Manifest für einen neuen Rundfunk mit Teilhabe der Beitragszahler

„Nutzen Sie noch die öffentlich-rechtlichen Medien? 

Falls ja: Löst das bei Ihnen wachsende Unzufriedenheit aus? 

Dann sind Sie damit nicht allein!

Auch wir, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio, vermissen Meinungsvielfalt in der Berichterstattung. Auch wir zweifeln angesichts publik gewordener Skandale an den bestehenden Strukturen der öffentlich-rechtlichen Medien. Doch wir schätzen das Prinzip eines beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks als wichtige Säule von Demokratie und Kultur. Wir sind von seinen Grundsätzen und dem Programmauftrag überzeugt. Beides sehen wir allerdings in Gefahr.“

So werben Medienmacher und Unterstützer der öffentlich-rechtlichen Programme für ein Manifest, das an Deutlichkeit nicht mehr zu überbieten ist. Um damit Erfolg zu haben, ist es mit einer Petition verbunden, die 50 000 Stimmen erreichen muss. Unterzeichner sind also jederzeit willkommen. Es geht um nichts weniger als die Erneuerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Um die Einbeziehung derer, die diesen Rundfunk mit ihren Gebühren finanzieren. Und um das Entfernen des stetig zunehmenden Einflusses der Politik. In Zeiten, in denen man kaum noch unterscheiden kann, was fake news und was echte Nachrichten sind, wird diese Erneuerung jeden Tag wichtiger. Es muss Nachrichtenquellen geben, bei denen man sich in alle Richtungen informieren kann, die nicht von Werbetreibenden, und auch nicht von Politikern manipuliert werden.

Ein kleines Beispiel, warum das so wichtig ist: Israel will den arabischen Sender Al Jazeera abschalten, weil es sich um ein „Hetzblatt gegen Israel und zugunsten der Hamas“ handele. Die Bundesregierung zeigt sich „äußerst besorgt“ über die Beschneidung der Meinungsfreiheit. Aber: In Deutschland wurden russische Sender wie Russia today abgeschaltet, weil sie nach Ansicht der Bundesregierung fake news verbreiten und versuchen, die Bundesbürger im Sinne Russlands zu manipulieren. In der Ukraine wurde unter Präsident Selensky und Kriegsbedingungen 2023 ein neues Mediengesetz verabschiedet, das der ukrainischen Regierung volle Kontrolle über sämtliche Medien des Landes bis hin zu Bloggern gibt – alle können nach Bedarf zensiert werden. Bei den US-Medien sorgte das für größte Besorgnis und Aufrufe an Selensky, dies nicht zu tun – in Deutschland wurde gar nicht erst über das Gesetz berichtet.

Besonders auffällig wurde der Einfluss der Bundespolitik auf die Medien während Corona. Auch die öffentlich-rechtlichen Sender plusterten sich in Empörung der „Gerechten“ gegen jede Stimme auf, die sich gegen die restriktiven Maßnahmen der Regierung zu stellen wagte – das ging bis hin zur Heute-Show, die sich eigentlich der Satire verschrieben hat. Wer es wagte, sich öffentlich gegen die Impfflicht zu stellen, wurde von den Medien ausgegrenzt und verurteilt. Über die Sorgen der Menschen bezüglich der Impfungen und möglicher Nebenwirkungen wurde, wenn überhaupt, abwertend berichtet. Impfschäden wurden lange völlig tot geschwiegen. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind immer öfter Sprachrohr der Regierungspolitik, bezeichnen sich aber trotzdem als unabhängig.

Die oben genannte Petition richtet sich an ARD/ZDF/DLR Rundfunkräte und Intendanten, die Rundfunkkommission der Länder und den Deutschen Bundestag.

Die Rundfunkräte überwachen die Einhaltung des gesetzlichen Sendeauftrags und sollen im Sinne des vom Gesetzgeber erdachten Vielfaltssicherungskonzepts die Offenheit des Zugangs zum Programm der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für verschiedene gesellschaftlich relevante Gruppen garantieren. Der Rundfunkrat bestimmt nicht die Programmplanung; diese ist Aufgabe des Intendanten, sondern berät ihn lediglich.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2014 ein Urteil zur Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesprochen. Das Gericht erließ dabei ein „Gebot der Vielfaltsicherung“ bei der Besetzung der Rundfunkräte. Der „Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder“ wurde ausdrücklich auf höchstens ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums begrenzt, um die Staatsferne sicherzustellen.

