Schlagwort: Männer

Wenn die Stunde schlägt: Gudrun ist tot…

Ich traf sie regelmäßig im Thermalbad Traben-Trarbach, dessen außergewöhnlich warmes Wasser bei chronischem Schmerzen heilend wirkt. Dorthin kam Gudrun immer mit ihrer Schwester Wilma. Wilma fährt trotz ihrer 87 Jahre zackig Auto: Einmal wären wir uns fast die die Haare geraten, weil sie mir ruck-zuck den letzten Parkplatz weggeschnappt hatte.

Gudrun und Wilma machten Wassergymastik bei der Rheuma-Liga und nahmen jeden Montag an ihrem Kurs teil. Gudrun fiel mir sofort ins Auge: Klein, gedrungen, rund um den Kopf abgeschnittene glatte Haare, die auch mit 85 noch nicht weiß waren, unter dem Pony wache, lebendige Augen. „Wir sagen doch du“, lachte sie  verschmitzt nach dem zweiten Gespräch, in dem wir ausführlich über altes Leinen geredet hatten. Fortan standen wir regelmäßig nach dem Ende des Gruppentrainings am Beckenrand, wo ich Gudruns und Wilmas Erzählungen folgte.

Echte Hunsrückerinnen, wie es heute nicht mehr viele gibt, sind die beiden. Wie die Frauen im Dorf meiner Kindheit arbeiten sie lebenslang viel und mit Freude, wahren die Traditionen, haben einen scharfen Blick auf das Zeitgeschehen und einen trockenen, manchmal bissigen Humor. In ihrer Jugend arbeiteten die Schwestern in den Steillagen der Mosel-Weinberge. Über den Weinbau lernten sie ihre Männer kennen, denen sie bis zuletzt von Herzen zugetan waren. „Mein Mann ist vor zehn Jahren an Krebs gestorben,“ berichtete Gudrun. Wilma nickte: Ihrer auch.

„Im Jahr bevor mein Mann starb, haben wir im Wald noch 30 Meter Eichen-Brennholz gemacht. Die meisten mögen ja keine Eiche wegen der unebenen Rinde – aber wir fanden sie toll. Wir haben alle Arbeiten gemeinsam  erledigt, uns daran erfreut, dass wir zusammen sein konnten. So war es  immer schön,“ schwärmte Gudrun. Bis jetzt reichten die 30 Raummeter, nun sind sie so gut wie verbraucht. Der Ehemann hatte eine Holz-Schneide- und Transportmaschine gebaut, die seiner Gudrun das Brennholz fertig zur Verwendung direkt an die Haustür brachte. Darauf war sie stolz: „Er konnte alles, mein Mann,“ pflegte sie zu sagen, und die dunklen Augen blitzen. „Ich habe den Kindern gesagt: Wozu braucht ihr eine Zentralheizung? Praktischer als so geht es doch gar nicht“…

Mit ausgeprägtem weißem Hautkrebs an den Unterarmen kämpften beide Schwestern. „Das ist von den Jahren in Wingert,“ sagte Wilma, und Gudrun pflichtete bei. Mit  75 und 77 Jahren haben sie die harte Arbeit dort eingestellt. „Aber mir brennt immer noch das Herz, wenn es an der Zeit ist; ich würde am liebsten wieder mitmachen,“ pflegte Gudrun zu sagen – und Wilma nickte.  Gudrun besiegte die tückische Krankheit Lymphdrüsenkrebs, überstand die Chemo, behielt ihre Lebensfreude und machte fleißig Gymnastik im Wasser des Thermalbades und der Turnhalle ihres Heimatortes – auch da natürlich zusammen mit Wilma. 

Von der Trockengymnastik gingen sie letzten Mittwoch um 14.30 Uhr gemeinsam nach Hause: Wilma wohnt nur einen Kilometer von Gudrun entfernt. Zwei Stunden später ein Anruf: Gudrun, in höchster Not, bat Wilma,  sofort zu kommen. Vor Bauchschmerzen schreiend brachte sie der  Rettungsdienst ins Krankenhaus:  Die Bauchaorta war verstopft. Im Krankenhaus folgte der tödliche Herzschlag: Infarkt von Vorder- und Hinterwand. Zwei Stunden nach der Einlieferung war Gudrun tot.

Einfach so. 

Gestern traf ich Wilma im Thermalbad. Noch zerbrechlicher als vorher, noch schmaler das Gesicht.

„Gudrun ist tot. Gut dass wir nicht vorher wissen, wann es passieren wird,“ sagte sie, und rund um die blassen Wangenknochen formten sich rote Flecken. 

