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Sami Sadat: „Wir haben sehr wohl gekämpft – aber wir wurden verlassen und verraten“

In der New York Times steht der Bericht eines Mannes, der anhand unzähliger Belege zusammenfasst, wie es aussieht, wenn die USA ihr Interesse an einem Land verlieren, hier an Afghanistan. Es ist ein schreckliches Zeugnis einer Geschichte des Verrats, die im Februar 2020 von Donald Trump in die Wege geleitet und im Sommer 2021 von Präsident Joe Biden umgesetzt wurde. Es belegt die widerliche Lüge, dass die afghanischen Soldaten nicht für ihr Land gekämpft hätten und zeigt auf, wie von ganz oben geplant, der Armee Schritt für Schritt die Handlungsmöglichkeiten genommen wurden – zum Vorteil der Taliban. Er zeigt auch das ebenso erschreckende Maß an Korruption im Lande selbst auf, zuvörderst beim gewählten Präsidenten und dessen hemmungsloser Vetternwirtschaft.

In den Links finden sich diverse Dokumente, wie etwa der Vertrag der USA mit den Taliban im Wortlaut, außerdem Berichte der New York Times, die belegen, dass der Mann die Wahrheit sagt. Leider kann man es jetzt nur noch aufschreiben und sich gut merken: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

Sami Sadat ist General in der afghanischen Armee, die angeblich das Land kampflos den Taliban überlassen hat.

In der New York Times veröffentlicht er seine und die Sicht seiner Soldaten: „Wir wurden verraten“.

„In den letzten dreieinhalb Monaten habe ich Tag und Nacht nonstop in der südafghanischen Provinz Helmand gegen eine eskalierende, blutige Taliban-Offensive gekämpft. Obwohl die Attacken ständig zunahmen, hielten wir die Taliban zurück und konnten eine hohe Zahl von Gefallenen verhindern. Dann wurde ich nach Kabul gerufen, um die Spezialkräfte der afghanischen Armee anzuführen. Aber die Taliban kamen schon in die Stadt; es war zu spät.

Ich bin erschöpft. Ich bin frustriert. Und ich bin wütend.

Präsident Biden sagte letzte Woche, dass Amerikaner nicht in einem Krieg kämpfen und sterben sollten, in dem die afghanischen Kräfte nicht für sich selbst einstehen. Es ist richtig, dass die afghanische Armee ihren Kampfwillen verloren hat. Der Grund dafür war das zunehmende Gefühl, von unseren amerikanischen Partnern verlassen worden zu sein, dazu Respektlosigkeit und Illoyalität, die aus Herrn Bidens Ton und seinen Aussagen der letzten Monate sprach. Die afghanische Armee ist nicht fehlerfrei. Sie hatte ihre Probleme – Vetternwirtschaft, Bürokratie – aber wir haben endgültig aufgehört zu kämpfen, weil unsere Partner schon längst damit aufgehört hatten.

Es tut mir weh, zu sehen, wie Herr Biden und der gesamte Westen der afghanischen Armee die Schuld zuweisen, ohne die Gründe zu erwähnen, aus denen sie aufgab. Politische Meinungsverschiedenheiten in Washington und Kabul erstickten unsere Armee und begrenzten die Möglichkeiten, unsere Aufgaben zu erfüllen. Die logistische Unterstützung der Amerikaner im Kampf zu verlieren, lähmte uns ebenso wie die fehlende klare Führung durch die USA und die afghanische Regierung.

Ich bin ein drei-Sterne-General in der afghanischen Armee. Ich habe elf Monate lang 15 000 Männer im Kampf gegen die Taliban im Südwesten des Landes angeführt. Ich habe hunderte Offiziere und Soldaten verloren. Deshalb, so erschöpft und frustriert wie ich bin, will ich die Perspektive aus der Praxis aufzeigen und die Ehre der afghanischen Armee verteidigen. Ich bin nicht hier, um die afghanische Armee von allen Fehlern frei zu sprechen. Aber Tatsache ist: Viele von uns haben tapfer und ehrenhaft gekämpft, nur um dann von den Amerikanern und der afghanischen Regierung im Stich gelassen zu werden.

Vor zwei Wochen, während wir um die Stadt Lashkar Gah im Süden gegen die Taliban kämpften, ernannte mich Präsident Ashraf Ghani zum Kommandeur der afghanischen Spezialkräfte, der am besten ausgebildeten Elitesoldaten. Widerstrebend habe ich meine Truppen verlassen und kam in Kabul am 15. August an, bereit zu kämpfen, aber nicht darüber aufgeklärt, wie die Situation inzwischen schon war. Dann übertrug mit Herr Ghani zusätzlich die Aufgabe, für die Sicherheit in Kabul zu sorgen. Aber ich hatte zu keinem Zeitpunkt eine Chance mehr: Die Taliban marschierten ein und Herr Ghani floh aus dem Land.

Hier herrscht ein enormes Gefühl, verraten worden zu sein. Herrn Ghanis übereilte Flucht beendete die Möglichkeit, mit den Taliban ein Interimabkommen für die Zeit des Übergangs zu verhandeln, das uns in die Lage verletzt hätte, Kabul zu halten und bei der Organisation der Evakuierungen zu helfen. Statt dessen entstand Chaos, das zu den verzweifelten Szenen am Kabuler Airport führte. Als Antwort auf diese Szenen sagte Herr Biden am 16. August, die afghanische Armee sei zusammengebrochen, „manchmal ohne den Versuch, zu kämpfen.“ Aber wir haben gekämpft, und zwar tapfer, bis zum Ende. Wir haben in 20 Jahren 66 000 Männer verloren. Das ist ein Viertel unserer geschätzten Kampfkraft.

Also warum ist die afghanische Armee zusammengebrochen? Die Antwort besteht aus drei Teilen:

  1. Der Friedens-Deal des früheren Präsidenten Trump im Februar 2020 mit den Taliban in Doha gab uns verloren. Es setzte ein Abzugsdatum, das im amerikanischen Interesse lag.
  2. Wir verloren die Kampf-Logistik und die Unterstützung bei der Wartung, beide unerlässlich für unsere Kampfeinsätze.
  3. Die endemische Korruption in Herrn Ghanis Regierung floss über in die militärische Führungsebene, lähmte unsere Streitkräfte und war eine irreparable Fußfessel für uns.

Das Trump-Taliban-Abkommen schrieb die Umstände der gegenwärtigen Situation fest und beschnitt die Optionen des Angriffskampfes für die Truppen der USA und der Alliierten. Die Vorgaben für die US-Luftunterstützung der afghanischen Truppen änderten sich über Nacht, und die Taliban wurden gestärkt. Sie konnten den Sieg schon riechen und wussten, sie mussten nur noch warten, bis die Amerikaner verschwinden. Vor diesem Vertrag hatten die Taliban keinen einzigen wichtigen Kampf gegen die afghanische Armee gewonnen. Und danach? Wir verloren Dutzende von Soldaten täglich.

Dennoch kämpften wir weiter. Aber dann bestätigte Herr Biden im April, dass er Herrn Trumps Plan beibehalten würde und setzte ein Datum für den Abzug. Das war der Moment, ab dem es nur noch abwärts ging.

Die afghanischen Kräfte waren von den USA auf das amerikanische Militärmodell trainiert worden, das auf hochtechnisierten Aufklärungsmodellen, Hubschraubern und Luftangriffen basiert. Wir verloren unsere Überlegenheit, als die Unterstützung aus der Luft austrocknete und unsere Munition zuende ging. Subunternehmer warteten unsere Bomber, Angriffs- und Transportflugzeuge. Als es Juli wurde, waren die meisten der 17 000 Wartungskräfte verschwunden. Jedes technische Problem kostete nun Fluggerät: Black Hawk helicopter, C-130 Transporter, Überwachungsdronen blieben am Boden.

Das Wartungspersonal nahm Software und Waffensysteme mit. Sie nahmen unser Helikopter-Bombenabwehrsystem mit. Wir hatten keinen Zugang mehr zur Software, die wir brauchten, um unsere Fahrzeuge und das Personal zu orten. Auch die Echtzeitinformationen über unsere Ziele waren weg.

Die Taliban kämpften mit Scharfschützen und improvisierten Bomben, während wir Luft- und Laser-gestützte Waffenfähigkeit verloren. Und da wir unsere Basen ohne Luftunterstützung nicht versorgen konnten, fehlten den Soldaten oft die nötigen Tools, um zu kämpfen. Die Taliban überrannten viele Standorte, ganze Einheiten ergaben sich.

Herr Bidens totaler und beschleunigter Rückzug verschlimmerte die Situation noch. Die Situation am Boden wurde ignoriert. Die Taliban hatten ein sicheres Enddatum und fürchteten in der Zwischenzeit keine militärische Vergeltung; sie spürten den fehlenden Willen der USA dazu. Und so liefen die Taliban zur Hochform auf. Meine Soldaten und ich überstanden bis zu sieben Bombenanschläge am Tag auf unsere Fahrzeuge den ganzen Juli hindurch und die erste Augustwoche in der Provinz Helmand und standen trotzdem mit beiden Füßen fest auf dem Boden.

Ich kann aber auch den dritten Faktor nicht ignorieren. Alles, was die Amerikaner tun konnten, war begrenzt durch die sehr gut dokumentierte Korruption, die unsere Regierung und das Militär verrotten ließ. Das ist wirklich unsere nationale Tragödie. So viele unserer Anführer – das Militär eingeschlossen – kamen aufgrund von Beziehungen an ihr Amt, nicht wegen ihrer Referenzen. Diese Vereinbarungen hatten einen zerstörerischen Effekt auf die Armee, weil die Anführer nicht die militärische Erfahrung hatten, um effizient zu sein oder das Vertrauen der Männer zu wecken, von denen sie erwarteten, dass sie ihr Leben einsetzen. Unterbrechungen in der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Treibstoff, ein Resultat der korrupten, den Rahm abschöpfenden Vertragsbedingungen, zerstörten die Moral meiner Truppen.