Kritik wird beispielsweise daran geübt, dass zwar die Kirchen im Rundfunkrat vertreten sind, jedoch meistens keine Vertreter von anderen relevanten Religionsgemeinschaften, Atheisten und Agnostikern. Auch kann einem sich ändernden Bevölkerungsquerschnitt nur durch einen neuen Staatsvertrag Rechnung getragen werden. Ein weiterer Kritikpunkt des Gerichtes ist, dass die Beitragszahler bei der Zusammensetzung des Rates keinerlei Mitsprache- oder Wahlrecht haben.

In einer Studie des Netzwerkes Neue Deutsche Medienmacher*innen untersuchte Fabian Goldmann alle 542 Mitglieder der Rundfunkräte (ARD-Anstalten, Deutschlandradio, Deutsche Welle und ZDF). Er kommt zu dem Ergebnis, dass weder die Räte ihrem Anspruch, die Vielfalt der Gesellschaft zu repräsentieren, gerecht werden, noch dass benachteiligte Gruppen ausreichend anzutreffen sind. Goldmann kommt zum Fazit, dass eine gerechtere Repräsentation am fehlenden politischen Willen scheitere. Zur Verbesserung schlägt er unter anderem rotierende Sitze, Losverfahren und regelmäßige Neubewerbungen für einige Plätze vor.

Beispiel ARD: Die Verwaltungsräte der ARD-Landesrundfunkanstalten werden ausschließlich oder überwiegend vom Rundfunkrat gewählt. Die Aufgaben bestehen vor allem darin, den Wirtschaftsplan und den Jahresabschluss zu prüfen, den Dienstvertrag mit der Intendantin oder dem Intendanten abzuschließen und dessen bzw. deren Geschäftsführung zu überwachen. Gesetzliche Basis sind der ARD-Staatsvertrag (insb. §7 Abs. 2) und die ARD-Satzung (insb. §5a Abs. 1 und 2). Da Rundfunk Ländersache ist, orientieren sich die Gremien bei ihrer Arbeit jeweils an den für ihre Landesrundfunkanstalt geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Nun sollte man also meinen, durch die verschiedenen Kontrollgremien seien einem Missbrauch von Rundfunkgebühren genügend Sicherheitsriegel vorgeschoben. Aber dem ist nicht so.

2022 wurde öffentlich, welche komfortable Versorgung sich die Intendantin des rbb, Patricia Schlesinger, für die juristische Direktorin des Senders, Susann Lange, im Jahr 2020 unterschrieben hatte: Ihr Anstellungsvertrag sicherte dieser eine Grundvergütung von 195.000 Euro brutto jährlich, sowie eine „variable Vergütung“ von bis zu 8,33 Prozent, außerdem eine monatliche Aufwandsentschädigung von 250 Euro plus eine Kfz-Pauschale von 500 Euro. Dazu kam eine üppige, lebenslange Ruhestandsregelung: Sie errechnet sich aus einer vereinbarten Vergütung von 212.719 Euro (Grundvergütung plus variabler Anteil) jährlich. Der Vertrag der Juristischen Direktorin ist auf fünf Jahre befristet und endet Ende 2025.

