Schlagwort: Preis

Jeff Bezos: Reichster Mann der Welt durch ein Menschen verachtendes System

„Amazon ist ein riesiges Unternehmen, das in den vergangenen Jahren rasant gewachsen ist und Gewinne macht. Das freut uns Mitarbeiter – aber wir wollen auch daran beteiligt werden,“ sagte anonym ein Mitarbeiter des Onlinehändlers im Juni 2020 dem „Spiegel„. „Ich wurde vor einiger Zeit am Knie operiert, daraufhin bin ich sechs Wochen ausgefallen. Als ich zurück im Betrieb war, wurde von mir erwartet, dass ich direkt wieder funktioniere wie zuvor. An manchen Tagen muss ich bis zu 30 Kilometer durch die Hallen laufen und Waren transportieren…“

Seit 27 Jahren gibt es den Onlinehändler Amazon. Jedes Jahr wird er größer, internationaler und weltumspannender. Jeff Bezos, Gründer und CEO des US-Unternehmens, wurde 2019 geschieden. Seine Ehefrau bekam ein Viertel der Aktien. Trotzdem hält Bezos weiterhin den Titel des reichsten Mannes der Welt: Er besitzt 177 Milliarden Dollar. Das sind 47 Milliarden mehr als im Vorjahr. 47 und 9 Nullen… Auf welche Weise all dieses Geld erwirtschaftet wird, hinterlässt jedoch mehr als ein Geschmäckle: Amazon ist ein Menschen verachtendes System voller Unterdrückung, das so wenig wie möglich an die Gesellschaft zurück gibt.

Letztes Jahr ließ Jeff Bezos sich für eine großzügige Spende feiern: Er kündigte an, zehn Milliarden US-Dollar für den Kampf gegen den Klimawandel zu spenden und eine neue Initiative mit dem Namen „Bezos Earth Fund“ zu starten. Im Jahr 2019 kündigte er an, sagenhafte 98,5 Millionen Euro an Obdachlose zu spenden… Angesichts der Tatsache, dass Bezos als großer Profiteur der Corona-Krise in einem einzigen Jahr um fast 50 Milliarden Euro reicher geworden ist, wirken seine Spenden wie lächerliche Feigenblätter. Fühlbar sind sie für ihn nicht.

Gleichzeitig ist sein global agierender Konzern Weltmeister beim Steuersparen: 2017 und 2018 zahlte er in den USA keinen Cent. 2019 waren es 1,2 Prozent. Das, obwohl der Konzern einer der wertvollsten der Welt ist. In Europa verhält sich Amazon ebenso. Obwohl im Jahr 2020 der Umsatz des Online-Händlers um mehr als ein Drittel gestiegen ist, legt die Amazon EU S.à r.l., die aus dem EU-Steuerparadies Luxemburg operiert, einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro vor. Der Amazon Watchblog beobachtet das Geschäftsgebaren des Konzerns genau und hat einen Fachmann befragt: „Amazon könnte genauso gut einen hohen Überschuss für das Handelsgeschäft in Europa ausweisen – einmal abgesehen davon, dass es sich bei den Amazon-Sparten um kaum trennbare Verbundgeschäfte handelt. Insgesamt könnten durch Vorabschöpfungen wohl rund sieben Mrd. Euro auf das Handels- und Marktplatzgeschäft in Europa gegengerechnet werden, wodurch sich das Handelsgeschäft ohne Marktplatz anteilig gerechnet mindestens um 2,5 Mrd. Euro besser darstellen würde,“ rechnet Amazon-Experte Professor Gerrit Heinemann vor.

Die EU, wo Amazon aus Luxemburg und Irland operiert, das ebenfalls viele Steuervorteile bietet, steht der Rechnerei relativ hilflos gegenüber: 2017 verlangte die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager von Luxemburg eine Steuernachzahlung in Höhe von rund 250 Millionen Euro zuzüglich Zinsen wegen der Gewährung unzulässiger Steuervorteile für Amazon. Dadurch habe das Unternehmen seit 2003 drei Viertel seiner Gewinne nicht versteuern müssen. Eine lächerliche Strafe angesichts der enormen Summen, die der Konzern durch die Politik Luxemburgs sparen konnte.

