Schlagwort: Narzisst

Warum landen manche Menschen immer wieder bei „den Falschen“?

Warum ziehen psychisch Kranke andere psychisch kranke Menschen an?

Diese Frage wurde kürzlich in Quora gestellt. Sie bezieht sich zum Beispiel auch auf Menschen, die immer wieder an Narzissten „geraten“. Eine Antwort darauf versucht Suzana Pavic. Sie hat Psychologie studiert und arbeitet als Heilpraktikerin Psychotherapie. Kurz zusammengefasst handelt es sich dabei um das unbewusste Erkennen eigener, verdrängter innerer Persönlichkeitsanteile beim Anderen.

„Es gibt keine pauschale Antwort und ich persönlich mag den Begriff ‚psychisch krank‘ gar nicht. Die meisten Störungen der Regulation sind Traumafolgestörungen.

Die gegenseitige Anziehung zweier traumatisierte Menschen kann man auf mehreren Ebenen erklären. Es ist eine Begegnung auf Stammhirnebene. Wenn man von der Theorie der strukturelle Dissoziation (E. Nijenhuis / O. Van der Hart) ausgeht, kann man es mit diesem Beispiel verdeutlichen:

Wenn ein Kind missbraucht oder ständig angeschrien wird, spaltet es sich in mindestens 2 Teile: ein Opfer-Ich und ein Täterintrojekt. Diese Teile werden EPs genannt (emotionale Persönlichkeitsanteile). Diese werden nicht integriert und bleiben dissoziiert. Um das überleben zu können, entwickelt man einen ANP (anscheinend normaler Persönlichkeitsanteil). Der ist von EPs abgespalten und tut alles, um EPs zu vermeiden.

Wenn ich zum Beispiel ein Opfer-Ich und ein Täterintrojekt in mir trage, passiert intrapsychische Reinszenierung (verschiedene Persönlichkeitsanteile kämpfen gegeneinander): Ich hasse mich selbst; ich verletze mich … ergo ein innerer Krieg. Der innere Täter greift das innere Opfer an – innere Reinszenierung.

Meine Neurozeption (ein unbewusstes Erkennungssystem für Gefahr und Sicherheit) ist wie ein Radar, spürt Ähnlichkeit bei anderen. Wenn jemand mir meinen inneren Täterintrojekt spiegelt, docke ich an. (Eigentlich dockt mein EP an den EP des anderen an – ein nicht bewusster Akt). So koaliert mein innerer Täter mit dem im Außen, und man fühlt sich tief verbunden. Man externalisiert den inneren, nicht integrierten Teil und/aber setzt die Kämpfe im außen fort. Entweder lebt man den Opferteil oder umgekehrt.

Das wäre eine vereinfachte Erklärung. Es ist sehr komplex, aber ich hoffe die Erklärung kann wenigstens etwas Klarheit bringen. Es gibt unterschiedliche Stufen von der strukturellen Dissoziation und somit wird Trauma unterschiedlich bewertet und Traumafolgen werden unterschiedlich und individuell erlebt/gelebt.

Siehe auch:

Disloyal: Was muss passieren, damit ein Süchtiger geht?

„Mein wahres Ich wirst du nie erreichen“

Ein tragisches doppeltes Trauma

„Warum heilen wir uns nicht gegenseitig?

Erlösung durch Liebe ist von außen unmöglich 

Dualseele, Zwillingsflamme, Liebe: Die große Sehnsucht, nach Hause zu kommen

Nie wieder verletzt werden: Ein Blick ins Herz eines Narzissten

Partnerschaft mit einem Narzissten: Wie er und wie sie die Beziehung erleben

Ein gebrochenes Herz wird andere Herzen brechen – es kann nicht anders

Der Narzisst und die Frauenwelt

Ich kann’s nicht ertragen, nochmal zu versagen

Nur Anerkennung kann den Selbsthass dämpfen

Wenn ein Herz bricht

Krankhaftes Lügen: Ursachen und Symptome

Wenn der Empath geht: „Zuerst zerbricht das Herz, dann erhebt es sich“

Der vierte und letzte Teil der kleinen Serie Empath vs. Narzisst.

Ab wann verlässt ein Empath (s)einen Narzissten?

Ulrike Weißmann hat darauf in Quora ganz unnachahmlich zusammengefasst, aus welchen Gründen sich Menschen aus Beziehungen, die ihnen nicht gut tun, lösen. Das „Kind“ kann ganz verschiedene Namen haben, obwohl sich dahinter immer das Gleiche verbirgt.

