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1,4 EZB-Billionen für Banken und Zocker – Rien ne va plus für den kleinen Mann

Seit September 2012 ist es beschlossen, jetzt wird es in Kraft gesetzt: Die EZB wird Bad Bank. 60 Milliarden Euro im Monat wird die Zentralbank drucken, um damit toxische Staatsanleihen und ABS (Asset Backed Securities) aufzukaufen. Es gilt das Prinzip der Gemeinschaftshaftung: Bis zu 80 Prozent des Risikos wird dabei an die nationalen Notenbanken weitergegeben. Zu deutsch: Die EZB saniert Banken und Zocker auf Kosten der Steuerzahler.

Hilflos und wütend schaut man dem Verhalten des italienischen Finanzlobbyisten und Ex-Bankers Mario Draghi zu, der konsequent seine Ziele  verfolgt: Die Vereinigten Staaten von Europa und die Förderung der Finanzwirtschaft – beides auf’s Engste verknüpft mit den (Interessen der) USA. Die Flutung des Währungsraumes mit 1,4 Billionen Euro bis September 2016 soll auch die Krisenstaaten Frankreich und Italien vor dem Untergang retten.

Vorerst.

Wenn der Plan misslingt, gehen wir alle gemeinsam unter.

Bevor das passiert, werden aber erstmal die geschröpft, die das ganze Unternehmen erarbeiten: Die Steuerzahler.

Mehr als zwei Jahre lang hatten Banken und andere Investoren nun Zeit, mit faulen Papieren zu spekulieren. Sie konnten sicher sein, sie wieder los zu werden. Allein das weist bereits die Richtung, in die die berühmte Bazooka schießt. Bevor die von der EZB angestrebten günstigen Kredite an die Unternehmen, die die Wirtschaft anheizen sollen, auch nur angedacht werden, darf man davon ausgehen, dass sich alle Beteiligten erstmal entschulden. Da bis Mitte des Jahres offenbar sogar die Vorsaussetzungen zum Kauf von Griechenland-Anleihen geschaffen sein sollen, wird dann auch dieses Risiko für alle involvierten Banken auf Gemeinschaftsschultern verteilt.

Vor diesem Hintergrund wirkt die Entkoppelung des SFR vom Euro nicht mehr überraschend. Die Schweiz hat der Gemeinschaftswährung das Vertrauen entzogen und wählt mit dem durch die Aufwertung des Frankens im eigenen Land entstehenden wirtschaftlichen Druck das kleinere von zwei Übeln. Das größere Übel, in das wir nun hineindriften, ist eine Abwertung des Euro im Verhältnis zum Dollar. Das wiederum stärkt den Status des Dollars als Welt-Leitwährung, den Amerika braucht, um seinen defizitären Außenhandel zu finanzieren. Die amerikanische Notenbank kann so theoretisch jederzeit das Geld selbst drucken, das Staat und Wirtschaft den Gläubigern schulden.

Da der Dollar Leitwährung ist, lohnt es sich für die Handelspartner aber auch, US-Schulden in ihre Devisenreserve aufzunehmen – sie verschwinden auf diese Weise vom Forderungsmarkt. Besonders China sitzt auf enormen 1,3 Billionen US-Schuldverschreibungen und ist mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Vreinigten Staaten nicht sehr zufrieden.

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Nicht nur der Euro, sondern inzwischen auch der chinesische Yuan (Renminbi) haben sich angeschickt, dem Dollar Konkurrenz zu machen. Auch die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China)  wollen sich von der Vorherrschaft des Dollars befreien. Diverse bilaterale Aktionen wie Vereinbarungen zwischen China und Russland, zwischen China und Südkorea und russische Gedankenspiele, die Gas- und Ölverkäufe künftig in Rubel abzurechnen, datieren alle im Frühjahr 2014. Die chinesische Währung ist inzwischen frei konvertierbar mit der russischen, der australischen und der europäischen Währung. Noch hat das mit einem Handelsvolumen von knapp zwei Prozent gegenüber rund 80 Prozent des Dollars keinen allzu großen Einfluss – aber das Ziel ist klar.

