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Bilder sehen, hören, fühlen: Das Wunder der Empathie in der Tierkommunikation

Man stelle sich vor, die Frau eines Workaholics könne wahrnehmen, als sei sie es selbst, was ihren Mann antreibt, immer mehr und immer länger zu arbeiten, immer weniger Zeit für Gemeinsamkeiten zu haben.

Man stelle sich nun vor, der selbe Mann könne mit seinen eigenen Sinnen fühlen, wie seine Frau sich von ihm  „in die Ecke gestellt“ fühlt, wie sie an fehlender Nähe leidet und vereinsamt.

Geht nicht? Doch, das geht: Es handelt sich um einen Akt bewusster Wahrnehmung, bewusster Empathie. Und so etwas hat Folgen: Sobald ein Mensch sich erlaubt, empathisch zu sein, wird er auch handeln. Die Frau wird den Mann in seiner Anstrengung liebevoller begleiten und er sie in ihrer Sehnsucht nach Nähe weniger allein lassen.

Warum? Weil echtes Mitgefühl unweigerlich in Handlung mündet. Wer mitfühlt, will helfen. So sind wir konstruiert.

Dehnen wir die Vorstellung aus. Denken wir an Menschen, die entscheiden, dass jeden Tag Zehntausende frisch geschlüpfter Hähnchen-Küken aufs Förderband zum Lebend-Schredder gesetzt werden. Wie würden sie handeln, wenn sie fühlen würden, was diese Küken fühlen? To be continued mit Rindertransporten, Schweinemast, und so weiter.

Denken wir weiter an den Migranten-Tsunami, der gerade nach Europa rollt: Wie würden wir handeln, wenn wir uns erlauben würden, am eigenen Leib zu spüren, wie es den Menschen geht, die durch Wüsten wandern, in Nuss-Schalen über Meere flüchten, sich treten und schlagen lassen, nur um ein ein besseres Leben zu finden?

Denken wir schließlich global: Wie würden wir handeln, wenn wir im eigenen Magen-Darm-Trakt fühlen würden, was unser Plastikmüll, unsere Ölbohr-Plattformen, unsere Windräder in Ozeanen und im Leben der Meerestiere anrichten, was unser Eindringen in die angestammten Lebensräume von Wildtieren an Land für diese bedeutet, was der Umbau des ganzen Globus, ausgerichtet auf menschliche Bedürfnisse, aus den Lebensbedingungen aller anderen Spezies macht?

Geht nicht? Doch das geht.

Wir alle können es.

Viel zu wenige tun es aber. Weil es anstrengend ist. Weil es schmerzt. Weil man verzweifeln will an der scheinbaren Unmöglichkeit, allein etwas ausrichten zu können. Weil man sich, wenn man einmal angefangen hat, nie mehr bequem und selbstzufrieden im Sessel zurücklehnen kann.

Aber Empathie, die Fähigkeit, mitzufühlen, bedeutet auch eine Quelle des Glücks. Sie ist Kommunikation auf höchster spiritueller Ebene völlig ohne  Arten- oder Sprachgrenzen. Sie funktioniert nonverbal über Bilder, Gerüche, Geräusche, Körperwahnehmungen – und sie kann die daran Beteiligten mit einer Liebe erfüllen, die weit über das hinaus geht, was etwa in Paarbeziehungen existiert. Jeder kann diese Sprache sprechen – wenn er bereit ist, sie zu erlernen, sie kontinuierlich zu üben.

Einst wussten, wie heute noch die Tiere, auch die Menschen, wie man den ganzen Körper zur Wahrnehmung einsetzt. Heute müssen wir es wieder lernen, die alten Instinkte reaktivieren. Schulen dafür wird man nicht finden, Lehrer aber schon. Ein guter Übungsweg ist zum Beispiel die sogenannte Tierkommunikation, von der ich hier erzählen will.

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„Mäuschen“ war eine „Herbstkatze. In einer eisigen März-Nacht, lange nach Mitternacht, fand ich sie in einem Dorf auf der Straße. Offenbar war sie kurz vorher mit einem Pkw kollidiert, aber bis auf einen Schock unverletzt geblieben. Nirgendwo  brannte mehr Licht – keine Ahnung, wohin sie gehörte. Ich nahm sie mit. Sie war noch nicht ausgewachsen, struppig und hatte Katzenschnupfen. Und sie wollte partout nicht im Katzenkörbchen schlafen.

