Wir werden verschaukelt.
Eigentlich wissen wir das alle, nur meistens können wir es nicht so richtig fassen. Anders gestern. Da wurde mal schlagartig klar, wem die EU genau geholfen hat, als sie Griechenland 30 Milliarden Euro gab, damit das Land seine eigenen Staatsanleihen zurück kaufen und so seine Schulden reduzieren kann.
„Das Zocken hat sich gelohnt: Der Investor Dan Loeb vertraute darauf, dass Griechenland im Euro bleibt und einen Teil seiner Schulden zurückkauft. Jetzt ist sein Hedgefonds Third Point laut einem Zeitungsbericht rund 500 Millionen Dollar reicher.“ Das stand gestern in Spiegel Online. Was da in dürren Worten berichtet wird, muss man sich erst einmal in Ruhe reinziehen:
„Griechenland hatte Anfang Dezember Staatsanleihen im Nennwert von 30 Milliarden Euro zurückgekauft. Der Durchschnittspreis lag bei knapp 34 Cent pro Euro Nennwert. Laut „FT“ verkaufte Third Point dabei den Großteil einer Position griechischer Staatsanleihen über rund eine Milliarde Dollar, die das Unternehmen zuvor für nur 17 Cent pro Euro gekauft hatte,“ schreibt der Spiegel.
Was genau sagt uns das?
Ein Land bekommt von niemandem mehr Kredit. Also druckt es Schuldscheine über – sagen wir – 100 Euro pro Stück und bietet diese zu gerade mal 17 Euro pro Papier auf dem Markt als Staatsanleihe an. Bleibt das Land zahlungsfähig, hat der Käufer also eine Schuldverschreibung in der Hand, die er zu 100 Euro an den griechischen Staat zurück verkaufen und damit einen Gewinn von sagenhaften 83 Euro machen könnte. Theoretisch.
In der Praxis ist das Land aber so hoch verschuldet, dass es überhaupt nichts zurück kaufen kann. Der Spekulant als Inhaber der Papiere muss darauf wetten, dass irgendwer – in unserem Fall die EU – sich entschließt, das Land mit Bargeld zu versorgen – und dass weiterhin dieses Land das Bargeld dann auch dazu nutzt, die eigenen Schuldpapiere zurückzukaufen. Die glorreiche Idee dazu gebar der Deutsche Jörg Asmussen.
Anfang des Monats begann nun Griechenland mit der Rückkauf-Aktion, weil von deren Erfolg die Auszahlung der dritten Hilfstranche abhängig gemacht wurde. Und jetzt schlug die Stunde des Dan Loeb: Er bekam für jeden Schuldschein, den er für 17 Euro gekauft hatte, diese 17 und noch einmal 17 – also 34 Euro zurück. Das ist eine beachtliche Gewinnmarge, die Third Point, dem Hedgefonds des Herrn Loeb, auf einen Schlag 500 Millionen Dollar eingebracht haben – und künftig sogar noch mehr bringen soll: Es wird vermutet, dass Third Point noch auf einem Berg griechischer Anleihen sitzt und darauf spekuliert, dass deren Preis weiter steigt.
Was ist also passiert? Griechenland hat Schuldscheine über Fantasiesummen ausgegeben. Niemand – weder der griechische Staat, noch die Käufer der Staatsanleihen, glaubten an den aufgedruckten Wert der Scheine – deshalb lag der Nennwert auch bei nichtmal 20 Prozent. Rein rechnerisch musste aber fortan von einer Schuldenhöhe entsprechend der auf den Anleihen aufgedruckten Wert-Summe ausgegangen werden.
Die EU forderte einen „Schuldenschnitt“ – es wurde hart und verbissen verhandelt – und heraus kam de facto kein Schnitt, sondern ein satter Gewinn für die Spekulanten und Inhaber der Staatsanleihen auf Kosten der europäischen Steuerzahler….
Bewegt Sie nun ein hinreichend bekanntes Gefühl hilflosen Ärgers?
Zu Recht.
Wir werden bei diesen ganzen Verhandlungen sowas von über den Tisch gezogen, dass man am liebsten alle Entscheidungsträger in einen Sack stopfen und Knecht Ruprecht zur Besenbehandlung übergeben würde…
Ergänzender Link: Wie die Südländer immer neue Forderungen stellen
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