Dann gab es aber erstmal die Ukraine-Krise mit von den USA harsch bei Europa eingeforderten Sanktionen gegen Russland, in deren Folge man dort erstmal damit beschäftigt war und ist, das eigene Finanzsystem zu retten. Die chinesische Wirtschaft ist im Vergleich zu den Vorjahren eingebrochen. Parallel dazu überzog Amerika die europäischen Banken mit zahllosen Prozessen und milliardenschweren Geldbußen, zwang Länder wie die Schweiz, das Bankgeheimnis zu lüften und zog dabei immer die selbe Karte aus dem Ärmel: Der „internationale Terrorismus“ müsse bekämpft werden. Im traditionell selbszentrierten Europa gab es eigentlich nur vom grundsätzlich USA-skeptischen Frankreich eine Reaktion, die zeigte, dass die US-Strategie sehr genau erkannt wird: Im Sommer drohte man offiziell mit dem Ausstieg aus dem Dollar -System.

Deutschland hat es dagegen weder gewagt, sich aus der Umarmung der USA zu lösen, noch der Auflösung der ursprünglichen Euro-Stabilitätskriterien wirkungsvoll entgegen zu stehen. Während unser höchstes Gericht viel zu viele Monate über der Frage brütete, was nun rechtens sei und was nicht, schufen unsere Politiker, allen voran die Kanzlerin und ihr Finanzminister, Fakten. Nun gibt es eine Währungsunion, in der Deutschland zwar zahlen, aber nur noch sehr begrenzt bestimmen darf, was passiert: Immer mehr zahlungsschwache, aber stimmberechtigte Mitglieder haben uns zur Minderheit gemacht.

Wo immer aber globale Unsicherheit in die Stabilität entsteht, flüchten Investoren zurück in den Dollar.  Der erstarkt, ebenso wie die US-Wirtschaft, während die potentiellen Reservewährungen wie der Euro  Vertrauen und Wert verlieren.

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Natürlich sollen hier die europäischen Fehler nicht verschwiegen werden: Zu früh wurde die Währung eingeführt, zu ungleich sind die wirtschaftlichen Bedingungen in den Mitgliedsländern – viel zu früh werden aus politischen Gründen neue Mitglieder aufgenommen, die von Europa vor allem eins erwarten: Hilfe.

Nicht verschwiegen werden soll weiter, dass auch deutsche Staatsanleihen gekauft und der deutsche Staatshaushalt damit deutlich entschuldet wird. Das mag erklären, warum sich der Bundestag nichtmal mit dem Thema auseinandersetzt.

Insgesamt hat der Euro im 13. Jahr seiner Bareinführung vor allem eins erreicht: Er hat die einfachen Menschen um viel Geld gebracht. Immer neue Rettungsaktionen durch nationale Zahlungsverpflichtungen, immer neue Zinssenkungen, die sich fatal auf Sparkonten und Alterversorgung der Einzelnen auswirken. Wie soll man Politikern vertrauen, die so ein Konstrukt schaffen und uns allen Ernstes erklären, dass jetzt Banken Unternehmen wieder mehr Geld leihen, Unternehmen mehr Menschen anstellen und bessere Löhne zahlen, das Konsumklima gestärkt werde und damit das Wirtschaftswachstum alle glücklich mache?

Es ist an der Zeit, die Geißlein aus dem Bauch des Wolfes zu befreien.

Was wir da machen, wird kein gutes Ende nehmen. Der Euro ist ernster denn je in Gefahr, unterzugehen.

Wem das dann nützt: Dreimal dürfen Sie raten.

Siehe auch: EZB wird Bad Bank – und Deutschland wird zahlen 

und: Der Kampf um die neue Weltwährung ist in vollem Gang

Hintergrund: Endspiel in der EZB – Das alles ist nicht mehr kalkulierbar

Update: Staatsanleihen und ABS: EZB kauft Staatsanleihen und ABS für 60 Milliarden im Monat

Update: Mario Draghi lädt 1.140.000.000.000-Euro-Bazooka

Update: Neues Gesetz: Lebensversicherer müssen Auszahlungen stoppen

Update: US-Börsen feiern die EZB-Aktion

Update: S&P 500 Erases Loss for Year on Earnings, ECB Stimulus

Update: 3 reasons why the ECB stimulus matters

Update: How the ECB’s Bond-Buying Could Lift the Eurozone Economy

Update: How to invest in Europe now that the ECB has stepped up to the plate 

Update: Position der Gegner war „nicht mehrheitsfähig“

Update: Verlängerung schon angekündigt

Update: Draghis riskanter Psycho-Trick

Update: EZB-Wertpapierkäufe schwellen auf 1,5 Billionen Euro an

Update: Bereitet die EZB den Boden für den nächsten Crash?

