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Menschenleben zählen im Krieg nicht – weder in Russland, noch den USA, in China oder Arabien

Nach wochenlangen Angriffen auf die Ukraine stellt sich heraus: Russland kommt nicht wie geplant voran. Die russische Truppe hat eine niedrige Kampfmoral, der Nachschub klappt nicht so recht, und die Ukraine, die vom Westen mit Waffen inzwischen regelrecht überschüttet wird, wehrt sich in Teilen erfolgreich. Obwohl inzwischen mehr als vier Millionen Einwohner – vorrangig Frauen und Kinder – nach Westen geflohen sind, ist der Wille zum Widerstand im Land ungebrochen. Dazu trägt Präsident Selensky höchst erfolgreich bei. Der Mann, der inzwischen mehr als ein Dutzend Mordversuche überlebt hat, führt einen bisher einmaligen Kommunikationskrieg über die sozialen Medien. Täglich richtet er sich an die Soldaten und alle Einwohner des Landes mit aufmunternden Worten. Er und seine Botschafter heizen dem Westen auf eine Weise ein, die nichts mehr mit Diplomatie zu tun hat. „Wir kämpfen für den gesamten Westen“ ist das Motto, und jedes Land wird einzeln aggressiv verbal angegriffen, damit es sich bewegt und mehr gegen diesen Krieg unternimmt.

Tausende Tote hat der inzwischen gefordert, und die Wut Wladminir Putins wächst stetig. Die Regionen entlang der nordöstlichen, östlichen und südlichen Grenze der Ukraine sind unter Dauerfeuer, und längst nehmen die Soldaten dort keine Rücksicht mehr auf die Zivilbevölkerung. Gezielt werden Wohnsiedlungen, Krankenhäuser, Schulen und andere Einrichtungen der Infrastruktur ebenso wie einfache Leute angegriffen. Das ukrainische Internet funktioniert nicht mehr. Milliardär Elon Musk sorgt für Abhilfe: Er stellt sein Satelliten-Netz Starlink zur Verfügung und schaffte innerhalb kürzester Zeit Container voller Receiver ins Land. Beim russischen Überfall kamen sowohl international geächtete Streubomben, als auch Thermobomben und die nicht abwehrbaren russischen Hyperschallraketen zum Einsatz. Seit Wochen ist die Küstenstadt Mariupol eingeschlossen und total zerbombt. Evakuierungskorridore werden, wenn überhaupt, nur Richtung Russland geöffnet. Ohne Heizung, Wasser, Strom und Nahrung harren in der zerstörten Stadt noch immer über 100 000 Einwohner aus.

Seit dem ersten Aprilwochenende hat sich die russische Armee aus dem Großraum Kiev zurückgezogen. Die zerstörten umliegenden Orte offenbaren ein Bild des Grauens: Hunderte gefolterter und getöteter Zivilisten liegen auf den Straßen herum. Im Ort Butscha ist es besonders schlimm. Während der Westen in höchster Aufregung weitere strengste Sanktionen fordert, behauptet die russische Regierung, die Toten seien gestellt, so wie viele andere Szenarien der letzten Wochen Teil der ukrainischen Propaganda. Russland eröffnet seinerseits ein Strafverfahren gegen das ukrainische Militär, nachdem Hubschrauber ein Öllager bei der grenznahen russischen Stadt Belgorod in Brand gesetzt haben…

In Panik haben in der vierten Kriegswoche die russischen Soldaten die Region rund um das Katastrophen-Kraftwerk Tschernobyl verlassen. Als sie sich befehlsgemäß rund um den havarierten Atommeiler in den verseuchten Boden eingruben, erlitten sie Strahlenschäden. Ein halbes Dutzend russischer Generäle sind inzwischen gefallen. Der Frust in der Truppe ist hoch: Ein Verband hat den eigenen Kommandeur mit dem Panzer überfahren, nachdem die Brigade hohe Verluste erlitten hatte. Die Soldaten plündern Lebensmittelgeschäfte und vergewaltigen systematisch Frauen.

Der Handel der Ukraine ist durch die Blockade der Häfen durch Russland massiv eingeschränkt. Die Angreifer haben außerdem das Asowsche Meer vermint. Mehrere treibende Seeminen sind vor der Küste der Türkei aufgetaucht. Korridore für die Handelsschiffe werden nicht freigegeben. Da die Frühjahrsaussaat in weiten Teilen des Landes nicht ausgebracht werden kann, drohen nun Hungersnöte vor allem in ärmeren Staaten Afrikas, die von günstigen Weizen-Einfuhren abhängig sind.

Die EU und die USA haben massive Finanzsanktionen gegen Russland ausgesprochen. Das Auslandsvermögen in Höhe von etwa der Hälfte der Staatsreserven ist eingefroren, das Land ist so weit von Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen, dass es gerade noch möglich ist, Öl- und Gasimporte zu bezahlen, die noch den ganzen März über unverändert fließen. Putin versucht, mit Gegenmaßnahmen den wirtschaftlichen Kollaps zu verhindern. Dann verlangt Putin die Zahlung der Energieimporte in Rubel, was die EU geschlossen ablehnt. Die Energieimporte werden rückwirkend bezahlt, so dass zu befürchten war, dass Öl und Gas nicht weiter fließen. Der deutsche Wirtschaftsminister Habeck rief also die erste von mehreren Warnstufen für den Gas-Notfallplan aus, und die deutsche Wirtschaft reagierte höchst alarmiert. Ein plötzlicher Stopp der Gas-Lieferungen, so eine DIW-Studie, würde Deutschland in eine zehnjährige Rezession treiben. Schon jetzt haben Hamsterkäufe dafür gesorgt, dass in den Supermärkten seit Wochen weder Sonnenblumenöl, noch Mehl zu finden ist.

Die Inflation in Deutschland hat im März die 7 Prozent-Grenze überschritten. Die Lebensmittelpreise steigen, der Handel erwartet Erhöhungen um bis zu 50 Prozent. Die Chemieunternehmen weisen darauf hin, dass, falls sie im Notfall kein Gas bekommen, sich dies an zahlreichen Produkten des Alltags zeigen werde, wie beispielsweise Shampoo. Die Bauern schlagen Alarm, weil auch russische Düngemittel von den Sanktionen betroffen sind. Das Problem ist so groß, dass die USA, die weltweit allen anderen Ländern mit Konsequenzen drohen, falls sie die Sanktionen umgehen, ihrerseits klammheimlich den russischen Dünger von der Liste nehmen. Um die Bevölkerung von völlig ungewohnt steigenden Preisen an den Tankstellen zu entlasten, entscheidet Präsident Biden außerdem, in der nächsten Zeit täglich eine Milliarde Barrel Öl aus der strategischen Reserve freizugeben.

Öl erreicht am Welt markt Preise von zeitweise 130 Dollar pro Barrel, die Dieselpreise an deutschen Tankstellen steigen bis auf 2,40€ pro Liter; haben sich damit gegenüber den Jahresbeginn verdoppelt. Die europäischen Regierungen reagieren schnell, die deutsche wie immer sehr langsam und viel zu schwach: Während die Gaspreise sich inzwischen verdreifacht haben, will die deutsche Regierung ein Energiegeld von 300 Euro pro Person und 100 Euro pro Kind auszahlen, das zu versteuern ist. Rentner bekommen nichts. Dazu soll es – aber nicht sofort – drei Monate lang ein ÖPNV-Ticket für 9 €/Monat geben – das auf dem Land so gut wie gar nichts nützt. Benzin und Diesel sollen drei Monate lang subventioniert werden, Benzin etwa doppelt so hoch wie Diesel.

