Schlagwort: Kapitalströme

„Die nationale Geldschöpfung zersetzt den Euroraum“

Wenn jeder macht was er will – oder was die Wähler wollen, um ihn wieder zu wählen – kann kein gemeinsames Stück entstehen. Eine Währungsunion erfordert vergleichbare wirtschaftliche Ausgangslagen und Disziplin in der Einhaltung der gemeinsam festgelegten Prinzipien, wenn sie funktionieren soll. So kann man in einfachen Worten zusammenfassen, was  die beiden renommierten Wirtschafts-Experten Dr. Stefan Kooths und Björn van Roye auf sieben Seiten ausführen.

Sie haben in einer Analyse  dargelegt, warum die derzeitige „Stabilitätspolitik“ der EZB und die geplante des ESM ohne begleitende wirtschaftspolitische Maßnahmen dazu führen wird, dass der Euro zerbricht. Ihr Ergebnis: Wenn kein vereinigtes Europa die Mitgliedsländer zu einem vergleichbaren Status zwingt, kann die gemeinsame Währung nicht gehalten werden.. Hier Auszüge aus der Studie:

„Die geldpolitische Ausnahmesituation, in die das Eurosystem geraten ist, kann nicht beliebig lang strapaziert werden. Die notwendigen ordnungspolitischen Reformmaßnahmen sollten daher nicht irgendwann, sondern müssen schnellstmöglich umgesetzt werden. Je länger die Geldpolitik im Krisenmodus verharrt, desto stärker werden die zentrifugalen Kräfte innerhalb der Währungsunion (Spannungen zwischen Überschuss- und Defizitländern) und desto größer wird die Gefahr, dass die Glaubwürdigkeit der monetären Instanzen in Frage gestellt wird.

Im Kern läuft der Missbrauch des Notenbankmonopols immer darauf hinaus, die Zentralbankgeldschöpfung über die Bereitstellung eines universellen Zahlungsmittels hinaus zur Finanzierung von güterwirtschaftlichen Transaktionen heranzuziehen und damit in die Kapitalmarktströme einzugreifen..(…)

Ein solcher Fall ist derzeit in der Europäischen Währungsunion (EWU) zu beobachten. Zentralbankgeld wird in den verschiedenen Mitgliedsländern zu unterschiedlichen Konditionen unbegrenzt bereitgestellt. Damit gehen fortdauernde Zahlungsbilanzungleichgewichte innerhalb des Währungsraums einher. (…) Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Euro, der in einem Land nicht geschöpft wird, kann von dort auch nicht abfließen. Kritikwürdig ist daher das zugrundeliegende monetäre Regime, nicht das Verrechnungssystem, das nur als Ausführungsorgan wirkt. (…)

In dem Maße, wie es über die nationale Geldschöpfung in der EWU zu einer Zahlungsbilanzfi nanzierung über das Eurosystem kommt, werden die intertemporale Budgetrestriktion und somit die Allokationsfunktion des Kapitalmarktes außer Kraft gesetzt; es kommt zu Leistungstransaktionen, für die es am Markt keine Finanzierungsbereitschaft gibt und ein Teil des Kapitalmarktrisikos wird sozialisiert. Dies ist ein gravierendes Problem für das Funktionieren einer Marktwirtschaft. Ohne eine bindende Ressourcenrestriktion laufen Preissignale ins Leere und ein harmonisches wirtschaftliches Verhalten dezentral agierender Marktteilnehmer wird unmöglich. (…)

Im Zuge der Zahlungsbilanzfinanzierung werden Forderungen des Privatsektors, die dieser nicht (mehr) als vertrauenswürdig einstuft, nach und nach auf das Eurosystem abgewälzt. Dies führt dazu, dass die europäischen Steuerzahler über das Notenbanksystem in eine Haftung hineingezogen werden, der sie sich nicht entziehen können. Im Gegenzug werden Anleger aus dem Risiko entlassen. (…)

Eine Wirtschafts- und Währungsordnung, deren Grundpfeiler im Ernstfall außer Kraft gesetzt werden, ist keine. Dass die Geldpolitik über einen mehrjährigen Zeitraum im Krisenmodus operiert, ist ein klares Indiz für Probleme, die von einem unzureichenden Ordnungsrahmen herrühren. Die Regeln für das Geld- und Kreditwesen müssen sich gerade in schwierigen Zeiten bewähren und insbesondere einen Missbrauch des Notenbankmonopols unterbinden. Finanzmarktstabilität ist eine zentrale Voraussetzung für das Funktionieren einer Geldwirtschaft, sie lässt sich aber auf Dauer nicht durch eine immer großzügigere Bereitstellung von Zentralbankgeld gewährleisten. (…)“

Der komplette Text als pdf steht hier.  Die Quelle: Wirtschaftsdienst

Update: Und bist du nicht willig…