Die philosophische Erklärung:
Zunächst zerbricht das Herz, und dann erhebt es sich.
 
Die spirituelle Erklärung:
Ein Transformationprozess (integrieren von Yin – Yang / männlich – weiblich) kommt in Gang / wird abgeschlossen.
 
Die esoterische Erklärung:
Ein Dualseelenprozess (der Verstandsmensch (GK) hat den Herzmensch (LL) in seine Kraft gedrängt und dieser lässt nun los) kommt in Gang / wird abgeschlossen.
 
Die religiöse Erklärung:
Der Empath erkennt, dass er der Schöpfer seines eigenen Lebens und Eins mit allem ist, und Gott oder das Universum ihn via „Geschenk in mieser Verpackung“ darauf aufmerksam machen wollten.
 
Die psychologische Erklärung:
Der Empath ist sich aus seinem Leid heraus seiner eigenen toxischen Beziehungsmuster bewusst geworden (auch derer des Gegenübers) und leistet innere Arbeit u.a. hinsichtlich seines Bindungsstils / Trennungskompentenz /inneres Kind / Selbstwert etc.
 
Die simple Erklärung:
Der Empath hat dermaßen viel Leid erfahren und aufgrund der Beziehung (oder auch vorheriger) „in der Gosse“ gelegen, dass er wortwörtlich die Schnauze voll hat ODER um des blanken Überleben willens (quasi aus der Not heraus), sich aufmacht, alles hinterfragt, sich Wissen aneignet, feste Standards hinsichtlich seiner Beziehungen festlegt, diese aufrechterhält und (womöglich das erste Mal in seinen Leben) sich selbst zur Prio Nr. 1 macht. Dafür bedarf es des ersten Schrittes: „Was mir nicht gut tut muss weg.“
 
Jede dieser Ebenen kann Potenzial für den Reifeprozess des Empathen bieten, jeder ist auf unterschiedlichen Kanälen mehr oder weniger für diesen empfänglich. Zudem können die Ebenen während des Reifeprozesses überlappen.
Doch eins haben sie gemein:
Der Empath hat verstanden, dass es verrückt ist jemanden zu lieben, der einen verletzt und weh tut, und dass es noch wesentlich verrückter ist, anzunehmen, dass jemand der ihn (angeblich) liebt, ihn PERMANENT verletzt und schädigt. Er erkennt diese Diskrepanz, diesen Irrsinn seiner falschen Annahme und wird handlungsfähig, da er sich eines höheren Ziels (als diese Beziehung zu optimieren / aufrecht zu erhalten) bewusst wird.

Deshalb die Antwort zusammengefasst:

Bewusstseinsveränderung mittels eines Reifeprozesses (angestoßen durch unterschiedliche Gründe) auf einer oder mehreren Ebenen.

Siehe auch:

Warum landen manche Menschen immer wieder bei „den Falschen“?

„Mein wahres Ich wirst du nie erreichen“

„Warum heilen wir uns nicht gegenseitig?

Ein tragisches doppeltes Trauma

„Der Mann meines Lebens ist ein Narzisst“ und die dortigen Links

Disloyal: Was muss passieren, damit ein Süchtiger geht?

„Mein wahres Ich wirst du nie erreichen“

Ein tragisches doppeltes Trauma

„Warum heilen wir uns nicht gegenseitig?

Empath versus Narzisst: ein tragisches doppeltes Trauma

Schmerzliche Überlegungen über die Verbindung von Empathen und Narzissten hat Kaen Kim auf Quora verfasst, wo sie frei übersetzt wurden. Die Frage war: „Wann wird der Empath einen Narzissten verlassen?“ Dies ist der dritte Teil einer kleinen Serie zu Empathen und Narzissten.

„Viele Empathen sind auch HSP (hoch sensible Persönlichkeiten). Ihre Fähigkeit, wahres Mitgefühl zu spüren, geht über das hinaus, was die meisten Menschen verstehen können.

Die meisten Menschen verstehen extremes Einfühlungsvermögen nicht (manche nennen es bösartiges Einfühlungsvermögen, wenn das empathische Verlangen nach Heilung das der betroffenen  Person selbst übersteigt). Besonders wenn Menschen, die uns nahe stehen, leiden, fühlen Empathen so tief mit ihnen mit, als seien sie selbst betroffen. Durch Projektion nehmen wir die Agonie der Narzissten und die gestörte Ordnung an.  

