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Staatstrojaner: Datenschützer durfte Quellcode nicht sehen

Die staatliche Spionage-Software, die im vergangenen Herbst für viel Wirbel gesorgt, wollte Datenschützer Schaar in Augenschein nehmen. Den Programmcode wollte man ihm aber nicht zeigen.

Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar hat die von Ermittlungsbehörden eingesetzte Trojaner-Software zur Überwachung von Computern nicht im Detail analysieren können und hält an seiner kritischen Bewertung fest. Das geht aus einem Schreiben Schaars an den Innenausschuss des Deutschen Bundestages hervor, das dem Chaos Computer Club (CCC) zugespielt und am Montag veröffentlicht wurde. Schaar schloss nun seine Bewertung der Überwachungssoftware ohne eine Prüfung des Programmcodes ab. Eine Sprecherin Schaars nahm dazu am Montagabend zunächst nicht Stellung.

Der Hersteller der Software habe „den Zugang von vertraglichen Abreden abhängig“ gemacht, „die ich nicht akzeptieren kann“, heißt es in dem Brief mit Datum vom 14. August. Schaar hatte bereits Ende Januar dem Innenausschuss des Bundestags einen Bericht vorgelegt, wonach die Trojaner-Software die Datenschutzanforderungen nicht erfüllt. So werde eine Forderung des Bundesverfassungsgerichts missachtet, dass bei heimlichen Überwachungen der Kernbereich privater Lebensgestaltung zu schützen sei.

Trojaner können auch von Dritten genutzt werden

Der CCC kritisiert, dass die Absicherung des Datenaustauschs zwischen Trojaner-Software und dem Kontrollcomputer der Behörden „in Anfängermanier zusammengestoppelt“ sei. „Damit wird weiterhin in Kauf genommen, dass staatliche Trojaner nicht effektiv kontrolliert und somit auch von Dritten zur Ausspähung und Manipulation von Daten benutzt werden könnten“, erklärte ein CCC-Sprecher.

Dem Schreiben Schaars zufolge hatten sich das Bundesinnenministerium und das Bundeskriminalamt zwar bemüht, den Quellcode der Überwachungssoftware vom Hersteller DigiTask zu besorgen. Die Einsicht sei jedoch an der Forderung von DigiTask nach einer Geheimhaltungsvereinbarung gescheitert. Außerdem habe die Firma für „Consulting-Dienstleistungen“ 1200 Euro pro Tag und Mitarbeiter verlangt. Das BKA wollte demnach diese Kosten nicht allein übernehmen, sondern sich nur „allenfalls anteilig beteiligen“. „Daher ist es mir im Ergebnis nicht möglich, den Quellcode zur datenschutzrechtlichen Kontrolle zu sichten“, heißt es in dem Brief weiter.

Der so genannte „Staatstrojaner“ wird vor allem zum Abhören von verschlüsselten Telefonaten über das Internet („Quellen-TKÜ“) verwendet. Der Chaos Computer Club warf den Verantwortlichen vor, die Software könne mehr als sie dürfe, und sie hinterlasse auf dem Computer des Betroffenen Sicherheitslücken, die Dritte ausnutzen könnten. Kritisiert wurde vor allem eine Nachladefunktion, mit deren Hilfe die Überwachung des Computers nach CCC-Angaben bis hin zur verfassungsrechtlich äußerst sensiblen Online-Durchsuchung, also der Durchsuchung der Festplatte, ausgeweitet werden könne.

Die staatliche Spionage-Software, die im vergangenen Herbst für viel Wirbel gesorgt, wollte Datenschützer Schaar in Augenschein nehmen. Den Programmcode wollte man ihm aber nicht zeigen.

Siehe auch: Trapwire und Indect

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Trapwire – das mächtige, kaum bekannte Fallen-Netz der USA

Es nennt sich Trapwire und ist ein mächtiges Computerprogramm. Es sammelt Daten aus den verschiedensten Überwachungsaktivitäten und führt sie zusammen, um Verhaltensmuster zu erstellen. Offiziell geht es wie immer um den Kampf gegen den „Terror“. Tatsächlich wird es aber auch genutzt, um die eigenen Bürger unter Kontrolle zu halten.

Bereits seit 2007 wird Trapwire als eigenes Unternehmen geführt, zu dessen Kunden auch das Weiße Haus gehören soll. Es brüstet sich damit, genauer zu sein als die automatische Gesichtserkennung. Bekannt wurden die Aktivitäten durch Hacker von Anonymous und Wikileaks, das die Dokumente veröffentlichte. Die Wikileaks-Seite ist nun schon in der zweiten Woche heftigen Stör-Attacken ausgesetzt und ist kaum mehr online.

Neben dem Ausmaß des Überwachungsnetzes, dem Umstand, dass es bislang ohne Wissen von Bürgerrechtlern und Aktivisten betrieben werden konnte, und der möglichen Verflechtung von Sicherheitsdiensten und Privatfirmen ist es vor allem der Fokus der Überwachung, der im Internet für Entsetzen sorgt. Er scheint sich in den letzten Jahren ausgeweitet zu haben. In einer Mail an den Vizepräsidenten des Unternehmens, Fred Burton, beschreibt die Stratfor-Mitarbeiterin Anya Alfano die Bedürfnisse in San Francisco angeblich so: „Sie brauchen etwas wie Trapwire eher für die Bedrohungen durch Aktivisten als für terroristische Bedrohungen. (…) Aktivisten sind hier allgegenwärtig…

Entnommen der FAZ vom 13.8.2012

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