Nach einer Woche war sie sauber, entwurmt, vom Tierarzt behandelt und hatte sich durchgesetzt: Sie schlief neben meinem Kopf. Sterisilieren wollte der Arzt sie später: Sie sollte erstmal etwas aufgepäppelt werden. Für die Vorsaison hatten wir ein Ferienhaus an der französischen Atlantikküste gebucht. Was tun mit „Mäuschen“? Kurz entschlossen fuhren wir nachts und nahmen sie mit. Da war sie schon trächtig: Von „Fritzchen“, einem großen schwarzen Kater aus der Nachbarschaft.

Wir waren alle zunehmend aufgeregt, als es endlich soweit war: An einem Vormittag, als ich grade zur Arbeit fahren wollte, fing sie an, laut zu rufen und wollte sich unbedingt in den Korb mit Bügelwäsche flüchten. Ich brachte sie in den Karton mit Katzeneingang und Deckel zum Abheben, den wir vorbereitet hatten, legte sie auf das Heu und rief die Männer im Büro  an: Ich könne nicht kommen, hätte Hebammenaufgaben. Ich erntete brummeliges Lachen und Kopfschütteln.

Dann kniete ich neben ihr und erlebte das Wunder der Geburt. Wie Wellen von Schmerz sie durchliefen, ihre Pupillen bis zum Rand erweitert waren, wie stolz und würdevoll sie in die Geburten ging – und schließlich zwei kleine Knäuel hervorbrachte: Anthrazitfarben waren sie, unter der Farbe sah man das graugetigerte Muster ihrer Mutter. Ich ließ die Drei ruhen und fuhr zur Arbeit. Abends lachten wir uns schief über die stolze Mutter: Sie platzte fast ob ihrer Leistung, der Schwanz stand ab wie ein Brett – weiter war sie mit dem Säubern noch nicht gekommen.

Katzenbaby

Zwei kleine schwarze Panther wuchsen unter ihrer umsichtigen Obhut heran, öffneten wasserblaue Augen, lernten, wie man tote Mäuse behandelt, später, wie man lebendige jagt – alles auf dem Flur vor dem Schlafzimmer. Dazwischen aßen sie Schmelzflocken mit Milch, tranken an Mäuschens Brust und trugen kleine Kämpfe miteinander aus. Wir tauften sie  Jakob und Adele – und mussten immer wieder herzhaft darüber lachen, wie die beiden sich zusammen in die kleinsten Kartons manövrierten.

Sie wuchsen schnell, waren bald größer als ihre kleine, keuchende und niesende Mutter. Aber sie hörten nicht auf, deren  Milch zu trinken, und Mäuschen war zunehmend genervt, weil sie die beiden nicht abwehren konnte. Mittlerweile musste sie wegen des Katzenschnupfens Cortisontabletten nehmen, was sie hasste.Eines Nachts im Herbst hörte ich, wie sie das Schlafzimmer und durch die Katzenklappe das Haus verließ. Sie kam nie mehr zurück.

Ich war außer mir, suchte sie überall, fand aber keine Spur von ihr. Magisch zog es mich immer den selben Weg lang Richtung Waldrand; ich ging ihn wohl hundert Mal, fand aber nichts. Mäuschen blieb verschwunden.

Zehn Jahre später las ich von einem Seminar: Tierkommunikation mit  Amelia Kinkade. Ich buchte sofort. Das Seminar fand im Schwarzwald statt. Ich kam zu spät, verfranste mich auf der Schwarzwaldhochstraße, war völlig entnervt, als ich endlich im überfüllten Raum mit den Anderen zusammenfand. Wir hatten Bilder von unseren Tieren dabei und tauschten diese untereinander aus, ohne uns weitere Informationen dazu zu geben. Die jeweiligen Übungspartner sollten  etwas zu den Fotos der ihnen nicht bekannten Tiere sagen.