Update: EZB kapituliert vor faulen Krediten

Update: Deutschland hat inzwischen eine Billion zuviel eingezahlt

Die Fed, die Zinsen, der Preis des Goldes und die Illusion eines freien Marktes

Hierzulande angesichts der Europa-Fragen weitgehend nicht berichtet wird über eine Diskussion, die sich am Dienstag nach dem Auftritt des Fed-Chefs Ben Bernanke vor dem Bankenausschuss des US-Repräsentantenhauses erheblich verschärft hat: Die Geldpolitik der amerikanischen Notenbank steht zunehmend in der Kritik – vor allem durch republikanische Abgeordnete. Der Hintergrund der Kritik ist schnell erklärt: Das US-Finanzministerium schöpft die Gewinne der Federal Reserve ab, muss aber auch für deren Verluste gerade stehen. Und die summieren sich.

Seit der weltweiten Finanzkrise 2007 bis 2009 senkte die Fed nicht nur die Zinsen auf faktisch null Prozent. Sie kaufte auch für sagenhafte 2,5 Billionen (2500 Milliarden !!!) Dollar  Hypotheken und Schatzpapiere auf, um die langfristigen Zinsen niedrig zu halten. Zurzeit kauft sie monatlich für etwa 85 Milliarden Dollar Bonds auf – alles mit dem erklärten Ziel, die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen und die Zahl der Arbeitslosen signifikant zu senken.

Auf die Frage, wie lange es wohl dauern werde, bis die US-Arbeitslosenquote von jetzt 7,9 auf wenigstens 6 Prozent sinke, nannte Ben Bernanke das Jahr 2016 – und erntete scharfe Kritik: Sollte das geldpolitische Konzept zusammenbrechen, bedrohen den Staat nicht nur ein Schuldenberg, sondern auch galoppierende Inflation und extrem steigende Schuldzinsen.  Dennoch verteidigte der Notenbankchef auch gegen anderslautende Überlegungen innerhalb seines Hauses die Niedrigzins-Politik: Jede Änderung sei wirtschaftlich kontraproduktiv – im Übrigen verfüge man über die nötigen Tools auszusteigen, wenn die Zeit dafür komme (Quelle: Financial Post).

Bloomberg News ließen nun eine Studie anfertigen, in der Stresstest-Bedingungen der Fed für die systemrelevanten  US-Banken auf die Notenbank selbst angewendet wurden. Das Unternehmen MSCI Inc. (MSCI), ein anerkannter New Yorker Finanzdienstleister, ermittelte erschreckende Zahlen: Innerhalb der nächsten drei Jahre könnte der Marktwert der Fed-Papiere um 547 Milliarden Dollar sinken. Dieser Verlust würde sich auf weniger als die Hälfte dessen, nämlich 216 Milliarden Dollar reduzieren, wenn die Rechnung Bernankes aufgehen und sich die Wirtschaftslage Schritt für Schritt erholen würde.

Da die Zentralbank ihr Portfolio nicht öffentlich macht, so Bloomberg News, sei dieser Verlust aber möglicherweise nur ein Teil dessen, was an Belastungen auf den Straat zukomme – denn die Fed könne nicht Pleite gehen und daher problemlos mit Verlusten in den Büchern weiter operieren. Bernankes Geldpolitik ist die aggressivste in der gesamten Geschichte der Notenbank. Ob dieser Weg, Wirtschaftswachstum zu fördern gerechtfertigt war, wird sich erweisen, wenn die Zentralbank aus ihrer Notfallpolitik wieder aussteigt – ein Thema, das intern bereits die Gemüter erhitzt. Ben Bernanke ist 59 Jahre alt, seine zweite vierjährige Amtszeit endet am 31. Januar 2014. Er hat bisher nicht erklärt, ob er noch einmal antreten will.