Man sagt, Empathen seien der Spiegel der Narzissten und umgekehrt. Leider sind viele von beiden verwundete Kinder. Sowohl der Empath, als auch der Narzisst suchen Bestätigung und bedingungslose Liebe von außen.

Der Narzisst bringt den Empathen mit sich selbst in Kontakt, indem er dessen Qualitäten, aber auch seinen Schmerz spiegelt. Er hält ihm einen Spiegel vor, damit er sein wahres Gesicht sehen kann. Für den Empathen kann das ein Weckruf sein. Mancher mag vorher gar nicht erkannt haben, dass er/sie eine hoch sensible Persönlichkeit ist,  oder dass es eigene Wunden sind, die ihn zum Narzissten hingezogen haben.

Das selbst verletzte  empathische „Opfer“ verliebt sich tief in die Maske des verwundeten Narzissten, weil diese eine tiefe unbewusste Sehnsucht nach etwas sehr vertrautem auslöst.  Während es sich glücklich verliebt fühlt, löst gleichzeitig  der Narzisst eine schmerzhafte, ferne Erinnerung an eine Zeit aus, in der das „Opfer“ schon einmal  Liebe erhalten wollte, sie aber nicht bekam. Obwohl es eine Form tiefer Liebe zwischen Empathen und Narzissten ist, ist sie auch das Ergebnis eines schweren Traumas und nicht verheilter Wunden. Dieses Trauma  öffnet dem Narzissten ein Tor, um mit dem „Fressen seiner Nahrung“ zu beginnen. Narzissten können keine echte Liebe bieten, wissen aber sehr gut, wie sie eine solche für sich selbst nutzen können. Dabei zerstören sie das verwundete Opfer langsam von innen heraus, bis nichts mehr übrig ist.

Die Tragödie dabei ist, dass der Narzisst das Opfer verlässt, weil der Spiegel sich jetzt umkehrt. Diesmal sieht sich der Narzisst selbst als Opfer im Spiegel des Empathen: Die hohle, elende Kreatur, die er aus dem Empathen gemacht hat, weil der Narzisst nicht die Kraft hatte, seine eigene Wirklichkeit zu ertragen. Obwohl der Empath immer noch tief verliebt und hingebungsvoll ist, kann sich der Narzisst nicht mehr um ihn kümmern, denn alles, was er  jetzt in seinem Gegenüber sieht, ist nicht mehr seine eigene Grandiosität, sondern (ebenfalls seine eigene) Enttäuschung, seinen Misserfolg und seine zerbrochenen Träume.

Das ist das tragische Ergebnis des gegenseitigen Spiegelung von Narzisst und Empath.

Viele Empathen und Narzissten bleiben beieinander, lassen sich gegenseitig nicht gehen. Die  Schwingung des Universums in unseren Atomen weiß, dass wir das perfekt gestörte, tragische Match sind, das in der Hölle gemacht wurde. Ich wage zu behaupten, dass viele von uns machtlos sind und keine andere Wahl haben, als durch dieses Elend zu gehen, bis einer von uns stirbt oder endlich aufwacht. Es ist ein Krieg zweier Seiten der selben Münze. Ein Empath, der sich an einen bösartigen Narzissten bindet, wird von innen nach außen verändert. Für mich fühlte sich das Verlassen des Narzissten an, als würde ich mich selbst, das verwundete Kind aus meiner Vergangenheit, verlassen. Ich glaube, aus diesem Grund ist es für einen Empathen unglaublich schwer, zu gehen, wenn Wunden nicht geheilt sind. Wir verlieren einen Teil von uns selbst, wenn wir gehen. Wir sind für immer verwandelt.

Nicht jeder kann von so einer Beziehung betroffen werden. Ein Narzisst wirkt wie ein Virus. Empathen neigen am ehesten dazu, sich damit zu infizieren. Dies ist keine normale Anziehungskraft, es ist fast wie eine Hypnose. In der Verbindung gleicht sich die  Schwingung an. Der Empath muss die Kernwunde und Leere, die der Narzisst in sich trägt, automatisch spüren, zumal er sie von sich selbst kennt.

Einer der schmerzlichsten, lebhaftesten Träume, die ich von „meinem“ Narzissten hatte, war, dass er mit einer anderen Geliebten erschien. Während er mit verzweifelten Augen meine Hand hielt, sagte er: „Sie wird mich nie besitzen. Ich will  nicht, dass du mich verlässt.“

Den erstaunlichsten Traum hatte ich, bevor ich wusste, dass er ein Narzisst ist. Er war wie eine Vorahnung: Überall gab es Spiegel, und ich konnte darin sehen, wie seine leeren, toten Augen mich anstarrten. Jedes Mal, wenn ich versuchte näher zu kommen, verschwand das Spiegelbild und ich jagte ihm verzweifelt nach.  So hatte mich mein Unterbewusstsein von Anfang an gewarnt.