Ich hatte das Titelbild dieses Beitrags dabei. Es zeigt Mäuschen im Urlaub in Frankreich. „Diese Katze ist tot,“ stellte mein Gegenüber fest. „Sie wurde erschossen.“

Vom Rest des Abends weiß ich nur noch dieses: Als habe sie zehn Jahre lang nur darauf gewartet, es mir endlich sagen zu können, zeigte Mäuschen mir einen Film. Durch ihre Augen sah ich, wie sie sie den Weg lang ging, der mich so magisch angezogen hatte, bis zum Waldrand. Dort traf sie auf einen Jäger, den ich persönlich kenne. Sie zeigte mir sein Gesicht aus ihrer Perspektive: Es war das letzte, was sie in ihrem kurzen Leben sah, denn der Mann hatte auf sie gezielt und sie tödlich getroffen.

Nichtmal für Sekundenbruchteile bezweifelte ich, dass ich die Wahrheit erfahren hatte. Die ganze Nacht lang  ertrank ich in Tränen.

Wir lernten viel im Verlauf der eigentlich kurzen zweieinhalb Tage. Mit großem Erstaunen bemerkte ich die Präzision, mit der die sämtlich ungeübten Teilnehmer Krankheiten bis hin zum exakten Organ wahrnahmen, Wünsche der Tiere und ihre Eigenheiten formulieren konnten. Amelia Kinkade ermutigte uns, mit allen Tieren zu „sprechen“, die dazu bereit seien: Das Eichhörnchen im Nussbaum, die Meise am Vogelhäuschen, das Rind auf der Weide.  Es sei aber auch zu respektieren, wenn ein Tier sich nicht unterhalten wolle, mahnte sie uns.

Tiere sind Persönlichkeiten, genau wie Menschen. Es gibt Zeiten,  zu denen sie nicht reden wollen, Menschen, mit denen sie nichts zu tun haben wollen und Dinge, die sie nicht erzählen wollen, ob uns das nun passt oder nicht.

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Wie kann man nun ein Gespräch mit einem Tier beginnen? Amelia Kinkade lehrte uns ihre Methode der „Herzkommunikation“ mit Hilfe der universellen, artübergreifenden Sprache der Bilder: Zuerst  bekommt  der Kopf den Befehl, nicht dauernd dazwischenzureden. Eine kleine Meditation zu Beginn hilft bei der Sammlung. Nun wird die Verbindung der Herzen geschlossen – zum Beispiel mit Hilfe einer imaginären Brücke.

Worte sind überflüssig – die Sprachen sind zu verschieden. Statt dessen braucht es ein liebevolles, vorurteilsfreies gegenseitiges Anschauen. Und ein ebenso liebevolles, geduldiges Hin“hören“. Die Fragen, einfach, unverschachtelt und klar, werden in ein lebendiges Bild übersetzt, das angereichert sein kann mit Gerüchen, Gefühlen, Geräuschen, usw.

Zum Beispiel: „Was ist dein Lieblingsessen?“ Ich kombiniere das Bild des Tieres, das mir gegenüber ist mit meiner Vorstellung davon, wie es aussieht, wenn es frisst und meiner Frage nach dem Lieblingsfutter; sprich, dessen Aussehen, Konsistenz, Geruch, usw.

Wie erkenne ich die Antwort? Nun wird es ebenso einfach wie kompliziert. Kompliziert, weil sich unser Gehirn umgehend einmischen wird und uns Interpretationen unserer Wahrnehmung liefert.

Ein Beispiel von Amelia Kinkade: Sie fragte Schimpansen im Zoo nach ihrem Lieblingsfutter und bekam blitzartig ein Bild. Sie sah lange dünne, spaghettiähnliche grüne Schlangen mit süßlichem Geruch. Hätte sie nun auf ihr Gehirn gehört, hätte sie ihre eigen Wahrnehmung als Unsinn eingestuft, denn der Erfahrungswert des Gehirns heißt ganz klar: „Schimpansen essen keine grünen Schlangen.“ Sie ging daher zu den Tierpflegern und befragte diese nach dem seltsamen Futter. Heraus kam: Die älteste Schimpansendame hatte vor einiger Zeit Geburtstag. Zur Feier des Tages hatten alle Affen eien Korb voller Gummibärchen-Schlangen bekommen…

Exakte Wahrnehmung anderer Wesen verlangt lebenslanges Üben – der Umgang mit den eigenen, menschlichen Reaktionsmustern ebenso. Das wichtigste dabei ist immer der Anfang: Ein bewusstes Umstellen der Wahrnehmung auf den Körper, nicht auf den Kopf. Es geht um Fühlen, erst danach um Denken. Logischerweise ist es auch der allererste Eindruck, der mit größter Sicherheit der richtige ist: Das ist nämlich der, den das Gehirn noch nicht bewerten konnte.

