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Bundesbank wäre bei Euro-Crash gut gerüstet: Deutsche vertrauen ihr

Von HANS BENTZIEN, entnommen dem Wall Street Journal 

In der allgegenwärtigen Schuldenkrise ist die Bundesbank zum dauernden Opponenten der Europäischen Zentralbank geworden. Ihr Präsident stimmt anders ab, als der EZB-Präsident, wenn es um wichtige Entscheidungen geht wie den Ankauf von Staatsanleihen im großen Stil.

Dabei erscheint die Bundesbank wie ein zahnloser Tiger, der seine Positionen im EZB-Rat nicht durchsetzen kann. Aber vielleicht kommt ihre Stunde noch: Sollte die Eurozone auseinanderbrechen und die Bundesbank Forderungen gegen die Europäische Zentralbank in Billionenhöhe abschreiben müssen, dürfte sie trotzdem in der Lage sein, eine stabile Währung auszugeben: Weil es dann nicht auf das Eigenkapital ankommt, sondern auf das Vertrauen der Deutschen die Währung zu akzeptieren.

Ein Zusammenbruch der Eurozone, ja selbst ein Austritt Griechenlands aus dem Währungsraum erscheint vielen Beobachtern wegen der finanziellen Folgen als schier undenkbar. Eine dieser Folgen wäre nämlich ein Ausfall der Forderungen der Bundesbank aus dem Zahlungsverkehrssystem Target2. Ende August summierten die sich auf 751 Milliarden Euro.

Zerbräche die Eurozone, zerbräche auch die EZB. Die Bundesbank wäre dann wieder eine deutsche Notenbank, müsste aber wohl einen großen Teil ihrer Forderungen gegen die EZB ausbuchen. Die übrigen Aktiva der Bundesbank fallen verglichen mit den Target-Forderungen kaum ins Gewicht. Immerhin: Es gibt Devisenreserven über rund 129 Milliarden Euro, darunter 3.400 Tonnen Gold, die mit 125 Milliarden recht konservativ bewertet sind. Außerdem stehen Kredite und Wertpapierbestände auf der Haben-Seite.

Aber die Soll-Seite der Bilanz, sie besteht aus dem umlaufenden Bargeld und den Bankguthaben, ist weitaus größer. Wäre die Bundesbank dann nicht pleite? Die Standardantwort auf diese Frage lautet: „Eine Zentralbank kann nicht pleitegehen.“ Warum nicht? Weil sie sich das Geld, das sie zur Begleichung der gegen sie gerichteten Forderungen benötigt, notfalls selbst drucken kann, wie die Ökonomen Ulrich Bindseil, Andres Manzanares und Benedict Weller in einem EZB-Arbeitspapier von 2004 anmerken.

Noch andere Tricks möglich

EZB und Bundesbank geben sich mit Blick auf ihre Eigenkapitalausstattung deshalb entspannt. Obwohl die EZB bei den anstehenden Staatsanleihekäufen im Rahmen des OMT-Programms kein vorrangiger Gläubiger mehr ist, wollen weder die EZB, noch Aktionär Bundesbank ihr Eigenkapital erhöhen. „Für Zentralbanken gibt es keine Solvenzvorschriften“, sagt EZB-Sprecher Niels Bünemann. Und Bundesbank-Sprecherin Ute Bremers fügt hinzu: „Bedarf für eine Kapitalerhöhung bei der Bundesbank besteht nicht.“

Nach Aussage von Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert ist es mit Blick auf die „Zahlungsfähigkeit“ einer Zentralbank vor allem wichtig, dass sie laufende Einnahmen erzielt, indem sie verzinsliche Kredite vergibt. „Derzeit wird der Gewinn noch dadurch verringert, dass die Mindestreserven der Banken verzinst werden. Aber das kann man ja auch ändern“, sagt Schubert

Aber eine Zentralbank kann auch noch andere Tricks anwenden. Sie kann, anders als normale Geschäftsbanken, auch riesige Verluste einfach vortragen und jahrelang sogar mit einem „negativen Eigenkapital“ leben. So weist der kanadische Ökonom William R. White in einer aktuellen für die Dallas Fed angefertigten Studie darauf hin, dass es gar keine allgemein verbindlichen Regeln für die Eigenkapitalausstattung von Zentralbanken gibt.

„Es ist überhaupt nicht klar, ob Zentralbanken überhaupt Eigenkapital benötigen, um ihr Aufgaben zu erfüllen. In vielen Ländern haben Zentralbanken in den vergangenen Jahren ‚negatives Eigenkapital‘ gehabt“, konstatiert White. Als bekanntestes Beispiel nennt er Chile. Auch Commerzbank-Volkswirt Schubert meint: „Wenn sich keiner darum kümmert, könnte man das Loch einfach stehen lassen und es langsam abtragen.“

Allerdings sind Ulrich Bindseil und seine Kollegen zu der Erkenntnis gelangt, dass die Bürger ihr Vertrauen in die Zentralbank unter solchen Umständen nur dann nicht verlieren, wenn die in ihren Augen vertrauenswürdig ist. Unter dieser Voraussetzung erscheint das unflexible und scheinbar ohnmächtige Agieren des Bundesbankpräsidenten in einem anderen Licht.