Robert Habeck ist krisendiplomatisch in Arabien unterwegs, um neue Lieferanten für Öl und Gas zu finden, denn der Druck auf Europa, Energieimporte aus Russland zu kappen, steigt. Immer wieder wird jetzt wieder ein „vorübergehendes“ Tempolimit gefordert. Die Grünen betonen, dass der dauerhafte Ausweg ohnehin nur die erneuerbaren Energien seien. Die EU diskutiert, gemeinsam neue Einkaufsmöglichkeiten für Öl und Gas zu finden. Deutschland und wenige andere Staaten blockieren einen gemeinsamen Einkaufsstopp von Öl und Gas in Russland – mit Mühe einigt man sich auf den Importstopp von Kohle.

Mit Spannung wird erwartet, ob die EZB nun endlich ihre Geldpolitik ändert. Aber es besteht nur eine geringe Aussicht auf Änderung; zu sehr brauchen einige Staaten billiges Geld, das sie in der Vergangenheit freigiebig unter’s Volks gebracht haben: Italien beispielsweise hat damit der Bevölkerung völlig kostenfreie energetische Sanierungen ihrer Häuser spendiert.

Das Vorgehen der russischen Armee bei der Zivilbevölkerung der Ukraine und die wahllose Erschießung unbewaffneter Menschen werden mit dem Völkermord vom Srebrenica verglichen. Rufe nach einem internationalen Haftbefehl gegen Putin als Kriegsverbrecher werden laut. Für diesen ist es inzwischen kaum mehr möglich, seinen Angriff auf die Ukraine ohne Gesichtsverlust zu beenden – sofern er das überhaupt vor hat. Es kursieren Gerüchte, wonach der Präsident von seinen Beratern über den wahren Verlauf des Überfalls nicht informiert worden war, zu groß sei die Furcht vor seinen Wutausbrüchen. Seit Wochen werden Gespräche zu einem Waffenstillstand und/oder Bedingungen für ein Ende des Krieges gestellt – bisher ohne jedes Ergebnis. Der russische Präsident verlangt nicht nur dauerhafte Neutralität der Ukraine, zu der das Land inzwischen gegen Sicherheitsgarantien bereit wäre. Er fordert auch die Anerkennung des Donbas als eigenständig, was für die Ukraine nicht zur Debatte steht. Und eigentlich denkt er noch viel globaler, wie jetzt in aller Grausamkeit deutlich wird: Seit zehn Jahren propagiert Putin eine Freihandelszone von Portugal bis Wladiwostock. Ob es nur eine Freihandelszone sein soll, darf inzwischen bezweifelt werden.

Das kleine Moldawien, Polen, die baltischen Länder, Finnland und Schweden fürchten, dass Putins Aggression sich in Kürze auf sie richten könnte. Erstmals denken Finnland und Schweden an einen Beitritt zur Nato, obwohl Russland für diesen Fall mit ernsthaften wirtschaftlichen und militärischen Konsequenzen droht. Die Nato reagiert mit großflächiger Verlagerung von Truppen und Gerät an ihre Ostgrenze. Alle Verbindungen zwischen dem Westen und Russland scheinen dauerhaft gekappt. Wladimir Putin bleibt jedoch nicht untätig: Bei Besuchen in China und Indien werden Verträge über die Lieferung von Öl und preisgünstigem Gas abgeschlossen, zahlbar in den Landeswährungen, also unabhängig von den US-Sanktionen. Indien, das von Russland auch Waffen bezieht, hat sich, wie China, bei der UN-Vollversammlung geweigert, den russischen Überfall auf die Ukraine zu insgesamt verurteilen, hat allerdings nach den grauenhaften Bildern aus Butcha die Tötung von Zivilisten angeprangert. Beide Staaten, die zusammen immerhin für rund drei Milliarden Menschen stehen, rechnen sich Vorteile durch die Zusammenarbeit mit Russland aus.

So ist innerhalb weniger Wochen nicht nur ein neuer kalter Krieg entflammt, der jederzeit ein heißer werden könnte. Vielmehr ändert sich die bisherige Weltordnung in Riesenschritten. Die wirtschaftlich starken und aufstrebenden Länder Asiens verbünden sich mit Russland gegen Europa und die USA, vor allem aber auch gegen den Dollar. Wenn dieser als Welt-Leitwährung endgültig entmachtet wird, werden Sanktionsmaßnahmen zunehmend ihre Wirkung verlieren. China weitet seinen Einfluss unter anderem in Afrika kontinuierlich aus. Auch mit wenig Fantasie lässt sich leicht ausmalen, wohin diese Entwicklung führt: Der Westen muss darauf achten, nicht unter die Räder zu geraten. Allein die ständige Demonstration moralischer Überlegenheit wird ihn davor nicht retten.

Wohin die Reise führen könnte, zeigte sich diese Woche im Weltsicherheitsrat. Dort wurde, um der russischen Propaganda etwas entgegen zu setzen, Präsident Selensky per Video zugeschaltet. Dieser stellte den gesamten Sicherheitsrat in Frage: Wenn er nicht in der Lage sei, Sicherheit herzustellen, müsse er sich entweder dringend reformieren – oder sich selbst auflösen. Damit trifft der ukrainische Präsident einen Nerv: Da sowohl die USA, als auch Russland, bei Beschlüssen des Weltsicherheitsrates Vetorecht haben, können sie jeweils eine Verurteilung ihres eigenen Handelns verhindern. Jetzt versuchen die USA, Russland aus dem Weltsicherheitsrat zu werfen. Das wäre für die Vereinigten Staaten der beste Weg: Sie würden ihr Vetorecht behalten, und Russland könnte verurteilt werden. Sinnvoller wäre aber, im Rat Mehrheitsbeschlüsse möglich zu machen, die von keinem Veto verhindert werden können. Dann könnte sich der Rat auch anderen Kriegsverbrechen widmen – und die USA kämen nicht gut dabei weg.

Ganz besonders geht es hier um den völkerrechtswidrigen Einmarsch der USA in den Irak vor fast 20 Jahren. Im Unterschied zum Ukrainekrieg bekam die Öffentlichkeit dazu so gut wie keine Bilder zu sehen und erfuhr auch kaum Einzelheiten, wie etwa zum Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung – dafür sorgten die US-Präsidenten höchstpersönlich. Umso ärgerlicher war es für das Land, das sich so gern als Vertreter der Menschenrechte inszeniert und den moralischen Zeigefinger zeigt, dass Wikileaks im Oktober 2010 fast 400 000 Geheimdokumente der Amerikaner zum Irak-Krieg veröffentlichte. Wenige Monate zuvor hatte die Enthüllungsplattform bereits 77 000 geheime US-Dokumente zur Lage in Afghanistan veröffentlicht und sich damit den Zorn der US-Regierung zugezogen. Nun wurden blutige Details des Irak-Krieges offenbar: Einer internen Aufstellung der Armee zufolge wurden zwischen der Invasion 2003 und Ende 2009 insgesamt etwa 109 000 Iraker getötet, 63 Prozent von ihnen Zivilisten.