Manchmal meint man auch, die Antwort der Tiere zu hören.

Adele war noch jung, als ich einmal vor ihr kniete, sie umarmte und furchtbar weinte, weil ich große Sorgen hatte. Auch Adele hatte zu dieser Zeit kein leichtes Leben: Ihr Bruder Jakob jagte sie systematisch aus dem Haus. Sie musste sich heimölich hereinschleichen, um zu fressen oder zu schmusen. Ihr Rücken war schon ganz nass von meinen Tränen, als ich sie plötzlich mit dem inneren Ohr sprechen hörte: „Schau dir an, was ich mit Jakob aushalten muss. Gebe ich etwa auf?“

Ich war schlagartig ruhig. Und tief erstaunt, welche Mühe sich diese kleine, zarte schwarze Katze mit mir gab. Als ich den Kopf hob, saß sie vor mir und starrte mich mit weit geöffneten Augen an. Unglaublich überzeugend…

Untenstehendes Video aus Youtube zeigt die Arbeit der Tierkommunikatorin Anna Breytenbach. Obenstehendes Video zeigt Adele im Alter von 15 Jahren. Mit 16 starb sie an einem Herzschlag in meinen Armen.

Tierkommunikation ist gelebte Empathie. Da es sich bei dem Wort Empathie um einen in seiner Bedeutung umstrittenen Begriff handelt, hier die Definition nach Nathan Spreng, um die es mir geht: Es handelt sich um eine trainierbare Kompetenz, bestehend aus:

  • Korrektem Entschlüsseln nonverbaler Botschaften
  • dem Empfinden gleicher Emotionen wie Andere (Mitgefühl)
  • dem Erleben ähnlicher Gedanken und Erinnerungen
  • dem Auslösen gleicher physiologischer Reaktionen (Herzschlag, Beklemmung, „feuchte Hände“ etc.) sowie dem
  • Auslösen helfender oder unterstützender Handlungsimpulse.

Da die natürliche, angeborene Fähigkeit zur Empathie leicht zu Manipulationszwecken missbraucht werden kann, beschränken sich Seminare zur Tierkommunikation auch ausschließlich auf diese. Tatsächlich kann man die selben Methoden anwenden, um nonverbal mit Menschen zu kommunizieren – oder auch nur, um sie zu „lesen“. Dies geschieht heutzutage auch vielfach in allen Bereichen menschlichen Lebens. Fachleute bedienen sich dieser und ähnlicher Methoden, um Menschen gezielt zu manipulieren: von der Werbung bis zur Politik.

Darüber aber die unglaubliche Chance zu vergessen, die in der Empathie liegt, wäre der größte Fehler, den die Menschheit machen kann.

Ist es nicht der lebende Beweis einer universellen, liebevollen Verbundenheit aller Wesen, dass Mensch und Tier Freude und Leid anderer Wesen genauso fühlen können, wie diese selbst?  Wenn sie, WEIL sie fühlen, auch handeln, um den Schmerz zu lindern, die negative Situation zu verändern?

Diese Fähigkeit kann uns und den ganzen Planeten retten, wenn wir nur endlich damit beginnen, sie umfassender zu leben.