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Der Zusammenhang zwischen der Fed-Bilanz und dem Goldpreis ist traditionell sehr eng, stellt Forbes fest und bezieht sich auf eine Untersuchung des Macquarie Research Instituts.  Diese Studie hat ermittelt, dass mit jeder Steigerung der Fed-Bilanz um 300 Milliarden Dollar der Goldpreis um 100 Dollar je Feinunze steigt. Setzt die Notenbank also ihre Ankäufe in gleicher Höhe fort, weitet sich ihre Bilanz allein in den nächsten sechs Monaten um 765 Milliarden Dollar aus – der Preis des Goldes würde allein dadurch um 16 Prozent steigen. Bereits jetzt hat die Politik Ben Bernankes die höchsten Steigerungen im Preis des Edelmetalls in der Geschichte seines Instituts verursacht.

Steigerung des Goldpreises in Proz unter den letzten 4 Fed-Chefs

Nun ist die amerikanische Notenbank aber nicht allein mi ihrer Strategie. Die EZB hat sich inzwischen in ihre Spur begeben. Nachdem bekannt wurde, dass nicht nur Spanien in der Krise steckt, sondern auch die Wirtschaft im EU-Schwergewicht Frankreich stagniert, hat sich durch die Italien-Wahl die Gefahr der nächsten Euro-Krise erheblich verschärft. Die Sparpolitik Mario Montis wurde von den Wählern nicht honoriert – dazu kommt, dass die politische Patt-Situation jede Bewegung im Keim ersticken könnte.

Bisher vertrauen die Märkte auf das Wort Mario Draghis, wonach die EZB alles nötige unternehmen werde, den Euro zu retten. Die Verunsicherung der Investoren werde wohl nicht den Grad erreichen, den es im letzten Jahr gegeben habe. Das Staatsanleihen-Kaufprogramm der EZB dürfte eine solche Eskalation verhindern, zitiert denn auch am Mittwoch das Handelsblatt den Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier.  Der Mannheimer Wirtschaftsprofessor Hans-Peter Grüner hält es sogar für möglich, dass der Markt irgendwann die Reichweite der Versprechen der EZB testen werde.

Der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, mahnt an: Eine  stabile Regierung, die den Reformkurs entschlossen fortsetze, sei nicht nur für Italien wichtig, sondern auch für den Zusammenhalt des Euroraums.

Im Rahmen einer Rede in München, erklärte am Mittwoch auch EZB-Chef Mario Draghi, der Geldpolitik der Zentralbank seien klare Grenzen gesetzt. Die Regierungen des Euroraumes seien daher dringend gefordert, nationale Strukturreformen umzusetzen und eine stabile politische und wirtschaftliche europäische Union zu bilden (Quelle: Financial Times). 

Auch in Japan ist mittlerweile die Notenbank auf dem Weg, der hoch verschuldeten Regierung das Leben zu erleichtern. Unter anderem geht es um eine massive Ausweitung der Geldmenge – ein Problem, das auch die USA und der Euroraum haben. Die Wirkung solcher Maßnahmen ist rund um den Globus die gleiche: Kurzfristige Entspannung auf den Finanzmärkten scheint diese Politik zunächst zu rechtfertigen. Auch der Goldpreis, der nach der Italien-Wahl von 1585 auf fast 1620 Dollar pro Feinunze hoch geschnellt war, pendelte sich bereits zwei Tage später wieder bei rund 1610 Dollar ein. Positive Wirtschaftsdaten aus den USA verstärkten am Mittwoch den Trend.

Geldpolitik ist Vertrauenssache. Das gilt besonders kurzfristig.

Langfristig lohnt es sich allerdings auch zu rechnen.