Es ist traurig, dass der Empath trotz des Missbrauchs und Traumas immer die Trauer und den Schmerz der fragmentierten Teile des verbleibenden Narzissten fühlen kann, da ihn diese an ihn selbst erinnern. So lehrt der Narzisst den Empathen eine mächtige Lektion: Wir müssen erkennen, dass wir unseren Spiegel zerstören müssen, den wir im Narzissten gesehen haben, den Spiegel, der unser eigenes, verletztes inneres Kind darstellt. Wir müssen den gleichen Seelentod wie der Narzisst durchmachen, um heilen zu können.

Der Empath hat keine andere Wahl, als die Stücke seines gebrochenen Herzens aufzusammeln. Wenn wir uns vom Narzissten unterscheiden wollen, müssen wir unseren Selbstwert erkennen und uns gegen den Teil unseres Wesens stellen, der bleiben will. Wir müssen lernen, wann wir loslassen müssen. Alles kann geheilt werden. Nicht jeder wird unser Mitgefühl zu schätzen wissen, und obwohl es ein wunderschönes Geschenk ist, ist es auch eine Fähigkeit, die auf verheerende Weise benutzt und missbraucht werden kann.

Ich glaube, dass, wenn ein Empath einen Narzissten verlässt, mehr geheilt wird, als in der Verbindung heilen könnte. Wir müssen den Wunsch aufgeben, eine Persönlichkeitsstörung zu heilen, die nicht geheilt werden kann. Ich kann nicht sagen, dass ich dieses Niveau schon  erreicht habe, da meine Sucht so extrem ist, aber ich hoffe, dass ich es eines Tages schaffen werde. „

Siehe auch: „Mein wahres Ich wirst du nie erreichen“

„Warum heilen wir uns nicht gegenseitig? sowie

„Der Mann meines Lebens ist ein Narzisst“ und die dortigen Links

Wir haben die gleichen Wunden: Warum heilen wir uns nicht gegenseitig?

Zweiter Teil der kleinen Serie zum Thema Empath vs. Narzisst: Eine Empathin schreibt an „ihren“ Narzissten

„Lieber Narzisst,

du bist einer der grausamsten Menschen, die ich kenne. Und der Mann, den ich liebe. Weißt du warum?
Weil wir uns ungeheuer ähnlich sind, trotz aller Verschiedenheit. Weil wir beide im Kern unter der gleichen Verletzung leiden. Wir haben nur entgegengesetzte Methoden, uns damit auseinander zu setzen. Wäre es da nicht logisch, wenn wir jeweils beim Anderen das fehlende Teil ausfüllen und so gemeinsam heilen könnten?

Wir beide waren kluge Kinder, die ihre Umwelt genervt haben. Ständig stellten wir unerwünschte Fragen, machten altkluge Einwürfe, wollten nur gehorchen, wenn wir den Grund kannten und waren doch als Kinder so ganz und gar abhängig. Diese Abhängigkeit machte sich unsere Umwelt zunutze. Wir wurden verprügelt, mit Verachtung bestraft, links liegen gelassen. Statt mit Liebe wurden wir mit Strafen erzogen, deren Sinn sich uns nicht erschloss. Wir rebellierten und verließen frühestmöglich das Elternhaus.

Ganz früh haben wir beide kennengelernt, was es heißt, wenn andere Geschwister vorgezogen werden, wenn man sich verzweifelt um die Liebe der Eltern oder Anerkennung der Lehrer bemüht und doch nur Ablehnung und Verachtung erfährt. Wir waren gut in der Schule, aber es konnte passieren, dass uns Lehrer, die unseren „arroganten Blick“ nicht leiden konnten, eine ganze Stunde lang prüften, bis endlich ein Fehler vorlag, den sie als „ungenügend“ bewerten konnten. Wir waren verhasst bei den Klassenkameraden, weil wir nicht lernen mussten, um Inhalte zu verstehen. Aus lauter Not haben wir uns zeitweise dumm angestellt. Umsonst; man mochte uns deshalb nicht lieber.

So wurden wir junge Erwachsene, und in uns lebte dieser scharfe Schmerz, nicht geliebt zu werden, nicht liebenswert zu sein, und doch so große Sehnsucht nach Liebe zu haben; danach, als das gesehen zu werden, was wir wirklich sind.