Die letzten Tage des Kampfes waren surreal. Wir waren in intensiven Feuergefechten am Boden gegen die Taliban, und über uns kreisten US-Kampfjets, die der Situation zusahen. Nur die Frustration der US-Soldaten, die gezwungen waren, uns zuzusehen ohne zu helfen, und die sie an uns weiterleiteten, war vergleichbar mit unserem eigenen Gefühl, verlassen und verraten worden zu sein. Im Feuersturm der Taliban hörten unsere Soldaten die Jets und fragten, warum sie uns nicht halfen. Die Moral war zerstört. Überall in Afghanistan hörten Soldaten auf zu kämpfen. Wir konnten Lashkar Gah in harten Kämpfen halten, aber als der Rest des Landes fiel, hatten wir keinerlei Unterstützung mehr und zogen uns auf die Basis zurück. Mein Korps, das auch die Stellung gehalten hatte, nachdem ich nach Kabul gerufen worden war, war eins der letzten, das aufgab – und das erst, nachdem die Hauptstadt gefallen war.

Wir sind verraten worden: von der Politik, von den Militärs.

Das war nicht nur ein afghanischer Krieg; er war international, und unzählige Armeen waren daran beteiligt. Für eine einzige Armee wie die unsrige wäre es unmöglich gewesen, die Aufgabe zu übernehmen und zu kämpfen. Es war eine militärische Niederlage, aber ihr Ursprung war politisches Versagen.“

Siehe auch: Blamables Ende der Mission Afghanistan – die Pseudo-Moral des Westens ist eine Schande

Narzisstische Wut will vernichten: H.G. Tudor und Donald Trump

Narzissten bestehen aus einem riesigen ICH.

Alles, was sie tun, dient dazu, dem unstillbaren Verlangen dieses ICHs nach Bestätigung genüge zu tun, alle Menschen, mit denen sie sich umgeben, ebenso. Gleichzeitig leben sie in einer Welt aus schwarz und weiß: Wer nicht für sie ist, ist gegen sie. Für sie zu sein, bedeutet uneingeschränkte Loyalität an den Tag zu legen, egal was sie tun – und in Kauf zu nehmen, dass sie selbst keineswegs loyal sind. Im Gegenteil: Jeder Mensch, jede Handlung, jedes Zeitgeschehen, im Zweifelsfall ein einziger Blick, können von Narzissten als Aggression wahrgenommen werden. Dann ist im selben Moment alles vergessen, was sie – manchmal über Jahre – an Loyalität einer Person erfahren haben. Dann schlagen sie zurück: So fest sie können und so vernichtend wie irgend möglich. Narzisstische Wut ist hitzig, nachtragend und kann lebensgefährlich werden.

H.G. Tudor, Autor des englisch sprachigen Blogs „Knowing the Narcissist“ beschreibt auf unnachahmlich persönliche Art aus eigenem Erleben die Denkweise eines Narzissten. Hier ein Beispiel zu narzisstischer Wut und wie er damit umgeht:

„Es hat viele Vorteile, ein Ultra-Narzisst zu sein (Anm.: im Gegensatz zu „schwächeren“). Einer davon ist die Fähigkeit, den eigenen lodernden Zorn unter Kontrolle zu halten. Die totale Kontrolle einmal entflammten Zorns in Schach zu halten, hat sich als kaum möglich erwiesen, aber wir schaffen es. Da, wo ein schwächerer Narzisst, wenn er verwundet wird, vor Wut explodierend, seine Partnerin eine hässliche, faule Nutte nennen würde, weil sie ihm nicht zu der Zeit das Essen brachte, zu der er es verlangt hatte, wird der stärkere Narzisst das oft unter Kontrolle halten. Wir bleiben verwundet, aber wir behalten die nötige Kraft, diese Wut auf alternative Art anzugehen und dieses beißende, grausame, brennende Feuer unter Kontrolle zu halten.

Für den richtigen Zeitpunkt.

Die, die uns verwunden und unsere Wut nicht sofort zu spüren bekommen, werden uns deshalb nicht entkommen. Ja, sie mögen sich die ätzend kritische Retourkutsche für den Moment erspart haben, oder dem eisigen Blick samt begleitendem Schweigen mit Ziel der Manipulation für den Moment entkommen sein, aber wir werden sie bestrafen. Wir haben einen geistigen Aktenvermerk gemacht, und es wird ausgleichende Gerechtigkeit geben. Immer.

Vor einigen Wochen sah sich eine Dame, Gillian, die Leiterin einer bestimmten Abteilung innerhalb des Unternehmens, bemüßigt, gegen einen Vorschlag zu stimmen. Meinen Vorschlag. Sie wurde überstimmt, und mein Vorschlag wurde angenommen. Die anderen Teilnehmer waren offensichtlich mit Verstand und Voraussicht ausgestattet. Sie nicht. Ihre Gegenmeinung war bar jeden Sachverstandes und finanziellen Augenmaßes, und echte geschäftliche Alternativen gab es nicht. Nein, es war offensichtlich, dass ihr Widerstand darauf aus war, mein Leben schwer zu machen, mit zwei Fingern in meine Richtung zu schnippen und meine Vorschläge zu Fall zu bringen.

Dies war ihre dritte Verfehlung dieser Art. Ich hatte die Kontrolle über meine schäumende Wut bei den letzten beiden Vorfällen behalten, wie auch bei diesem. Ich muss allerdings zugeben, dass es mich eine Menge Disziplin kostete, als ich sah, wie sie ihren Finger hob, um Gehör für ihren Widerstand zu bekommen und auch noch in meine Richtung sah, während sie das tat. Ausgemachte Unverschämtheit. Ich begegnete ihrem starren Blick mit unbeirrbarer Leere, obwohl ich mir gleichzeitg vorstellte, wie ihr komfortables Appartement in Flammen aufgeht und sie mitten im Inferno um Hilfe schreit. Ich verspottete ihren Widerstand, aber innerlich fühlte ich den gähnenden Abgrund und wie ich in seine Richtung fiel. So wirkt es, wenn ich verletzt werde. Ich saß im Sitzungsraum, und ihr Versagen der Zustimmung, ihre deutliche Ablehnung, meinen Vorschlag zu billigen, ihr Trotz und ihre Unnachgiebigkeit sagten mir, dass mein Plan nicht gut genug war.

Nicht gut genug.

Diese drei Worte waren das tägliche Motto meiner Kindheit. Nicht gut genug.

Sie war genau wie alle anderen. Unzuverlässig, heimtückisch, eine Verräterin, der man nicht glauben durfte. Soeben hatte sie zum dritten Mal bewiesen, dass man ihr nicht vertrauen konnte.

Drei Worte. Nicht gut genug. Genau wie SIE immer zu mir sagte. Sie war genau wie SIE, wollte meine Welt kaputt machen, mich beherrschen und kontrollieren. Ich bin kein Mensch, den man kontrolliert. ICH kontrolliere. Während diese Gedanken in Richtung des mich erwartenden Nichts taumelten, machte sich die Wut bemerkbar. Diese wohlbekannte Wut. Immer da, bereit, gegen den bösartigen Angreifer zurück zu schlagen. Ich fühlte, wie die erste Welle der Wut das Gefühl zu fallen verdrängte; zu fallen wegen der drei Worte.

Nun wurden sie von drei anderen Worten überlagert. Victoria aut morte – Sieg oder Tod. Es muss Sieg sein, immer Sieg. Die Wut stieg an, wischte jeden Anflug von Schwäche beiseite – man darf nie schwach sein (keine Tränen, HG, keine Tränen, wie SIE immer gewarnt hatte). Es gibt nie Tränen – meine jedenfalls nicht.

Meine Wut drängte mich, dieser dummdreisten Wichtigtuerin zu zeigen, wo ihr Platz ist. Ich starrte weiter auf ihre Hand, und während sie diese leicht absenkte, fuhr sie fort, mir zu trotzen, ihre Augen immer noch fest auf meine gerichtet.

Ich wollte sie vernichten, hier und jetzt; ihre Haltung mit Worten schreddern und sie demütigen, sie vor Wut bebend oder noch besser, zurückgeworfen auf Tränen des Unvermögens im Sitzungsraum zurücklassen und dann den herrlichen Energieschub trinken, den das Übertragen meiner Verwundung auf sie mir bringen würde. Das würde meine Wut verbannen. Ich wollte ihre schwache Analyse zerreißen, alle Mängel ihrer Abteilung offenlegen und sie dafür verantwortlich machen. Ich wollte den anderen Köpfen demonstrieren, dass sie ungeeignet für die Aufgabe war und so weiter, und so weiter.

Aber dies war der falsche Zeitpunkt. (…) Andere könnten sich gegen mich wenden. (…) Ich sah, wie die Hände der Anderen sich für meinen Vorschlag hoben, und diese Beweise von Unterstützung und Anerkennung gaben mir Energie. Weiteren Kraftstoff gab es von sekundär Beteiligten. (…) „Gut gemacht“, kommentierte jemand. Noch mehr Energie. Eine Hand klopfte auf meine Schulter. Noch mehr Kraftstoff.

Die Wunde begann, sich zu schließen. Ich behielt meinen kalten Blick bei. Sie schlug die Augen nieder, und da war es: Ich sah die Enttäuschung in ihren braunen Augen. Ich sah die heruntergezogenen Mundwinkel und ihr Stirnrunzeln. Ihre instinktive Reaktion des Geschlagenseins war offensichtlich. Ihr Körper sank leicht zusammen, ihre arrogante Steifheit erodierte und all das versorgte mich mit noch mehr Energie. (…) Ich hatte über ihre Rebellion triumphiert. Ich hatte die Kontrolle behalten.

Aber das war die dritte Verwundung durch sie innerhalb weniger Wochen.

Drei Wunden. – Drei Worte.

Sie muss bestraft werden.

Heute ist der Tag dafür.“ …..

Das Beispiel Donald Trump

Wird die verdeckte Motivation eines offenen Narzissten nach außen erkennbar, widerspricht man ihm und/oder kritisiert ihn, müssen alle, die das tun, schlimmes fürchten. Genau so fühlt und handelt Donald J. Trump, der Ex-Präsident der USA.

