgte die robuste wirtschaftliche Lage für eine Steigerung der Nachfrage um 2 Prozent auf ein Zehnjahreshoch mit insgesamt 131,1 Tonnen. In Europa ging unter dem Eindruck des Brexit die Nachfrage um 2 Prozent auf 72,1 Tonnen zurück. In ganz Asien ging die Nachfrage aufgrund des gestiegenen Goldpreises zurück. Nur in Japan stieg sie im vierten Quartal um 3 Prozent auf ein Hoch von 17 Tonnen an – in der gleichen Zeit wuchs die Wirtschaft um 3 Prozent.

Im Investmentbereich gab es einen radikalen Umschwung. Der Umsatz bei Barren und Münzen sank um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 870,6 Tonnen. Am stärksten war der Rückgang mit 31 Prozent in Festland-China. Der Handel mit goldgedeckten ETF stieg dagegen im Vergleich zu 2018 um 426 Prozent auf 401,1 Tonnen. Niedrige Zinsen sorgten dafür, dass die ingesamt gehaltenen ETF auf einen Rekord von 2 905,9 Tonnen anstiegen. In Nordamerika gab es den höchsten Anstieg um 206 Tonnen, gefolgt von Europa um 188.

China baut den ETF-Markt weiter aus. Indien setzt seine Anstrengungen, den Goldmarkt zu regulieren, fort. Dazu gehört auch, die eigenen Goldproduzenten auf einen internationalen Standard festzulegen.

Die Produktion der Minen sank weltweit um 1 Prozent auf 4 776,1 Tonnen. In Russland stieg sie jedoch um 8 Prozent, in Australien um 3. Auch in der Türkei und in den Staaten West-Afrikas wurde ein deutlicher Anstieg verzeichnet. Noch verzeichnet Indonesien mit Grasberg den höchsten Anstieg. In Grasberg sind die qualitativ hochwertigen Ausbeutemöglichkeiten jedoch zunehmend erschöpft. In Süd- und Ostasien, sowie im Nahen Osten wurde eine deutliche Steigerung bei Recycling-Gold festgestellt.

Gold-Nachfrage der Zentralbanken 2018 ist die „höchste seit Bretton Woods“

651,5 Tonnen Gold haben die Zentralbanken 2018 zu ihren Beständen zugefügt. Das ist die höchste Nachfrage seit 1971, berichtet der World Gold Council (WGC) in seinem Rückblick auf das abgelaufene Kalenderjahr. Die gesamte Nachfrage stieg 2018 um vier Prozent auf 4.345,1 Tonnen. Indien blieb dabei mit minus 4 bei 598 Tonnen nahezu konstant.

Die Gold-Schmuck-Nachfrage blieb dagegen bei einer Tonne Unterschied nahezu unverändert bei 2.200 Tonnen. Die Nachfrage bei Goldmünzen stieg 2018 um 4 Prozent auf 236,4 Tonnen, das bedeutet ein Fünf-Jahres-Hoch. Bereits im fünften Jahr etwa gleichbleibend blieb mit 781,6 Tonnen die Nachfrage nach Goldbarren.

Die Zuflüsse in goldgedeckte ETFs nahmen 2018 ab auf nur noch 68,9 Tonnen. Das stellt einen Rückgang von 67 Prozent dar. Einzig in Europa habe es einen Nettozuwachs gegeben, heißt es im Bericht. Die Minen-Produktion stieg 2018 mit 3347 Tonnen auf ein Rekordniveau. Beim Technologie-Gold blieb die Nachfrage bei 334,6 Tonnen etwa gleich. Ganz allgemein war festzustellen, dass sich im vierten Quartal die Markt-Aktivitäten eintrübten.

Die Konsumenten in Indien seien aufgrund des volatilen Goldpreises vorsichtiger geworden, präzisiert der Bericht des World Gold Coucil. Auch habe es 2018 weniger besonders geeignete Hochzeitstermine gegeben, und man habe verstärkten Tausch Gold gegen Gold festgestellt. So sank die Nachfrage auf 180,1 Tonnen. Für das Jahr 2019 sei der Ausblick wieder positiver. Die Nachfrage in China wurde zuletzt durch die Streitereien mit den USA eingetrübt. Hier versucht sich der Handel in neuen Angeboten, wie etwa dem „Spiegelgold“: Ein 999s Produkt mit einer weichen, spiegelähnlichen Oberfläche zielt besonders auf die jüngere Generation. Dennoch sank die Nachfrage um drei auf 174,8 Tonnen. Im Mittleren Osten blieb die Nachfrage schwach, während sie in den USA im zweiten Jahr in Folge stieg. Einen scharfen Einbruch um 21 Prozent auf nur noch 9,1 Tonnen gab es bei der türkischen Nachfrage. Auch im Iran sank die Nachfrage um 29 Prozent auf noch 29,5 Tonnen.