Inzwischen hatten wir ganz verschiedene Wege eingeschlagen. Während ich es mit Hingabe versuchte, mit Einfühlungsvermögen, mit ganz viel vorauseilender Hilfsbereitschaft, mit der Idealisierung von Personen, wurdest du jedes Jahr etwas härter. Du hast deine Liebe zum Sport entdeckt: Kraftsport, Kampfsport, Schießsport; egal was, Hauptsache, es machte dich stark und du konntest siegen. Das gleiche machtest du mit deinem Gehirn: Es wurde trainiert ohne Ende, es wurde gefüllt mit Wissen. Deine Intelligenz, dein Wissen und deine Tatkraft in Einheit mit einer großen Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, verschafften dir Erfolg. Eine Maske reichte dir nicht. Du hast unzählige im Programm, die du je nach Lage aus dem Hut zauberst.

Und doch kann ich dein Inneres genau fühlen. Ich fühle das Leuchten in dir, dieses unverbrauchte, noch nicht beschädigte Licht. Ich fühle auch den Schmerz in dir, die Sehnsucht nach Erfüllung und die Überzeugung, dass es die für dich nicht gibt. Ich fühle, wie du dich verhärtest, wenn Erfüllung tatsächlich möglich scheint, denn die Verletzlichkeit darin macht dir Angst. Ich rieche zehn Kilometer gegen den Wind, wenn du dann deine „Notlügen“ loslässt, die die Distanz wieder herstellen und dir das Gefühl von Kraft geben. Ich bin verletzt von deiner Kühle und der leisen Verachtung für meine Hingabe. Aber ich liebe dieses reine Leuchten, das hinter all diesen Masken in dir steckt.

Siehst du denn nicht, dass ich dich niemals verraten würde? Auch dann nicht, wenn zwischen uns keine Liebe wäre? Weißt du nicht, dass all diese bedingungslose Zuwendung, die du auf Umwegen über Lob und Anerkennung von mir einforderst, dir ganz kostenlos und uneingeschränkt, völlig ohne Spielchen sowieso zur Verfügung steht? Weil ich dich wirklich bewundere, und das, obwohl ich weiß, dass du Schwächen hast!

Ich weiß doch, dass du der Stärkste sein musst, um dich wohlzufühlen. Der Stärkste, der Erfolgreichste, der mit dem letzten Wort bei Entscheidungen, der, der immer führt. Ich würde es dir nicht streitig machen. Ich mag dich genau so und nicht anders. Du musst nicht ständig Geschäftsreisen erfinden, um deine „Freiheit“ zu sichern: Ich will dich weder verändern, noch vereinnahmen. Was ich mir wünsche, ist das Wissen, dass uns etwas einzigartiges unzerstörbar verbindet, auch wenn wir nicht gemeinsam am selben Ort sind: Das Wissen der Zusammengehörigkeit und absolutes Vertrauen.

Wenn du sagst, Liebe sei dumm und eine Schwäche, trifft mich das sehr. Weißt du nicht mehr, wie weh es tut, wenn ein Mensch so verächtlich mit einem geschenkten Herzen umgeht? Du müsstest dich doch an den Schmerz deiner Kindheit erinnern! Ich liebe dich trotzdem, und ich bewundere dich. Du magst dich innerlich unsicher oder traurig fühlen, aber du meisterst das so viel besser als ich. Du bleibst stark, auch wenn du dich nicht so fühlst. Ich hingegen laufe dir nach, bettele um deine Zuneigung und fühle mich elend, weil du mich deshalb als minderwertig betrachtest – obwohl dir mein Einsatz für dich oft sehr willkommen ist.

Dabei wäre alles so einfach: Uns ist doch beiden klar, dass wir die gleiche brennende Wunde in uns haben. Warum bilden wir nicht gemeinsam eine Muschel, innerhalb derer kein Lügen, kein Täuschen, keine Verachtung und keine Bestrafung mehr nötig sind? Ich könnte dich stärken mit Liebe und Mitgefühl, du könntest mich stärken mit deiner Fähigkeit, nein zu sagen. Beide könnten wir sein wie wir sind, ohne uns voreinander verstecken zu müssen. Wir könnten uneingeschränkt offen zueinander sein, auch wenn wir uns schwach fühlen, weil wir wissen, dass wir einander trauen können.

Nein, das bedeutet nicht den Verlust deiner Identität! Du bleibst genau der, der du bist. Aber du könntest diese anstrengenden Masken ablegen! Nein, das bedeutet auch nicht, dass du dich in meine Hand begibst und von mir abhängig wirst! Ich weiß doch jetzt auch schon, wie du dich hinter deiner Maske fühlst….