Donald Trump lernte bereits in frühster Kindheit, dass nur eine „Killernatur“ im Leben Erfolg haben kann (siehe weiter unten). Also stellte er sich als solche dar und sicherte sich so eine führende Position im Unternehmen seines reichen Vaters. Der hoch gewachsene, blonde Donald war schon als junger Mann eine charismatische Persönlichkeit, die in TV-Shows für viel Begeisterung sorgte und Zuschauerquoten garantierte. Ausgestattet mit großem Selbstwertgefühl, mit Siegesgewissheit, einem enormen Willen zum Kampf, mit völliger Respektlosigkeit gegenüber gesellschaftlichen Regeln und Gesetzen, sowie einem schlafwandlerischen Instinkt für die Schwächen seiner Gegenüber und die Manipulation von Massen, richtete er als Präsident innerhalb von vier Jahren ein außenpolitisches Chaos an. Es erschütterte das Vertrauen in die USA nachhaltig und isolierte das Land. Im Innern sorgte er mit unverhohlenem Rassismus und Frauenverachtung, mit einem ganzen System von Lügen und Falschinformationen für eine Spaltung, die Amerikaner gegen Amerikaner aufhetzte.

Die Nacht vom 3. auf den 4. November 2020 wird der reine Albtraum für den erfolgsverwöhnten Mann: Donald Trump, dem republikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten scheint erscheint zunächst eine zweite Amtsperiode sicher. Nach Auszählung der in Wahlbüros abgegebenen Stimmen führt er vor seinem Herausforderer, den er herablassend „Sleepy Joe“, den verschlafenen Joe, nennt. Begeistert erklärt er sich zum Wahlsieger, obwohl noch so gut wie alle Briefwahlstimmen fehlen. Und dann kommt es: Langsam, wie ein tödliches Gift, schleicht die Niederlage heran. Es dauert mehrere quälend lange Tage, bis gegen den ungläubigen Amtsinhaber feststeht: Mit 74,22 Millionen Stimmen gewinnt er deutlich mehr Zustimmung als 2016. Aber der Demokrat Joe Biden hat noch viel mehr erreicht: 81,28 Millionen Wahlberechtigte entschieden sich für ihn. Nach der Zahl der Wahlmänner ist das Ergebnis noch klarer: Der Herausforderer erreicht 306, der Amtsinhaber ist mit 232 weit entfernt von den 270 Wahlmännern, die für die Mehrheit mindestens gebraucht werden. Zunächst scheint es wenigstens noch, als ob die Demokraten ihre bisherige Mehrheit im Senat verlieren, aber zwei Senatoren müssen in die Stichwahl. Am Ende ist es eine Niederlage auf ganzer Ebene: Das Land hat einen neuen demokratischen Präsidenten, der über eine Mehrheit im Repräsentantenhaus verfügt und über ein Patt im Senat, das mit Hilfe der Stimme seiner Stellvertreterin Kamala Harris in eine Mehrheit verwandelt werden kann.

Für den selbsternannten Dealmaker und Narzissten mit deutlich soziopathischen Zügen Donald Trump ist dieses Wahlergebnis ein Supergau und eine lebensbedrohliche narzisstische Kränkung. Diese, seine größtmögliche Niederlage, schreit nach Vergeltung.

Sein Leben lang hatte Donald Trump es geschafft, solche Kränkungen zu verhindern. Dabei war ihm jedes Mittel recht gewesen- ob nun legal oder nicht; so beschreibt es jedenfalls sein ehemaliger persönlicher Anwalt Michael Cohen. Sein ganzes Leben lang kämpfte er mit allen denkbaren Möglichkeiten, Lüge und Betrug eingeschlossen. Präsident zu sein hatte für Donald Trump viele Vorteile, die alle seiner narzisstische Persönlichkeit zusätzliche Energie zuführten: Er war der mächtigste Mann im Land und konnte sogar Gesetze zu seinen eigenen Gunsten ändern. Das Amt verschaffte ihm ein sehr viel größeres Umfeld an Menschen, die bereit waren, sein extremes Bedürfnis nach Anerkennung zu befriedigen. Und: Als Präsident war er weitestgehend immun gegen Strafverfolgung. Wohl auch, um letzteres unbedingt zu erhalten, versuchte er bereits im Vorfeld seiner zweiten Kampagne, das Wahlergebnis 2020 zu seinen Gunsten zu steuern, indem er seine Fans Mantra-artig darauf einstimmte: „Wenn ich nicht gewinne, wurde die Wahl manipuliert.“ Er setzte sogar einen noch persönlicheren Maßstab: Verlöre er gegen einen wirklich fähigen Widersacher, wäre das erniedrigend. Aber gegen so einen „nichtssagenden, uralten, verschlafenen“ Gegenkandidaten wie Joe Biden zu verlieren, wäre ein Beweis seines eigenen Unvermögens.

Als klar wird, dass der Präsident tatsächlich das Weiße Haus verlassen muss, beginnt ein bedrohliches Schweigen. Trump nimmt kaum noch Termine wahr, geht demostrativ golfen. Aus dem Innern des Weißen Hauses berichten Angestellte von stundenlangen wütenden Schrei-Anfällen, wüsten Drohungen und Stunden tiefster Depression, die der Präsident vor dem Fernseher verbringt. Sie fürchten um seinen Geisteszustand. Ein Trauma hat Donald Trump erfasst. Er will und kann nicht glauben, dass er wirklich verloren hat. Dann wäre er ja wirklich nicht gut genug gewesen…

Also beginnt er einen verzweifelten Kampf. Er wütet, droht, greift seine Widersacher persönlich und über Dritte an, verbreitet massenweise Fake-News über Twitter und Facebook, bis beide ihn sperren. Der Inhalt ist immer der gleiche: Die Wahl wurde manipuliert, um ihm die Präsidentschaft zu stehlen.

Die Trump-Fangemeinde hat zur Zeit des Wahlverlusts 2020 unzählige Accounts und Kanäle auf dem rechts orientierten Messenger Parler. Hier sorgen der Präsident und sein Sohn Donald jr. mit einem ständigen Fluss von Beiträgen an die Millionen „Patriots“ dafür, dass die Stimmung sich aufheizt. Unzählige Fans sind inzwischen überzeugt, dass die Wahlergebnisse manipuliert wurden, die Wahlmaschinen aus dem Ausland mit Viren infiziert waren, dass die herrschende Kaste einfach nicht mit den klaren Worten ihres Helden zurecht komme und ihn deshalb verbannen müsse. Trump lässt Dutzende von Klagen an den Gerichtshöfen der Bundesländer einreichen. Er verlangt Neuauszählungen, will die Wahl von Amts wegen rückgängig machen lassen. Angeblich sind tausende Stimmen bereits verstorbener Wähler gezählt worden, haben die Wahlmaschinen versagt, sind Wahlzettel zugunsten Trumps verschwunden. Tatsächlich gibt es verschiedene Neuauszählungen; nirgendwo erweisen sich die Vorwürfe des Verlierers als berechtigt. Da keine Beweise vorgelegt werden, werden alle Klagen abgelehnt. Auch Trumps Versuch, noch vom Supreme Court, dem obersten Gerichtshof, Recht zu bekommen, scheitert, obwohl er wenige Tage vor der Wahl dort noch eine republikanische Bundesrichterin eingesetzt hat.

Parallel dazu macht der Noch-Präsident Druck auf Abgeordnete und Wahlleitungen einzelner Bundesstaaten, in denen er besonders knapp verloren hat. Er bestellt rechtswidrig Abgeordnete aus Pennsylvania ins Weiße Haus ein – erfolglos. Er ruft Gouverneure an – ebenfalls erfolglos. Er lässt Republikaner in Schlüsselstellungen von Dritten erpressen. Er stilisiert sich als Opfer, verlangt „Fairnis“ für sich. Sein Team beginnt eine Spendenkampagne „für Kundgebungen und andere Dinge, die wir vorbereiten.“ Bis zur endgültigen Wahlfeststellung bleiben knapp zwei Monate Zeit, um noch Einfluss zu nehmen.

Derweil werden bizarre Details über Donald Trumps Amtsführung und seinen immerwährenden Durst auf Bestätigung bekannt: Offenbar wurden dem Präsidenten deshalb regelmäßig Informationen vorgelegt, die die Tatsachen stark beschönigten. Die ehemalige Militärärztin Deborah Birx hat beispielsweise die Bemühungen gegen die Pandemie koordiniert. „Trump präsentierte bei Briefings Grafiken, die ich nicht erstellt hatte“, sagte Birx im TV-Interview mit CBS-Journalistin Margarete Brennan: „Ich denke, dass jemand eine Art Parallel-Set an Daten für den Präsidenten erstellte. Ich weiß bis heute nicht, wer das gewesen sein könnte.“ Offenbar fürchteten die engen Mitarbeiter Trumps Wutanfälle so sehr, dass sie lieber als Überbringer guter Nachrichten vor ihn treten wollten.

Je knapper die Zeit wird, desto aggressiver werden Trumps Maßnahmen. Er ruft den Wahlleiter des Staates Georgia, Innenminister Brad Raffensperger an und verlangt von ihm, genügend Stimmen „zu finden“, die ihn zum Wahlsieger machen. Als dieser sich weigert, bedroht ihn der Präsident. Das Telefonat wird mitgeschnitten und verursacht enorme Empörung. Als Justizminister William Barr schließlich gegen den Willen Trumps öffentlich bekannt gibt, die Wahl sei rechtens verlaufen, muss er zurücktreten. Sein Stellvertreter Jeffrey A. Rosen wird Nachfolger, weigert sich aber ebenfalls, das Recht zu beugen. Der Plan, Rosen aus dem Amt zu drängen und einen Trump-Unterstützer, Anwalt Jeffrey Clark, zum Justizminister zu machen, kommt nicht mehr zustande. Clark sollte die Landesregierung Georgias zwingen, die Wahl für ungültig zu erklären. Nun erwartet Trump, dass sein Vizepräsident Pence die endgültige Feststellung des Wahlergebnisses verhindert. Aber auch dieser Mann, der vier Jahre lang zu allem, was der Präsident tat oder sagte, nur mit leuchtenden Augen genickt hatte, weigert sich, obwohl er von Trump laut schreiend übelst beschimpft wird. Damit hat Pence vier Jahre unverbrüchlicher Treue zu seinem jähzornigen Dienstherrn mit einem Schlag aus dessen Gedächtnis gewischt und durch mörderischen Zorn ersetzt.