Seit 2015 verbucht Amazon seine in Deutschland gemachten Gewinne auch in Deutschland. Das hat nicht viel geholfen, denn der Konzern vermischt immer wieder Zahlen verschiedener Sparten, um echte Gewinne zu verschleiern. 2019 wurden Gesamteinnahmen aus allen Aktivitäten in Deutschland in Höhe von 19,9 Milliarden Euro (22,323 Milliarden US-Dollar) erwirtschaftet. Amazon beschäftigt hierzulande rund 20 000 Mitarbeiter. Das niedrigste Gehalt liegt bei 1998 Euro für einen einfachen Versandmitarbeiter. Die direkt anfallenden Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge beliefen sich laut Amazon auf insgesamt 261 Millionen Euro. Wie viel davon Sozialversicherungsbeiträge waren, gibt das Unternehmen aber nicht bekannt. Gewinne werden möglichst umgehend reinvestiert. Steuern hat Amazon in Deutschland bezahlt. Wie hoch diese waren, ist unbekannt.

In einem Blog-Beitrag des Unternehmens heißt es, Amazon leiste einen „steuerlichen Gesamtbeitrag von 1,6 Milliarden Euro“ in Deutschland. Allerdings berücksichtigt das Unternehmen außer den Sozialabgaben in dieser Rechnung auch die von den Kunden gezahlten Umsatzsteuern und von den Mitarbeitern gezahlte Lohnsteuern.(!) Unterm Strich, so berechnete Steuerexperte Christoph Trautvetter für „Plusminus“, dürften die Steuern auf Erträge in Deutschland noch unter 100 Millionen Euro liegen.

Bisher hat es der Onlinehändler geschafft, Gewerkschaften fern zu halten. Nun könnte sich das ändern. In Bessemer, Alabama, gab es erstmals eine Abstimmung. Zurzeit wird noch ausgezählt. Im Vorfeld wurde ein weiteres unrühmliches Detail der Arbeitsbedingungen bekannt: Seit Jahren kursieren Berichte über Amazon-Lieferfahrer, die aus Zeitdruck nicht zur Toilette gehen können und deshalb in Flaschen urinieren. Der Konzern schoss in zurück: „Sie glauben nicht wirklich die Sache mit dem in die Flasche pinkeln? Wenn das wahr wäre, würde niemand für uns arbeiten.“ Das US-Portal „Buzzfeed“ veröffentlichte wenig später Dienstanweisungen einer für Amazon tätigen Lieferfirma, in denen Fahrer dazu aufgerufen wurden, „Urinflaschen“ nach Schichtende aus ihren Vans zu entsorgen. Das Investigativportal „The Intercept“ postete Dokumente einer Amazonlogistics-Managerin: In Lieferzentren würden keine Tüten mit „menschlichen Fäkalien“ geduldet. In den sozialen Medien wurde eine Flut von Beweisfotos gepostet.

Das führte dazu, dass Amazon am Karfreitag kleinlaut zurückrudern musste. Der Handelskonzern kündigte an, das Urinflaschen-Problem lösen zu wollen.

Auch in Deutschland hat Amazon seit Jahren Ärger wegen der Arbeitsbedingungen. Hier gibt es zwar Betriebsräte, aber die Gewerkschaft Verdi fordert einen Tarifvertrag für die Beschäftigten. Seit 2013 wird deswegen immer wieder gestreikt, und immer mit überschaubaren Auswirkungen.

Im Oktober 2020 berichtete das Magazin Panorama im Ersten über die permanente Überwachung der Amazon-Mitarbeiter: Dokumente, die dem NDR vorliegen, belegten erstmalig: Genutzt wird dafür eine Software des Warenwirtschaftssystems. Am Ende entscheide auch die durch die Software gemessene Schnelligkeit, wer beschäftigt wird oder nicht, so der Vorarbeiter. Die Schnellen bleiben, die eher Langsamen müssen gehen. Die Folge: eine kontinuierlich steigende Durchschnitts-Rate, an der sich die Beschäftigten zu orientieren haben. Wer heute noch schnell genug ist, um weiter beschäftigt zu werden, kann schon morgen zu langsam sein – und damit vor dem Aus stehen.