Ja selbstverständlich ist mir klar, dass ich mit diesem Wunsch den Wolf bitte, Hüter des Schafes zu werden. Auch Empathen können analysieren. Und doch … Warst nicht du es, der mir immer wieder vorgeschwärmt hat, wie sozial Wölfe sind, dass sie auch Alte und Schwache nie zurück lassen? Oder habe ich das selbst gegoogelt?…

Nein bitte… Nicht schon wieder dieses schreckliche Schweigen…“

***

Siehe auch: „Mein wahres Ich wirst du nie erreichen“

Wenn der Empath geht: Zuerst zerbricht das Herz, dann erhebt es sich

Ein tragisches doppeltes Trauma sowie

„Der Mann meines Lebens ist ein Narzisst“ und die dortigen Links

Abschied von einem Narzissten: Sei frei mein Herz – und lebe wohl …

Jahre nach dem Überleben eines narzisstischen Missbrauchs, nach einer Therapie und der Unterstützung von Selbsthilfegruppen hat eine Frau erkannt, dass es ihre eigenen Verletzungen aus der Kindheit sind, die sie einen narzisstischen Mann mehr lieben ließen als sich selbst. Verletzungen, die sie mit der Hilfe geschulter Menschen zwar versorgen, aber nicht heilen kann. Sie hat deshalb eine Entscheidung getroffen. Sie wird nicht weiter versuchen, diese Liebe in sich zu töten. Sie kann es nicht. Aber sie kann IHN in Liebe gehen lassen. So schreibt sie ihm einen letzten Brief.

Mein Kopf weiß genau, was für ein Glück es für mich ist, dass du dich nicht mehr meldest.  Dass ich für dich tot bin.

„Eigentlich“, so hatte ich gesagt, „müsste ich dich bekämpfen. Aber ich kann nicht, denn ich liebe dich zu sehr.“ Beim Wort „bekämpfen“ setzte deine Wahrnehmung aus und dein „Raketenprogramm“ schaltete sich ein: “Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“, heißt es. „Und wer gegen mich ist, ist tot“.

Frauen gehören nicht in die Wirtschaft, sagtest du, sondern ins Haus. Weil die Natur die Rollen so vorgibt: Wäre eine Beziehung ein Körper, so wäre der Mann der Kopf, die Arme, die Beine und die Haut; die Frau dagegen das Herz, das alles mit Leben erfüllt. Ein Mann wirkt nach außen: kämpft, verteidigt, versorgt, beschützt. Eine Frau wirkt nach innen: behütet, nährt, wärmt und fühlt mit. Bricht eine Frau mit dieser Regel und will Karriere machen, muss sie scheitern, sagtest du. Das ist dann ihre eigene Schuld. Weil eine Frau das Herz ist und der Mann der Verstand, so sagtest du, muss es der Mann sein, der in einer Beziehung das letzte Wort hat. Er entscheidet im Zweifelsfall auch gegen die Frau, denn, so sagtest du, er hat eine Fürsorgepflicht.

Wie schön das klingt beim ersten Hören. Wie verlockend, von einem Mann beschützt, verteidigt und versorgt zu sein – wie einladend, Frau sein zu dürfen in einem kuscheligen Nest, in das der Herr des Hauses heimkehrt zu seinem Herzen… Und wie tückisch es in Wahrheit doch ist: Diese Einstellung legt die Rollen klar fest. Die Frau ist dem Manne untertan – steht auch so in der Bibel, wie du nicht ohne Feixen feststelltest. Das bedeutet: Der Mann erwartet nicht nur uneingeschränkte Loyalität, sondern auch Gehorsam. Bekommt er den nicht, hat er  jedes Recht, nach Gusto zu strafen oder gleich kommentarlos zu gehen.

Wie oft habe ich versucht, dir zu zeigen, dass Frauen genauso klug sind wie Männer – nicht selten klüger. Dass sie aus eigener Kraft leben können – und dass nicht jede kinderlose Frau dies aus freien Stücken ist. Natürlich schätzt du kluge Frauen. Nur sie können, findest du, dein Denken nachvollziehen und dich deinem Wert entsprechend würdigen. Auch gegen Augenhöhe hast du nichts einzuwenden – solange klar ist, wer die letzte Entscheidung trifft. Gleichwertig ja – sagtest du. Gleichberechtigt nicht.