Die Familie der Direktorin war im Vertrag gleich mit versorgt: Im Todesfall sichert dieser ein jährliches Witwengeld von 60 Prozent des Ruhegeldes zu, das an ihrem Todestag fällig werden würde. Waisen erhielten 20 Prozent davon und Halbwaisen 12 Prozent des Ruhegeldes. Darüber hinaus wurden auch andere Hinterbliebene mit einem sogenannten „Sterbegeld“ versorgt. Dazu zählen laut Vertrag nicht nur der Ehepartner oder die Ehepartnerin, sondern auch leibliche und angenommene Kinder, Verwandte der aufsteigenden Linie, Geschwister und Geschwisterkinder sowie Stiefkinder, die zum Zeitpunkt des Todes zur häuslichen Gemeinschaft der rbb-Juristin gehört haben…

Die Direktorin wurde vom Rundfunkrat auf Vorschlag der Intendantin gewählt. Ein Arbeitsvertrag wurde dem Rat nicht vorgelegt. Das Gehalt der Direktorin, die offenbar nicht die einzige beim rbb mit einem solchen Vertrag gewesen sein soll, war deutlich höher als beispielsweise das des Ministerpräsidenten. Nadia Pröpper-Schwirtzek, zertifizierte Compliance-Anwältin mit Spezialisierung auf Arbeitsrecht, hält die Vergütungs- und Versorgungsansprüche in den Verträgen für deutlich unangemessen, und deshalb in Teilen sittenwidrig.

Susann Lange wurde, genau wie Patricia Schlesinger, aus dem Amt entfernt. Der Intendantin selbst werden umstrittene Beraterverträge, Schlesingers Gehaltserhöhung auf 303.000 Euro, zusätzliche Boni, einen hochwertigen Dienstwagen (Wert: 145 000 €, mit Massagesitzen) samt zwei Chauffeuren , die Renovierung der Chefetage und Abendessen in ihrer Privatwohnung auf RBB-Kosten mit angeblich falschen Rechnungen vorgeworfen. Sie soll außerdem mehr als ein halbes Dutzend Urlaubsreisen auf Kosten des rbb gemacht haben, bei denen sie teilweise Familienangehörige begleiteten. Patricia Schlesinger klagte umgehend sowohl gegen ihre Entlassung, als auch um ein Ruhegeld von 18 400€ im Monat, das ihr laut Arbeitsvertrag lebenslang zusteht.

„Wie konnte Rundfunkrat und Verwaltungsrat entgehen, dass eine Frau an der Senderspitze die Bodenhaftung verloren hat, offenbar Regeln verletzte und womöglich Gesetze brach? Die Staatsanwaltschaft sieht bei Schlesinger, ihrem Ehemann und Ex-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf mittlerweile einen Anfangsverdacht wegen Untreue und Vorteilsnahme“, schrieb im August 2022 der zur Springer-Presse gehörende Business-Insider, der den ganzen Skandal enthüllt hatte. Da gab es ein Boni-System, das Zusatzeinkommen garantierte, es gab geheime Absprache-Sitzungen vor den offiziellen Verwaltungsratstreffen, Wolf-Dieter Wolf hatte Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl Honorare über rund 140 000 € verschafft, so die NZZ. Das komplette Gehalt der Intendantin wurde nie vorgelegt; auch die Wirtschaftsberichte des Senders blieben unter Verschluss. Obwohl hunderte von Seite stark, gab es für die Öffentlichkeit jährlich nur eine knappe Mitteilung über den jeweiligen Jahresverlust. Im Ranking der ARD-Sender belegt der rbb den letzten Platz.

Jörg Wagner vom rbb veröffentlichte im „Medienmagazin“ bei Radio Eins den kritischen Beitrag einer Journalistin über die ganze Affaire, der RBB-Finanzchef Claus Kerkhoff nicht gut aussehen ließ. Den Beitrag ließ der rbb, wie ebenfalls business Insider berichtete, nachträglich löschen, „weil er den Prozess der redaktionellen Abnahme nicht wie vorgeschrieben durchlaufen“ habe.

Vor dem Untersuchungsausschuss des Landes Brandenburg verweigerten alle drei Beteiligten die Aussage. Der rbb soll mittlerweile Forderungen in sechsstelliger Höhe gegen Schlesinger haben. Diese hat jetzt einen in monatlich fünfstelliger Höhe dotierten Beratervertrag. Laut Arbeitsvertrag beim rbb darf sie bis zu 90 Prozent ihres Ruhegehaltes ohne Anrechnung dazu verdienen. Der Sender prüft jetzt, ob das Ruhegeld wenigstens bis zum Beginn des offiziellen Rentenalters Schlesingers zurück gehalten werden kann.