Manipulation: Einfach, wenn man weiß, wie’s geht – und sehr wirkungsvoll…

„Errege nicht das Misstrauen einer Frau – du wirst sie niemals mehr täuschen können.“

Ein kluger Mann hat das vor drei Generationen der CIA sogar schriftlich gegeben: Es war kein geringerer als der große Illusionist John Mulholland (1898 – 1970). Der musste es wissen – Er war verheiratet und unterhielt über Jahrzehnte ein Verhältnis zu seiner Sekretärin.  Der Sohn eines Anlagebetrügers im großen Stil war ein begnadeter Illusionist und wurde bereits mit 16 Jahren in die amerikanische Brüderschaft der Magier aufgenommen, wo er beim großen Zauberer Robert Houdin in die Lehre ging. Später hat der Mann die CIA in allem beraten, was man so wissen muss, wenn man Feinde aus dem Weg räumen will: Wie transportiert man tödliche Nadeln in Münzen – wie schüttet man seinem Gegenüber Gift ins Getränk, ohne dass das Opfer es bemerkt – wie verdreht man die Sicht der Öffentlichkeit auf die Frage, wer von zwei Kriegsparteien die Wahrheit spricht und wer nicht….

Merkwürdige Aktualität erreicht das Thema gerade in der Ukraine-Krise. Deshalb soll es auch noch einmal genauer unter die Lupe genommen werden: Auslöser ist eine Bildtafel im aktuellen Handbuch: „The Art of Deception„:

25-02-2014 21-29-13

„The Art of Deception“ – „Die Kunst des Betrugs“ heißt das Handbuch, das durch Edward Snowden in diesen Tagen in Form einer Power Point Präsentation bekannt wurde. Das ist kein neuer Titel, sondern ein sehr alter: Faktisch handelt es sich um die moderne Ausgabe eines Werkes von John Mulholland, das 1973 spurlos verschwand, 2003 wieder auftauchte und heute ganz normal für ein paar Euro bei Amazon erworben werden kann: „The offical C.I.A Manual of Trickery and Deception“  ist einer von mehreren Vorläufern des heutigen Handbuches und stammt aus der Zeit des kalten Krieges.

Marita Lorenz, Tochter des aus Bad Münster am Stein stammenden Kapitän Lorenz, hat in ihrem Buch „Lieber Fidel“ anschaulich beschrieben, wie es in den 60er Jahren beim US-Geheimdienst zuging: Die damals 19Jährige hatte 1959 eine Affaire mit dem kubanischen Revolutionär Fidel Castro, wurde ein knappes Jahr später zwecks einer Zwangsabtreibung verschleppt, später von der CIA rekrutiert und nach Kuba zurückgeschickt, um Castro zu ermorden. Die dazu nötigen Giftpillen versteckte sie in einem Creme-Tigelchen. Nachdem sie es nicht fertiggebracht hatte, den Mann ihres Herzens zu meucheln, wurde sie vom Geheimdienst in immer neue Aktionen gebunden, kannte unter anderem auch den Mörder Kennedies, Lee Harvey Oswald.

Mulholland hat in seinem Buch ein ganzes Kapitel den Besonderheiten bei Frauen, sprich: weiblichen Agenten gewidmet. Darin kommt auch das Thema Kosmetik ausführlich vor. John Mulholland hatte übrigens auch dezidierte Meinungen zu Themen wie Hypnose oder Hellsehen – letzteres mündete einige Jahrzehnte später in das CIA-Projekt Remote Viewing.

Sein großes Vorbild, Jean Robert Houdin, der „große Houdini“, hatte sich bereits im 19. Jahrhundert einen Namen beim französischen Geheimdienst gemacht, der sich mit Aufständen im kolonialisierten Algerien herumschlug. Houdin überzeugte die Algerier mit Hilfe von Zaubertricks erfolgreich von der französischen Übermacht.

Ganz in diesem Sinne agierte auch der britische Zauberer Jasper Maskelyne, dem der deutsche „Wüstenfuchs“, Generalfeldmarschall Rommel die entscheidende Niederlage bei El Alamein zu verdanken hat. Maskelyne, der einer britischen Illusionisten-Familie entstammt, täuschte die Deutschen immer wieder in großem Stil. So verhinderte er beispielsweise die Zerstörung einer großen Zahl alliierter Kriegsschiffe im Hafen von Alexandria, indem er eine täuschend ähnliche „Doublette“ des Hafens einige Kilometer weiter etablierte. Durch Licht-Spiegelungen tarnte er den Suez-Kanal erfolgreich vor den nächtlichen Angriffen auf dort verkehrende Versorgungsschiffe und hielt so die Nachschubwege für die Alliierten offen. Vor El Alamein vermittelte er den Deutschen, General Montgommery wolle aus Süden angreifen. Tatsächlich kamen dessen Truppen dann jedoch aus Norden und schlugen die Deutschen vernichtend. Um Panzer zu verstecken, „verpackte“ Maskelyne sie täuschend echt als harmlose Lkw. Er vergaß dabei nicht einmal, die Kettenspuren, die man vielleicht von oben im Sand hätte erkennen können, durch Reifenspuren zu ersetzen… In Youtube gibt es eine dreiteilige Video-Dokumentation über Maskelynes Aktivitäten. Hier Folge drei:

Nur wenige Medien haben sich die Mühe gemacht, ausführlich den Einsatz von Illusionisten für Geheimdienste zu dokumentieren. Eine Ausnahme ist hier Telepolis. Der Autor Markus Kompa hat sich gleich mehrfach damit auseinandergesetzt.

