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Queen Elisabeth II. ist tot „Sie war immer da“…

Queen Elisabeth II. ist tot. 17 Monate nach dessen Heimgang folgte sie ihrem geliebten Mann Philip. Damit endet eine der größten und schönsten Liebesgeschichten – und eine Ära im britischen Königshaus.

Am 6. September noch hatte die kleine alte Dame die neue britischen Regierungschefin Liz Truss offiziell mit der Regierungsarbeit beauftragt. Da sahen viele Zuschauer, wie sehr sie zu einem Schatten ihrer früheren Erscheinung geworden war, sorgten sich wegen eines fast schwarzen Handrückens und ungewöhnlich hellen Fingern. Kaum 48 Stunden später war ihre Kraft zuende. Nur ihre Kinder Charles und Anne schafften es rechtzeitig ins Schloss Balmoral, bevor die alte Dame friedlich ihre Augen schloss. Wenig später sahen die Menschen über London einen wunderschönen Regenbogen.

Geboren am 21. April 1926, stand Elisabeth nach ihrem Onkel Eduard VIII. und ihrem Vater Georg VI. zunächst an dritter Stelle der britischen Thronfolge. Sie hatte eine fröhliche Kindheit, umgeben von ihren beiden tierischen Lieben, Corgies und Pferden und erhielt die Erziehung einer jungen Frau aus dem Hochadel. Im Zweiten Weltkrieg bestand diese darauf, ihren Beitrag für ihr Land zu leisten, zog die Uniform an und beschäftigte sich unter anderem mit Autoreparaturen.

Und dann kam es völlig anders als gedacht. Eduard VIII. wurde 1936 zwar König, dankte aber noch im selben Jahr wieder ab, um die geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten. Georg VI. hatte eine schwache Gesundheit – und so musste ihm seine Tochter schon im Jahr 1952 auf den Thron folgen. Die zierliche, nur 1,57 Meter große, junge Königin sah bezaubernd aus. Es wurden tausende wunderschöner Fotos von ihr gemacht, die für das einfache Volk wirkten wie aus einer anderen Welt. In der Öffentlichkeit wahrte die Queen zu jeder Zeit die Contenance, ihr strahlendes Lächeln wurde ebenso zu einem Markenzeichen wie die Handschuhe, die sie stets trug, wenn sie viele Hände schütteln musste.

Die Distanziertheit Elisabeths wurde zu einem Ärgernis, als Ex-Schwiegertochter Diana bei einem Autounfall starb. Erst nach fünf Tagen war die Königin bereit, aus Schottland nach London zurück zu kehren und den Schmerz der Bevölkerung zu teilen. Der Ärger im Volk über diese scheinbare Gleichgültigkeit sorgte für eine nachhaltige Veränderung im Verhalten des Königshauses. Von nun an gab sich Elisabeth volksnäher, ließ auch mal ihren stets wachen Sinn für Humor öffentlich aufblitzen. Je weißer ihre Haare wurden, desto mehr schien die Regentin in sich zu ruhen. Sie wirkte ausgeglichener, wurde von der Mutter zur geliebten Großmutter der Nation.

In der Liebe hatte sich Elisabeth schon sehr jung entschieden. Mit 13 Jahren lernte sie ihren Cousin dritten Grades, Prinz Philip von Griechenland und Dänemark kennen. Danach schrieben die beiden sich regelmäßig. Am 9. Juli 1947 wurde die Verlobung bekannt gegeben, nachdem schon der Teenager entschieden hatte: „Der oder keiner“ sollte es sein. Es wurde eine 73 Jahre dauernde, skandalfreie Ehe. Die beiden bekamen vier Kinder. Charles, der Erstgeborene, musste warten, bis er selbst 73 Jahre alt war, bevor er die Nachfolge seiner Mutter antreten konnte.

Königin Elisabeth war ein Kind ihrer Zeit. Es wäre ihr nicht in den Sinn gekommen, für Frauenrechte zu kämpfen, auch wenn ihr eigener Mann in der Öffentlichkeit immer hinter ihr gehen musste. Zuhause bestimmte Philip, wo es lang ging, und für seine Frau war das auch in Ordnung so. Privat war die Königin eine fröhliche, lebhafte Frau mit einem vielseitigen Musikgeschmack, die gern tanzte, und das in ihren privaten Räumen auch tat. Sie liebte Corgies und Pferde, die sie zeitweise auch züchtete. Am liebsten hielt sie sich in ihrem Urlaubsschloss im schottischen Balmoral auf, wo sie viel wanderte und auch schonmal in Gummistiefeln gesichtet wurde.