Die 651 Tonnen Neukäufe der Zentralbänke seien die Höchsten seit dem Wegfall von Bretton Woods, heißt es im WGC-Bericht. Russland, die Türkei und Kasachstan seien hier Schlüssel-Einkäufer, bei weitem aber nicht allein. Verstärkte wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheiten bewegten die Zentralbanken, ihre Sicherheiten zu diversifizieren und mehr in sichere, sowie liquide Anlagen zu investieren. 76 Prozent der Zentralbanken, zu eine Umfrage des World Gold Councils, sehen Gold als sicheren Hafen in schwierigen Zeiten, während 59 Prozent das Edelmetall als wichtigen Bestandteil diversifizierter Portfolios sehen. Jede fünfte Zentralbank habe angekündigt, ihre Goldreserven auch im laufenden Jahr weiter aufzustocken.

Russland, das seine Reserven gezielt „entdollarisiert“, hat 2018 allein 274,3 Tonnen Gold gekauft und damit seine Reserven auf 2113 Tonnen zum Jahresende aufgestockt. Die Türkei kaufte mit 51,5 Tonnen zwar 40 Prozent weniger als im Vorjahr, steigerte ihre Reserven aber doch seit Mai 2017 um 137,4 Tonnen. 2017 war das Land nach 25jähriger Enthaltsamkeit wieder in den Goldhandel eingestiegen. China äußerte sich erstmals seit 2016 wieder und gab an, seine Reserve um gerade einmal 10 auf 1852,2 Tonnen gesteigert zu haben. Auch europäische Zentralbanken kauften kräftig ein, hier besonders Polen und Ungarn. Deutschland liegt mit 3369,7 Tonnen inzwischen nach den USA auf Platz zwei der weltweit höchsten Goldreserven.

Im Technologiesektor gab es eine Nachfrage von 334,6 Tonnen. Hier sank der Verbrauch von Zahngold, während der Bedarf im Elektronikbereich stieg. Auch hier gab es allerdings im vierten Quartal mit der Gewinnwarnung von Apple einen Einbruch. Ähnlich verhielt es sich im LED- und Speicherbereich.

Die Minen-Produktion stieg 2018 mit 3347 Tonnen auf ein Rekordniveau. Die Menge recycelten Goldes belief sich auf 1173 Tonnen. In China sorgten verschärfte Umweltauflagen für eine um 9 Prozent geringere Goldproduktion. Einige Produktionsstätten wurden ganz geschlossen. In Indonesien sank die Produktion um 24 Prozent, was zu einem großen Teil auf den Wegfall ertragreicherer Felder zurückgeführt wird. In Süfafrika fiel die Produktion um 18 Prozent aufgrund eines 45tägigen Streiks im vierten Quartal. Auch in Peru sank die Produktion um 9 Prozent. Um vier Prozent gestiegen ist dagegen der Output in Australien, um zehn Prozent in Russland. Im Papua Neu Guinea stieg die Goldproduktion sogar um 23 Prozent, auch Burkina Faso und Ghana meldeten gestiegene Mengen.

Die Türkei und der Iran bleiben die Nationen, die das meiste recycelte Gold auf den Markt bringen. In Q4 sorgte die Türkei damit dafür, dass sich der Goldpreis wieder etwas mäßigte. Der Goldpreis unterlag im Verlauf des Jahres heftigen Schwankungen und geht tendenziell weiter nach oben. Nachdem sowohl die FED, als auch die europäische Zentralbank signalisiert haben, dass die Zinsen in absehbarer Zeit wieder steigen, wird dies voraussichtlich auch so bleiben. Im Januar 2019 überstieg der Preis kurzfristig die Markt von 1300 $ pro Feinunze.

Siehe auch: Gold-Förderländer und noch nicht abgebaute Reserven

Update: Maduro Sold 40% of Venezuela’s Gold Last Year

Update: 2019 gute Chancen für Gold und Silber

Update: US-Streitkräfte transportieren 50 Tonnen Gold aus Syrien ab

Update: Russland setzt Diversifikations-Strategie fort

Update: Exclusive: Gold worth billions smuggled out of Africa

Freie Presse, Pressefreiheit – aber nur, wenn man nicht genau hin schaut…

Die renommierte Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hat die Pressefreiheit in Deutschland auf Rang 17 von 179 herabgestuft. Grund seien vor allem die Deutsche Pressekonzentration.