Über die Konsequenzen dieses Denkens musste ich auch manchmal lachen. Wie an dem Tag, an dem du von einem Meeting im Konferenzsaal eines großen Hotels zurück kamst. Du hattest den Raum gemietet. Als du ihn vor dem Treffen besichtigen wolltest, so deine zutiefst empörte Schilderung, fandest du doch tatsäch zwei EMANZEN vor, die den Saal für sich beanspruchten! Ich war amüsiert, wollte wissen, wie diese Emanzen denn ausgesehen und sich verhalten hätten. „Wie EMANZEN eben,“ war deine karge, wütende Antwort.  „Und was hast du dann unternommen?“ fragte ich. „Ich bin SOFORT gegangen und habe den Hotelmanager rufen lassen. Der hat die Lage geklärt. Ich setze mich doch nicht mit EMANZEN auseinander!“

Noch oft habe ich über diesen kleinen Vorfall nachgedacht. Dein komplettes Arbeitsumfeld besteht aus Männern; Frauen kommen nicht vor. Und das, obwohl dich die Männer, denen du wirklich Vertrauen schenktest, immer wieder bitterlich enttäuschten. Wie oft habe ich darüber gestaunt, dass ein so kluger Mann wie du so wenig Menschenkenntnis hat…  Liegt es an deiner Eitelkeit? Oder an mangelnder Empathiefähigkeit? Du liebst Komplimente und Männer, die sich deinen Zielen anschließen. Selbstverständlich erwartest du auch hier Unterordnung. Und fällst dann aus allen Wolken, wenn deine Weggefährten ihren Anteil wollen – am Ertrag und an den Entscheidungen.

Wortgewaltig kannst du sein. Mitreißend ist deine Kreativität, faszinierend deine Fähigkeit, vernetzt zu denken. Wenn du einen Erfolg erzielst, bist du wie berauscht von dir, freust dich wie ein Kind. Dann erfasste mich Zärtlichkeit, heiße Zuneigung und der Wunsch, dich in die Arme zu schließen. Ich liebe es, wenn sich Distelfinken in die Brust werfen und aus voller Kehle singen… Wenn ich dir das sagte, reagiertest du jedesmal irritiert. Die Anerkennung konntest du genießen. Aber meine Zärtlichkeit machte dir Angst.

Ja, die Sache mit der Angst. Nie im Leben hättest du zugegeben, wie sehr sie dein Verhalten steuert.  Aber es gab diese Tage, an denen dich Zweifel packten. Zu den  wenigen ehrlichen Einblicken in dein Herz gehörte, dass du von deiner Angst vor dem Teufel sprachst und davor, dass er sich deiner bemächtigen könnte. Dann beeiltest du dich, Pläne zu machen zum Vorteil aller und zugunsten einer besseren Welt.

Ehrlich warst auch, als du mich beraten hast, wie man Kante zeigt gegenüber Menschen, die man verlassen will. Wie man so ein Ende herbei führt und es dann durchhält. Wie man den Anderen ignoriert, wie man all diese kleinen Hässlichkeiten zusammenstellt, die das Gegenüber demütigen, verletzen, im Regen stehen lassen. Als ich das schließlich nicht konnte, fiel dein Urteil vernichtend aus: „Du verfranst dich in einer Welt von sinnlosen Gefühlen. Du lässt zu, dass Andere von dir zehren und dich mit sich in den Abgrund ziehen. Du bist schwach und deshalb wirst du scheitern – deine eigene Schuld“.

Ja, die Sache mit der Schuld. Wenn etwas schiefgeht, muss jemand schuld sein. Und das bist jedenfalls nicht du. So war das auch, wenn wir stritten und du danach immer wieder für lange Zeit abgetaucht bist. Schuld daran war ich, weil ich Dinge ansprach, über die du nicht reden wolltest. Meine Versuche, auch gegensätzliche Meinungen zu diskutieren ohne dabei gleich die ganze Beziehung in Frage zu stellen, prallten ergebnislos an dir ab.

Alles habe ich dir geglaubt in den ersten Jahren. Aber irgendwann war es beim besten Willen nicht mehr zu übersehen. Deine Versprechen, gegeben, um Ruhe zu haben, aber ohne Absicht, sie jemals einzuhalten, haben Ströme von Tränen bei mir ausgelöst. Wie gewandt du mir das Wort im Wunde umdrehtest! Nicht doch; alles habe ich falsch verstanden, so hattest du es nie gesagt. Das war manchmal, als würde jemand  behaupten, der Himmel sei rot – und darauf bestehen, auch wenn der Rest der Menschheit eine andere Farbe sieht. Sogar vor dem platonschen Höhlengleichnis machtest du nicht halt, um zu untermauern, dass du als Einziger Recht hast. Niemals hat ein Mensch derart versucht, meine Wahrnehmung zu manipulieren. Ich bemerkte es, staunte über die Unverfrorenheit, dachte monatelang darüber nach, warum du sowas machst und kam doch nicht auf den einfachsten aller Gründe.