Als Elisabeth II. aufwuchs, war die politische Welt eine völlig andere als heute. Großbritannien war die größte, noch bestehende Kolonialmacht der Erde. Im Laufe ihres Lebens wurde aus den Kolonien das Commonwealth, ein loser Staatenverbund mit dem britischen König als Oberhaupt. Nach Indien verabschiedeten sich jedoch immer mehr Nationen von der britischen Regentschaft und verkündeten ihre Unabhängigkeit. Sogar im Vereinigten Königreich selbst mit seinen verschiedenen Nationen, rumort es inzwischen zunehmend. Ausgerechnet in Schottland gibt es starke Bestrebungen nach Unabhängigkeit. Das Königshaus ist zu politischer Neutralität verpflichtet. Trotzdem konnte die Königin natürlich hinter den Kulissen sanft Einfluss nehmen, was sie in Bezug auf Schottland auch tat. Deutschland, das im Zweiten Weltkrieg Großbritannien angegriffen hatte, verdankt es nicht zuletzt den frühzeitigen Besuchen des Königspaares, dass das Land in Europa langsam wieder Fuß fasste. Elisabeth hasste Unstimmigkeiten aller Art und war stets bemüht, für Frieden und Ausgleich zu sorgen.

In 70 Jahren Regentschaft bereiste die Königin unzählige Länder und lernte massenweise Staatenlenker kennen; so zum Beispiel allein 13 US-Präsidenten. Auch solche, die sich unglaublich daneben benahmen, wie etwa Donald Trump, ertrug sie (mehr oder weniger) mit Gleichmut, manchmal auch mit amüsiertem Lächeln. Sie empfing Sportler, Rockstars und andere Menschen aller Art. Einige schlug sie zum Ritter, andere befragte sie aufmerksam nach ihrem Leben. Für Generationen von Menschen war sie ein Kontinuum – „die“ Queen, die einfach immer da gewesen war. Als sie nun mit 96 Jahren tatsächlich ihre Augen schloss, rührte sie weltweit Regierende genau wie einfache Menschen. So sagte etwa Kanadas Ministerpräsident Trudeau mit Tränen in den Augen: „Sie gehörte zu denen, die mir am liebsten auf der Welt sind.“

In den ehemaligen Kolonien, besonders in Indien, wurde der Tod der langjährigen Regentin nicht so freundlich aufgenommen. Nie habe sie sich entschuldigt dafür, wie England von Indiens Schätzen profitiert und die Menschen ausgebeutet hatte, war von dort zu hören. Fünf Commonwealth-Staaten kündigten umgehend Austrittspläne an. Weitere werden wohl dazu kommen. König Charles III. wird sich mit einem auseinanderfallenden Commonwealth und Spaltungstendenzen in Großbritannien ebenso auseinander setzen müssen, wie mit der tiefen wirtschaftlichen Krise, in der sich sein Land befindet und den schwierigen Handelsbedingungen mit der EU seit dem Brexit.

Auch das Königshaus selbst steht auf dem Prüfstand. Hier hat Charles bereits vor dem Tod seiner Mutter angekündigt, dass die Zahl der „Royals“ auf einen wesentlich kleineren Kreis als bisher reduziert werden solle. Als Prinz von Wales hatte sich der Thronfolger auch politisch engagiert: Die Rettung des Klimas steht seit Jahrzehnten ganz oben auf seiner Agenda. Ganz sicher wird er trotz seiner Verpflichtung zur Neutralität auch weiter ein Auge auf sein Herzensthema haben.

In seinem Alter, das weiß Charles III., kann er nicht mehr als ein Übergangskönig sein. Deshalb arbeitet er eng mit seinem Sohn William zusammen, der ihm auf dem Thron folgen wird. Sogar im Buckingham Palast soll sich vieles ändern. Wie man hört, will Charles in den ersten Stock ziehen und die Räume darunter der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Die Königin ist tot – es lebe der König.

Siehe auch: Eine Liebe wie im Märchen: Prinz Philip und seine Königin