Kurz vor Weihnachten soll es im Oval Office zu einer chaotischen Versammlung unter anderem mit der Anwältin und QAnon-Unterstützerin Sydney Powell, Ex-General Michael Flynn, Emily Newman, Patrick Byrne und Präsident Trump gekommen sein. Michael Flynn war von Trump erst wenige Tage zuvor per Begnadigung aus dem Gefängnis geholt worden. Nun soll er versucht haben, den Präsidenten von extremen Maßnahmen zu überzeugen, um seine Macht zu erhalten. Anwältin Powell wollte gleichzeitig erreichen, dass der nationale Notstand ausgerufen und sie selbst zur nationalen Sicherheitsberaterin ernannt würde. General Flynn soll bei dem Treffen mehrfach ausgerastet sein und Sicherheitsberater Herschbach angeschrien haben, er sei ein Feigling – unter anderem deshalb, weil dieser Beweise für Behauptungen verlangt hatte, dass Software des Wahlmaschinenherstellers Dominion von ausländischen Kräften manipuliert worden sei.

Als sich am 6. Januar der Kongress im Kapitol trifft, um endgültig Joe Biden als Wahlsieger zu erklären, hält Trump vor Tausenden seiner Anhänger eine Rede vor dem Weißen Haus und fordert sie auf, zum Kapitol zu marschieren. Die tun das auch und stürmen aggressiv das Gebäude. Fünf Menschen sterben. Ein Video von Donald Trump junior zeigt, wie das Team Trump fröhlich den Sturm beobachtet. Der Präsident soll gespannt und aufgeregt gewesen sein, begeistert, dass seine Fans sich so für ihn einsetzen – und gar nicht verstanden haben, warum es den meisten seiner Mitarbeitern nicht so ging. Wenig später wird bekannt: Das Wahlkampfteam Trumps soll über zwei Jahre hinweg knapp drei Millionen US-Dollar in Gruppen investiert haben, die am Sturm aufs Kapitol beteiligt waren. Unter den ausschließlich weißen Anhängern des Präsidenten waren viele bekannte Anhänger rechter Gruppen. Noch in der selben Nacht hält der Präsident eine Rede, in der er seine Fans aufruft, friedlich zu sein. Gleichzeitig bestätigt er ihnen aber, dass er sie verstehe und liebe.

Das war der Versuch eines Staatsstreiches, sind sich anschließend nicht nur Demokraten, sondern auch etliche republikanische Abgeordnete sicher. Damit Donald Trump nie wieder ein Staatsamt inne haben kann und nebenbei auch Präsidentenpension, -büro und -stab verliert, starten die Demokraten ein zweites Impeachment, obwohl dem Präsidenten nur noch wenige Tage im Amt bleiben. Nun beginnt ein Machtkampf Trumps mit seiner eigenen Partei, den Republikanern. Er nimmt sich die Abgeordneten, die ihn kritisiert haben, einzeln vor und droht ihnen, keinen Fuß mehr auf den Boden zu bekommen. Er droht seiner Partei unter anderem, mit Hilfe seiner millionenfachen Anhängerschaft eine neue Partei zu gründen, was den Republikanern im bestehenden Zwei-Parteien-System den Boden entziehen würde.

Nach dem Sturm auf das Kapitol und der anschließenden umfassenden öffentlichen Empörung werden die letzten Tage im Amt für Donald Trump einsam. Facebook und Twitter haben ihm sein Sprachrohr zu seinen Fans weg genommen, und Amazon entzieht jetzt auch dem Netzwerk Parler die Arbeitsgrundlage, indem es sich weigert, dieses weiter über seine Server zu hosten. Ein großer Teil der Fangemeinde schafft es, rechtzeitig zu Telegram überzusiedeln, wo alle verzweifelt darauf warten, dass ihr Held doch noch einen Weg findet, seine zweite Amtszeit anzutreten. Gleichzeitig wird dieser zur tragischen Figur: Gleich mehrere Banken trennen sich von ihm, darunter auch die Deutsche Bank, die noch hunderte Millionen Kredite von ihm hält. Die Stadt New York entzieht seinem Unternehmen mehrere lukrative Verträge. Auch der Golfverband PGA hat das nächste Turnier in Trumps Resort in Florida abgesagt. Die dortigen Clubmitglieder verschwinden reihenweise, nachdem Mar-A-Lago den präsidialen Glanz verloren hat. Der Name Trump ist plötzlich keine angesehene Marke mehr, erscheint nicht mehr „too big to fail“. Dazu ordnet das Gericht an, dass Trump innerhalb von drei Tagen seine Steuerunterlagen herausgeben muss. Das hatte er über vier Jahre hinweg erfolgreich verhindern können.

Trump wird hektisch aktiv: Nachdem er in seiner Amtszeit die Todesstrafe auf Bundesebene wieder eingeführt hat, lässt er in seiner letzten Amtswoche noch schnell das das 12. Todesurteil, das einer Frau, vollstrecken. Er erlaubt unter anderem auf den letzten Drücker die Ölförderung in den Naturschutzgebieten Alaskas, ordnet neue Sanktionen gegen China an, schert sich aber keinen Deut um Corona-Impfungen oder eine ordentliche Amtsübergabe. Außerdem begnadigt der Präsident zahlreiche Verbündete, die sich verschiedener Verbrechen schuldig gemacht haben. Darunter sind auch mehrfache Mörder. Für Trump zählen nicht die Taten, die diese Leute begangen haben, sondern die Frage, wer loyal zu ihm stehen, bzw. ihm später noch nützlich sein wird. Von einer Begnadigung seiner selbst und seiner Familie ist nicht die Rede. Sein langjähriger persönlicher Anwalt, Mike Cohen vermutet jedoch, dass diese geheim ausgesprochen wurden und nur bei akutem Bedarf genutzt werden sollen.

Donald Trump erklärt, nicht an der Amtseinführung Bidens teilnehmen zu wollen. Er organisiert seinen eigenen Abschied auf einem Militärflughafen einige Stunden vor Bidens Festakt und verspricht den wenigen erschienenen Fans, unter ihnen auch seine Kinder mit Tränen in den Augen: „We will be back in some form.“ Seine kampfbereiten Anhänger verfolgen Bidens Amtseinführung, trösten sich gegenseitig auf Telegram und hoffen bis zur letzten Minute auf ein Wunder. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich auf das Versprechen zu verlassen: „We will be back in some form.“

Bidens Amtsübernahme verläuft Corona-bedingt mehr als ruhig: Nur tausend geladene Gäste verfolgen das Spektakel, unter ihnen der ehemalige Vizepräsident Mike Pence. Der fürchtet seit dem Sturm auf das Kapitol um sein Leben und hat sich die meiste Zeit zuhause eingebunkert. Als die Bidens ins Weiße Haus gehen wollen, stehen sie vor verschlossenen Türen: Die Trumps haben als letzten Gruß dafür gesorgt, dass niemand da war, der sie von innen hätte öffnen können. Das sorgt für einen kurzen, peinlichen Moment des Stillstands im sonst so ausgefeilten Programm. Donald Trump sitzt zu diesem Zeitpunkt feixend in Florida vor dem Fernseher.

In welcher Form man demnächst von Trump hören wird, fragt man sich auch in Washington, denn allen ist klar, dass der Entthronte auf Rache sinnt. Donald jr. hat bereits die Einrichtung eines eigenen Messengers angekündigt: „Freedom“ soll er heißen. Dabei soll es aber nicht bleiben: Die republikanische Partei fürchtet vor allem, dass der Ex-Präsident seine eigene „Patriot“-Partei gründet. 74 Millionen Unterstützer fallen schwer in die Wagschale. Trump selbst droht mit allem, was er in den Händen hat, und seine Partei, von der große Teile den Aufstand im Kapitol missbilligen, steht vor einem Dilemma: Was tun im Impeachment-Verfahren?

Mar -A-Lago in Florida

„The Office of the Former President“ wird offiziell eröffnet – per Pressemitteilung. Angesiedelt ist es – so heißt es – im Palm Beach County in Florida. Dort liegt auch Trumps Golf-Anwesen Mar-A-Lago, das er zum Ärger der dortigen Nachbarn als neuen dauerhaften Wohnsitz gewählt hat, und dort eröffnet wenig später auch seine Frau das „Office of Melania Trump“. Von Donald Trumps Office aus sollen künftig öffentliche Auftritte, offizielle Aktivitäten und Erklärungen sowie das „Erscheinungsbild“ Trumps organisiert und koordiniert werden. „Präsident Trump wird für immer ein Champion für das amerikanische Volk sein“, heißt es dazu in der Mitteilung. Russ Vought, ehemals Leiter von Trumps Verwaltungs- und Finanzbüro, wird laut US-Medienberichten zwei Think Tanks ins Leben rufen, die dem Ex-Präsidenten die ideologische Munition liefern sollen, mit der er seine politische Haltung und seine Ziele auf der öffentlichen Tagesordnung halten kann. Wie genau Trump sich positioniert, hängt vom Ausgang des Impeachment-Verfahrens ab, für das sich der Senat auf Druck der Republikaner zwei Wochen Zeit genommen hat. Es fällt damit bereits in die Amtszeit Joe Bidens. Stimmen die Abgeordneten nicht zu zwei Dritteln zu (wozu sie 17 republikanische Stimmen brauchen), kann Trump 2024 erneut versuchen, Präsident zu werden. Geht das zweite Impeachment aber durch, muss er völlig andere Wege gehen. Gedacht ist dann unter anderem auch an den Aufbau eines Medienimperiums, mit der er seine eigenen Botschaften unter’s Volk bringen kann.