„Wenn es etwas gibt, wonach ich süchtig bin, so ist es Macht“, hast du mir gesagt. Ich hörte es und verstand doch nicht, wie sehr sich das auch auf mich bezog. Macht über mich zu haben war deine Motivation, sich mit mir auseinander zu setzen. Ich träumte von Liebe, von der perfekten Beziehung, vom Einssein mit einem Menschen, der mir näher schien als alle Menschen jemals zuvor. Du spieltest mit der Macht – hast unsere gemeinsame Zeit willkürlich mit frei erfundenen Gründen eingeschränkt, schließlich gegen Null geführt. Je mehr mir das klar wurde, und je mehr du sahst, dass ich  die Zusammenhänge erkannte, desto  weniger hatten  wir eine Chance auf Nähe.

Überhaupt Nähe: „Ich habe so viele Deckel auf schwarze Löcher zementiert. Würde ich diese Nähe zulassen, würden die Löcher aufbrechen und mich verschlucken“ sagtest du in einem der seltenen offenen Gespräche. „Das werde ich niemals zulassen.“ Ich hörte es und wollte es nicht glauben. Ein so kluger Mann, der so stolz ist auf seine Stärke, seinen analytischen Geist und seinen Erfolg läuft weg vor den Verletzungen seiner Vergangenheit? „Und wenn es niemand auf der Welt fertig brächte: Dir traue ich zu, dass du es schaffst. Du kannst das“, antwortete ich – und erntete Schweigen.

22008323_1510219462391560_4282338683893501124_n

So kam, was kommen musste. Ich erkannte das ganze Gebäude von Manipulation und Lüge. Und doch sah mein Herz hinter dem ganzen Ballast ein Leuchten in dir. Ich kämpfte um dich, wollte das Leuchten befreien aus den Klauen der Angst, wollte dich, und damit UNS retten. Wenn wir es schaffen, die Abgründe zu überwinden, das wusste ich, wären wir fähig, DIE Beziehung zu führen, diese einzige Beziehung, die man nur einmal in vielen hundert Leben findet. Alles war ich bereit, dafür aufzugeben – sogar meine Autarkie. Nur mein freies Denken nicht – das kann keine Macht der Erde stoppen.

Es war zu wenig für dich. Oder anders gesagt: Deine Angst war zu groß. Fast wäre ich gestorben an dir, so sehr schmerzte es und schmerzt noch immer. Bis heute ist meine Seele nicht bereit, aufzuhören, dich zu lieben. So musste ich mir schliesslich eine bittere Wahrheit eingestehen: Das narzisstische System funktioniert; jedenfalls für den Narzissten. Indem er verdrängt, was ihn verletzt hat und sich selbst auf den höchsten erreichbaren Sockel stellt, kann er sich erfolgreich vormachen, stark zu sein und alle Probleme völlig aus eigener Kraft zu lösen.

„Mach es wie ich: Der wichtigste Mensch in meinem Leben bin ich selbst“ hast du mir oft geraten. Tja, leider kann ich das nicht. Der wichtigste Mensch in meinem Leben warst und bist du.

So musste mein Kopf die Entscheidung treffen. Er hat beschlossen, dir das größte Geschenk zu machen, das ich dir machen kann: Ich schaffe es nicht, völlig von dir heil zu werden. Meine Liebe bleibt. Aber sie wird nicht mehr versuchen, um deine Nähe zu kämpfen. Ich lasse dich los.

Sei frei mein Herz. Lebe wohl.

Siehe auch: 

Herz ich verlasse dich

Der Mann meines Lebens ist Narzisst

Nie wieder verletzt werden: Ein Blick ins Herz eines Narzissten

Partnerschaft mit einem Narzissten: Wie er und wie sie die Beziehung erleben

Ein gebrochenes Herz wird andere Herzen brechen – es kann nicht anders

Ich kann’s nicht ertragen, nochmal zu versagen

Nur Anerkennung kann den Selbsthass dämpfen

Wenn ein Herz bricht

Krankhaftes Lügen: Ursachen und Symtpome