Zusätzlich wurden Berichte über Folter und Erniedrigung veröffentlicht. Wikileaks zitierte Augenzeugen mit den Worten: „Die einzigen Grenzen, die es gab, waren die Grenzen der Vorstellungskraft.“ In der Mehrzahl der Fälle gehe es um Taten von Irakern gegen Iraker. Ausgebildet worden waren diese irakischen Foltertrupps von US-Amerikanern. Eine führende Rolle dabei soll der Texaner Jim Steele inne gehabt haben, involviert war auch General Petreus, der später wegen einer Liebesaffaire stürzte. Ein Skandal für sich wurden die Berichte über Folterungen und Demütigungen im US-Geheimgefängnis Abu Graib: Dort hatten US-Soldaten in mindestens 400 Fällen Männer und Frauen vergewaltigt, sexuell extrem misshandelt, mit Hunden bedroht, kopfüber aufgehängt und vieles mehr. Präsident Obama verbot die Veröffentlichung der Bilder aus dem Gefängnis, weil sie „den Anti-Amerikanismus stärken und Soldaten in Afghanistan gefährenden“ könnten. So wurde möglich, was im Ukraine-Krieg niemals gelingen wird: Während die Flut der Bilder geschundener Menschen und zerstörter Zivilgebäude aus der Ukraine sich auf Dauer ins kollektive Gedächtnis einprägen werden, geraten die Hässlichkeiten des Irak-Krieges so langsam in Vergessenheit. Jedenfalls im Westen – nicht jedoch im Nahen Osten und in Asien. Dort vergleicht man Putins Krieg sehr wohl mit denen der USA.

Wikileaks konnte so viel über den Irak-Krieg veröffentlichen, weil ein als Bradley Manning bekannt gewordener Soldat während der Stationierung im Irak Hunderttausende Armeedokumente sowie Depeschen der USA von Militärrechnern heruntergeladen hatte. Darunter waren auch zwei Schock-Videos: Kampfhubschrauber der Army hatten am 7. Juli 2007 Ziele in Nord-Baghdad angegriffen.

Beim ersten Angriff beschossen die beiden Apaches mit ihren 30mm-Bordkanonen eine Gruppe von neun bis elf Männern, die sich im Weg von herannahenden amerikanischen Bodenkräften befanden. Einige der Männer waren bewaffnet mit AK-47 und einer Panzerfaust; andere waren unbewaffnet. Zwei für die Nachrichtenagentur Reuters arbeitende irakische Kriegsberichterstatter Saeed Chmagh und Namir Noor-Eldeen, begleiteten die Gruppe. Noor-Eldeens Kamera wurde dabei ebenfalls für eine Waffe gehalten. Acht Männer, Noor-Eldeen eingeschlossen, wurden während dieses Angriffes getötet. Der zweite Angriff, bei dem auch die 30mm-Kanone zum Einsatz kam, galt dem verletzten Saeed Chmagh und zwei unbewaffneten Männern, die Chmagh helfen wollten: Kurz bevor die Bodentruppen eintrafen, versuchten sie ihn in ihren Van zu ziehen. Dabei wurden die drei Männer getötet und zwei im Wagen sitzende Kinder verletzt.

Bradley Manning, der Informant, der heute Chelsea Manning heißt, wurde in den USA wegen Geheimnisverrat 2013 zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt, legte aber Berufung ein und kam wesentlich früher frei. Als Staatsfeind Nr. 1 betrachten die Vereinigten Staaten hingegen noch immer Julian Assange, einen der Gründer von Wilikeaks. Assange hatte für die Veröffentlichung gesorgt. Der 1971 in Australien geborene investigative Journalist wird seit dem Jahr 2010 gejagt. Zunächst stellte Schweden einen internationalen Haftbefehl wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung aus, der inzwischen längst zurückgezogen ist. Großbritannien verhaftete Assange und bereitete sich auf die Überstellung in die USA vor. Der auf Kaution Freigelassene flüchtete sich in die Botschaft von Ecuador, wo er sieben Jahre lang ausharrte. Er erhielt sogar die ecuadorische Staatsbürgerschaft, konnte die Botschaft aber nicht verlassen, weil er sofort verhaftet worden wäre.

Nach einem Regierungswechsel in Ecuador wurde Assange 2019 die Staatsangehörigkeit wieder entzogen. Er wurde in der Botschaft verhaftet und sitzt seitdem in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis in Einzelhaft, bis über den Antrag der USA auf Auslieferung entschieden ist, der sich im Berufungsverfahren befindet. In den USA droht Assange lebenslange Haft unter extremen Bedingungen. Nachdem er inzwischen seit 12 Jahren eingesperrt ist, hat der Journalist seelisch erheblich Schaden genommen. Wäre seine Anwältin nicht, die er kürzlich geheiratet und mit der er zwei Kinder hat, würde er womöglich nicht mehr leben.

Diese Gegenüberstellung zweier Kriege dient nicht der Rechtfertigung einer oder der anderen Seite. Es geht darum, nicht mit zweierlei Maß zu messen. Unzählige Kriegsverbrechen sind nicht gesühnt – und das darf nicht sein. Von den Sünden Chinas in dieser Beziehung habe ich andernorts bereits berichtet. Seit 63 Jahren ist Tibet nun aus chinesischer Sicht „befreit“. Noch immer werden Klöster zerstört, Mönche inhaftiert und grausam gefoltert, bevor sie zum Sterben heimkehren. Der Besitz eines Fotos des Dalai Lama ist dem tiefgläubigen Volk unter Strafe verboten. Unterricht in tibetischer Sprache darf nicht mehr stattfinden. Sogar die Gebetsfahnen, mit denen Tibeter die heiligen Berge geschmückt haben, müssen „aus Gründen des Umweltschutzes“ entfernt werden. Von der Behandlung der muslimischen Uiguren war in letzter Zeit häufiger die Rede. Sie werden zu Zigtausenden in Umerziehungslager gesteckt. In China soll nichts existieren, das anders denkt, als es die Partei vorgibt. Der Weltsicherheitsrat weiß von all diesen Dingen, handelt aber nicht. Es darf auch nicht sein, dass die größten Kriegsführer dieser Welt nicht bereit sind, sich Kriegsverbrecher-Verfahren in Den Haag zu stellen, weil sie den Gerichtshof schon gar nicht anerkennen.

Saudi-Arabien führt zusammen mit einer Allianz arabischer Staaten, zu denen auch Katar, Kuweit und die Vereinigten Emirate gehören, seit sieben Jahren einen vernichtenden Stellvertreterkrieg gegen den Iran im Jemen. Er wird von den USA unterstützt. Jemen war schon vorher ein bettelarmes Land. Dort gibt es inzwischen eine der schwersten humanitären Katastrophen weltweit. Trotzdem wird dieser Krieg bei uns kaum beachtet. Warum? Weil wir kaum Bilder davon sehen. Inzwischen wurden mehr als 24 000 Luftangriffe auf Ziele im Jemen geflogen. Wer sich die Karte anschaut sieht, dass es so viele militärisch wichtigen Ziele dort gar nicht geben kann. Es geht also auch hier gegen Zivilisten. Seit 2014 sind mehr als 200 000 Menschen gestorben, rund die Hälfte davon an Hunger oder Krankheiten. Hilfstransporte erreichen die leidende Bevölkerung nur schwer.