Journalisten kommen oft nur schwer an Informationen von Behörden, vermerkt die „Nahaufnahme Deutschland“. Anfragen werden häufig nur langsam und gegen hohe Gebühren beantwortet, fünf Bundesländer haben nach wie vor keine eigenen Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet. In der Praxis werden die Informationsfreiheitsgesetze von einzelnen Behörden sehr unterschiedlich umgesetzt. Viele Journalisten klagen darüber, dass ihre Anfragen nur sehr langsam beantwortet werden, was aktuelle Berichterstattung erschwert oder gänzlich verhindert. Dazu kommen zum Teil bewusst hohe Gebühren der Ämter. Exemplarisch dafür stehe die Anfrage zweier Journalisten, die das Bundesinnenministerium im Mai 2011 nach den Medaillenvorgaben der Sportverbände für Olympia befragten und dafür inzwischen mehr als 7000 Euro Gebühr bezahlten. Obwohl das IFG eine Bearbeitungsfrist von vier Wochen vorsieht, war der Antrag auch 14 Monate später noch nicht vollständig bearbeitet. Die Journalisten verklagten das Innenministerium deshalb im Juli 2012 vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf die Herausgabe der Medaillenziele – und bekamen Recht (http://bit.ly/MkklYPhttp://bit.ly/Qxihjt).

Neu war 2012, dass mehrere Zeitungstitel komplett eingestellt wurden. Die Financial Times Deutschland, die am 7. Dezember nach zwölf Jahren zum letzten Mal erschien, war die prominenteste unter ihnen. Bereits Ende Februar wurde die kleine, aber traditionsreiche Deister­Leine-Zeitung im niedersächsischen Barsinghausen nach mehr als 125 Jahren geschlossen. Am 29. September erschien in Nürnberg die letzte Ausgabe der Abendzeitung, einer der ältesten Boulevardzeitungen Deutschlands. Im Oktober meldete die Nachrichtenagentur dapd Insolvenz an, im November der Verlag der Frankfurter Rundschau. Ob und wie beide Redaktionen dauerhaft weiterarbeiten, ist noch weitgehend unklar. Andere Verlage schlossen wegen sinkender Anzeigenerlöse und Verkaufszahlen Lokalredaktionen (Münstersche Zeitung) oder lagerten sie in tariflose Tochterfirmen aus (Nordwest-Zeitung, Darmstädter Echo). Die WAZ Mediengruppe kündigte im Januar 2013 an, die Redaktionen der Westfälischen Rundschau zu schließen.

Außerdem wird die Berichterstattung im Überregionalen immer stärker gebündelt. Die WAZ Mediengruppe und die Mediengruppe Dumont Schauberg machen dies seit 2009/2010 mit Redaktionsgemeinschaften vor, die bis zu fünf eigenständige Zeitungen mit nahezu identischem Mantelteil beliefern. Im Oktober 2012 kündigte der Axel-Springer-Verlag an, die gemeinsame Redaktion von Welt-Gruppe und Berliner Morgenpost mit der des Hamburger Abendblatts zusammenzulegen. Das Gleiche ist ab Mitte 2013 für die Mantelredaktionen von Wiesbadener Tagblatt, Wiesbadener Kurier und Allgemeiner Zeitung (Mainz) geplant.

Gleichzeitig investieren Unternehmen und PR-Agenturen steigende Summen, um ihre Inhalte in den Medien unterzubringen. Oft werden kommerzielle Inhalte dabei bewusst nicht als Werbung gekennzeichnet, sondern als journalistische Beiträge getarnt oder mit diesen vermischt, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. In Anbetracht der oben skizzierten Situation ist diese Strategie ausgesprochen erfolgreich, denn Redakteure haben immer weniger Zeit, zu recherchieren und Informationen zu prüfen. Sie sind auf vorproduzierte Inhalte angewiesen, die möglichst wenig kosten. PR-Material und versteckte Werbebotschaften kommen als angebliche Tests oder Lieblingsprodukte der Redaktion daher, in Form bezahlter Artikel oder gar ganzer Magazine, die Unternehmen herausgeben, die der Leser aber für journalistische Produkte hält.

Am 1. August 2012 trat nach anderthalbjährigen Beratungen im Bundestag ein Pressefreiheitsgesetz in Kraft, das Journalisten bei investigativen Recherchen stärker vor staatlichen Übergriffen schützt. Sie können nun nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat verurteilt werden, wenn sie Material von Informanten aus staatlichen Quellen annehmen, auswerten oder veröffentlichen. Zudem dürfen Redaktionen nicht mehr durchsucht und Materialien beschlagnahmt werden – außer bei dringendem Verdacht auf Beteiligung an einer Straftat. Hintergrund waren die Hausdurchsuchung beim Magazin Cicero 2005 und die Klage gegen einen freien Journalisten, der aus vertraulichen Akten des Bundeskriminalamts zitiert hatte. Das neue Pressefreiheitsgesetz schützt jedoch nur Redaktionsräume vor Durchsuchungen, nicht Büros freier Journalisten. Die Anstiftung zum Geheimnisverrat steht weiterhin unter Strafe, was Journalisten vor Probleme stellen kann, die aufgrund vager Hinweise recherchieren und Fragen stellen.