Die zehn republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, die zusammen mit den Demokraten für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump gestimmt hatten, sehen sich großem Druck aus den eigenen Reihen, öffentlich, wie auch hinter den Kulissen, ausgesetzt. So reist beispielsweise einer der wichtigsten Verbündeten von Donald Trump, der Republikaner Matt Gaetz aus Florida, nach Wyoming, um die Abgeordnete Liz Cheney zu rügen, die im Repräsentantenhaus für die Eröffnung des Impeachment-Verfahrens gestimmt hat.  Trumps Leute bedrohen die eigenen Parteimitglieder, sich ja nicht für das zweite Impeachment auszusprechen. Einige von ihnen fürchten danach um ihr Leben. Nach Mar-A-Lago eingeladen wird dagegen die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, die QAnon offen unterstützt, sich daher mit Rücktrittsforderungen der Demokraten konfrontiert sieht und wenig später aus wichtigen Ausschüssen entfernt wird.

Eine, freundlich ausgedrückt, ambivalente Rolle spielt der Fraktionsvorsitzende im Senat, Mitch McConnel. Der Mann, der in einer ersten Reaktion auf den Sturm des Kapitols ebenfalls Donald Trump beschuldigt hatte, verteidigt diesen nach einem Gespräch in Mar-A-Lago. Der Mann, der nach innen die Partei warnt: „Verrückte Lügen und Verschwörungstheorien sind ein Krebsgeschwür für die Republikanische Partei und unser Land“, verteidigt die rechtsextreme QAnon-angehörige Marjorie Taylor Greene nach außen als „große Führungspersönlichkeit“. Dahinter steht nicht nur deutliche Angst vor der Wut des ehemaligen Präsidenten, der auch weiterhin eine Führungsrolle in der Partei behalten will: Auch Mitch McConnel will seinen einflussreichen Posten behalten.

Schon wenige Tage nach der Entscheidung des Senats, das Verfahren um zu vertagen, beantragt Senator Rand Paul, das Impeachment für verfassungswidrig zu erklären. 45 der 50 Republikaner stimmen dafür, auch Fraktionsführer Mitch McConnell. Inzwischen spricht die Homeland Security eine seltene nationale Terrorwarnung aus: Trumps Unterstützer vom Sturm des Kapitols machen erneut mobil. Verwaltungen sollen gesichert werden und Ladenbesitzern wird geraten, jedes Zeichen ihrer Kritik an Trump-Supportern zu entfernen. Die Biden-Administration hält Donald Trump inzwischen für so gefährlich, dass sie ihm die geheimdienstlichen Briefings entzieht.

Der Ex-Präsident will im zweiten Amtsenthebungsverfahren erneut den Fokus darauf setzen, dass die Wahl manipuliert und er der eigentliche Gewinner sei. Seine erste anwaltliche Vertretung quittiert deshalb den Dienst. Beide Parteien wollen möglichst schnell zu einem Ende kommen, um die Amtsführung des neuen Präsidenten nicht zu belasten. Die Ankläger präsentieren dem Senat neue erschütternde Videos, die eindeutig beweisen, dass Donald Trump den Sturm auf das Kapitol von langer Hand geplant und am 6. Januar auch initiiert hat. Eine Zeugin geht an die Öffentlichkeit und berichtet von hilfesuchenden Anrufen seiner eigenen Parteimitglieder während des Sturms, die darauf hinwiesen, dass sein Stellvertreter Mike Pence in Lebensgefahr war. Er rührte keinen Finger, um das Geschehen zu stoppen, twitterte statt dessen: „Es gibt offenbar Menschen, die sich stärker für Gerechtigkeit interessieren als Mike Pence. Mike Pence hatte nicht den Mut, zu tun, was hätte getan werden müssen, um unser Land und unsere Verfassung zu schützen.“ Es wird auch bekannt, dass der scheidende Präsident versucht hat, Protokolle zahlreicher geheimer Telefonate unter anderem mit Russlands Staatschef Putin in den Archiven zu verstecken.

Als es zur Abstimmung über das Impeachment kommt, entscheiden sich die Republikaner mehrheitlich dafür, dass man einen Privatmann nicht mehr vom Präsidentenamt entfernen könne, weil er es ja nicht mehr inne hat. Nur sieben von ihnen stimmen mit den Demokraten – zehn zu wenig. Auch Fraktionschef Mitch McConnell, der gleichzeitig Donald Trump eindeutig schuldig erklärt, findet, dass man ihn als Privatmann von Staats wegen nicht mehr belangen kann. Wer es wolle, könne den Ex-Präsidenten ja auf ziviler Ebene wegen Verfehlungen im Amt verklagen. Trump wird erneut nicht verurteilt und meldet sich umgehend jubelnd zu Wort: Er habe in der größten Hexenjagd der Geschichte obsiegt. Die Zeit von MAGA (Make America Great Again) habe gerade erst begonnen, sagt er. Die Drohung wird allseits als solche wahrgenommen.

In den Bundesstaaten beginnen bereits Strafaktionen aus den eigenen Reihen gegen Republikaner, die sich gegen Trump ausgesprochen haben. Wird Donald Trump 2024 wieder kandidieren? Es gibt Stimmen, die glauben, dass er mit der Vergeltung an all denen, die nicht loyal zu ihm standen, auf lange Zeit beschäftigt sein wird. Mit Mitch McConnell hat er bereits angefangen: „Mitch ist eine mürrische, übellaunige, nie lächelnde politische Fehlbesetzung, und wenn die republikanischen Senatoren an ihm festhalten, werden sie nicht nochmal gewinne,“ erklärt Trump und macht McConell damit eine Kriegserklärung. Die Partei soll entscheiden, wem sie in Zukunft folgen will. Und das ist erst der Anfang.

Ob Donald Trump weiter politisch tätig sein kann, hängt jedoch auch davon ab, dass er seine Freiheit behalten kann. Das ist zurzeit keineswegs sicher, denn es warten eine Vielzahl von Gerichtsverfahren auf ihn. Ein weiteres ist frisch dazu gekommen: Der Bundesstaat Georgia klagt ihn wegen des Versuchs der nachträglichen Wahlmanipulation an. Auch seine Organisation des Aufstands am Kapitol kann vor zivilen Gerichten noch verfolgt werden. Mit einer Selbstbegnadigung könnte er sich nur vor einem Teil der Verfahren retten. Eine der Klagen kommt aus der eigenen Familie: Nichte Mary Trump zieht in einem Erbschaftsstreit gegen den Onkel vor Gericht. In der in New York eingereichten Klage wird Donald Trump und anderen Mitgliedern der Familie vorgeworfen, Mary Trump um einen Erbanteil im zweistelligen Millionenbereich betrogen zu haben.

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Mary Trump

So wurde Donald Trump geprägt

Wie wird ein Mensch zu einem derart zerstörerischen, malignen Narzissten? Bei Donald Trump gibt es gleich zwei Gründe dafür: Sein Vater war ein Soziopath, und er selbst lernte in seiner Kindheit, dass es keine bedingungslose Liebe gibt. Wer anerkannt werden will, so die Lektion des Kindes Donald, muss etwas dafür leisten. Er muss sich durchsetzen und siegen, siegen, siegen.

Zuviel und nie genug – wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf“ heißt das 240 Seiten starke Buch von Mary Trump, das am 14. Juli 2020 erschien und sofort millionenfach verkauft wurde. Mary Trump ist die Tochter von Donald Trumps Bruder Fred Trump Jr., der 1981 im Alter von 43 Jahren starb. Sie erzählt die Lebensgeschichte der Brüder in einem Werk, das Einblicke in eine toxische Familie vermittelt, wie es sie zuvor nicht gab.

Mary Trump ist eine verbitterte Frau. Zu lange fühlte sie sich im Trump-Clan zurückgesetzt, zu sehr schmerzt sie noch heute der unwürdige Tod, den ihr Vater wegen der Empathielosigkeit seiner Eltern und Geschwister starb. Aber neben einem Master in englischer Literatur führt sie auch einen Doktortitel in klinischer Psychologie. Diese Kombination macht ihr Buch so spannend: Einerseits erfährt der Leser sehr viele Details aus dem Leben des Präsidenten, andererseits ist das Buch eine Studie zum Thema Narzissmus und Soziopathie. Wie wird ein Narzisst ein solcher – und wie entwickelt sich aus einer vererbten Anlage das Vollbild eines Soziopathen? Das zu beschreiben gibt es kaum geeignetere Menschen, als die Autorin. Sie unterrichtete an Universitäten Trauma, Psychopathologie und entwicklungsgemäße Psychologie.

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Donald Trump (ganz links) mit seinen Geschwistern Fred, Elisabeth, Maryanne und Robert.

Donald Trump ist das vierte von fünf Kindern: Nach Fred (im Folgenden Freddy genannt), Elisabeth und Maryanne kam er vor seinem Bruder Robert am 14. Juni 1946 im Stadtteil Queens/New York zur Welt. Er hat in seiner Kindheit zwei Traumata erlebt, die ihn maßgeblich geprägt haben. Donald war zweieinhalb Jahre, sein jüngster Bruder Robert neun Monate alt, als die Geschwister eine Katastrophe traf: Mitten in der Nacht fand die zwölfjährige Maryanne ihre Mutter Mary bewusstlos in einer Blutlache. Vater Fred schaffte seine Frau umgehend ins beste Krankenhaus New Yorks, wo man feststellte, dass es nach der Geburt Roberts unentdeckte Komplikationen im Unterleib gegeben hatte. Fast einen Tag lang schwebte die Mutter in Lebensgefahr. Die folgenden sechs Monate musste Mary Trump im Krankenhaus bleiben, danach blieb sie dauerhaft leidend. Besonders den beiden Jüngsten, Donald und Robert, fehlte dadurch in einer entscheidenden Zeit ihrer Entwicklung eine liebende Bezugsperson.