An sogenannten Freisetzungstagen wird den Mitarbeitern mitgeteilt, ob ihr befristeter Vertrag ausläuft oder verlängert wird. Der Vorarbeiter berichtet: „Man hat die Unterlagen vor sich, die Security steht bereit, falls es Probleme gibt. Denn wenn mehrere Leute gleichzeitig gehen mit schlechter Laune, kann es natürlich auch mal zu verbalen Auseinandersetzungen oder auch zu Handgreiflichkeiten kommen.“

Gegen dieses Messungs-Verfahren geht die zuständige niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz vor und hat Amazon in einem Teilbescheid vom 28. Oktober 2020 die Nutzung untersagt, der Bescheid ist allerdings noch nicht bestandskräftig. Amazon Winsen dürfe demnach nicht „ununterbrochen jeweils aktuelle und minutengenaue Quantitäts- und Qualitätsleistungsdaten ihrer Beschäftigten erheben und diese nutzen.“ „Anders als die Behörde sind wir der Meinung, dass auch die Art und Weise der Datenerhebung rechtmäßig ist“, äußerte sich ein Amazon-Sprecher. Man wolle die Entscheidung gerichtlich überprüfen lassen.

Das gesamte Prüfverfahren gegen Amazon – unter anderem zu Fragen im Hinblick auf die Datenübermittlung an Drittländer und zum Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten – sei noch nicht abgeschlossen, sagte der Sprecher der Datenschutz-Behörde. „Bislang wurde noch kein Bußgeld verhängt, die LfD Niedersachsen geht aber davon aus, dass sie voraussichtlich ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten wird.“

Netzpolitik.org detailliert die Maßnahmen, denen Amazon-Mitarbeiter ausgesetzt sind:

  • Mitarbeiter in den Logistikzentren dürfen keine persönlichen Gegenstände mit in das Gebäude nehmen und müssen ihre Sachen inklusive Handy abgeben. Geld dürfen sie in einem klaren Plastikbeutel aufbewahren.
  • Die vielerorts installierten Kameras sollen nicht nur unter anderem Diebstähle verhindern, sondern auch jede Form der Absprache und Organisation der Beschäftigten (etwa in Gewerkschaften). Große Bildschirme in Lagerhallen sollen außerdem Aufnahmen von Beschäftigten zeigen, die beim Klauen erwischt worden sind.
  • Scanner messen die Leistung der Logistik-Mitarbeiter, etwa wie viele Sekunden eine Beschäftigte für das Füllen eines Regals braucht. Verstößt ein Mitarbeiter zu oft gegen die straffen Vorgaben, erhält er Warnungen und wird gekündigt. Dieses Verfahren wurde bereits mehrfach beschrieben und kritisiert – auch in österreichischen Amazon-Lagern. In Großbritannien sollen Amazon-Arbeiter 2018 aus Zeitdruck sogar den Gang zur Toilette vermieden und stattdessen in Flaschen uriniert haben.
  • Amazon analysiere mit einer speziellen Software verschiedene Kriterien, um herauszufinden, in welchen Filialen seiner Lebensmittelkette Whole Foods sich womöglich Mitarbeiter gewerkschaftlich organisieren könnten. Ausgewertet wird unter anderem die Loyalität und ethnische Vielfalt der Mitarbeiter, die örtliche Nähe zu einem Gewerkschaftsbüro, die von der Arbeitsschutzbehörde registrierten Verstöße und die Arbeitslosenquote vor Ort. Auch über dieses System, das mit Heatmaps dargestellt wird, wurde schon im April berichtet.

