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Verurteilter Ex-CIA-Chef Seldon, genannt „Lady“ wird in Panama festgehalten

Überraschende und in Europa weitgehend ignorierte Nachricht gestern zum aktuellen NSA-Thema: Wie die Ausgabe Libanon des Daily Star und Al Jazeera berichten, wird in Panama der früherer CIA-Landeschef Italien Robert Seldon (Decknahme Lady) festgehalten. Das teilte das italienische Justizministerium am 18. Juli 2013 mit.

Jose Raul Molino, Sicherheitsminister von Panama, und die nationale Pressestelle des Landes, sagten AP und Reuters in Panama City, dass sie über die Festnahme des Mannes nicht informiert seien. Die CIA verweigerte verweigerte einen Kommentar. 

Robert Seldon, der frühere CIA-Chef für Italien, der mittlerweile nicht mehr im Dienst ist, wurde 2013 von einem mailändischen Gericht in Abwesenheit zu neun Jahren Gefängnis wegen der Entführung des 44jährigen Ägypters Abu Omar verurteilt.  Abu Omar ist der Rufname des Imams Osama Hassan Mustafa Nasr, der 2003 in Mailand entführt und anschließend in einem ägyptischen Gefängnis gefoltert wurde. Dazu gibt es in Youtube dieses Video:

Dieser Prozess, bei dem zwei weitere Amerikaner verurteilt wurden, ist, so beide Zeitungen, der erste weltweit, bei dem US-Amerikaner für ihr „Überstellungsprogramm“ verurteilt wurden, das in der Folge zu Folterungen führte. Auf die Frage, ob Italien einen Auslieferungsantrag stellen wird und wo Robert Seldon festgehalten wird, teilte das Justizministerium mit, Ministerin Anna Maria Cancellieri sei gerade in Litauen, weshalb man derzeit keine genaueren Auskünfte erteilen könne. 

Der Terrorverdächtige muslimische Geistliche Osama Moustafa Hassan Nasr wurde im Februar 2003 in Mailand, wo er zu dieser Zeit lebte, entführt und über US-Militärbasen in Italien und Deutschland nach Ägypten gebracht. Dort sei er massiv gefoltert, aber später freigelassen worden.

Sollte Robert Seldon nach Italien überstellt werden, würde er von einer Teil-General-Amnestie profitieren, die 2006 ausgesprochen wurde und ihm drei Jahre seiner Gefängnisstrafe ersparen würde.

Ebenfalls in Europa weitestgehend ignoriert wurde eine weitere Nachricht der Woche: Ein Berufungsgericht hob in New York einen seit Herbst 2012 geltenden Richterspruch auf, der die Anwendung des 2012 National Defense Authorization Act (NDAA – Ermächtigungsgesetz) aufgehoben. Dieses Gesetz erlaubt es dem Präsidenten, die unbefristete Internierung ohne Gerichtsverfahren anzuordnen.

Richterin Katherine Forrest blockierte im September permanent die Anwendung der Anhaltebestimmung des NDAA. Präsident Obama hatte das Forrest-Urteil mit der Behauptung bekämpft, es könnte ihn zwingen, einige der Menschen freizulassen, die er bereits ohne Gerichtsverfahren interniert hatte. Regierungsvertreter hatten das Konzept eines Spielraum verteidigt, bestimmen zu können, wer nun als „Feindbegünstiger“ zähle. Es sei „weder möglich noch ratsam,“ spezifische Regeln zu erlassen.

Im US-Kongress gab es diese Woche auch eine hitzige Debatte zur Überwachungswut der NSA in Bezug auf US-Bürger, über die auch die Abgeordneten in weiten Teilen nicht informiert sind, berichteten Washington Post und ARD-Tagesschau.

Abgeordnete beider Seiten stellten klar, wie unzufrieden sie mit der Situation sind. Vieles, was ihnen über die Programme gesagt wird, dürfen sie aus Geheimhaltungsgründen nicht veröffentlichen. Vieles aber – so vermuten sie zumindest – erfahren sie erst gar nicht.

Man habe mit der Regierung in dieser Frage keine besonders guten Erfahrungen gemacht, so Conyers. Er fordert deshalb den sofortigen Stopp des Programms, „wenn die Regierung keine klare – und vor allem öffentliche – Erklärung dafür gibt, wie ihr Programm die Regeln einhält“. Offen wurde sogar gedroht, Teile des Patriot Act nicht zu verlängern.

Die Sicherheitsbehörden und deren Vertreter, die im Ausschuss befragt wurden, dagegen beharrten darauf, dass die Überwachungsprogramme der NSA erstens vom Kongress genehmigt worden seien, und zweitens regelmäßig von einem Geheimgericht kontrolliert werden.

John-Kornblum-ehm

Bei der Debatte im US-Kongress dreht es sich wohlgemerkt um die Überwachung von US-Bürgern. Den Deutschen meinte dagegen John Kornblum, von 1997 bis 2001 US-Botschafter in Berlin, gestern in der Welt den Kopf waschen zu müssen: Unter der Überschrift „Wann werden die Deutschen endlich erwachsen?“ sagt er  unter anderem: „Leider gehören (solche) wiederholten emotionalen Ausbrüche gegen die Vereinigten Staaten zu den Konstanten der Beziehungen Deutschlands zu den USA – und zunehmend gilt das auch für den Rest Europas. Die Gründe dafür sind wohl genauso komplex wie verletzend.

Ist es möglich, in westlichen Ländern eine ernsthafte Diskussion darüber zu führen, wie weit wir gehen können bei der Anwendung neuer Technologien für dringende Sicherheitszwecke, selbst wenn dabei die Privatsphäre berührt werden könnte?

Eines ist sicher: Wir werden künftig noch viel häufiger mit solchen schwierigen Abwägungen konfrontiert sein. Wir reden hier nicht nur über die Überwachung von Terroristen. Die gleichen schwierigen Abwägungen kommen auf uns zu bei neuen Technologien zur Energiegewinnung, beim Klimawandel oder beim Umgang mit der wachsenden Instabilität in Zonen wie dem Mittleren Osten. Genetisch veränderte Pflanzen können helfen, den weltweiten Hunger zu besiegen. Neue Waffentechnologien wie die Drohnen können die Kosten für unsere Sicherheit dramatisch reduzieren.

(…) Aber die Europäer (…) reagieren emotional auf Bedrohungen, noch bevor eine ernsthafte Diskussion begonnen hat. Das Prism-Programm zum Beispiel basiert auf einem sorgfältig kontrollierten System, das vom Kongress genehmigt wurde und das von speziellen Gerichten überwacht wird. Es verfügt über eine viel festere Grundlage für eine Kontrolle durch die Regierung, als dies in den meisten europäischen Ländern der Fall ist. Statt es zu verurteilen, könnten die Europäer von einer ernsthaften Diskussion über die Implikationen des Programms profitieren.“

Siehe auch: Alle wissen es, doch niemand spricht es aus: Deutschland ist nicht souverän und

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