Gefahr für die Sicherheit journalistischer Quellen geht zudem von der so genannten Vorratsdatenspeicherung aus, also der Archivierung von Verbindungsdaten von Computern und Mobiltelefonen zu Fahndungszwecken. Die pauschale, verdachtsunabhängige Speicherung solcher Daten hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Informanten nicht mehr mit Journalisten in Kontakt treten wollten, da sie Angst hatten enttarnt zu werden. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie von 2006, die Mitgliedsländer zur Speicherung solcher Daten verpflichtet. Daraufhin wurde in Deutschland ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, welches das Bundesverfassungsgesetz jedoch 2010 für nichtig erklärte. Im Mai 2012 verklagte die EU-Kommission die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof. In der Debatte um ein neues Gesetz fordert Reporter ohne Grenzen, Verbindungsdaten nicht pauschal zu speichern, sondern erst bei konkretem Tatverdacht.

Der so genannte Sachsensumpf-Prozess gegen die Leipziger Journalisten Thomas Datt und Arndt Ginzel wurde im November 2012 in zweiter Instanz vor dem Dresdener Landgericht verhandelt. Die sächsischen Richter sprachen die beiden Journalisten am 11. Dezember vom Vorwurf der üblen Nachrede frei und setzten damit ein wichtiges Signal, dass das Strafrecht nicht gegen Journalisten eingesetzt werden darf. Sechs Tage später legte die Dresdner Staatsanwaltschaft jedoch Revision gegen das Urteil ein, sodass sich der Prozess nun weiter in die Länge zieht. Datt und Ginzel hatten 2008 über angebliche Kontakte hochrangiger sächsischer Justizbeamter ins Leipziger Rotlichtmilieu berichtet. Der Leipziger Polizeipräsident erstattete daraufhin Anzeige, im August 2010 wurden die beiden Journalisten zu je 2500 Euro Geldstrafe verurteilt. (http://bit.ly/W2ehZP)
Immer wieder werden Journalisten nach kritischen Berichten von radikalen Gruppen bedroht. In Spremberg wurden Anfang Mai 2012 die Redaktionsräume der Lausitzer Rundschau angegriffen, nachdem diese über ein Treffen von Neonazis berichtet hatte. Unbekannte besprühten die Glasfassade der Reaktion mit der Parole „Lügenpresse halt die Fresse!“ und beklebten sie mit großformatigen Fotos des Treffens, auf denen Vermummte mit Fackeln posieren. In der darauffolgenden Nacht beschmierten sie die Fassade der Zeitung mit Blut und den Innereien eines geschlachteten Tieres.

Im Internet kursierten zudem mehrere Drohvideos radikaler Islamisten. Nachdem Fernsehsender im Mai 2012 Demonstranten der rechtsextremen Vereinigung Pro NRW mit Mohammed-Karikaturen gezeigt hatten, forderte ein in Pakistan lebender deutscher Islamist mit Blick auf die Reporter: „Lauert ihnen auf, tötet sie und verpasst ihnen eine Lehre, die sie nie vergessen!“ Gegen einen namentlich genannten Journalisten der Frankfurter Rundschau richtete sich ebenfalls im Mai das Video eines deutsch-tunesischen Salafisten. Er wolle, „auf eine Person aufmerksam machen, die seit langer Zeit gezielt gegen die Muslime und Prediger hetzt“, heißt es darin und weiter: „Wir besitzen eine Menge Daten von Dir. Zum Beispiel wissen wir, wo du wohnst, wir kennen Deinen Verein, wir besitzen deine Mobilfunknummer.“

Pressefreiheit weltweit

Die  ROG-Rangliste der Pressefreiheit vergleicht die Situation der Medien in 179 Staaten und Regionen bis Ende November 2012. An der Spitze der Rangliste stehen europäische Länder, Schlusslichter sind wie seit Jahren Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan.

Verschlechtert hat sich die Situation in UNGARN (Platz 56), wo seit den umstrittenen Mediengesetzen Selbstzensur in den Redaktionen weit verbreitet ist. Die nationalkonservative Regierung kontrolliert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, während das linksliberale Klubradio seit mehr als einem Jahr um den Erhalt seiner Sendelizenz kämpft. In ITALIEN (Platz 57) lehnte das Parlament Ende November erst in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf ab, der für Journalisten – anders als für sonstige Personen – Haftstrafen wegen Verleumdung vorsah. In GRIECHENLAND (Platz 84) werden Journalisten immer häufiger von extremistischen Gruppen oder der Polizei angegriffen.

In der TÜRKEI (Platz 154) saßen seit dem Ende des Militärregimes 1983 nie so viele Journalisten im Gefängnis wie heute. Vielen werden Straftaten nach dem umstrittenen Antiterrorgesetz zur Last gelegt. Oft erhalten weder Angehörige noch Anwälte Informationen über die Anklage und Zugang zu den Akten. Weil sie Gefangene übermäßig lange in Untersuchungshaft hält, wurde die Türkei wiederholt international kritisiert. Eine Reform des Antiterrorgesetzes im Juli 2012 brachte jedoch nur geringfügige Verbesserungen.