Siehe auch:

Warum der Goldpreis fällt

Italien und Frankreich: Der lange Abstieg in die Depression

Noch keine Entwarnung in der Eurokrise

Update: US-Haushalts-Streit: Ausgabekürzungen treten in Kraft

Update: US-Banken lösen Goldpreis-Bremse

Update: El Erian warnt die Fed davor, einen Währungskrieg anzufachen

Update: Japanische Notenbank beschließt Geldschwemme

 

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Die Macht der Banken – und warum sie zerschlagen werden sollten

Banken arbeiten immer und ausschließlich im eigenen Interesse. Das eigene Interesse lässt sich leicht und klar formulieren: Sie möchten ein Maximum an Geld erwirtschaften, bzw. neu schöpfen. Deshalb vergeben Banken Kredite, besonders gern hohe, auch wenn die Rückzahlung nicht unbedingt sicher ist. Deshalb investieren Banken möglichst gewinnbringend, und sei es in Staatsanleihen bankrotter Länder, solange irgendwer dafür bürgt – um Beispiel die EZB. Banken tun alles, was das Gesetz nicht verbietet. Vor einer Gratwanderung in der Frage, was noch gesetzeskonform ist, scheuen sie umso weniger zurück, je höher die Gewinnaussichten sind.

Von Banken ein moralisches Gewissen zu verlangen ist etwa so sinnvoll, wie Raubkatzen zu Vegetariern erziehen zu wollen. 

Das ist die Botschaft einer Dokumentation des deutsch-französischen Fernsehsenders ARTE, die Anfang September ausgestrahlt wurde und auf großes öffentliches Interesse stieß. Die Original Dokumentation ist in Deutschland auf Youtube jetzt gesperrt, nachdem es eine Woche lang im Archiv des Senders online war. Eine gekürzte Fassung wurde in Österreich ausgestrahlt (ORF II).

Das Original-Video ist aber auch noch online und ohne Wechsel der ID bei disclose.tv zu sehen.

Besonders vor dem Hintergrund der jüngsten EU-Debatte um die Zerschlagung von Großbanken, bzw. Bankenkontrolle und  Bankenunion hat dieser Film eine brennende Aktualität, zeigt er doch, in welchem Ausmaß sich Banken bereits in der Politik etabliert haben und diese mit bestimmen.

Damit ist der Film gleichzeitig eine Warnung, genau zu prüfen, was Politiker als Ziele definieren, wie sie ihre Definition formulieren und wie die öffentlichen Medien dann darüber berichten.

Der einzige Weg, Banken daran zu hindern, unbegrenzt weiter Wirtschaft und Politik zugunsten ihres Profites zu manipulieren ist es,  ihre Macht zu verkleinern. In diesem Sinne hat eine EU-Expertengruppe diese Woche gefordert, die Geldhäuser in separate Einheiten aufspalten, um zu verhindern, dass die Steuerzahler bei der nächsten Finanzkrise wieder für die Bankenrettung in die Bresche springen müssen. Wenn große Geldhäuser wie die Deutsche Bank mit mehr als 15 Prozent ihres Vermögens selbst Handel treiben, sollten das Investmentbanking und das Privatkundengeschäft künftig in unabhängige Einheiten aufgeteilt werden, heißt es im Dokument, über das die «Süddeutsche Zeitung» bereits im Voraus berichtet hatte.

Das Papier über tiefgreifende Bankenreformen stammte aus der Feder von Experten um den finnischen Notenbankchef Erkki Liikanen und wurde mit Spannung erwartet. Das von EU-Kommissar Michel Barnier eingesetzte Gremium fordert demnach, dass die Banken riskante Spekulationsgeschäfte vom Konten- oder Kreditgeschäft mit Privat- und Firmenkunden trennen müssen. Damit könnten die Einlagen der Sparer nicht mehr herangezogen werden, um die riskanten Geschäfte abzusichern oder zu finanzieren. Allerdings sollen beide Geschäftsfelder innerhalb der Konzerne weitergeführt werden dürfen.

Verwirklicht die EU die Pläne des Gremiums, würde das Bankenwesen revolutioniert werden. Europas Regierungen hatten nach der Finanzkrise Hunderte Milliarden Euro in die Rettung des Bankenwesens gesteckt, um den Kollaps des gesamten Geldsystems zu verhindern. Mit einer Auftrennung der Bankbereiche könnte eine Regierung eine kränkelnde Sparte leichter pleite gehen lassen; das bisherige Argument, die Institute seien systemrelevant, würde wegfallen. Der Eigenhandel der Banken soll jedoch auf jeden Fall von Börsengeschäften für Kunden abgespaltet werden.