„Wir sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der öffentlich-rechtlichen Medien aus verschiedenen Regionen des Landes. Wir arbeiten in unterschiedlichen Gewerken, Abteilungen und Redaktionen. Wir sind Programmmacher, Techniker, Sachbearbeiter, Kameraleute, Moderatoren, Sprecher sowie Musiker aus den Rundfunkorchestern und -chören. Uns eint der Wunsch nach Erneuerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,“ heißt es im Vorwort zur anfangs genannten Petition.

„Auch wir, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio, vermissen Meinungsvielfalt in der Berichterstattung. Auch wir zweifeln angesichts publik gewordener Skandale an den bestehenden Strukturen der öffentlich-rechtlichen Medien. Doch wir schätzen das Prinzip eines beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks als wichtige Säule von Demokratie und Kultur. Wir sind von seinen Grundsätzen und dem Programmauftrag überzeugt. Beides sehen wir allerdings in Gefahr. Wir haben uns zusammengetan und ein Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk entworfen. Damit wollen wir unsere Stimme und Expertise in die Debatte um dessen Zukunft einbringen: einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der sein Publikum ernst nimmt, der Debatten zulässt und ein breites Meinungsspektrum abbildet, ohne zu diffamieren.

Wir beobachten schwindendes Vertrauen der Menschen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zweifel an der gebotenen Regierungsferne sind nicht zu überhören. Von vielen wird die immer größer werdende Lücke zwischen Programmauftrag und Umsetzung beklagt. Zugleich ist es immer wichtiger für den demokratisch-gesellschaftlichen Diskurs, vertrauenswürdige öffentlich-rechtliche Medien zu haben.

Wir fordern:

  • Rückkehr zu Programminhalten, die den im Medienstaatsvertrag festgelegten Grundsätzen wie Meinungsvielfalt, Pluralität und Ausgewogenheit entsprechen.
  • Teilhabe der Beitragszahlenden bei medienpolitischen, finanziellen und personellen Entscheidungen, beispielsweise durch einen Bürgerrat.
  • Ein Beteiligungsverfahren, durch das alle relevanten Verbände und Initiativen, die sich für Veränderungen in den öffentlich-rechtlichen Medien einsetzen, eingebunden werden. Eine Möglichkeit ist ein Medienkonvent.“
  • Meinungs- und Informationsvielfalt
  • Ausgewogenheit und Fairness
  • Transparenz und Unabhängigkeit
  • Förderung von Kultur und Bildung
  • Bürgerbeteiligung
  • beitragsfinanziert,

das sind die Punkte, die das Manifest fordert. Der Wortlaut ist absolut lesenswert, deshalb hier in ganzer Länge:

„Seit geraumer Zeit verzeichnen wir eine Eingrenzung des Debattenraums anstelle einer Erweiterung der Perspektive. Wir vermissen den Fokus auf unsere Kernaufgabe: Bürgern multiperspektivische Informationen anzubieten. Stattdessen verschwimmen Meinungsmache und Berichterstattung zusehends auf eine Art und Weise, die den Prinzipien eines seriösen Journalismus widerspricht. Nur sehr selten finden relevante inhaltliche Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen statt. Stimmen, die einen – medial behaupteten – gesellschaftlichen Konsens hinterfragen, werden wahlweise ignoriert, lächerlich gemacht oder gar ausgegrenzt. Inflationär bedient man sich zu diesem Zwecke verschiedener „Kampfbegriffe“ wie „Querdenker“, „Schwurbler“, „Klima-Leugner“, „Putin-Versteher“, „Gesinnungspazifist“ und anderen, mit denen versucht wird, Minderheiten mit abweichender Meinung zu diffamieren und mundtot zu machen.

Das sorgfältige Überprüfen zweifelhafter Meldungen ist wichtig. Allerdings suggerieren sogenannte Faktenchecks oft durch ihre Machart, Überschrift und Formulierungen eine vermeintlich absolute Wahrheit, die selten existiert. Der freie gesellschaftliche Diskurs wird dadurch schmerzhaft beschnitten.