In RUSSLAND (Platz 148) behinderte die Staatsspitze die Berichterstattung über Großdemonstrationen gegen die umstrittene Wiederwahl Wladimir Putins. In überraschender Eile wurde im Sommer die Gesetzgebung zur Verleumdung verschärft, die erst kurz zuvor liberalisiert worden waren. Seit September 2012 existiert eine „Schwarze Liste“ blockierter Internetseiten, die Kinder vor Pornografie oder anderen schädlichen Inhalten schützen und „Hochverrat“ verhindern soll. Die Überwachung des Internets ist in hohem Maße intransparent, da eine kleine Expertengruppe darüber entscheidet, welche Seiten blockiert werden.

In der UKRAINE (Platz 126), die im Januar den Vorsitz der OSZE übernommen hat, ist die Gewalt gegen Journalisten 2012 deutlich gestiegen, wobei Übergriffe selten verfolgt werden. Kaum verbessert hat sich die Situation in ASERBAIDSCHAN (Platz 156) und BELARUS (Platz 157), wo mit Ilcham Alijew und Alexander Lukaschenko zwei ausgesprochen pressefeindliche Präsidenten regieren.

Zwei Jahre nach Beginn des Arabischen Frühlings bleibt die Situation der Pressefreiheit vielerorts prekär: In ÄGYPTEN (Platz 158) werden Journalisten und Blogger nach wie vor häufig angegriffen, verhaftet oder vor Gericht gestellt, auch wenn das Ausmaß der Gewalt geringer ist als zu Beginn der Revolution 2011. Die neue Verfassung enthält Regelungen, die die Pressefreiheit gefährden. In TUNESIEN (Platz 138) nahmen die Angriffe auf Journalisten zeitweise zu; die Regierung verzögerte die Umsetzung bereits beschlossener neuer Mediengesetze und besetzte willkürlich wichtige Posten in den Staatsmedien. LIBYEN hat seine Platzierung nach dem Sturz des Gaddafi-Regimes und der damit verbundenen Gewalt um 23 Plätze auf Rang 131 verbessert.

Teils noch desolater ist die Situation in den arabischen Ländern, in denen der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition andauert. SYRIEN (Platz 176) verharrt auf dem viertletzten Platz der Rangliste – im Propagandakrieg zwischen Regierung und Opposition nehmen dort alle Konfliktparteien Journalisten ins Visier. In BAHRAIN (Platz 165) ist die Gewalt gegen Journalisten nach der Repressionswelle von 2011 zwar etwas zurückgegangen, aber das Land gehört weiterhin zu den 20 Schlusslichtern der Rangliste.

Der IRAN hält sich mit Platz 174 unter den am schlechtesten platzierten Ländern. Geheimdienst und Revolutionswächter kontrollieren die gesamte Medienlandschaft, und das Land gehört zu den fünf größten Gefängnissen für Journalisten. Immer häufiger drangsaliert das Regime die Familien iranischer Journalisten, die im Ausland oder für ausländische Medien arbeiten.

ISRAEL schafft es wegen der Übergriffe seiner Armee in den Palästinensergebieten nur noch auf Platz 112. Während der Gaza-Offensive im November griffen seine Streitkräfte gezielt Journalisten und Redaktionen mit Verbindungen zur Hamas an. In Israel selbst bleibt trotz echter Pressefreiheit die Militärzensur ein strukturelles Problem.

In CHINA (Platz 173) und VIETNAM (Platz 172), wo der Staat die Medien streng kontrolliert, werden besonders Blogger und Internet-Aktivisten verfolgt. In China sitzen fast 70 Blogger im Gefängnis. In Vietnam sind es mehr als 30. Ebenfalls am Ende der Rangliste stehen NORDKOREA (Platz 178) und LAOS (Platz 168), deren autoritäre Regime keine unabhängige Berichterstattung zulassen. Eines der gefährlichsten Länder weltweit für Journalisten bleibt PAKISTAN (Platz 159), zehn Journalisten wurden dort im vergangenen Jahr getötet. Auch in INDIEN (Platz 140) und BANGLADESCH (Platz 144) verschlechterte sich die Situation, Gewalt gegen Journalisten wird dort nur selten verfolgt.

Update: EU-Kommission will mit Steuermillionen Medien-Berichterstattung „regulieren“

Update: Transparenz des Staates? (Mit Infografik)

Update: Verfassungsschutz speichert Daten von Journalisten

Update: ebay-Gründer Pierre Omidyar investiert 250 Millionen in unabhängigen Journalismus

Update: Je kleiner, desto schwächer

Update: Zensur in Deutschland: Wie ein Interview mit Merkel „authorisiert“ wird

Update: Lügenpresse, Germanwings, Aylan – ein medienethischer Jahresrückblick 2015

Update: Reporter ohne Grenzen 2016: Europas Pressefreiheit erodiert

Update: „Falsches“ Flüchtlingszitat: Journalistischer Berufsweg zuende

Die Atommacht Israel entzieht sich jeder internationalen Kontrolle

Baut der Iran die Bombe? Ja, er tut es, sagt der israelische Präsident Netanjahu und versucht seit Monaten sehr aggressiv sowohl die USA, als auch Europa von der Notwendigkeit eines Erstschlages zu überzeugen. Das ausschlaggebende Argument: Der Iran verweigere Kontrolleuren umfassenden Einblick.