Die Expertengruppe sprach sich ausserdem dafür aus, dass die EU von den Instituten verlangt, mehr Kapital vorzuhalten, etwa zur Absicherung von Immobiliengeschäften. Auch für Bonuszahlungen von Bankmanagern soll es Regeln geben. Die gesamte ausgezahlte Summe dürfe die der gezahlten Dividenden nicht überschreiten. Geldhäuser sollten Boni ihrer Manager künftig teilweise in Bonds auszahlen.

In der Krise habe kein Geschäftsmodell der Banken besonders gut oder schlecht funktioniert, betonte Liikanen. Ursache für die Krise sei gewesen, dass die Banken zu risikoreiche Geschäfte eingingen und diese zu wenig absicherten.

Die Gruppe um den finnischen Notenbankchef war vor einem Jahr eingesetzt worden, um Europas Finanzsystem krisenfester zu machen. In welchem Zeitraum sich die Pläne umsetzen lassen, hängt von den Staats- und Regierungschefs ab. Zurzeit steht in Brüssel die Umsetzung einer europäischen Bankenaufsicht im Fokus. Bei der Finanzbranche stoßen diese Pläne naturgemäß auf wenig Gegenliebe. Sie kämpft laut der in Brüssel bereits dafür, dass Universalbanken als solche erhalten bleiben. Zusätzlich soll eine riskante Sparte erst abgetrennt werden, wenn sie zehn Prozent der Bilanzsumme eines Geldinstitutes ausmacht (Quellen: Süddeutsche und Tages-Anzeiger).

Haben solche Pläne überhaupt eine Chance?

Das darf getrost bezweifelt werden, wenn man sich ansieht, an welchen wichtigen Schnittstellen Ex-Banker allein von Goldman-Sachs inzwischen sitzen:

Die Eliteschmiede der Universalbank, die über ein Vermögen von 700 Milliarden verfügen soll und 30 000 Mitarbeiter rund um den Globus beschäftigt, wurde vor einiger Zeit auch von der Süddeutschen vorgestellt.  Eines steht jedenfalls spätestens nach dem Ansehen obenstehenden Videos fest: So lange kein gegenteiliger Beweis erbracht ist, darf man davon ausgehen, dass diese Männer ihrem ehemaligen Arbeitgeber auch nach ihrem Ausscheiden die Treue halten.

Zwar gibt es immer mal wieder Diskussionen um zweifelhafte Rollen von Banker-Politikern (wird in der Arte-Doku am Beispiel Amerikas aufgearbeitet), doch scheitern klare Regelungen zu Trennung von Banken und Politik an nicht vorhandenen Gesetzen. Freiwillige Selbstverpflichtung von Banken zu verlangen, wäre einfach nur naiv.

Hier ein Auszug aus einem Spiegel-Bericht zum Interessenkonflikt im Amt am Beispiel Mario Draghi:

„Das internationale Bankenseminar der Group of Thirty (G30) findet jedes Jahr zeitgleich mit dem Herbsttreffen von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank statt und ist nur für ausgewählte Besucher zugänglich. Hinter der G30 verbirgt sich ein Zusammenschluss führender Banker und Ökonomen, die nach eigenen Angaben Einfluss auf die Entscheidungen im Finanzsektor nehmen wollen. Prominente Mitglieder sind unter anderem hochrangige Vertreter von Goldman Sachs, Morgan Stanley und JPMorgan Chase International sowie ehemalige und amtierende Zentralbankchefs. Axel Weber, Ex-Präsident der Deutschen Bundesbank, gehört ebenfalls zu der einflussreichen Runde.

Seit vielen Jahren ist auch Mario Draghi Mitglied der G30. Daran änderte sich auch nichts, als Draghi im vergangenen Jahr zum Chef der Europäischen Zentralbank aufstieg. Die G30 kommentierte seinen Karrieresprung sogar euphorisch in einer Mitteilung: Draghi gehöre zu jenen Mitgliedern des Clubs, die eine noch herausforderndere Position in der Weltwirtschaft angenommen hätten.