Nicht nur nach innen, sondern auch nach außen übt der Onlinehändler Druck aus: „Amazon lockt Kunden mit günstigen Preisen. Händler stehen auf der Handelsplattform im gnadenlosen Wettbewerb und immer wieder stellen Händler fest, dass das Einkaufswagenfeld für ihre Produkte plötzlich fehlt und die so kaum zu finden sind. In der ARD-Sendung Plusminus am 7. April 2021 berichten ein Verkäufer handgemachter Taschen aus Leder und eine Frau, die ein nachhaltiges Kartenspiel erfunden hat und es weitgehend über Amazon vertreibt: Sie kann ihren UVP von 16,99€, der bei Kartenspielen dieser Art nicht hoch ist, bei Amazon nicht eingeben, weil dann ihr Einkaufskorb verschwindet und es aussieht, als sei das Produkt nicht kaufbar. Dem Taschenhändler geht es ähnlich: Er will den Verkaufspreis erhöhen, weil die Rohware teurer wurde – der Warenkorb verschwindet.

Beide probieren aus, wie sie den Warenkorb wieder bekommen und kommen zu selben Ergebnis: Sie müssen ihren Preis deutlich senken. Und ein weiteres „Problem“ wird bekannt: Manchmal komme es vor, dass Amazon Ware im Lager ‚verliere‘, berichtet der Taschenverkäufer. Dann zahle das Unternehmen eine Entschädigung in einer von ihm selbst festgelegten (niedrigeren) Höhe. Tauche die Ware dann wieder auf, verkaufe Amazon sie selbst – zu einem auch selbst festgelegten Verkaufspreis. Damit tritt der Großhändler gegen den Kleinen in direkte Konkurrenz und kann Preise bis hinein in die Ladenstraßen diktieren: „Die lokalen Abnehmer unserer Karten sehen ja auch, dass sie bei Amazon billiger sind. Das heißt, wir können auf Dauer unseren UVP nicht mehr halten.“

Bisher ist es der EU nicht gelungen, eine Digitalsteuer einzuführen, was auch am Widerstand der USA scheiterte. Jetzt gibt es vielleicht einen Weg, der allen Ländern einen Vorteil bringt: US-Präsident Joe Biden und seine Finanzministerin Janet Yellen schlagen eine globale Unternehmenssteuer vor. Die könnte Steuerschlupflöcher stopfen. Kommentar Jeff Bezos: „Wir unterstützen eine Anhebung des Unternehmenssteuersatzes“…

Siehe auch:

Forbes-Liste 2021: Covid 19 hat die Reichsten noch reicher gemacht

Amazon ist angetreten, die Handelswelt das Fürchten zu lehren

Shitstorm über Amazon: ARD berichtet zur Situation der Leiharbeiter

Warum der Gold-Preis fällt – und worauf ein Anleger jetzt achten sollte

Der World Gold Council (WGC) hat Marktzahlen für das vierte Quartal 2012 veröffentlicht. Demnach wurde noch nie so viel in Geld in Gold investiert wie im vergangenen Jahr.

Mit 236,4 Milliarden US-Dollar beziffert der WGC die weltweite Goldnachfrage im vergangenen Jahr. Das entspricht einer Steigerung von 2 Prozent und wertmäßig einem neuen Allzeithoch. Die nachgefragte Goldmenge lag jedoch mit 4.405,5 Tonnen vier Prozent unter Vorjahr.

Im vierten Quartal 2012 betrug die Goldnachfrage 66,2 Milliarden US-Dollar, 6 Prozent mehr als in Q4 2011. In Tonnen gemessen ergab sich mit 1.195 Tonnen ein Plus von 4 Prozent.

Die Daten stammen vom Marktforscher Thomson Reuters GFMS, veröffentlicht durch den World Gold Council. Quelle: Goldreporter.de

17-02-2013 00-12-45

Im vierten Quartal 2012 wurden in Deutschland 26,1 Tonnen Gold im Wert von 1,44 Milliarden US-Dollar nachgefragt. Wertmäßig lag die deutsche Goldnachfrage damit nur noch knapp über dem Durchschnitt der vergangenen vier Jahre.

Laut aktuellen Zahlen des World Gold Council wurden im vierten Quartal 2012 in Deutschland Goldmünzen und Goldbarren im Wert von 1,445 Milliarden US-Dollar nachgefragt. Das entsprach 26,10 Tonnen. Gegenüber dem Vorquartal ging die deutsche Goldnachfrage damit um 5,6 Prozent (wertmäßig) beziehungsweise 9,4 Prozent (in Tonnen) zurück.