Sicher ist dabei aber vor allem eines: Israel hat die Bombe schon lange. Aber Israel weigert sich nicht nur, dieses Thema überhaupt zu diskutieren; es reagiert auch mehr als ungehalten, wenn man es auffordert, seine atomaren Aktivitäten durch internationale Gremien kontrollieren zu lassen. Diese Tatsache wird, zusammen mit den zunehmenden verbalen Attacken gegen den Iran immer mehr Menschen deutlich als nicht  vertrauenswürdig bewusst.

Wenn noch dazu kommt, dass diesbezügliche Kritik an Israel von den europäischen Medien praktisch totgeschwiegen wird, drängt sich ein weiterer Eindruck geradezu auf: Hier wird einseitig Stimmung für einen möglichen Iran-Krieg bei maximaler Schonung Israels gemacht.

A vote by the United Nations has called on Israel to open its nuclear programme to inspectors

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am 4. Dezember 2012 Israel mit überwältigender Mehrheit aufgefordert, sein Atomprogramm offenzulegen und UN-Inspektoren Zugang zu gewähren. Israel solle „ohne weitere Verzögerung“ dem Atomwaffensperrvertrag beitreten, hieß es in einer Resolution, die am Montag mit 174 gegen sechs Stimmen bei sechs Enthaltungen angenommen wurde. Nur die USA, Kanada, die Marshall-Inseln, Mikronesien und Palau stimmten gegen die Resolution.

Gleichzeitig wurde Israel aufgerufen, eine Atomkonferenz zu unterstützen, bei der es um einen atomwaffenfreien Nahen Osten gehen sollte. An der Konferenz Mitte Dezember in Helsinki in Finnland wollten alle arabischen Staaten und der Iran teilnehmen, aber die USA teilten Ende November mit, dass die Konferenz nicht stattfinden werde. Als Grund wurden die politischen Unruhen in der Region und das iranische Atomprogramm genannt. Der Iran und einige arabische Staaten vermuteten aber, dass der tatsächliche Grund die Weigerung Israels war, an der Konferenz teilzunehmen. Der syrische Diplomat Abdullah Hallakäußerte seinen Unmut über die Stornierung der Konferenz wegen der Launen nur eines potentiellen Teilnehmers, “eines Teilnehmers mit Nuklearwaffen.”  Weitere Informationen: press.tv oder The Guardian

Israel wird sein Atomprogramm nicht offenlegen. Das gab das israelische Außenministerium am  Dienstag letzter Woche bekannt. Die Resolution sei „bedeutungslos“ und „routinemäßig“, hieß es von israelischer Seite. Sie sei bereits vor zehn Jahren verfasst worden, werde jedes Jahr vor die Generalversammlung gebracht und mit großer Mehrheit verabschiedet, sagte der Sprecher des Außenministeriums Jigal Palmor laut der israelischen Tageszeitung „Jerusalem Post“. Aufgrund dieser routinemäßigen Abstimmungen, die automatisch von einer Mehrheit getragen würden und Israel aussonderten, verliere die UN-Vollversammlung an Glaubwürdigkeit, fügte Palmor hinzu. Die Resolution fordert Israel außerdem dazu auf, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten. Quelle: Israelnetz.de-Newsletter vom 05.12.2012

Man schätzt, dass Israel über 75 bis 200 Atomwaffen und hochentwickelte Trägersysteme verfügt. Damit rückt das Land auf Platz fünf in der Liste der Atomwaffenmächte, hinter Frankreich und China. Israel hält jedoch jegliche Informationen über seine Atomwaffen streng geheim. Der letzte Mensch, der etwas darüber veröffentlichte, war Mordechai Vanunu. 1985 berichtete der Atomtechniker der britischen Presse Details über Israels Atomwaffenprogramm. Er wurde wegen Spionage zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt; davon wurde er die meiste Zeit in Isolierhaft gehalten.