Fred und Mary führten eine schwierige Ehe: Fred Trump, ein Mann ohne jede Empathie, war völlig auf seine Arbeit konzentriert. Ehefrau Mary-Anne, ebenfalls sehr ehrgeizig, war emotional hoch bedürftig. Sie nutzte ihre Kinder, um ihr Bedürfnis nach Zuwendung zu befriedigen und stellte sich selbst regelmäßig als Opfer oder gar Märtyrerin dar. Nach ihrem Krankenhausaufenthalt verstärkte sich dieses Verhalten. Besonders Donald und Robert wurde durch den nicht anwesenden Vater und die selbstzentrierte Mutter ein wichtiges Grundgefühl versagt, das jedes Kind für eine positive Entwicklung unbedingt braucht: Emotionale Sicherheit durch positives Feedback und das Gefühl, geliebt zu werden. Das prägte ihn für sein ganzes Leben.

Auch das zweite Trauma begleitet den heute 74jährigen noch immer. Es heißt Fred Trump sr., den Mary Trump einen „hochgradig funktionieren Soziopathen ohne jedes emotionale Bedürfnis“ nennt. „Symptome von Soziopathie sind das Fehlen von Empathie, eine Veranlagung zum Lügen, Gleichgültigkeit gegenüber Recht und Unrecht, ein falsches, missbräuchliches Verhalten und fehlendes Interesse an den Rechten Anderer. Wenn ein Kind ein soziopathisches Elternteil hat und niemand da ist, der die Wirkung dieses Verhaltens abmildern könnte, sind ernste Störungen im Selbstbild der Kinder, in der Art, wie sie ihre Gefühle einordnen und wie sie sich mit der Welt auseinander setzen, garantiert,“ schreibt die Autorin.

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Donald Trump 1951

Besonders die beiden jüngsten Kinder, Donald und Robert litten unter dem völligen Mangel an Interesse ihres Vaters. Je größer ihre emotionale Not war, desto mehr stieß Fred Trump sie zurück. Er hasste es, wenn man etwas von ihm verlangte, und die Belästigung, als die er die Bedürfnisse seiner beiden jüngsten Kinder empfand, sorgte für eine gefährliche Spannung im Hause Trump: Donald und Robert lernten, jede Form von Bedürftigkeit gleichzusetzen mit Demütigung, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. „Kindesmissbrauch ist oft die Erfahrung von ‚zuviel‘ oder ’nicht genug‘. Donald erlebte die Erfahrung von ’nicht genug‘, indem er in einer wichtigen Phase seiner Entwicklung den Kontakt zu seiner Mutter verlor, was ihn tief traumatisierte. Ohne Vorwarnung gab es niemanden mehr, der sich um seine Bedürfnisse kümmerte, der seine Ängste und Sehnsüchte gelindert hätte.

Donald erlebte Entbehrungen, die ihn für den Rest seines Lebens ängstigen würden,“ schreibt Mary Trump. „Die Persönlichkeit, die er daraufhin entwickelte, indem er Züge von Narzissmus, ein schikanierendes, grandioses Verhalten an den Tag legte, sorgte schließlich dafür, dass sein Vater Notiz von ihm nahm – aber nicht auf eine Weise, die in irgendeiner Form das Entsetzen in ihm abmildern konnte.“ Als er dann älter wurde, erlebte Donald sozusagen ‚aus zweiter Hand‘ das ‚zuviel‘. Er beobachtete, was mit seinem ältesten Bruder Freddy geschah, als dieser zu viel Aufmerksamkeit von seinem Vater bekam, unter zu hohen Erwartungen, und vor allem zuviel Demütigung leiden musste und schließlich kapitulierte.

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Fred Trump 1950

Vater Fred interessierte sich nur für seine Kinder, wenn diese seinen eigenen Bedürfnissen dienten. Liebe bedeutete ihm nichts, er konnte ihre Not nicht nachempfinden, was ein wesentliches Kennzeichen für einen Soziopathen ist; er erwartete Gehorsam, das war alles. Kinder können solche Unterscheidungen nicht machen, also dachten seine Kinder, ihr Vater liebe sie – oder sie könnten sich seine Liebe irgendwie verdienen. Sie fühlten aber auch, dass die ‚Liebe‘ ihres Vaters, so, wie sie sie erfuhren, niemals vorbehaltlos war.

Um damit irgendwie zurecht zu kommen, entwickelte Donald machtvolle, aber primitive Verteidigungshaltungen, die sich in zunehmender Feindseligkeit gegenüber Anderen und scheinbarer Gleichgültigkeit gegenüber der Abwesenheit seiner Mutter und der Vernachlässigung durch seinen Vater äußerten. Obwohl ihn das von den schlimmsten Auswirkungen seines Schmerzes schützte, machte es ihm auch extreme Schwierigkeiten, seine emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen, weil er sich angewöhnte, so zu handeln, als gäbe es sie nicht. Mit der Zeit entwickelte er ein aggressives, respektloses, tyrannisches Verhalten, das anfangs seinen Zweck erfüllte, später aber immer problematischer wurde. Es prägte zunehmend seine Persönlichkeit, denn es sorgte dafür, dass Vater Fred auf seinen lauten und schwierigen Sohn aufmerksam wurde. Er lobte ihn und ermutigte ihn zu diesem Auftreten, das ihn immer weniger liebenswert machte – das direkte Ergebnis von Freds Missbrauch.“

Fred Trump hatte schon im Alter von 12 Jahren die Geschäfte seines Vaters Friedrich übernommen, der an der spanischen Grippe gestorben war. Mit 25 lernte er auf einer Tanzveranstaltung seine künftige Frau Mary kennen und wusste sofort, dass er sie und keine andere wollte. Die Rollen der beiden waren von Anfang an klar: Fred würde arbeiten – meist mehr als 12 Stunden am Tag und sechs Tage in der Woche – sie würde sich um Haus und Kinder kümmern. Fred Trump wurde immer erfolgreicher, knüpfte Netzwerke mit den Mächtigen und Entscheidern, kaufte und renovierte sich ein Millionenvermögen an Immobilien zusammen und achtete immer sorgfältig darauf, so wenig wie möglich Steuern zu bezahlen. Er selbst brauchte wenig für sich, und die Familie, die zwar im eigenen, extra erbauten Haus wohnte, führte ein relativ bescheidenes Leben.

Aber so erfolgreich Fred auch war: Er war kein begabter Redner, kannte sich mit den Feinheiten der Sprache nicht aus. Er zog es vor, im Hintergrund die Strippen zu ziehen. Davon abgesehen, hatte der Patriarch ein unzerstörbares Selbstvertrauen: Er war reich, weil er es verdiente, reich zu sein. Punkt. Nun wollte er einen Nachfolger aufbauen, der die erfolgreichen Geschäfte fortsetzte. Der sollte über das gleiche Selbstvertrauen verfügen, aber außerdem das Unternehmen so sprachgewandt wie optisch ansprechend in der Öffentlichkeit präsentieren und gleichzeitig knallhart das jeweils beste Geschäft durchsetzen.

Freddy Trump mit Mutter

Der älteste Sohn Freddy war dafür denkbar ungeeignet: Er war freundlich, mitfühlend, er liebte seine Freunde, das Tiefseefischen und das Fliegen. Freddy mühte sich redlich, seines Vaters Erwartungen zu erfüllen, wurde aber immer wieder gedemütigt und degradiert. Dazu kam, dass er eine einfache Frau heiratete, die der Vater nicht billigte. Mit Linda bekam er Tochter Mary und Sohn William, der von Geburt an unter spastischen Lähmungen litt.

Verzweifelt und immer wieder vergeblich bemühte sich Freddy um die Anerkennung des Vaters. Ein einziges Mal versuchte er, sich von dieser Bürde zu befreien: Er machte den Pilotenschein für Verkehrsmaschinen und begann, hauptberuflich zu fliegen. Sein Vater nannte das verächtlich „Busfahrer der Lüfte“. Da war Freddy schon Alkoholiker. Kaum ein Jahr flog er, dann sorgte sein Alkoholkonsum dafür, dass er nirgendwo mehr eine Anstellung fand und reumütig in die Firma zurückkehrte.
Donald hatte das Geschehen genau beobachtet und beschloss, niemals den Fehler zu machen, zu weich zu sein. Er würde den Killerinstinkt beweisen, nach dem der Vater verlangte, und er würde sich brillierend in der Öffentlichkeit präsentieren. Noch war es aber nicht soweit: Erstmal wurde der junge Donald ein lauter, brutaler und gemeiner Rüpel, der seinen jüngeren Bruder Robert schikanierte, seiner Mutter nicht gehorchte und in der Schule immer wieder randalierte – so lange, bis sein Vater ihn in ein Militär-Internat schickte.

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Donald in der Militärakademie

Danach ging alles sehr schnell: Donald überflügelte Freddy im Schnellverfahren und wurde von seinem Vater systematisch aufgebaut: Mit den Jahren kreierte Fred den Mythos seines Sohnes vom erfolgreichen Selfmade-Geschäftsmann, der das Trump-Unternehmen nach außen vertrat.

Von Anfang an leistete sich der junge Mann dabei einen opulenten Lebensstil, den der Vater wortlos finanzierte. Es folgte eine aus Sicht des Vaters fruchtbare Zusammenarbeit: Sohn Donald wurde das Gesicht des Unternehmens und er selbst konnte in Ruhe die Strippen im Hintergrund ziehen. Das ließ er sich Millionen kosten. Sohn Freddy sank gleichzeitig immer tiefer im Unternehmen und kam vom Alkohol nicht mehr los. Das zerstörte die Ehe mit Linda. Während Ivanka Trump, Donalds erste Frau, jedoch bei der Scheidung mit 25 Millionen abgefunden wurde, erhielt Linda gerade mal 600 Dollar im Monat. Die Ausbildung von Mary und William, sowie die gesamte Krankenversicherung von Freddys Familie zahlte das Unternehmen. Als Freddy nicht mehr in der Lage war, allein zu leben, zog er zurück ins „Haus“, wie das Anwesen der Eltern von der ganzen Familie genannt wurde. Er bekam das schäbigste Zimmer ohne direktes Sonnenlicht, wo er mit seinem Kofferradio völlig vereinsamt seine Tage verbrachte.