Und was tun wir? Wir tauschen Energielieferungen vom Kriegsverbrecher Putin gegen Lieferungen aus Arabien, deren Regierungen sich keinen Deut weniger schuldig gemacht haben. Mal ganz abgesehen davon, dass weder in Katar, noch in Saudi-Arabien die Menschenrechte so geachtet werden, wie wir das immer einfordern. Erst kürzlich hat Saudi-Arabien an einem einzigen Tag 81 Menschen hingerichtet, einige davon allein wegen Teilnahme an Sitzstreiks und Protesten.

Auf dieser Welt sollte es überhaupt keine Kriege geben. Nahrung und Wasser müssten gerecht verteilt und das Zusammenleben geprägt sein von dem Bewusstsein, dass wir alle Brüder und Schwestern sind – egal wo wir leben und welche Hautfarbe wir haben. Leider wird das wohl niemals der Fall sein und die Menschheit sich irgendwann wohl selbst vernichten. Dann profitiert wenigstens der Planet, an dessen Zerstörung wir so erfolgreich arbeiten.

Siehe auch: Angriff auf die Ukraine: Putins aufgestauter Zorn entlädt sich

Make America great again; mit Donald Trump kommt ein Lügner und Betrüger ins Amt

Die Pop-Ikonen wollten am Freitag zu seiner Amtseinführung nicht auftreten, zahlreiche Abgeordnete der Demokraten boykottierten die Veranstaltung, bei der es Krawalle gab und auch gleich ein halbes Dutzend Journalisten verhaftet wurde. Am Tag danach marschierten die Frauen. Hunderttausende in Washington und nochmal so viele rund um den Globus waren unterwegs, um ihre Verachtung für den neuen Präsidenten der USA zu zeigen:Donald Trump, Milliardär, Pöbler, Mann der kurzen Sätze und klaren Worte mit einem soziopathischen Wesen. Und dann ging es rund: Die erste Woche der Amtszeit von Präsident Donald Trump stand unter dem Motto: „Die Zeit des Redens ist vorbei, die Zeit des Handelns ist gekommen.“

Seine Antrittsrede war im gleichen Ton gehalten wie sein Wahlkampf, trat dem Establishment, das hinter ihm auf der Ehrentribühne saß, unsanft in den Allerwertesten und klang wie die Rede eines Diktators: Ich gebe euch  eure Würde zurück –  unser Land wird wieder groß sein.  Und den islamischen Terror rotten wir aus.

Die weiteren Kernpunkte:

  • Eine korrupte Elite hat lange das Land ausgebeutet. Aber jetzt ist der richtige Führer gekommen, der alle Macht dem Volk zurück gibt.
  • Fortan gilt: Nicht zuerst die Welt retten, sondern zuerst das eigene Land .
  • Es wird Arbeit für alle geben: Durch den Ausbau von Straßen, Schienen, Flughäfen und durch die Protektion: US-Produkte kaufen, US-Bürger einstellen.
  • Ein neuer Nationalstolz wird alle verbinden. Grund zur Furcht gibt es nicht, denn Gott selbst schützt Amerika.

Das ist der Stoff, aus dem Kriege geboren werden. Die Rede erinnerte teilweise an die frühen Tage des Dritten Reiches, wie sogar Papst Franziskus öffentlich kundtat – nicht ohne anzumerken, dass sowohl Hitler, als auch Trump rechtmäßig gewählt wurden.  Eine hohe Arbeitslosigkeit, ein nach dem Ersten Weltkrieg von den Alliierten entwürdigtes Volk und ein Feindbild in einer bestimmten Menschengruppe brachte in Deutschland einen Soziopathen an die Macht und hielt ihn dort bis zum bitteren Ende. Die USA haben keinen Weltkrieg verloren. Das Land, das zu den reichsten weltweit gehört, hat zwar eine Arbeitslosenquote von nur 4,7 Prozent, weist aber eine enorme Schere zwischen Superreichen und sehr Armen auf, ist seit Jahrzehnten Einwanderungsland, verfügt teilweise über eine erstaunlich marode Infrastruktur. Und seit 9/11 hält sich hartnäckig eine Terror-Paranoia im Land, der nun mit einer strengen Begrenzung der muslimischen Imigratenzahl entgegengewirkt werden soll.

Noch am Abend der Amtseinführung änderte sich die Homepage des Weißen Hauses: Die Angaben zu Klimaschutzprojekten und dem Wasserrecht  wurden gelöscht, denn Trump will Kohle, Öl und Gas zu neuer Blüte verhelfen und die Wirtschaft nicht durch „schädliche Gesetze“ hemmen. Das rief einen Proteststurm hervor. Am ersten Tag im Amt begann der neue Präsident außerdem, das Gesundheitsvorsorgeprojekt „Obamacare“ in Teilen rückgängig zu machen.  Trump kündigte an, das Handelsabkommen NAFTA mit Mexiko neu zu verhandeln, und – brüskierte die versammelten Medien seines Landes mit „alternativen Fakten“: Bei seiner Amtseinführung seien (gegenteiliger Beweise zum Trotz) mehr Zuschauer als jemals zuvor bei einem Präsidenten anwesend gewesen. Punkt. Fragen ließ sein Sprecher nicht zu. Zehn Tage später gab ihm Ranga Yogeshwar zumindest teilweise recht: Die Fotos waren zu unterschiedlichen Uhrzeiten gemacht worden (das vonTrump ca 45 Minuten früher) und bei Obama sei das Wetter viel besser gewesen.

Auch ein Versprechen brach der Präsident gleich am Tag seines Amtsantrittes: Er erklärte, trotz Wahlsieg seine Steuererklärung nicht offenzulegen. Das brachte ihm umgehend eine Anzeige ein:“Citizens for Responsibility and Ethics in Washington“, eine Organisation, die gegen Korruption kämpft, hat sie eingereicht. Trump verletze die Verfassung der USA, indem er weiterhin Einkünfte im Ausland erziele, sagt sie. Trump verletzt noch mehr: Er übergab seine Firmen an seine Kinder – mit denen er jederzeit über die Firmenpolitik sprechen kann. Das ist eine unzulässige, nicht tolerierbare Verquickung von Amt und Geschäft.

Wie muss man nun diesen neuen Präsidenten einordnen? Worauf muss man sich einstellen? Soll man lachen, weinen, oder muss man sich fürchten?

1990

Geboren wurde Donald J. Trump am 14. Juni 1946 im New Yorker Stadtteil Queens. Die NZZ veröffentlichte im August 2016 ein lesenswertes Portrait des 70jährigen, der sagt, sein Vater Fred sei der wichtigste Mensch in seinem Leben gewesen. Ihn will er übertreffen: An Gerissenheit, an Erfolg, an Glamour.

Als er 13 war, deckte er sich heimlich in Manhattan mit Schnappmessern ein. Vater Fred steckte ihn daraufhin in eine Militärakademie, wo er den Siegeswillen entwickelte, auf den er sich bis heute beruft.

In der Militärakademie galt das Motto: „Gewinnen ist nicht alles, es ist das EINZIGE.“ „Die Erzieher prügelten dir die Knochen aus dem Leib“, erinnert sich Trump. Auf seine Internatszeit blickt er zurück wie auf einen gewonnenen Krieg und preist seinen Drillmeister Theodore Dobias, der den Hang hatte, schwächeren Zöglingen an die Gurgel zu gehen.