Dimona

Im November 1999 veröffentlichte die populäre Tageszeitung „Yediot Ahronot“ Auszüge aus mehr als 1.200 Seiten von Abschriften Vanunus. Dadurch ist bekannt, dass die israelischen Atomwaffen im Negev Atomforschungszentrum bei Dimona entwickelt und gebaut wurden. Mit Hilfe von Frankreich baute Israel dort einen Atomreaktor und eine Plutoniumherstellungsanlage. Dimona ging 1964 in Betrieb, kurz danach begann die Wiederaufarbeitung von Plutonium. Zum Zeitpunkt seiner Enthüllungen, so berichtete Vanunu, war Israel im Besitz von 100 bis 200 hochentwickelten Atomwaffen. Heute dürfte die Zahl höher sein. Quelle: atomwaffena-z.info

1985 machte Vanunu erstmals öffentlich, dass Israel Nuklearwaffen besitze. Fotos von israelischen Atomsprengköpfen wurden in der Londoner Sunday Times veröffentlicht. Um sicher zu gehen, ließ die Zeitung das Material vorher durch die Experten Frank Barnaby und Theodore B. Taylor prüfen. Vananu gehörte zu den 150 Personen, die zum Komplex Machon 2 (von insgesamt zehn mit mehreren tausend Beschäftigten) Zutritt hatte. Hier wird in den sechs unterirdischen Etagen Plutonium getrennt und als Bombenkomponenten auch Tritium und Lithium (Isotop 6Li) (für eine höhere Energieausbeute bei thermonuklearen Waffen verwendbar) hergestellt. Vanunu wurde 1986 noch vor der Presseveröffentlichung von der israelischen Agentin Cheryl Ben Tov von London nach Rom gelockt, dort verschleppt und wegen Landesverrats zu 18 Jahren Haft verurteilt. Die Dokumentation am Ende dieses Beitrags berichtet ausführlich über seine Geschichte. Nach seiner Freilassung erklärte er erneut, Israel baue auch Wasserstoffbomben und Neutronenbomben. Vanunu wurde 2007 wieder inhaftiert. 

Dimona 44

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert deutete bei seinem Besuch in Deutschland in einem Interview am 11. Dezember 2006 bei N-24 Israel als Atommacht an: „Iran hat offen, öffentlich und ausdrücklich damit gedroht, Israel von der Landkarte ausradieren zu wollen. Kann man sagen, dies ist das gleiche Niveau, wenn man nach Atomwaffen strebt, wie Amerika, Frankreich, Israel, Russland?“ Gernot Erler (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, kommentierte hierzu, es sei in der Welt lange bekannt, dass Israel Atomwaffen habe.

Die Schätzungen über die Anzahl der Nuklearsprengköpfe beruhen in der Regel auf Berechnungen, wie viel waffenfähiges Material die Reaktoren in Israel jährlich produzieren können. Israelische Wissenschaftler nannten 1982 die Zahl von 250 Sprengköpfen. Die Federation of American Scientists vermutete 2007, dass Israel über 100 bis 250 Atomsprengköpfe für Mittelstreckenraketen verfüge. Oberstleutnant Warner D. Farr von der Air University der US-Luftwaffe schätzte die Zahl der Atomsprengköpfe für das Jahr 1997 auf über 400. Das International Institute for Strategic Studies vermutete 2009 hingegen eine Zahl von bis zu 200 Sprengköpfen.

Die 1973 in Dienst gestellte Jericho-Rakete ist für konventionelle, chemische oder nukleare Sprengköpfe geeignet. Die Jericho 2, entwickelt auf Basis der Shavit, besitzt eine Reichweite von etwa 5000 km bei etwa 1000 kg Nutzlast. Von der Militärbasis Sdot Micha südlich von Tel Aviv aus können sämtliche Länder erreicht werden, mit denen sich Israel jemals im Krieg befunden hat. Raketen des Typs Jericho 3 mit 5000 bis 7500 km Reichweite könnten nach Auffassung des russischen PIR-Centers seit 2010 einsatzbereit sein.

Die Ausstattung von U-Booten der Dolphin-Klasse mit nuklear bestückbaren Marschflugkörpern für einen nuklearen Zweitschlag wird seit längerem vermutet. Die U-Boote wurden von HDW für die Israelische Marine gebaut und von Deutschland zum Teil komplett finanziert. Drei Boote wurden von 1999 bis 2000 in Dienst gestellt. Drei weitere Boote folgen ab 2012. Hauptstützpunkt ist die Marinebasis Haifa. Israel beabsichtigt nach seiner Aussage nicht, U-Boote in der Marinebasis Eilat am Roten Meer zu stationieren. Der israelische Marschflugkörper Popeye Turbo erlaubt einen Abschuss von den U-Booten der Dolphin-Klasse aus; erste Tests fanden im Mai 2000 statt. Der deutsche Ex-Verteidigungsstaatsekretär Lothar Rühl und der ehemalige Leiter des Planungsstabes der Hardthöhe, Hans Rühle, erklärten 2012, sie seien schon immer davon ausgegangen, dass Israel auf den U-Booten Nuklearwaffen stationieren werde. Rühl habe auch mit Militärs in Tel Aviv darüber gesprochen. Die Bundesregierung erklärte hingegen, sie beteilige sich nicht mit Spekulationen über die Bewaffnung der U-Boote. Quelle: Wikipedia

Israel hat den Atomwaffensperrvertrag nie unterzeichnet und verfügt nach allgemeiner Einschätzung seit den sechziger Jahren über Atomwaffen, die im Negev Nuclear Research Center entwickelt worden sind. In den siebziger Jahren gab es eine geheime gemeinsame Atomwaffenforschung mit Südafrika. Die offizielle Politik der Regierung ist, diese Frage nicht zu kommentieren, also den Besitz weder zuzugeben noch ihn abzustreiten (die so genannte Politik der „atomaren Zweideutigkeit“). Ein Interview im Dezember 2006, in dem Premierminister Ehud Olmert in einer Aufzählung von Atommächten neben Frankreich, den USA und Russland auch Israel nannte, wurde von der internationalen Presse als indirektes Eingeständnis für einen israelischen Atomwaffenbesitz und gleichzeitig als Drohung und Replik in Richtung Iran gewertet.