Im Vergleich zum Vorjahr fiel die Goldnachfrage in Deutschland noch schwächer aus: minus 32,9 Prozent in US-Dollar gerechnet und minus 34,3 Prozent in Tonnen.

Das Gesamtjahr 2012 lieferte mit 110,4 Tonnen die mengenmäßig schwächste deutsche Goldnachfrage seit vier Jahren. In US-Dollar gemessen lag sie mit insgesamt 5,9 Milliarden US-Dollar höher als 2009 und 2010, aber gut 28 Prozent niedriger als im bisherigen Rekordjahr 2011.

Eine komplette Übersicht über die deutsche Goldnachfrage seit 2009 erhalten Sie in der folgenden Grafik.

Deutsche-Goldnachfrage-seit-20091

„Ich bin schon zu lange an der Börse, dass mir klar ist, dass es sich  um alles andere als einen manipulationsfreien Raum handelt“, kommentiert Jochen Stanzl, Chefredakteur des Gold- und Rohstoffreport. „Insbesondere große, mächtige Marktteilnehmer versuchen ständig, auf Kurse Einfluss  zu nehmen. So läuft das Spiel. Mag schon sein, dass interessierte Kreise in umsatzschwachen Zeiten gerne am Terminmarkt in Gold short gehen. Andere, mit ebenso großem Interesse in der Gegenrichtung, machen eventuell das Gegenteil (das ‚Goldminen-Kartell‘). Das Ergebnis, welches jeder Marktteilnehmer in Langfristcharts überprüfen kann, ist eine gigantische Performance.

Wenn ich einer unvoreingenommenen Person einen 10-Jahreschart von Gold zeigen würde, ohne zu sagen um welchen Basiswert es sich handelt, und dann die Frage stellen würde: Wurde dieser Basiswert manipuliert? Was wäre die Antwort? Käme jemand auf die Idee zu behaupten, es läge eine systematische Manipulation nach UNTEN vor?

Die Moral von dieser Geschichte ist ganz simpel: Man darf an der Börse nie seine Offenheit verlieren, insbesondere gegenüber guten Argumenten. Es ist sinnlos, sich in Basiswerte zu ‚verlieben‘. Die Kurse werden niemals machen was wir willen oder was wir uns wünschen. Wir können nur zur Kenntnis nehmen was passiert und daraus die hoffentlich richtigen Schlüsse ziehen.

Im Fall von Gold kann das bedeuten, dass man ganz einfach eine längere, möglicherweise auch jahrelange Underperformance hinnehmen muss, auch wenn die eigene Abneigung gegen das herrschende Papiergeldsystem einen immerwährenden Aufwärtstrend suggeriert.“

Wie richtig Jochen Stanzl liegt, zeigt allein der letzte Handelstag am vergangenen Freitag: Starinvestor George Soros trennte sich von der Hälfte seines Goldes – und der Preis an der Börse stürzte umgehend um rund 30 Dollar ab. Zum ersten Mal seit August letzten Jahres unterschritt er kurzzeitig die magische Marke von 1600 Dollar. Insgesamt verlor der Goldpreis allein letzte Woche rund 3,5 Prozent.

17-02-2013 01-12-38

Es gab allerdings auch diverse andere Gründe, aus denen Gold in den letzten Monaten gefallen ist: So sank beispielsweise trotz der Hochszeits-Saison in Indien die Nachfrage stark, weil die Rupie gegenüber dem Dollar erheblich an Wert verloren hat, berichtete dieser Tage reuters.

Die amerikanische Regierung hat sich nach der Wiederwahl entschlossen, der Eingrenzung der Staatsschulden nicht mehr höchste Priorität einzuräumen. Die genauso  turmhoch verschuldete japanische Regierung hat nach dem Führungswechsel ebenfalls die Notenpresse angeworfen. In Europa ist eine trügerische Ruhe eingekehrt, nachdem Banken vorzeitige Rückzahlungen von EZB-Hilfen angekündigt haben.