Innere und äußere Bedingungen führen dazu, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ihren journalistisch-ethischen Standards nicht mehr genügen können. Dazu zählen innerbetriebliche Praktiken wie die schon vor Dreh- bzw. Reportage-Beginn feststehende Kernaussage von Beiträgen, die Zentralisierung der Berichterstattung über sogenannte Newsrooms oder Newsdesks, zu großer Zeitdruck bei der Recherche, eine überwiegend an Einschaltquoten orientierte Programmgestaltung, Sparmaßnahmen der Sender am Programm und nicht zuletzt die Tatsache, dass zwei Drittel des redaktionellen Personals nur Zeitverträge haben oder gar komplett ohne Angestelltenverhältnis als sogenannte Freie arbeiten müssen. Letzteres führt zu Existenzängsten, die wiederum entsprechend „angepassten“ Journalismus begünstigen. Aufgrund der hohen personellen Fluktuation bleibt zudem oft keine Zeit für fachlichen Wissenstransfer.

Innere Pressefreiheit existiert derzeit nicht in den Redaktionen. Die Redakteure in den öffentlich-rechtlichen Medien sind zwar formal unabhängig, meist gibt es auch Redaktionsausschüsse, die über die journalistische Unabhängigkeit wachen sollten. In der Praxis aber orientieren sich die öffentlich-rechtlichen Medien am Meinungsspektrum der politisch-parlamentarischen Mehrheit. Anderslautende Stimmen aus der Zivilgesellschaft schaffen es nur selten in den Debattenraum.

Dazu erschwert äußere Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und Lobbygruppen einen unabhängigen Qualitätsjournalismus. Interessensverflechtungen von Politik und Wirtschaft werden zu selten in tagesaktuellen Beiträgen aufgezeigt und erörtert. Alltägliche Recherchen bleiben im Kern oft oberflächlich.

Bei der Programmgestaltung dürfen Faktoren wie Einschaltquoten, die derzeit als allgegenwärtiges Argument für die dramatische Ausdünnung und populistische Ausrichtung der Kultur- und Bildungsangebote sorgen, keine Rolle spielen. Der öffentlich- rechtliche Rundfunk muss auch vermeintliche „Nischenbereiche“ abbilden und zu vermitteln versuchen – was seinem Bildungsauftrag entspräche, jedoch immer weniger stattfindet. Zudem darf sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht die strikt und gleichförmig durchformatierten Programme privater Sender zum (schlechten) Vorbild nehmen, wie dies aktuell weitestgehend der Fall ist. Dies gilt auch und vor allem in musikalischer Hinsicht für die ARD-Radioprogramme.

An der Auswahl der Mitglieder der Rundfunk-, Fernseh- und Verwaltungsräte, der höchsten Kontrollgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, sind die Beitragszahler nicht direkt beteiligt. Die Verwaltungsräte kontrollieren die Geschäftsführung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, doch wer kontrolliert die Verwaltungsräte?

Das heißt: es gibt keine Partizipation der Beitragszahler bei medienpolitischen, finanziellen und personellen Entscheidungen.

Auch die Programme werden größtenteils ohne Publikumsbeteiligung erstellt. Die meisten Programmbeschwerden von Beitragszahlern finden kaum Gehör und haben entsprechend wenig Einfluss auf die Berichterstattung und generelle Programmgestaltung. Sowohl das Publikum als auch die Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden in der Regel nicht über die Reaktionen und Beschwerden zum Programm informiert.

Nur ein Teil der Inhalte der öffentlich-rechtlichen Medien ist im Internet abrufbar und meist nur für eine begrenzte Dauer. Diese Praxis widerspricht der Idee eines öffentlich- rechtlichen Rundfunks und dem Gedanken eines universellen Wissenszuwachses im Internet.“

So soll der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk von Morgen für die Ersteller des Manifestes aussehen:

„Das Prinzip der Rundfunkbeitragszahlung wird beibehalten. Es sichert die Unabhängigkeit des neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das heißt: öffentlich-rechtliche Anstalten werden von der Bevölkerung finanziert, aber auch kontrolliert.