Als Freddy zum Sterben ins Krankenhaus gebracht wurde, war niemand aus der Familie bei ihm: Die Eltern saßen wie gewohnt zuhause und Donald ging mit Schwester Elisabeth ins Kino. Tochter Mary wurde in ihrer Schule erst benachrichtigt, als ihr Vater bereits tot war. Wenig später begann der Clan, den Erstgeborenen auszuradieren: Die Krankenkasse für seine Familie wurde nicht mehr bezahlt und man zwang seine Kinder, ihre wenigen Anteile der Firma, von denen sie überhaupt wussten, für gerade mal 200 000 Dollar an die Verwandten zurück zu geben.

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William mit Vater Freddy Trump

Ohne finanzielle Absicherung der 24-Stunden-Pflege für den von Geburt an schwer behinderten Bruder William war dieser in ständiger Gefahr, plötzlich zu sterben. Freddies Familie verklagte das Unternehmen, das daraufhin die Krankenversicherung für William wieder übernahm.

In der Folge schildert Mary Trump detailreich eine große Zahl von Aktivitäten ihres Onkels und dessen Umfeld, mit vielen Geschäften am äußersten Rand der Gesetze, mit Zahlen und Gerichtsurteilen. Niederlagen akzeptierte ihr Onkel nur, wenn absolut keine andere Möglichkeit mehr offen stand – und dann verwandelte er sie für die Öffentlichkeit in eine Erfolgsgeschichte.

Patriarch Fred Trump verbrachte seine letzten Jahre in zunehmender Demenz. Kurz bevor der Vater starb, startete Sohn Donald einen großen Coup: Er versuchte, den alten Mann ein geändertes Testament unterschreiben zu lassen. Dies hätte das gesamte Immobilienunternehmen allein in seine Hände übergehen lassen. Im letzten Moment bemerkten die Geschwister die Absicht und vereitelten sie. Als Donald ohne die finanziell ausgleichende Hand seines Vaters Geschäfte machte, liefen diese deutlich schlechter als zuvor. Mehrmals musste er Insolvenz anmelden, und noch heute stapeln sich seine Schulden auf insgesamt 1,1 Milliarden Dollar. Dass die Banken ihn immer wieder auffingen, verdankte er einem einzigen Umstand: Er und seine Marke waren „too big to fail.“

„Donald ist heute noch wie ein dreijähriges Kind; unfähig zu wachsen, zu lernen oder sich zu entwickeln, unfähig, seine Gefühle zu kontrollieren, sachbezogen zu antworten oder Informationen zu sammeln und einzuordnen,“ sagt Mary Trump in ihrem Buch. „Seine tief sitzende Unsicherheit hat ein tiefes, schwarzes Loch voller Bedürfnisse in ihm erschaffen, die ständig das Licht von Komplimenten einfordern. Dieses Licht verschwindet, sobald er es in sich eingesogen hat: Nichts wird jemals genug für ihn sein.“

*

Siehe auch:

Wahlfeststellung im Kapitol von Trump-Fans gebremst

Donald Trump zu unterschätzen wäre ein tödlicher Fehler

Was muss geschehen, damit ein Süchtiger geht? 

Mit Donald Trump kommt ein Lügner und Betrüger ins Amt

Der Mann meines Lebens ist ein Narzisst

Nie wieder verletzt werden: Ein Blick ins Herz eines Narzissten

Partnerschaft mit einem Narzissten: Wie er und wie sie die Beziehung erleben

Ein gebrochenes Herz wird andere Herzen brechen – es kann nicht anders

Der Narzisst und die Frauenwelt

Ich kann’s nicht ertragen, nochmal zu versagen

Abschiedsbrief an einen Narzissten

Herz ich verlasse dich

Nur Anerkennung kann den Selbsthass dämpfen

Mein wahres Ich wirst du nie erreichen

Ein tragisches doppeltes Trauma

Wenn der Empath geht

„Warum heilen wir uns nicht gegenseitig?

Warum landen manche Menschen immer wieder bei „den Falschen“?

Updates:

As Trump’s latest intra-party feud rages, Sen. Graham heads to Mar-a-Lago on a peace mission

Trump ready to make McConnell’s life miserable

Trump is only welcoming people who share his vengeance

Pence declined invitation to attend CPAC

Almost half of Republicans would join Trump party

Trump attacks Republicans who backed impeachment

Is Donald Trump a declining parody or a terrifying threat?

Mitch McConnell laughs off Trump taking credit for his reelection

Trump warned to back off as he seeks revenge on republicans

Trump ist finally learning that being president was a huge mistake

Michael Cohen recalls the time when Trump offered up Don jr. for Prison

Trump commands historic attention for an ex-president


Wahlfeststellung im Kongress vom Aufstand der Trump-Anhänger gebremst

Unglaubliche Szenen gab es heute nachmittag Ortszeit vor dem Kapitol in Washington D.C. Dort wollte der Kongress unter Leitung von Vizepräsident Mike Pence die Wahl des Demokraten Joe Biden würdig und offiziell feststellen. Allerdings gab es, wie angekündigt, Widersprüche von republikanischen Abgeordneten. Für jeden Widerspruch musste die Sitzung unterbrochen werden, um die Argumente zu diskutieren, so dass mit einer langen Nacht gerechnet wurde. Zuvor hatte es für Donald Trump einen Tag der Niederlagen gegeben: Erneut wurde ein Gerichtsverfahren gegen die Wahlergebnisse abgelehnt. Die Auszählung der Stichwahlen für zwei Abgeordneten-Sitze ergab zweimal einen Sieg für die Demokraten – womit diese nun in beiden Kammern die Mehrheit haben. Und Trumps Stellvertreter Pence, den der Präsident erheblich unter Druck gesetzt hatte, das Wahlergebnis doch noch umzukehren, hatte öffentlich erklärt, dass er das nicht tun würde.

Bereits seit gestern hatten sich Trump-Anhänger in Washington für den heutigen, geplanten Protest versammelt. Ihr Präsident hetzte sie heute in einer Rede vor dem Weißen Haus noch einmal kräftig auf, indem er erneut behauptete, ihm sei die Wahl mit unrechtmäßigen Methoden gestohlen wurde, und dass er niemals aufgeben werde. „Wenn ihr jetzt nicht höllisch kämpft, werdet ihr bald gar kein Land mehr haben,“ rief er unter anderem.

Dann ging es los.

Alle Fotos aus den US-Medien am Abend des Tages auf Twitter

Tausende Protestierende marschierten vom Weißen Haus zum Kapitol. Dort wurde die Masse schnell kleiner, als friedliche Demonstranten bemerkten, wie gefährlich es zu werden drohte. Es blieb ein harter Kern gewaltbereiter Menschen, unter ihnen viele Milizionäre. Sie drängten von allen Seiten zu den verschiedenen Eingängen des Kapitols. Die dortigen Sicherheitskräfte versuchten zwar, sie abzuhalten, machten jedoch keinen Gebrauch von ihren Schusswaffen, sondern standen teilweise sogar für Selfies zur Verfügung. Es gibt sogar den Verdacht, dass einige Sicherheitsleute den Zaun vor dem Gebäude selbst geöffnet haben. Die Demonstranten schlugen Fenster und Türen ein und verschafften sich Zuritt zum Gebäude. Innen überwanden sie eine zweite Reihe von Sicherheitskräften und marschierten vorwärts Richtung Sitzungssaal. Dort wurde Mike Pence eiligst in Sicherheit gebracht. Die Abgeordneten wurden gebeten, ihre Gasmasken unter den Sitzen zu benutzen, da beide Kräfte Tränengas benutzten. Dann wurden auch sie evakuliert.

Und schon waren sie drin in den heiligen Hallen: Jede Menge Trump-Anhänger besetzten sogar den Platz des Senatspräsidenten, wanderten durch die Reihen, machten viele Selfies und suchten auch Abgeordneten-Büros heim. Das der Haus-Sprecherin Nancy Pelosi wurde durchwühlt. Als sie gingen, hinterließen die ungebetenen Gäste einen Zettel auf ihrem Schreibtisch: „Wir werden nicht aufgeben“.

Die erschrockenen Fernsehzuschauer sahen, wie eine blutüberströmte Frau auf einer Bahre aus dem Haus getragen wurde. Sie war in die Brust geschossen worden und starb kurze Zeit später. Eine Bombe wurde nahe der republikanischen Parteizentrale gefunden und entschärft, später war von einer zweiten die Rede, sie ebenfalls sicher entfernt werden konnte. Nancy Pelosi rief nach der Nationalgarde, die Bürgermeisterin von Washington verhängte eine Ausgangssperre ab 18 Uhr (einige Stunden später).

Der designierte Präsident Joe Biden hielt eine Rede, in der er von einem Aufstand gegen die Demokratie sprach und Donald Trump aufforderte, dem umgehend ein Ende zu setzen. Diese Menschen hier, so Biden, seien nicht das Gesicht Amerikas, sondern eine begrenzte Zahl von Pro-Trump-Extremisten. Trump hielt schließlich nach einigen Tweets, in denen er zur Ruhe aufforderte, eine kurze Rede. Darin erneuerte er all seine Vorwürfe zum Thema Wahlbetrug, versicherte, niemals aufzugeben, bat seine Anhänger, nun aber nach Hause zu gehen, denn: „Wir brauchen jetzt Frieden.“

Wenig später sperrten Facebook und Twitter sein Video wegen Gewaltgefahr. Twitter und Instgram blockierten den Präsidenten für 24 Stunden. Facebook kündigte an, sieht sich alle bisherigen Posts Trumps auf Gewaltgefahr hin ansehen und gegebenenfalls löschen zu wollen. Am Folgetag wurde bekannt, dass alle Accounts des Präsidenten auf Facebook, Instagram und Snapchat mindestens bis zur Machtübergabe gesperrt werden. Es sei einfach zu gefährlich, sie offen zu lassen. Twitter kündigte an, die Reichweite Trumps einzuschränken und seine Tweets noch schärfer zu prüfen.