Hier ein Beispiel, kopiert aus einem Facebook-Kommentar zu einem Film, in dem ein weinender Flüchlingsvater seine beiden toten Kinder unter vielen weiteren identifiziert, an sich drückt und immer wieder küsst:

„Ich muss weinen, wenn ich so etwas seh! Ein Papa, der seine Kinder verloren hat. Wenn man selbst so kleine Kinder hat, fühlt man automatisch mit und ich kann nicht anders, ich muss da mitweinen. Ich finde es so traurig, dass solche Sachen auf unserer Welt passieren! Die Menschen sind doch angeblich so intelligent, so fortgeschritten in der Technologie usw…….aber in vielen Dingen so dumm und unreif, sich gegenseitig zu töten, Kinder zu töten! Wieviel müssen die Menschen noch lernen! Traurig…..“

Siehe auch: Über den kleinen Unterschied zwischen Sympathie und Empathie und die dortigen Links

sowie: „Wenn du mitfühlen willst, muss es dir weh tun“

oder: Empathie – die Grenzen des Mitgefühls

Buchtipps:

13-09-_2015_13-46-32Lautlose Sprache von Martha Williams, gebundene Ausgabe 18,50, Kindle 16,99€

13-09-_2015_13-52-14Tierisch gute Gespräche Amelia Kinkade, broschiert 14, Kindle 12,99 €

13-09-_2015_13-58-22Tierisch einfach Amelia Kinkade,18,50, Kindle 16,99€

13-09-_2015_13-55-28

Mit Tieren kommunizieren, Gudrun Weerasinghe; Taschenbuch, 10,90€

13-09-_2015_14-30-29Katzenflüstern: Tierkommunikation und natürliche Heilung für Ihre Tiere, Nicole Schöffmann;Taschenbuch ab 2,99 €

CD Katzenflüstern mit passenden Übungsmeditationen von Nicole Schöffmann, Audio CD 12,99  Hörbuch-Download 9,26  €

13-09-_2015_14-11-57

Tiere als sprechende Gefährten Penelope Smith; Tierkommunikation für Erfahrene;18,50, Kindle 16,99 €

Tibet: Ein Volk im Würgegriff protestiert mit immer mehr Selbstverbrennungen

Es war nur ein kurzer Beitrag im ZDF heute journal – aber er war ungewöhnlich offen: Es ging um die Selbstverbrennungen in Tibet, mit dem die verzweifelten Menschen auf ihre hilflose Situation aufmerksam machen wollen. Seit sich das Nachbarland China 1951 das Land auf dem Dach der Welt einverleibt hat – chinesisch heißt das „befreit“ – wird die tibetische Kultur systematisch verdrängt. Chinesen siedeln in der „Provinz“, Soldaten kontrollieren die einheimische Bevölkerung und behandeln sie mehr als grob.

Was sucht das Riesen-Reich China in Tibet? Die Antwort ist einfach Wasser. Weite Teile Chinas sind bereits jetzt viel zu trocken – es gibt Wissenschaftler, die behaupten, dass die Hauptstadt Pekings bereits jetzt nicht mehr vor dem Wüstensand zu retten ist.

In Tibet gibt es mehr als 20 Flüsse mit einem Einzugsgebiet von über 10 000  und über 100 Flüsse mit einem Einzugsgebiet von über 2000 Quadratkilometern. Sie führen in der Regel sehr viel Wasser von guter Qualität. Die größten Flüsse sind der Jinshajiang, der Nujiang, der Lancangjiang und der Yarlung Zangbo. Mehrere Flüsse Tibets fließen in Nachbarländer, wo sie dann Ganges, Indus, Brahmaputra, Mekong, Salween und Irawadi heißen. Der Yarlung Zangbo ist der größte Fluß Tibets. Innerhalb Chinas hat der Yarlung Zangbo eine Länge von 2057 Kilometern. In Indien heißt er Brahmaputra. China staut die Flüsse in riesigen Stauseen, um der Volksrepublik dauerhaft Trinkwasser-Reserven zu sichern.

Dazu kommt, dass das Hochplateau Tibets  die meisten Seen und die größten Seefläche der Welt aufweist Es gibt mehr Salzwasserseen als Süßwasserseen. 17 Seen, die alle eine Fläche von mehr als 50 Quadratkilometer haben, liegen über 5000 Meter hoch. Im Bild unten sieht man den Yamzhog Yumco, aufgenommen von der Freundschaftsstraße zwischen Lhasa und Gyangzê von Peter Vigier.