Noch ein paar Stichworte finden sich im aktuellen britisch-amerikanischen Täuschungs-Handbuch, deren Nachverfolgung sich lohnt: So fällt etwa der Name Cialdini. Dr. Robert Cialdini ist einer der ganz erfolgreichen Erforscher menschlicher Verhaltensweisen. Seine Ergebnisse vermarktet er weltweit in seinem Unternehmen Influence At Work. Dabei betont er immer wieder, dass Manipulationsmethoden nur „zum Guten“ verwendet werden sollten – eine Aussage, die bereits ohne weitere Kommentierung für sich selbst spricht. Cialdini ist ebenfalls vielfach mit kurzen und längeren Vorträgen in Youtube zu finden. Hier ein Beispiel, wie er über die wesentlichen menschlichen Verhaltensmuster referiert:

Die deutsche „Päpstin“ Vera F. Birkenbihl, deren Vorträge meist sehr lang, dafür aber derart voll geballter Information sind, dass sie Lehrbücher beinahe ersetzen, bezieht sich in ihrem hörenswerten Referat „Menschen beeinflussen“ immer wieder auf Robert Cialdinis Forschungsergebnisse.

Im Grundsatz geht es bei der mentalen Beeinflussung von Menschen immer nur um zwei Ziele: Entweder soll ein seelisches Problem therapiert werden – das ist der seltenere – oder der Einflussnehmende will einen persönlichen Vorteil erreichen. Dies kann ein durchaus legitimes Ziel sein, wenn man beispielsweise die Arbeit in einem Team positiv beeinflussen, oder eine Werbekampagne zu besserem Erfolg führen möchte. Es wird jedoch sehr schnell zu einer Gratwanderung. Die beginnt ganz subtil bei einer völlig normalen Unterhaltung – etwa zwischen Mann und Frau – zum Beispiel im Internet. Hier schließt sich ein Kreis: Wir sind wieder bei der modernen „Kunst der Täuschung“.

Wo finden wir nun die Hilfsmittel, um die Methoden des Geheimdienstes zu erkennen (anzuwenden…)?

Ganz einfach: im NLP, der neurolinguistischen Programmierung. Die Grundausbildung zum „Practinioner“ ist bereits nicht ganz billig. Um die Methoden kennenzulernen, genügt es jedoch, sich ein Buch anzuschaffen, zum Beispiel NLP – das WorkBook. Hier finden sich Übungsbeispiele zu hypnotischen Sprachmustern, wie sie etwa in der Milton-Methode angewendet werden. Milton H. Erickson (1901 – 1980) war einer der bedeutendsten Wegbereiter der heutigen Hypnosetherapie.

Mit Hilfe von NLP kann man Menschen auch in eine leichte Trance versetzen, die mit Tiefenhypnose wenig gemeinsam hat. In dieser Trance, deren sich der Betroffene möglicherweise nicht einmal bewusst ist, ist es aber möglich, jemanden zu bestimmten Lösungen zu führen, die er im Normalzustand nicht selbst entwickeln würde. Das oben zitierte NLP-Workbook zeigt verschiedene Modelle, Methoden und Strategien dazu auf.

Manipulation ist also durchaus kein Hexenwerk – zumal man sie im besten Sinn verwenden kann, um Menschen zu heilen, Arbeit und Beziehungen erfüllter zu gestalten. Dennoch kann die Kenntnis ihrer Methoden auf gleich zweifache Weise eine teuflische Wirkung entfalten: Erstens setzt sie beim Anwender große charakterliche Stabilität voraus, denn er wird der immerwährenden Versuchung ausgesetzt sein, seine Kenntnisse zum eigenen Vorteil UND zum Nachteil anderer einzusetzen. Die noch weitaus teuflischere Wirkung wird erst auf den zweiten Blick offenbar: Ein Mensch, der weiß, wie einfach Andere manipulierbar sind, kann in tiefem Misstrauen gegenüber allen anderen Menschen gefangen bleiben. Da die Methoden der Manipulation sehr subtil sein können, weiß er ja nie wirklich, ob sein Gegenüber nicht versucht, auch ihn zu beeinflussen….

Hier schließt sich ein weiterer, wenig erfreulicher Kreis:  John Mulholland, der davor gewarnt hatte, das Misstrauen einer Frau zu erregen, hat möglicherweise zu kurz gegriffen. Auch Männer, die „zu viel“ wissen, können unheilbar misstrauisch werden. So misstrauisch, dass sie echte Sympathien ihres Gegenübers von ihren eigenen Ängsten nicht mehr unterscheiden können.

Siehe auch:

Manipulation in Sprache und Inhalt: Wie informiere ich mich?

Wie manipuliert man Menschen?  

Nein, das ist kein Film: Wir werden wirklich überwacht!

Update: Putins Medien-Coup gegen den Westen in Sachen Krim

Update: Britischer Geheimdienst kann Meinung im Internet technisch manipulieren

 

Die Entwicklung des Internets innerhalb von zehn Jahren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Siehe dazu auch: Frauen übernehmen das soziale Internet – eine Analyse der Nutzer-Strukturen