In der Akademie begann Donald, das Leben als Kampf gegen alle zu begreifen. Verachtung für Verlierer bleibt ein Generalthema seines Lebens. Auch geostrategisch ist sein Problemlösungsansatz  nicht die Verhandlungskunst, sondern: zurück zu schlagen, die Oberhand zu ewinnen, Amerika „wieder gross“ zu machen.  Besonders als Objekt der Narzissmus-Forschung empfiehlt er sich, findet der NZZ-Autor. Gegenüber seinem Schreibtisch im Trump-Tower hängt ein riesiger Spiegel, täglich lässt er sich einen Stapel mit Zeitungsartikeln über sich selbst auf den Tisch legen.

Trump hat Vorurteile gegen Minderheiten, Aversionen  gegen Geisteswissenschaften und eine militaristische Grundhaltung. Seine Käfer- und Virenphobie – er gibt Menschen ungern die Hand, ohne diese sofort danach zu desinfizieren – fügt sich in die Diagnose ein. „Autoritäre“ Charaktere tendieren zu Ekelgefühlen gegenüber allem Fremden und Unreinen. Besonders Körperflüssigkeiten von Frauen scheinen Trump abzustoßen. Die Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly beschimpfte er als „Bimbo, bei der das Blut überall herausfliesst“. Eine Toilettenpause Hillary Clintons kommentierte er: „Ekelhaft!““

Zudem liest er – wie er dem Journalisten Michael D’Antonio, dem Autor einer gerade auf Deutsch erschienenen Trump-Biografie, erzählte – keine Bücher, interessiert sich weder für Kunst noch für fremde Sprachen und Kulturen. Sein einziger Maßstab ist der Erfolg, der sich nach Dollars bemisst.

Eine außerordentlich krasse Biografie des Präsidenten hat David Cay Johnson geschrieben: „Die Akte Trump“ listet chronologisch die Karriere eines Mannes auf, der sich mit Lügen, Betrug und weitreichenden Beziehungen zur Mafia und zu verurteilten Verbrechern immer wieder geschäftliche Vorteile verschafft hat. David Cay Johnson ist nicht irgendwer: Der 69jährige Pulitzer-Preisträger hat eine lange Karriere als investigativer Journalist hinter sich. Er listet die Familiengeschichte des Präsidenten auf  und charakteriert diesen dann anhand zahlreicher genau recherchierter Beispiele als Lügner, korrupt und korrumpierbar, als ungeheuer nachtragend und auf Rache sinnend,  als Rassist und Menschenverachter, und als Mann, dessen Maxime es ist, hundertmal härter zurückzuschlagen, als er angegriffen wurde. Ein lesenwertes Buch für jeden, der hofft, dieser Präsident werde sich noch an die Würde seines Amtes erinnern.

In Sachen Wirtschaft hat sich Donald Trump  klare Vorgaben gegeben: Sein Wirtschaftsplan soll das Wachstum auf vier Prozent hochschrauben (Obama erreichte nach 2009 im Durchschnitt 2,2 Prozent), und innerhalb von zehn Jahren will er 25 000 neue Jobs schaffen (das entspricht etwa der Menge, die unter Obama entstanden). Die Börsen lieben es. Aber: Seit 2005 waren die meisten neuen Jobs schlecht bezahlte Teilzeit-Arbeitsplätze am Ende der Produktionskette. 16 Millionen mehr Amerikaner als 2005 sind auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen, und seit 50 Jahren war die Zahl der Hausbesitzer nicht mehr so niedrig, schreibt Forbes. Sieben von zehn Amerikanern haben weniger als 1000 Dollar auf dem Sparkonto. Das ist die schwierige Klientel, die ihre Hoffnung in den neuen Präsidenten setzt.

Der Erfolg soll mit Protektionsmaßnahmen funktionieren: „In Amerika produzieren, in Amerika kaufen, Amerikaner einstellen.“ Das bedeutet Steuererleichterungen für Unternehmen (von 35 auf 15 bis 20 Prozent), Strafzölle von 20 bis 35 Prozent für im Ausland produzierte Waren und einen weichen Dollar, der den Export amerikanischer Waren begünstigt. Am Montag nach seiner Amtseinführung kündigte der neue Präsident das transpazifische  Freihandelsabkommen TPP auf und spielt damit China in die Hände. Was seinem Ziel hinderlich sein könnte, ignoriert er: Zum Beispiel, dass günstige Herstellung von Zulieferteilen oder kompletter Produkte in Ländern wie Mexiko oder China die Kosten der Endprodukte senkt und gleichzeitig potentielle Käufer für hochwertige Ware im Ausland aufbaut. Und, dass die amerikanischen Produkte den Menschen auch preislich, in der Qualität, sowie der Optik attraktiv erscheinen müssen.

Das Dekret für die Mauer zwischen den USA und Mexiko folgte am Mittwoch. Am Donnerstag sagte der mexikanische Präsident sein Treffen mit Trump verärgert ab und betonte zum wiederholten Mal, dass Mexiko auf keinen Fall die Kosten der Mauer zahlen werde. Ebenfalls am Donnerstag vernahm die interessierte Öffentlichkeit, dass die gesamte Führungsriege des Außenministerium unter Protest zurückgetreten ist und der Präsident nun auf geballtes Fachwissen nicht mehr zugreifen kann. Der designierte Außenminister Rex Tillerson  war da vom Kongress noch nicht bestätigt. Am Abend dann der Knüller: Der Präsident findet Waterboarding durchaus sinnvoll und erklärte: „Folter wirkt.

Still from 'The Stuff of Life'

Ray Dalio, Milliardär und erfolgreicher Hedge Fonds-Manager, analysierte das Kabinett des Wahlsiegers auf seine Kompetenz und kommt zu dem Ergebnis: Mit kumulierten 138 Jahren hat Trumps Spitzenteam nicht nur mehr Erfahrung als das Obamas, das es auf 122 Jahre brachte, sondern es kommt auch auf den historisch höchsten Erfahrungswert. Weit brisanter als die gesamte Erfahrung ist der Vergleich der Spitzenteams im Bereich Wirtschaft: Obama 5 Jahre, Trump 83 Jahre.

Seit Kennedy hatte Obamas Team die geringste wirtschaftliche Erfahrung, Trumps Team bringt es auf die größte. Auf politischem Gebiet liegt Trumps Team zwischen denen Reagans und Carters. Dalio schließt daraus, dass der Wechsel von der vergangenen zur gegenwärtigen Präsidentschaft wohl gravierendere Konsequenzen haben wird als der Wechsel Anfang der 80er Jahre von Carter zu Reagan. „Welcher Art könnten diese Konsequenzen wohl sein?“ fragt die FAZ.

Nun, er hat es doch klar gesagt: America first – das heißt: nach uns die Sintflut… Das scheinen auch die ersten Medien zu begreifen. „Amerika, du wirst uns fehlen“ titelt der Spiegel und arbeitet auf, was genau in Europa fehlen wird: Die Schutzmacht USA, an der wir (Deutschland) uns neurotisch in Sachen „Feindbild“ abarbeiten können. Dafür bekommen wir nun die Verantwortung, die wir solange eingefordert haben. Das gilt in Sachen Militär ebenso wie beim Thema Wirtschaft und Handel.