Seit Juni 2012 hat China Individualtourismus in Tibet verboten. Reisegruppen (ab fünf Personen) müssen einen chinesischen Führer dabei haben. Ausländische Medienvertreter dürfen nicht nach Tibet reisen. Und die chinesischen Behörden in den tibetischen Regionen sollen die zunehmenden Selbstverbrennungen (innerhalb der letzten beiden Jahren rund 100) unterbinden – was zu noch mehr Druck auf die Bevölkerung führt (siehe FAZ).

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Protest gegen die gewaltsame Unterdrückung durch China in Form von Selbstverbrennung – das ist in der westlichen Gedankenwelt nur schwer nachvollziehbar. Und wieso bedienen sich vor allem Mönche und Nonnen dieser radikalen Methode, wo doch der Buddhismus auf Gewaltlosigkeit gründet?

Man muss sich dazu klar machen, in welcher Lage das tibetische Volk ist. Kein Land der Welt wird sich mit der größten Volkswirtschaft der Erde China anlegen, um Tibet zu helfen. Bereits auf Treffen westlicher Politiker mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama, reagiert die Volksrepublik äußerst verschnupft, sagt Termine ab, verzögert Abkommen. So beschränken sich die Staaten darauf, Chinas Handeln in Tibet zu kritisieren und ab und an dem Dalai Lama die Hand zu geben.

Die Klöster des Landes sind traditionell auch die Zentren der Bildung. Während die einfache Bevölkerung zumeist eine Glaubensmischung aus Bön – dem alten tibetischen Schamanismus und der tibetischen Form des Buddhismus, des Lamaismus praktiziert, studiert man in den Klöstern eine ausgefeilte Denkweise, praktiziert unzählige, komplizierte Rituale und verfeinert den Geist in jeder nur denkbaren Weise. Hier erkannte man schnell das Ziel der chinesischen Politik: Die buddhistische Tradition sollte zu einer Art Folklore degradiert, Touristen farbenfroh und friedfertig präsentiert und ansonsten bedeutungslos werden. Hier setzte deshalb China von Beginn an auch den Schwerpunkt der Unterdrückung: Die Mönche und Nonnen sollten zum Schweigen gebracht werden (siehe dazu tibetfocus.com).

Der Buddhismus sieht den Tod nicht als Ende des Lebens. Er ist, vereinfacht gesagt, ein Ausstieg aus einem sterbenden Körper, dem Wiedergeburten so lange folgen werden, bis  das höchste Stadium der Erleuchtung erreicht ist. Negative Handlungen, zu denen der Selbstmord gehört, verlängern den Weg (vergl. faz.net) . Wenn man nun aber betrachtet, wie jung die meisten Menschen waren, die sich in den letzten Jahren selbst entzündet haben – und dass manchen nur noch dieser drastische Weg sinnvoll erscheint, um überhaupt Aufmerksamkeit in der übrigen Welt zu erregen, erscheint ihr Vorgehen in einem anderen Licht.

Die „Welt“ wird wohl auch weiterhin nicht aktiv werden, um Tibet zu befreien. So bleibt uns einfachen Menschen eins zu tun: Wir müssen aufmerksam machen auf die Dinge, die dort geschehen, damit das Licht der Öffentlichkeit auf sie fällt. Nur so kann verhindert werden, dass irgendwann die ursprüngliche tibetische Kultur wirklich nur noch im Museum zu besichtigen sein wird.

Siehe auch:

www.tibetfocus.com  und

http://tibet.net/

Update: Chinas latest restrictions for Tibetans: No passports

Update: 105. Selbstverbrennung

Update: Selbstverbrennungen: Chinas Tibet-Funktionäre ätzen gegen „Dalai Lama-Clique

Update: China erlaubt Bilder des Dalai Lama

Update: Internet für Tibeter ausschließlich mit gläserner Identität

Update: Liberalisiert China seine Tibet-Politik? Brisantes Buch im Köcher

Update: No one likes the Dalai Lama any more

Update: A new wave of torture hits Tibet

Update: Dalai Lama kündigt die Wiedergeburt auf

Update: The golden urn – Even China accepts that only the Dalai Lama can legitimise its rule in Tibet

Update: Tibeter verbrennt sich aus Protest in China