Die israelischen Streitkräfte gelten als stärkste Streitmacht der Region. Die Personalstärke und die Anzahl der Waffensysteme unterliegen der Geheimhaltung. Schätzungen gehen von einem Personalstand von rund 176.500 Männern und Frauen (davon Heer: 133.000, Luftwaffe: 34.000, Marine: 9500) aus, die im Verteidigungsfall auf über 600.000 verstärkt werden können.

In Israel gilt eine Wehrpflicht von 36 Monaten für Männer und 24 Monaten für Frauen. Nur Frauen ist es gestattet, der Wehrpflicht aus Gewissensgründen nicht nachzukommen; sie leisten dann einen zivilen Ersatzdienst von ein bis zwei Jahren. Bei einer Wehrdienstverweigerung kann eine Haftstrafe verhängt werden. Die Streitkräfte führen auch in Kooperation mit den USA und anderen NATO-Ländern regelmäßig Übungen durch und schicken ihren Führungsnachwuchs häufig zur Ausbildung in diese Staaten.

Das Rückgrat des Heeres ist die Panzertruppe mit rund 1500 modernen Kampfpanzern des Typs Merkava. Darüber hinaus sind noch etwa 2000 ältere Modelle, v. a. M60 (Magach), überwiegend bei Reserveeinheiten, im Einsatz. Die Luftstreitkräfte verfügen über ca. 500 Kampfflugzeuge und 200 Hubschrauber; diese entstammen zwar fast ausschließlich US-amerikanischer Produktion, wurden jedoch oft bereits beim Bau oder nachträglich für die spezifischen Erfordernisse der israelischen Streitkräfte modifiziert. Die Israelische Marine verfügt u. a. über rund 40 Patrouillenboote, zehn Raketenboote, drei Korvetten und drei moderne U-Boote der Dolphin-Klasse. Neben der amerikanischen ist oft auch die deutsche Rüstungsindustrie an der Entwicklung und Lieferung von Waffen für Israel beteiligt – etwa bei den Dolphin-U-Booten oder bei Komponenten für die Merkava-Panzer.

Zur Luftverteidigung verfügt Israel seit 1991 über das Patriot-Flugabwehrsystem (Version PAC 2) und bereits seit den 1960er Jahren über das Hawk-Flugabwehrsystem. Israel verfügt seit 2000 über das Arrow-Raketenabwehrsystem (Version Arrow 2) gegen Mittel- und Interkontinentalraketen, hatte jedoch lange Zeit gegen den Beschuss mit Qassam-Raketen, die die Hamas vom Gazastreifen aus einsetzt, sowie die Katjuscha-Raketen der Hizbollah aus dem Südlibanon aufgrund ihrer kurzen Reichweite mit dementsprechender Flugzeit kein Abwehrmittel. Gegen die Bedrohung durch Raketen mit einer Reichweite von bis zu 70 Kilometern wurde das Abwehrsystem Iron Dome entwickelt, die ersten Batterien wurden im März 2011 nahe Be’er Scheva in Betrieb genommen und konnten kurz danach bereits Raketen der Hamas abfangen. Gegen Raketen mit einer Reichweite zwischen 70 und 250 Kilometern ist ferner das Abwehrsystem David’s Sling geplant. Zur Erhöhung des Schutzes gegen ballistische Raketen ist seit kurzem die verbesserte PAC 3 Version des Patriot-Flugabwehrsystem im Einsatz und eine verbesserte Version von Arrow (Arrow 3) in der Entwicklung.  Quelle: Wikipedia

Siehe auch: 81 Prozent der Israelis erwarten die Wiederwahl Netanjahus

Update: Veto der USA im UN-Sicherheitsrat gegen Verurteilung der israelischen Siedlungspolitik – die 14 anderen Staaten reagieren mit Einzel-Erklärungen

Update: Mursi über Israel: „Blutsauger, Nachfahren von Affen und Schweinen“

Update: US discloses Israel’s top-secret military base outraging Tel-Aviv

Update:  Israel’s chemical arsenal under new scrutiny

Update: Israelischer Professor: „Wir könnten alle europäischen Hauptstädte zerstören

Update: The truth about Israel’s secret nuclear armor

Update: Netanjahu will Iran-Atomwaffenabkommen nachträglich verhindern