Nationalgarde wurde in der Stadt gesehen. Diese war, wie einige Medien vermuteten, aus Virginia geschickt worden, dessen Gouverneur den Notstand ausgerufen hatte. Er soll auch 200 zusätzliche Polizisten geschickt haben. Stunden später hiess es, Mike Pence habe die Nationalgarde zum Kapitol beordert. Auch am nächsten Tag war nicht genau klar, wer was befohlen hatte. Der amtierende Präsident hatte jedenfalls auf den Hilferuf nicht reagiert. Wie Mitarbeiter des Weißen Hauses berichteten, saß er vor dem Fernseher und habe sich sichtlich über die Bilder gefreut.

Nicht nur beim Kapitol gab es aggressive Demonstranten: Ähnlich ging es in Georgia zu, nachdem bekannt geworden war, dass beide Senatorensitze an die Demokraten gegangen waren. Der republikanische Senator Mitt Romney wurde bei seiner Anreise bereits am Bahnhof von einer Rotte Trump-Anhängern empfangen und als Verräter beschimpft. Gegen Abend Ortszeit wurde es in Washington auch für die Medienvertreter gefährlich: Elmar Theveßen vom ZDF berichtete, dass die Medien, völlig ungeschützt von Sicherheitskräften, eingekreist wurden. Foto- und Filmausrüstungen wurden wahllos zerstört, sein Team habe nur knapp die Kamera retten können. Die Journalisten seien von den Demonstranten ultimativ aufgefordert worden, das Gelände zu verlassen. Das Gelände rund um das Kapitol untersteht der „Capitol Police“, zu der rund 2000 Personen gehören. Gesichtet wurden aber, so Elmar Theveßen, nur wenige Dutzend.

Eines konnte immerhin gerettet werden: Aufmerksame Mitarbeiter im Kapitol sicherten die Kisten mit Wahlergebnissen, die dem Kongress als Beweis für die offizielle Feststellung des Wahlergebnisses dienen sollten.

Erst viereinhalb Stunden später wurde das Innere des Kapitols wieder für sicher erklärt. Mehrere Polizisten wurden verletzt. Die Polizei erklärte zunächst, sie habe fünf Schusswaffen sichergestellt und 13 Menschen von mehreren hundert inhaftiert (???). Am Ende des Tages gab es 52 Inhaftierte und vier Tote. Drei davon waren offenbar durch eigene gesundheitliche Probleme gestorben.

Die Abgeordneten traten in der Nacht wieder zusammen und vollendeten ihre Aufgabe: Joe Biden wurde zum rechtmässigen neuen Präsidenten erklärt.

Im Verlauf der Nacht wurde von weiteren Angriffen von Trump-Unterstützern auf Regierungsgebäude in Utah, Georgia, Oregon und Kansas. Texas und Kalifornien berichtet. Kämpfe wurden auch gemeldet aus Atlanta und Sacramento.

Die rechtsextreme Gruppe Proud Boys, die bekannt wurde, als Donald Trump sie im Wahlkampf aufforderte „to stand back and to stand by“ (sich zunächst zurückzuhalten, aber bereit zu sein), war seit dem Vortag in der Stadt gewesen und hatte angekündigt, dass man die 2000 bis 2500 Mitglieder an ihrer schwarzen Kleidung erkennen werde. Ihr Anführer, Enrique Tarrio, dem verboten worden war, Washington zu betreten, erklärte, dass in den kommenden Tagen mit weiteren Unruhen zu rechnen sei.

Noch in der Nacht forderten die Demokraten den amtierenden Vizepräsidenten Mike Pence auf, ein Verfahren gegen Präsident Trump zu eröffnen, um ihn wegen geistiger Unfähigkeit, seine Pflichten zu erfüllen, umgehend aus dem Amt zu entfernen.

Dieser erklärte am Morgen danach, es werde eine ‚ordnungsgemäße‘ Amtsübergabe am 20. Januar geben. Damit ende zwar die beste Präsidentschaft aller Zeiten, aber „das ist erst der Anfang unseres Kampfes mit dem Ziel ‚Make America great again!'“

Die Stimmung in Washington dreht sich

Zwei Tage nach den Vorfällen am Kapitol brummt die politische Welt in US-Amerikas Hauptstadt wie ein Bienenkorb. Nach einer fast verzweifelt klingenden Distanzierung von den Vorfällen, auch im Namen der Mitarbeiter des Weißen Hauses, durch die Pressesprecherin, traten reihenweise hohe Mitarbeiter zurück, gefolgt von zwei Ministern der Trump-Regierung: Verkehrsministerin Elaine Chao und Bildungsministerin Betsy deVos gaben ihre Ämter auf. Matthew Pottinger, der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus; Ryan Tully, ranghoher Direktor für Europa- und Russlandangelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat; Stephanie Grisham, Stabschefin von First Lady Melania Trump und frühere Regierungssprecherin, gaben auf. Mick Mulvaney, ehemals Stabschef im Weißen Haus und inzwischen Sonderbeauftragter für Nordirland, erklärte ebenfalls seinen Rücktritt. Nach massiven Vorwürfen zum mangelhaften Schutz des Kapitols traten auch Polizeichef Steven Sund und die für Ordnung in Senat und Repräsentantenhaus zuständigen Beamten Michael Stenger und Paul Irving zurück. Ein weiterer Polizist erlag seinen Verletzungen; die Zahl der Toten vom Mittwoch stieg damit auf fünf.

Mit hunderten von Beamten untersucht das FBI die Vorfälle. Einige der Protester verloren bereits ihre Arbeitsplätze, nachdem ihre Arbeitgeber ihr Mittun in den Videos gesehen hatten. Unter den Angreifern war sogar ein frisch gewählter Abgeordneter aus West Virginia, der einen selbstgemachten Film auf seiner Website postete. Mitarbeiter aus dem Weißen Haus berichteten, wie aufgeregt und begeistert der Präsident die Bilder des Aufstands verfolgte und gar nicht verstehen konnte, warum nicht alle so begeistert waren wie er selbst. Die Demokraten unter Führung von Nancy Pelosi versuchen mit allen Mitteln, Trump noch vor Ende seiner Amtszeit als Präsidenten zu entfernen; wenn möglich so, dass er auch 2024 nicht erneut kandidieren kann. Ohne genügend Stimmen der Republikaner und den Vizepräsidenten Mike Pence wird das jedoch schwierig. Zwar distanzieren sich immer mehr Republikaner von Trump, aber was Pence tun wird, ist noch unklar. Nancy Pelosi treibt die Angst um, der aggressive Präsident könnte noch in den letzten Tagen den Atomknopf drücken.

Quelle: Twitter

Unter dem Eindruck der Reaktionen im eigenen Land und aus dem Ausland sah sich der Präsident schließlich zu Schadensbegrenzung genötigt. Widerstrebend verurteilt er in einer Videobotschaft jetzt die Attacke auf das Kapitol. Das wiederum bringt ihm jede Menge Ärger bei seinen Unterstützern ein, die sich „vor den Bus gestoßen“ fühlen. Also twitterte der Präsident am Morgen danach: “The 75,000,000 great American Patriots who voted for me, AMERICA FIRST, and MAKE AMERICA GREAT AGAIN, will have a GIANT VOICE long into the future,” Trump tweeted on Friday morning. “They will not be disrespected or treated unfairly in any way, shape or form!!!” Und schon war da wieder Hoffnung: „Er schreibt Giant Voice. Das ist ein militärischer Ausdruck, mit dem alle alarmiert werden, weil es im Umfeld einen Notfall gibt“, twitterte pro-QAnon account Copious MQ.

Der Insider veröffentlichte heute ein Video von den Vorgängen aus der Mitte der Protester. Man sieht: Wäre da ein akzeptierter Anführer für alle vor Ort gewesen, hätte schreckliches passieren können. Man sieht auch: Die Polizei ließ die Eindringlinge passieren und sah tatenlos zu. Daraus lässt sich nur eines schließen: Der Angriff war von langer Hand geplant und sollte noch viel mehr Schaden anrichten.

Reddit schloss heute einen Subreddit-Kanal Trumps mit 52 000 Mitgliedern wegen Aufruf zur Gewalt. Twitter schloss heute den Account von General Flint, den Trump erst vor kurzen per Begnadigung aus dem Gefängnis geholt hat. Vom Twitter-Kanal des Präsidenten wurden die Videos gelöscht, die zu seinem 12-stündigen Ausschluss geführt hatten. Trumps selbst twitterte, er werde der Amtseinführung Jose Bidens nicht beiwohnen. „Gut, wenn er nicht kommt,“ kommentierte dieser. Mike Pence zu seiner Amtseinführung zu empfangen, sei ihm jedoch eine Ehre. Am Freitag abend (hiesige Zeit) wurde der private Twitter-Kanal Donald Trumps endgültig geschlossen. Offen ist nur noch der des Präsidenten, der am 24. Dezember die letzte Nachricht abgesetzt hat.

Mitarbeiter des Weißen Hauses haben gegenüber Zeugen berichtet, der Präsident schwanke zwischen lauten Wutanfällen und Perioden tiefster Verzweiflung, die er schweigend vor dem Fernseher verbringe. in den letzten Wochen habe er immer wieder davon gesprochen, dass er sich in seinem letzten Tag im Amt selbst begnadigen wolle. „Wenn er erstmal versteht, dass er verloren hat und gehen muss, wird es wirklich gefährlich. Er wird versuchen, uns alle mit in den Untergang zu ziehen,“ kommentierte Trumps Nichte Mary Trump, eine klinische Psychiaterin, die ein Buch über ihren Onkel geschrieben hat. Sie mahnt an, ihn so schnell wie möglich aus dem Amt zu entfernen. Diese Sorge teilen nicht wenige Amerikaner. Es wird ein Aufatmen durch das Land und rund um den Globus gehen, wenn diese unglückselige Präsidentschaft endlich zuende ist.

Update: Aufstand von langer Hand geplant

Update: Oath Keeper claims she met with Secret Service before Capitol riot

Update: The efforts among paramilitants on January 6 were close to the apparatus around