Hier setzt Professor Michael Hüter, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln an, um auf die Drohungen des Präsidenten zu Importzöllen zu antworten: Die deutsche Wirtschaft sei nicht umsonst so stark, erklärte er im ZDF: In flexiblen, kostengünstigen Produktionslinien stelle sie preis-werte Qualitätsware her, die den Kunden gefalle. Das müsse Amerika erstmal nachmachen. Zu Donald Trump selber erklärt er: „Ich habe diesen Mann lange beobachtet und gesehen: Er ist impulsiv  und tritt machtvoll auf.  Dagegen kann man nur eins machen: Selbst machtvoll auftreten.“

Das weitere wirtschaftliche Prinzip Trumps für Amerika  ist ebenfalls einfach: Der Macher will schnell viele Arbeitsplätze schaffen. Protektion allein wird nicht genügen: Er wird die Staatsschulden erhöhen und damit tun, was die Deutschen aus den 30er Jahren kennen: Viele Staatsschulden machen, ohne zu wissen, wie sie bezahlt werden können.  Zum Beispiel für den Bau der Mauer an der mexikanischen Grenze, die 20 Milliarden und mehr kosten könnte und von den USA „vor“finanziert werden muss.

Das wird die Inflation anfeuern.

Und dann?

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Wie schnell sich Protektion als Bumerang entpuppen kann, arbeitet das Handesblatt am Beispiel China auf:  Der US-chinesische Wirtschaftsrat USCBC sagt, dass die Handelsbeziehungen des Importweltmeisters USA mit China aktuell 2,6 Millionen Jobs in den USA sicherten – einschließlich der Arbeitsplätze, die chinesische Firmen in Amerika geschaffen hätten. Übrigens hängen auch 6 Millionen US-amerikanischer Jobs von Mexiko ab: In den USA werden die Teile produziert, aus denen Mexiko fertige Produkte für den Export herstellt. Auf diese Weise kommen 40 Prozent der mexikanischen Importe aus den USA.  Was passiert mit diesen Arbeitsplätzen, wenn Importzölle kommen?

Ein I-Phone würde bei der Produktion in den USA satte 500 Dollar mehr kosten, rechnet das Unternehmen Foxconn vor. Man plane zwar ein Werk in den USA – aber das werde nicht mehr Arbeitsplätze bringen. Mittelfristig solle die Produktion komplett von Robotern erledigt werden.

Für Europa fasst die FAZ  die Lage zunächst so zusammen: Obamas Amerika war ein Staat der Bürokraten, so wie auch Europa von Bürokraten regiert wird. Ab sofort begegnet  jedoch ein „Hau den Lukas“ der „Status-quo-Panik der Eliten“, was, so Autor Thomas Mayer, zumindest für Zerstörung gut sein dürfte. Ob diese auch schöpferisch sein wird, um den gordischen Knoten aus Finanz- und Euro-Krise zu durchschlagen, lässt er offen.

Und was machen wir einfachen Menschen mit der neuen Situation?

Jon Schwarz bei The Intercept hat sich dazu interessante Gedanken gemacht, die sich auch Nicht-Amerikanern anbieten:

„Die Leute, die Amerika regieren, haben ein politisches System konstruiert, das wie ein störungsbehafteter Killer-Roboter funktioniert; jetzt wissen wir, dass sie den nicht mehr unter Kontrolle haben.  Der Irakkrieg war eine kleinere Panne,  (…) die Immobilienblase schon schlimmer. (…) Mit Donald Trump nun hat der Roboter zum ersten Mal sämtliche Befehle ignoriert und ist völlig außer Kontrolle geraten. (…)

Politik ist ganz klar eine Sache, bei der es um Leben und Tod geht. Machen Sie, wenn Sie es können, Politik zum zentralen Thema Ihres Lebens,“ folgert er.

Statt wohl formulierte Phrasen zu dreschen oder in plakativ vereinfachte Bilder der Welt zu verfallen, rät Jon Schwarz zu Erkenntnissen wie:  „Wir haben seit 60 Jahren Bomben auf den Nahen Osten geworfen. Die Leute da sind empört über uns, so wie wir nach 9/11 empört waren. Solange wir nicht aufhören, Bomben auf sie zu werfen, wird es immer einen kleinen Teil radikalisierter Muslime geben, die es uns heimzahlen wollen. Irgendjemand wird immer da sein, um es auch auszuführen, egal was wir tun, um es zu verhindern.“

Medien, die sich über Werbung finanzieren, werden niemals politisch unabhängig sein, sagt der Autor: Öffentliches Crowdfunding sieht er als Lösung für freien Zugang zur Information. Politische Parteien in den USA sollten wieder die Menschen an der Basis einbinden – mit regelmäßigen Treffen und gemeinsamen Aktivitäten.

Ganz wichtig sei es, sich nicht entmutigen zu lassen: „Junge Amerikaner sind extrem progressiv; so sehr, dass sich jeder Führer aus Politik und Wirtschaft vor ihnen fürchten sollte“.

Europäer auch – oder?

Nehmen wir also endlich die rote Pille.

Siehe auch:

Narzisstische Wut will vernichten: H.G. Tudor und Donald Trump

„Disloyal“: Trumps „Auskehrer“ packt aus  

„Donald Trump zu unterschätzen, wäre ein tödlicher Fehler“

Bekommt Donald Trump jetzt die Quittung für ein Leben voller Lügen?

Update: Melania braucht deine Hilfe nicht

Update_ Ku-Klux-Clan: Trump ist unser Mann

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Das wär’s: Neustart ohne Schuldzinsen und mit goldgedeckter Währung

„Das Gold wird uns nicht erlösen, die Welt unübersichtlich bleiben – und die 1.546 Tonnen aus New York sollte man im Atlantik versenken.“

In diesem – auf den ersten Blick fast verzweifelt anmutenden Schlusssatz gipfelte diese Woche ein Artikel von Mark Schieritz, Wirtschaftsredakteur bei der ZEIT.

Laut Mitteilung der Bundesbank sind es zwar 1536 Tonnen deutsches Gold, die bei der Federal Reserve in den USA lagern – aber geschenkt. Im vorhergehenden Verlauf des gesamten „Aufsatzes“ reihen sich dermaßen viele sachliche Fehler aneinander, dass der 38jährige nicht nur eine Flut verärgerter Kommentare provozierte, sondern auch die Frage, was wohl wirklich seine Intention gewesen sein mag – bzw. die des/der Initiatoren seines Gedankenausfluges…

Aufgrund ihres relativ geringen Wertes im Vergleich zum gesamten deutschen Auslandsvermögen könnte man die Debatte um die Barren der Bundesbank ignorieren, wenn sie nicht so viel über uns erzählen würde, meint der Autor und negiert, dass gerade die Bundesbank nur auf größten Druck überhaupt etwas zum Thema der deutschen Goldreserve sagt – und dann nicht besonders erhellendes.  Schieritz führt aus, dass der Wunsch nach Stabilität inzwischen sogar dazu geführt hat, dass die Republikaner in den USA inzwischen die Wiedereinführung des Goldstandards diskutieren. Dann holt er aus zum großen Schlag:

Das „ wäre die bislang radikalste Form des Souveränitätsverzichts in der Krise. Erst mit der Abkehr vom Gold haben die Staaten des Westens das Herz des Kapitalismus – das Geldwesen – unter demokratische Kontrolle gestellt.“

Der Leser reibt sich verwundert die Augen: Ah ja? Das Geldwesen steht unter demokratischer Kontrolle? Davon merken wir aber wenig – beispielsweise angesichts der weitgehend hilflosen Zappelei in der EU allein zum Thema Griechenland.   Und dann wollen wir uns doch ins Gedächtnis rufen, dass das Federal Reserve System; sprich die Fed, ein privates Bankensystem ist, das mit dem amerikanischen Staat kooperiert, aber völlig eigenständig agiert.