Der EU-Ombudsmann Nikiforos Diamandouros hat Ermittlungen gegen Draghi aufgenommen und der Zentralbank einen verbindlichen Fragenkatalog zugeschickt. Bis zum 31. Oktober 2012 soll die EZB mitteilen, wie sie Draghis Rolle in der G30 bewertet und ob sie in seiner Mitgliedschaft einen Interessenkonflikt sieht.

Kenneth Haar, dessen Verein Corporate Europe Observatory die Beschwerde beim EU-Ombudsmann eingebracht hat, sieht einen klaren Interessenkonflikt zwischen Draghis Mitgliedschaft in der G30 und dessen Amt: „Die EZB nimmt in eine immer größer werdende Rolle bei der Bankenregulierung ein“, sagt Haar. „Es sollte uns Sorgen bereiten, dass ausgerechnet ein Mitglied der G30 ihr Chef ist.“ Die Zentralbank bestätigte, dass die Fragen des Ombudsmanns bei ihr eingegangen seien, wies die Vorwürfe eines Interessenskonfliktes jedoch zurück.“

Wie schwer die komplexe Materie durchschaubar ist, zeigt ein heutiger Artikel der Zeit (Auszüge):

„Der mächtigste Mann Europa sei Mario Draghi, hieß es im September. Andere nannten den EZB-Chef den den neuen Kanzler Europas – eine Anspielung auf die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die vielen als die mächtigste Frau Europas gilt. Draghi hatte da gerade angekündigt, die Notenbank werde unbegrenzt Anleihen der Krisenländer kaufen. (…) In Wahrheit beschränkte der Notenbankchef aber selbst seinen Einfluss, indem er ihn von der Politik abhängig machte. Die EZB werde den Staaten in Not nur beispringen, wenn diese sich unter den europäischen Rettungsschirm begäben, kündigte er an. (…) Es sind die Euro-Finanzminister, die entscheiden, ob Hilfe aus dem ESM gewährt werden soll. Der Bundestag oder sein Haushaltsausschuss segnen jeden einzelnen Beschluss ab. Für den Fall, dass ein Land die ESM-Vorgaben akzeptiert, sie aber später doch nicht erfüllt, gibt es allerdings keine klar definierten Sanktionen – außer der Drohung, die Auszahlung der Hilfskredite zu stoppen.“

……      Immerhin weiß die Zeit uns zu sagen, welche Betriebsamkeit in den nächsten Tagen ansteht:

„Am 18. und 19. Oktober tagen in Brüssel die EU-Regierungschefs. Dann wollen sie auch über die Neuordnung der Europäischen Währungsunion beraten. Griechenlands Regierungschef Samaras will seinen Kollegen außerdem am liebsten ein neues Sparprogramm präsentieren, das sein Parlament abgesegnet hat.

Zehn Tage vorher kommen die Euro-Finanzminister in Luxemburg zusammen. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker will die Gelegenheit nutzen, um am 8. Oktober erstmals auch den ESM-Gouverneursrat einzuberufen. Damit träte der ESM offiziell in Kraft.

Die Finanzminister selbst werden vermutlich unter anderem darüber beraten, wie Europa seine Banken besser unter Kontrolle bringen kann. Das ist neben der Lage in den südlichen Ländern der EU das zweite große Thema, über das die Politik derzeit diskutiert. Im Gespräch sind Vorschriften zu mehr Eigenkapital, eine strengere Haftung für Banker, ein europäischer Bankenfonds für den Pleitefall und eine gemeinsame Aufsicht inklusive Einlagensicherung und Hilfen aus dem Rettungsfonds (Bankenunion). Angeblich sind die Pläne zur Bankenunion besonders weit gediehen. Doch die Finanzminister waren sich auf ihrem letzten Treffen in Nikosia noch nicht einig, wie sie funktionieren soll. Gerade hat die Kommission zudem konkrete Pläne vorgelegt, die Banken zu zerschlagen. Wie viel das helfen würde, ist umstritten.