Finanzflüsse sind transparent und öffentlich einsehbar. Dies gilt insbesondere für die Budgetverteilung zwischen einzelnen Ressorts, Redaktionen und der Verwaltung. Die Bezahlung aller Mitarbeiter, einschließlich Führungsposten bis hin zur Intendanz, ist transparent und einheitlich nach einem für alle geltenden Tarifvertrag geregelt. Die Berichte der Landesrechnungshöfe sind auf den Plattformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks leicht auffindbar.

Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk verzichtet auf Werbeeinnahmen aller Art, sodass Werbeverträge nicht zu Befangenheit in der Berichterstattung führen können.

Den Beitragszahlern gehört der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk. Ihre mehrheitliche Einbindung in den Kontrollgremien ist daher selbstverständlich. Diese Arbeit wird angemessen honoriert. Sie schließt die Wahrnehmung eines weiteren Amts, welches Interessenkonflikte birgt, aus. Die repräsentative Zusammensetzung der Kontrollgremien könnte beispielsweise nach dem Vorbild der Besetzung von Bürgerräten erfolgen. Direkte Wahl, Rotationsprinzip oder Losverfahren sind Möglichkeiten, um die Gesellschaft repräsentativ abzubilden.

Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk fungiert als Vierte Säule der Demokratie. Im Auftrag der Bevölkerung übernimmt er wichtige Kontrollaufgaben gegenüber den Gewalten Exekutive, Legislative und Judikative. Damit er diesen Auftrag erfüllen kann, ist seine Unabhängigkeit von Staat, Wirtschaft und Lobbygruppen garantiert.

Drehtür-Effekte zwischen Politik und dem neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind dank mehrjähriger Sperrfristen ausgeschlossen; professionelle Distanz ist jederzeit gewährleistet. Jegliche Art von Interessenskonflikt wird angegeben, wie es auch in wissenschaftlichen Arbeiten üblich ist. Das Führungspersonal ist verpflichtet, jährlich einen öffentlichen Transparenzbericht vorzulegen. Führungspositionen müssen öffentlich ausgeschrieben sowie nach einem transparenten Auswahlverfahren besetzt werden und sind zeitlich limitiert. Eine Vertragsverlängerung ist nur nach Abstimmung durch die direkt unterstellten Mitarbeiter möglich.

Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk kontrolliert die Politik und nicht umgekehrt. Die Politik hat keinen Einfluss auf Inhalte. Es wird neutral, multiperspektivisch und zensurfrei im Rahmen des Grundgesetzes berichtet.

Dazu gehört die Verpflichtung, vermeintliche Wahrheiten immer wieder zu überprüfen. Für die Berichterstattung bedeutet dies ergebnisoffene und unvoreingenommene Recherche sowie die Präsentation unterschiedlicher Sichtweisen und möglicher Interpretationen.

Das Publikum hat einen Anspruch darauf, sich mit einem Sachverhalt auseinandersetzen und selbstständig eine Meinung bilden zu können, anstatt eine „eingeordnete“ Sicht präsentiert zu bekommen.

Meldungen von Nachrichtenagenturen werden soweit möglich nicht ungeprüft übernommen. Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk nimmt seine Verantwortung wahr, Ereignisse jenseits von Agenturmeldungen zu recherchieren und darüber zu berichten.

Fairness und respektvoller Umgang im Miteinander stehen im Fokus unseres Handelns, sowohl innerhalb der Funkhäuser als auch mit unserem Publikum. Die Journalisten des neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunks benutzen kein Framing und verwenden keine abwertenden Formulierungen.

Petitionen und Programmbeschwerden seitens der Gebührenzahler werden vom neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ernst genommen. Eine Ombudsstelle entscheidet über deren Einordung, Umsetzung und Veröffentlichung. Inhaltliche Korrekturen der Berichterstattung werden an derselben Stelle kommuniziert wie die fehlerhafte Nachricht im Programm.

Zur Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Vielfalt gehört Lokaljournalismus als wesentliches Fundament des neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch Themen aus dünn besiedelten Regionen, die vermeintlich nur von lokaler Relevanz sind oder Minderheiten betreffen, müssen sich im Programm spiegeln. Die Entscheidung, auch aus Gegenden fernab von Ballungsgebieten oder Metropolen zu berichten, muss von journalistischem Anspruch geleitet sein und darf sich nicht dem Kostendruck beugen.

Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk kommt seinem Auftrag in gleichem Maße auch in Sachen Bildung und Kultur nach. Bildung und Kultur haben substanziellen Anteil am Programmangebot und werden angemessen budgetiert und personell ausgestattet.

Kultur in ihrer breiten Vielfalt ist ein wichtiger Baustein und Ausdruck der demokratischen Gesellschaft. Diese Vielfalt gilt es umfangreich zu präsentieren und dokumentieren. Das betrifft alle Disziplinen wie Musik, Literatur, Theater, Bildende Künste und andere. Besonderes Augenmerk wird dabei auf den aktiven Förderaspekt gelegt, beispielsweise durch eigene Produktionen sowie die Unterstützung von regionalen Künstlern.

Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk setzt mit eigenen Klangkörpern wie Orchestern, Big Bands und Chören Akzente im kulturellen Leben und engagiert sich im Bereich der Radiokunst Hörspiel.

Die Archive des neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind frei zugänglich. Sie sind wesentliche Wissens- und Identitätsspeicher unserer Gesellschaft und somit von großer kultureller und historischer Bedeutung mit immenser Strahlkraft. Aus den Archiven, die er kontinuierlich in breitem Umfange erweitern sollte, kann der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk anhaltend schöpfen und sich und die Gesellschaft damit der Relevanz von Kultur und Bildung versichern.

Die Inhalte der Archive und Mediatheken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind dauerhaft abrufbar. Die bereits gesendeten Beiträge und Produktionen stehen zeitlich unbegrenzt zur Verfügung. So kann jederzeit auf das kollektive Gedächtnis der Gesellschaft zurückgegriffen werden. Dies ist für die öffentliche Meinungsbildung unverzichtbar.

Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk verfügt über eine von Rundfunkbeiträgen finanzierte, nicht kommerzielle Internetplattform für Kommunikation und Austausch. Diese verwendet offene Algorithmen und handelt nicht mit Nutzerdaten. Er setzt in diesem Raum ein Gegengewicht zu den kommerziellen Anbietern, weil ein zensurfreier, gewaltfreier Austausch zu den Kernaufgaben des neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört.

Qualitätsjournalismus braucht eine solide Basis. Im neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten überwiegend fest angestellte Journalisten, damit sie weitestgehend frei von ökonomischen und strukturellen Zwängen sind. Dadurch sind sie unabhängig und ausschließlich dem Pressekodex verpflichtet. Für Recherche steht ausreichend Zeit zur Verfügung. Die individuelle Verantwortung des Redakteurs bzw. Reporters muss gewährleistet sein und nicht zentralistisch von einem Newsroom oder Newsdesk übernommen werden.

Journalistische Autonomie ist ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung journalistischer Qualität und Meinungsvielfalt. Deshalb wird die Weisungs-Ungebundenheit redaktioneller Tätigkeit im Hinblick auf Themenauswahl, Themengestaltung und Mitteleinsatz nicht nur in Redaktionsstatuten, sondern auch in den Landespressegesetzen und Rundfunk-Staatsverträgen festgeschrieben.

Outsourcing ist kontraproduktiv. Es verhindert öffentliche Kontrolle und fördert Lohndumping. Die Produktion von Programminhalten, die Bereitstellung von Produktionstechnik und -personal sowie die Bearbeitung von Publikumsrückmeldungen erfolgen deshalb durch die Sender.

Der neue (wie auch der jetzige!) öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht in Konkurrenz zu den privaten Medien. Daher wird die vorrangige Bewertung nach Einschaltquoten bzw. Zugriffszahlen abgeschafft.

Die Stabilität unserer Demokratie erfordert einen transparent geführten neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als offenen Debattenraum. Zu dessen Eckpfeilern gehört die Unabhängigkeit der Berichterstattung, die Abbildung von Meinungsvielfalt sowie die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern.“

Alle Fotos sind Screenshots von den Websites der Medienanstalten

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