Hinter der Fed stehen Privatbanken, Privatpersonen und deren Interessen – nichts ist also weniger demokratisch als sie. Sie verfügt über das unwiderrufliche Recht, die US-Währung in Umlauf zu setzen – die wiederum die Welt-Leitwährung ist. Im Verlauf ihrer Geschichte wurde ihr immer wieder vorgeworfen, Krisen eher gefördert, denn verhindert zu haben. Wem genau die Fed eigentlich gehört und  in welche Kanäle ihre enormen Gewinne fließen, wird strikt geheim gehalten. Einen sehr aufschlussreichen Blog findet man zu diesem Thema bei „The Intelligence“.

Aufbauend auf seiner hoch kompetenten Annahme, das Geldwesen stehe unter demokratischer Kontrolle, folgert Marc Schieritz: „Aus der Kritik am Papiergeld spricht – ähnlich wie aus der Kritik an politischen Parteien – eine Verachtung für den demokratischen Modus von Streit und Konflikt, der durch eine höhere Ordnung ersetzt werden soll. Wenn sich moderne Gesellschaften dadurch auszeichnen, dass sie ihre Gewissheiten immer wieder aufs Neue aus sich selbst hervorbringen müssen, dann weist das Gold den Weg zurück in eine vormoderne Welt überzeitlicher Geltungsansprüche.“

Nichtmal Goethes Faust wird verschont, um zu untermauern: Das ‚doofe‘ Gold schmeißt man am besten ins Meer….

Hm…

Ins Meer werfen ist eigentlich grundsätzlich keine schlechte Idee – solange man es nicht mit mit den Wegwerfgütern verseucht … aber Gold? Die einzig sichere Reaktion, die ich damit hervorrufen würde, wäre eine Armada von Schatzsuchern, die sich umgehend auf dem Weg machen würden, meinen Schatz für sich selbst zu bergen…

Im Ernst: Was ist die Ursache der globalen Finanzmisere, in der wir uns regelmäßig und vor allem jetzt wieder befinden?

Es ist das System von Zins- und Zinseszins, das unablässig neues Geld schafft. Geld, das durch nichts gedeckt ist – weder durch Arbeitsleistung, noch durch eine entsprechende Erhöhung bei Zahl, bzw. Wert der Wirtschaftsgüter. So sorgt seine ständig zunehmende schiere Menge bereits für eine inflationäre Entwicklung: Man braucht immer mehr Geld, um die gleichen Waren zu kaufen.

Zinssenkungen, wie sie Fed und EZB zurzeit umsetzen, scheinen auf den ersten Blick das Problem zu mildern (wenn auch zum Schaden der Sparer). De facto verleitet eine solche Politik aber zu weiteren Kreditaufnahmen und im Ergebnis zu weiterer Geldschöpfung. Wenn nun bei Zahlungsunfähigkeit von Banken innerhalb des Bankensystems (zu dem auch die Notenbanken gehören) nach Bedarf zusätzliches Geld gedruckt werden kann, ist die dauerhafte Entwertung des Geldes nur noch eine Frage der Zeit.

Man kann es drehen und wenden wie man will: Solange Papiergeld nicht durch einen nicht beliebig vermehrbaren anderen Wert gedeckt wird, führt es in berechenbaren Zeiträumen immer wieder in den Abgrund und muss durch eine neue Währung ersetzt werden. Der Grund dafür ist nicht das Gold – es ist die Handlungsfreiheit der Banken.

Was würde ich also ins Meer werfen?

Alle Schulden dieser Welt

–        und das System des Zins- und Zinseszins.

So würde es einen Neustart beim Status quo für alle geben – aber mit zwei Veränderungen: Schuldzinsen würden abgeschafft (siehe islamisches System) und das Papiergeld wäre mit einem sicheren zweiten Wert gedeckt, der nicht beliebig vermehrbar ist. Gold hat sich da bewährt – gleichwertige Vorschläge willkommen – bessere auch.

Leider wird es dazu niemals kommen, denn nicht die Politik regiert die Welt, sondern das Geld.

„Gib mir die Kontrolle über das Geld einer Nation und es interessiert mich nicht, wer dessen Gesetze macht“, schrieb schon vor rund 200 Jahren Mayer Amschel Rothschild (1744-1812), Gründer der Rothschild-Banken-Dynastie.

Aus der gleichen Zeit stammt ein Schreiben der Gebrüder Rothschild, London, am 28.Juni 1863 an US-Geschäftspartner, in dem es heißt:

„Die Wenigen, die das System verstehen, werden dermaßen an seinen Profiten interessiert oder so abhängig von seinen Vorzügen sein, dass aus ihren Reihen niemals eine Opposition hervorgehen wird. Die große Masse der Leute aber, geistig unfähig zu begreifen, wird seine Last ohne Murren tragen, vielleicht sogar ohne je Verdacht zu schöpfen, dass das System ihnen feindlich ist.“

Noch heute hält die Rothschild-Dynastie Führungsrollen in den wichtigen Bankensystemen der Welt. Vor allem kontrollierte sie über den London Bullion Market den internationalen Goldpreis. Auch wenn sich die britische Bank Rothschild & Sons 2004 offiziell aus dem Gold-Fixing zurückgezogen haben, geht in Finanzmarktkreisen niemand davon aus, dass sie auch nur ein Quäntchen Macht aus der Hand gegeben haben.

Weiterführende Links:

Mafiöse Strukturen in den Finanz-Systemen

Die erste islamische Bank Deutschlands steht in den Startlöchern

Geldwirtschaft und Geldschöpfung:  http://goo.gl/k4Kjs

Inflation: http://goo.gl/dUiWJ

System resetten: http://goo.gl/akJ54

Die Rothschilds und ihre Macht: http://youtu.be/UKv8onIbX0A

Die Macht der Rothschilds: http://youtu.be/hD2SRDql_jg

 

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Inflation kommt: Bilderberger in der EZB?

Jochen Stanzl ist Chefredakteur des renommierten Newsletters Rohstoff-Report und Mitbegründer der BörseGo AG. Er führt de Geldpolitik der Federal Reserve und der EZB auf die Idee des Nobelpreisträgers Paul Krugmann zurück. Die These von Krugman, und er sieht sich hier durch interne Studien von Goldman Sachs in seiner Meinung bestärkt, ist: Die Geld- und Wirtschaftspolitik muss für weitaus mehr Schulden sorgen als bislang, um das zu erzeugen, was der Weltwirtschaft fehlt: Neue Nachfrage. Man geht davon aus, dass eine sehr lockere Geldpolitik auch dann angebracht sein wird, wenn sich die Konjunktur eine bedeutende Zeit lang bereits erholt hat.

Die Konsequenz dieser Politik, so Stanzl, ist eine Umverteilung von Vermögen weg von den Sparern und hin zu den Schuldnern. Klicken Sie auf das Bild um das Video zu sehen.