Gelöst ist dennoch kein einziges Problem, das die Krise überhaupt hat entstehen lassen. Es ist ein Hangeln entlang des Abgrundes. Inzwischen ist Griechenland eines der kleineren Probleme, mit denen Europa kämpft: Italien wird, falls Monti nächste Woche die Wahl verliert, in die nächste Krise stürzen, Spanien, Portugal und Irland stecken schon drin, Frankreich sehen immer mehr Fachleute inzwischen als schwergewichtigen neuen Kandidaten.  Alles zusammen bedeutet, dass sich durch mehr Geld an den Märkten zwar ein Pseudo-Wachstum entwickelt, das aber auf einem ständig einsturzgefährdeten Boden. Würde nun der Goldpreis steigen, würde diese Tatsache allen Anlegern unvermittelt klar werden. Sie wurden kaufen und den Preis damit weiter befeuern. Aber der Goldpreis sinkt – und das ist im Interesse aller beteiligten Staaten und Banken. Nun folgen die Anleger : Der am Freitag veröffentlichte COT-Report wies einen markant nachlassenden Optimismus großer wie kleiner Goldspekulanten aus.

„Bei der Anzahl offener Kontrakte, dem sogenannten Open Interest, kam es allerdings zu einem Zuwachs. Er erhöhte sich in der Zeit vom 5. bis 12. Februar von 423.982 auf 435.088 Kontrakte (+2,6 Prozent). Mit der kumulierten Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten ging es hingegen spürbar bergab, auf das niedrigste Niveau seit Mitte August. Sie ermäßigte sich nämlich von 174.607 auf 160.653 Kontrakte (- 8,0 Prozent). Bei den Großspekulanten (Non-Commercials) ging es mit der Netto-Long-Position von 137.465 auf 126.835 Futures (- 7,7 Prozent) nach unten, während bei den Kleinspekulanten (Non-Reportables) ein Rückgang von 37.142 auf 33.818 Kontrakte (- 8,9 Prozent) zu Buche schlug.

Für zunehmende Nervosität sorgte eine Meldung der Securities Exchange Commission, dass zwei Großinvestoren ihre Anteile bei diversen Gold-ETFs komplett abgebaut bzw. erheblich reduziert haben. In diesem Zusammenhang wurden vor allem die beiden US-Milliardäre  George Soros und Louis Moore Bacon genannt, während John Paulson dem sicheren Hafen weiter die Treue hielt. Nach zwölf Jahren mit steigenden Goldpreisen wächst mittlerweile die Sorge, dass im Jahr 13 ein Trendwechsel droht. Seit dem Jahreswechsel ist zwar ein Verlust in Höhe von vier Prozent angefallen, von einer Massenflucht kann allerdings noch nicht gesprochen werden. Notenbanken sowie Käufer aus China und Indien dürften einen Trendwechsel des Edelmetalls nach unten verhindern. Laut World Gold Council nahm deren Goldappetit im vierten Quartal deutlich zu. Gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode kletterte die nachgefragte Goldmenge um vier Prozent auf 1.195,90 Tonnen.“ (Quelle: Wallstreet online).

18-02-2013 00-25-35

„Der Goldpreis reagiert (stark) auf erwartete künftige Entwicklungen (wie etwa eine herannahende Finanz- und Wirtschaftskrise); und die tatsächlichen Käufe der Zentralbanken, die mit Blick auf das Volumen für den Goldmarkt natürlich bedeutsam sind, scheinen eher nachlaufende Indikatoren zu sein. Das wiederum unterstützt die Überlegung, dass es keine ‚mechanische Formel‘ gibt, die eine einfache Herleitung der künftigen Preisentwicklung des gelben Metalls erlaubt. Vielmehr erscheint es bei Goldpreisprognosen notwendig zu sein, eine Vielzahl von Faktoren ‚im Auge‘ zu haben, sie zu beobachten und letztlich ‚richtig‘ deuten zu können“, schreibt Thorsten Polleit im Degussa-Marktreport, und erklärt das so:

„Die nachlassenden ‚Krisenbefürchtungen‘ und der damit einhergehende Konjunkturoptimismus beeinflussen das Preisgefüge in den Edelmetallmärkten stark. Während die Preise der konjunkturabhängigen Metalle wie vor allem Platin und Palladium in den letzten zwei Wochen weiter zulegten, setzte sich der Preisrückgang beim Gold fort. Ganz offensichtlich bildet sich die ‚Prämie‘, die der Goldpreis als ’sicherer Hafen‘ in der Zeit der akuten Krise aufgebaut hat, zurück.