Auch auf der Jahrestagung von IWF und Weltbank vom 11. bis 14. Oktober in Tokio wird die Eurokrise eine Rolle spielen. Der IWF, der zusammen mit der EZB und der EU-Kommission als Troika prüft, ob die Krisenländer ihre Sparauflagen einhalten, zögert, weitere Hilfe zu leisten. Außerdem fordert er angeblich einen zweiten Schuldenschnitt für Griechenland.“

Soweit die Zeit.

Die Welt textet nach der heutigen Entscheidung der EZB, ab sofort Staatsanleihen zu kaufen, aus meiner Sicht ausgesprochen kurzsichtig:

„Europa steht jetzt dort, wo die USA und Großbritannien schon lange stehen: Der Krisenkontinent hat eine Notenbank, die bereit ist, Geld zu drucken, damit die Staatengemeinschaft ihre Investoren auszahlen kann. In einem angelsächsisch geprägten Finanzmarkt ist das zunächst einmal ein Vorteil.

Aber ebenso wie Amerikaner und Briten harren der Europäer gewaltige Aufgaben, die sie bislang nur zum Teil angegangen sind und die sich nicht in ein oder zwei Jahren erledigen lassen. Neben all den Sparmaßnahmen brauchen Portugal und Spanien Reformen, die zum Aufbau wettbewerbsfähiger Industrien führen. Die Länder müssen ihre Arbeitsmärkte öffnen, so dass junge Leute Jobs finden. Letzteres gilt auch für Italien. Erst wenn die Wirtschaft dieser drei Länder wächst, werden sie die Krise überwinden.“

Um das Maß voll zu machen, gab es noch eine interessante Nachricht der FAZ:

„Der Euroraum soll künftig mit einem eigenen Budget ausgestattet werden. Mit der angestrebten intensiveren Kooperation der Staaten innerhalb des Euroraums müsse die Gemeinschaft auch über Solidaritätsinstrumente wie ein gemeinsames Budget reden, heißt es in einem Entwurf der Ratspräsidentschaft für die Schlussfolgerungen des Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs Mitte Oktober in Brüssel.

Dazu gehöre auch, zu prüfen, wie der Euroraum die nötigen Reformen in kriselnden Eurostaaten durch begrenzte, vorübergehende, flexible und gezielte finanzielle Anreize unterstützen könne.“

Die Banken können also zufrieden sein. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, bleibt ihre Finanzierung gesichert, bis das gesamte Währungssystem zusammenbricht.

Update: EZB kauft ab sofort Staatsanleihen

Update: Bankenaufsicht Bafin findet Idee der Bankenzerschlagung bedenkenswert 

Update: Goldmann-Sachs macht im dritten Quartal 2012 1,5 Milliarden Gewinn 

Update: Die deutsche Bank ist eines der vier gefährlichsten Institute für die Weltwirtschaft 

Update: Die Vergangenheit holt Goldmann-Sachs wieder ein

Update: EU-Kompromiss zur Bankenunion 

Update: Die leeren Versprechungen der Bankenretter

Inflation kommt: Bilderberger in der EZB?

Jochen Stanzl ist Chefredakteur des renommierten Newsletters Rohstoff-Report und Mitbegründer der BörseGo AG. Er führt de Geldpolitik der Federal Reserve und der EZB auf die Idee des Nobelpreisträgers Paul Krugmann zurück. Die These von Krugman, und er sieht sich hier durch interne Studien von Goldman Sachs in seiner Meinung bestärkt, ist: Die Geld- und Wirtschaftspolitik muss für weitaus mehr Schulden sorgen als bislang, um das zu erzeugen, was der Weltwirtschaft fehlt: Neue Nachfrage. Man geht davon aus, dass eine sehr lockere Geldpolitik auch dann angebracht sein wird, wenn sich die Konjunktur eine bedeutende Zeit lang bereits erholt hat.

Die Konsequenz dieser Politik, so Stanzl, ist eine Umverteilung von Vermögen weg von den Sparern und hin zu den Schuldnern. Klicken Sie auf das Bild um das Video zu sehen.

Siehe auch: Pimco-Chef ist sicher: Notenbanken pumpen weiter

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