Siehe auch: Pimco-Chef ist sicher: Notenbanken pumpen weiter

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Immer höhere Schuldenberge aus immer wertloserem bedrucktem Papier…

Von Dr. Karsten Polleit

Entnommen dem Degussa Marktreport vom 14. September 2012

Das heutige Papier- oder „Fiat“-Geldsystem hat folgende Eigenschaften:

  • Die staatliche Zentralbank hält das Monopol über die Fiat-Geldproduktion.
  • Fiat-Geld repräsentiert intrinsisch wertloses Material in Form von bedruckten Papierscheinen und vor allem Einträgen auf Computer-Festplatten („Bits & Bytes“).
  • Fiat-Geld wird durch Bankkreditvergabe geschaffen – sprichwörtlich „aus dem Nichts“, durch Kredite, denen keinerlei Ersparnisse gegenüber-stehen.

Im Fiat-Geldsystem lassen sich zwei Geldformen unterscheiden: Zentralbankgeld und Geschäftsbankengeld.

Das Zentralbankgeld (das auch als „Basisgeld“ bezeichnet wird) wird ausschließlich von der Zentralbank produziert; sie hat das Monopol für die Produktion von Zentralbankgeld. Zentralbankgeld hat die Form von Münzen, Banknoten und Giroguthaben bei der Zentralbank.

Das Geschäftsbankengeld wird von privaten Geschäftsbanken durch Kreditvergabe produziert und hat die Form von Giroguthaben, die bei privaten Geschäftsbanken gehalten werden.

Das besondere im Fiatgeldsystem ist nun, dass private Geschäftsbanken das Geschäftsbankengeld nur dann produzieren können, wenn sie über Zentralbankgeld verfügen. Es ist damit also die Zentralbank, die in letzter Konsequenz über die gesamte Geldmenge in der Volkswirtschaft be-stimmt.

In den letzten Jahrzehnten wurde das immer stärkere Ausweiten von Kredit und Geld vor allem durch drei Faktoren begünstigt:

  • Die staatliche Regulierung hat die Eigenkapitalvorhaltung der Banken für risikoreiche Kredite immer weiter herabgesetzt.
  • Banken wurde es von den Zentral-banken erlaubt, immer weniger Kasse zu halten relativ zu ihrem Kreditgeschäft: Die sogenannte Mindestreserve wurde systematisch herabgesetzt.
  • Die Zinsen, die Geschäftsbanken für das Zentralbankgeld, das sie sich bei der Zentralbank per Kredit beschaffen können, wurden immer weiter herabgeschleust.

Quelle: Thomson Financial, eigene Berechnungen. Der Multiplikator wurde ermittelt, indem die gesamte Kreditvergabe der US-Banken durch die von ihnen gehaltenen Zentralbank-geldguthaben geteilt wurde.

Alles zusammen hat zu einem atem-beraubenden Auftürmen der internationalen Kredit- und Verschuldungspyramide geführt. Dies zeigte sich besonders deutlich in dem Ansteigen des Kreditschöpfungsmultiplikators. Er zeigt die Höhe der Kredite, die Banken mit einer Einheit Zentralbankgeld produzieren können.

Der Kreditschöpfungsmultiplikator (er wird errechnet, indem die gesamte Kreditvergabe der US-Banken durch die von ihnen gehaltenen Zentralbankgeldguthaben geteilt wurde) betrug Anfang 1960 nur etwa 17: Die US-Banken konnten also mit einem US-Dollar Zentralbankgeld etwa 17 US-Dollar Bankkredite produzieren. Anfang 2008 betrug der Kreditschöpfungsmultiplikator etwa 208: Mit einem US-Dollar Zentralbankgeld produzierten die Banken also 208 US-Dollar Kredit!

Mit dem Ausbruch der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist der Multiplikator drastisch zusammengebrochen. Dies liegt vor allem daran, dass die US-Zentralbank die Zentralbankgeldguthaben der Banken drastisch erhöht hat, aber diese Guthaben werden derzeit nicht wie zuvor zur neuen Kreditvergabe verwendet.

Wenn Banken jedoch keine neue Kredite mehr vergeben beziehungsweise fällig werdende Kredite nicht erneuern und zur Rückzahlung stellen, bricht der Papiergeldboom in sich zusammen. Der inflationäre Schein-aufschwung weicht einem deflationären Zusammenbruch.

All die Produktionswege und Arbeitsplätze, die im Zuge des Papiergeldbooms geschaffen wurden, gehen verloren. Schuldner gehen Pleite, weil ihre Einkommen geringer ausfallen, als im Zeitpunkt der Kreditaufnahme erwartet wurden. Im Grunde ist die Depression die Bereinigung der im Papiergeldboom aufgelaufenen Fehlinvestitionen und Fehlentwicklungen. Doch das ist auch der Grund, warum eine Depression politisch unerwünscht ist.

Deshalb greifen die Zentralbanken nun noch vehementer in das Finanz- und Kapitalmarktgeschehen ein. Das Ziel ist klar: Ein Schrumpfen der Geldmengen soll um jeden Preis verhindert werden, der Zins soll so niedrig wie möglich absenkt werden und, wenn möglich, soll auch die Bankkreditexpansion fortgeführt werden.

Quelle: Thomson Financial.

Dazu kaufen die Zentralbanken Wertpapiere auf – von Banken und auch von Nichtbanken. Auf diese Weise ist die Zentralbank tatsächlich in der Lage, die Geldmenge nicht nur vor dem Schrumpfen zu bewahren, sie kann sie auch jederzeit in jeder beliebigen Menge anwachsen lassen. In den USA zum Beispiel haben die Anleihekäufe der US-Zentralbank (Fed) die Giroguthaben der US-Bürger seit Ende 2008 bis heute verdoppeln lassen.

Die Macht der Zentralbanken über die Geldmenge wird nun zur Ohnmacht. Denn die hohe und drückende (Über)Verschuldungslast der Volkswirtschaften – einhergehend mit Keynesianischen Lehren von der heilbringenden Wirkung einer Geldmengen-ausweitungs- und Inflationspolitik – schwört nun eine Politik der bewusst herbeigeführten Geldentwertung herbei. Die Inflation ist die geradezu unausweichliche Folge einer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, die versucht, die von ihr angerichteten Schäden vor der breiten Öffentlichkeit zu verbergen.

Um die Preise in die Höhe zu treiben, bedarf es – wie vorangehend erklärt – weder eines funktionierenden Bankenapparates noch einer überbordenden Konjunktur. Alles, was es zur Inflationspolitik braucht, ist der politische Wille, die elektronische Notenpresse schnell genug laufen zu lassen.

Dass nunmehr eine neue Runde der (Basis-)Geldmengenausweitung eingeläutet wurde, lässt sich wohl durch die Entwicklung der nach wie vor relativ gemäßigten Geldmengenwachstumsraten in den USA und im Euroraum erklären. Durch ein weiteres Aufkaufen von ausstehenden Anleihen, die die Zentralbanken vor allem von Nichtbanken kaufen werden, können die Geldmengen weiter aus-gedehnt werden.

Ein massives Ausweiten der Geldmengenaggregate wird vor allem im Euroraum kommen, denn hier hat sich der EZB-Rat aufgemacht, den Euro um jeden Preis zu retten. Und der  Preis, den sie die Bürger dafür zahlen lässt, wird eine immer weiter und immer schneller steigende Geldmenge sein – was früher oder später die Inflation in die Höhe treibt und das Geld entwertet.

Siehe auch: Warum der Goldstandard doch funktioniert  und „Die nächste Gefahr: Zu mächtige Zentralbanken“

Update: Bundesbank warnt den IWF, seinen Rahmen zu überziehen 

Update: IWF ist alarmiert – die Welt versinkt in Schulden