Vor allem zwei (miteinander verbundene) Faktoren sollten an dieser Stelle jedoch nicht übersehen werden, die dem Goldpreis früher oder später helfen sollten. Erstens: Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ist nicht vorbei. Die Probleme verlagern sich vielmehr: Aus einer ‚Kreditkrise‘ dürfte eine ‚Währungskrise‘ werden.  Sobald diese Veränderung der Krisenlage offen erkennbar wird (Stichwort ‚Abwertungswettlauf‘), könnte auch die Nachfrage nach Gold (und auch anderen Edelmetallen) krisenbedingt wieder zunehmen und einen höheren Goldpreis in Aussicht stellen. Zweitens: Die Zentralbanken der aufstrebenden Volkswirtschaften setzen den Auf- und Ausbau ihrer offiziellen Goldreserven fort – das gilt vor allem für Russland, dessen Goldbestand sich Ende 2012 auf 30,79 Millionen Feinunzen belief, ein Anstieg von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die offiziellen Goldkäufe der Zentralbanken dürften dabei das Bestreben widerspiegeln, sich gegen eine mögliche Entwertung der bedeutenden Währungen – wie US-Dollar, Euro, Yen, Britisches Pfund und Schweizer Franken – abzusichern.

Abschließend soll noch auf einen interessanten Umstand hingewiesen werden: nämlich dass zwischen dem Goldpreis und fundamentalen Nachfragefaktoren – wie zum Beispiel den Goldkäufen der Zentralbanken – nicht notwendigerweise ein systematischer Zusammenhang bestehen muss. Zwar nahmen die Goldreserven seit den frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ab, und der Goldpreis sank. Aber seit März 2001 (der Goldpreis erreichte hier seinen Tiefpunkt von 257,95 USD pro Feinunze) bis März 2009 galt das Umgekehrte: Die Reserven nahmen weiter ab, der Goldpreis stieg jedoch stark an.“

Fazit: Die Gefahr einer weltweiten Krise ist keineswegs gebannt – im Gegenteil.  Wo immer man hinschaut, warten ungelöste Probleme: Die USA bekommen ihr Schuldenproblem nicht in den Griff – Japan hat die Geldpresse bis zum Anschlag aufgedreht – Europas größtes Problem ist nicht Griechenland oder Zypern, sondern die Tatsache, dass immer mehr Garanten für die Finanzierung der Rettungsschirme aus wirtschaftlichen Gründen ausfallen könnten. Ein niedriger Goldpreis nützt allen, die sich jetzt absichern wollen: Den Notenbanken ebenso wie den Staaten und den großen Investoren. Wenn Konzerne wie der des George Soros aus dem Gold aussteigen, sollte man sich nicht täuschen lassen: Hier geht es einfach darum, Gelder frei zu bekommen, um durch andere Investitionen mehr Geld zu verdienen, als es mit Gold momentan möglich ist. Bei Bedarf kann genauso schnell wieder umgeschichtet werden.

Wer also freie Mittel hat, um sie in physischem Gold anzulegen – und es sich leisten kann zu warten, sollte jetzt die Möglichkeit nutzen, sich verhältnismäßig günstig einzudecken.

Update: Goldpreis fällt weiter, Ankauf in Indien steigt

Update: „Bei unter 1525 wird es Krieg geben“

Update: Fachleute uneins: Ist ein antizyklisches Kaufsignal in Reichweite?

Update: Steigerung des Goldpreises in Prozent unter vier Fed-Chefs

Update: Studie von Goldmann-Sachs sagt Ende der Preisrally voraus 

Update: Die Eurokrise ist wieder da 

SIEHE AUCH: Die Fed, die Zinsen, der Preis des Goldes und die Illusion eines freien Marktes…