Wahrer des Bundesbank-Erbes

Bundesbankchef Jens Weidmann kann im EZB-Rat zwar nicht unbegrenzte Käufe von Staatsanleihen verhindern. Aber er wird in der deutschen Öffentlichkeit als Wahrer des Bundesbank-Erbes wahrgenommen: Wie einst Karl-Otto Pöhl oder Helmuth Schlesinger befürwortet er im Zweifelsfall höhere Zinsen und steht Forderungen aus der Politik grundsätzlich kritisch gegenüber. Was mit Blick auf die aktuelle Geldpolitik wirkungslos ist, ergibt unter der Annahme eines Euro-Zusammenbruchs durchaus Sinn.

Für Commerzbank-Volkswirt Schubert ist jedenfalls wahrscheinlich, dass die Bundesbank bei einem Zerbrechen der Eurozone das Vertrauen der Deutschen genießen würde: „Wenn wir annehmen, dass es ein schlimmes Ende mit dem Euro nimmt, wird wahrscheinlich gesagt werden: Die Bundesbank war gut, sie hat immer gewarnt und ist da nur mit hineingeraten“, sagt er.

Und Bert Van Roosebeke, Ökonom beim ordoliberalen Centrum für Europäische Politik (cep) argumentiert: „Wenn Weidmann sich deutlich sichtbar von der EZB abgrenzt, wird das sicher nicht dazu führen, dass die Deutschen der EZB mehr als der Bundesbank vertrauen.“

Dass die Bundesregierung Weidmann dafür rüffelt, dass er seine Kritik öffentlich macht, tut dieser vertrauensbildenden Maßnahme keinen Abbruch. So sehr, wie die Deutschen auf eine harte Währung geeicht sind, schaden die Differenzen zwischen Schäuble und Weidmann mehr dem Finanzminister als dem Bundesbankchef.

Siehe auch: Immer höhere Schuldenberge aus wertlosem bedrucktem Papier und „Die Eskalation der Krise“

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Bankenkontrolle: Die EU treibt die „große Lösung“ voran

Im September soll eigentlich Karlsruhe über den ESM entscheiden. Nun wird sich das wegen der neuen anhängigen Klagen wahrscheinlich verschieben. Aber dessen ungeachtet treibt die EU-Kommission die Entmachtung der Bundesregierung weiter voran: Für September ist ein Gesetzentwurf vorbereitet, der der Europäischen Zentralbank die Aufsicht über alle Banken Europas übertragen will – auch über die nicht systemrelevanten wie die Genossenschaftsbanken. Die Bundesregierung will die Bankenaufsicht bisher auf die 25 wichtigsten Geldhäuser der Eurozone beschränken.

Damit würden Fakten geschaffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Das Ziel dabei ist klar: Deutschland soll sich nicht mehr über die erstmal notwendige Zustimmung auf nationaler Ebene davor drücken können, für die Schulden der anderen Eurostaaten mit zu bürgen.

Auch andere Länder, wie etwa Kanada, drängen darauf, dass Deutschland eine Führungsrolle in der Eurokrise übernimmt. Das sagte Ministerpräsident Stephan Harper gestern bei einem Treffen mit der Kanzlerin in Ottawa. Angela Merkel spricht sich auch selbst für ein größeres Eingriffsrecht in die nationalen Haushalte aus, favorisiert aber eine andere Reihenfolge: Erst muss die politische Integration der Nationalstaaten innerhalb Europas stattfinden, verbunden mit einer Konsolidierung der nationalen Haushalte. Danach kann vergemeinschaftete Finanzpolitik gemacht werden.

Da nun die Zeit aber drängt, die nationalen Finanz-Spielräume in Italien und Spanien täglich kleiner werden, favorisieren diese Länder schnelle Lösungen. Alles wartet auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die bisher die Umsetzung des ESM verhindert. Sollte Karlsruhe dem zustimmen, wird damit gerechnet, dass sowohl Spanien, als auch Italien hunderte von Milliarden an Hilfen beantragen werden, die dann keine strengen Kontrollmaßnahmen wie etwa bei Griechenland zur Folge haben. „Vorsicht Angriff“ titelt denn auch dazu heute die Wirtschaftswoche. Womit die Märkte rechnen, konnte man diese Woche am Beispiel des Crash-Propheten Marc Faber sehen: Der kaufte in großem Stil Euro-Aktien. …

Finland hat derweil heute die EU aufgefordert, sich auf den Zerfall des Euro vorzubereiten. Dies könne für die EU insgesamt sogar ein Vorteil sein, sagte Außenminister Erkki Tuomioja. Zufall oder nicht: Heute morgen in twitter wechselten sich obige Nachrichten ständig mit einer „kleinen“ Entscheidung ab, die das Bundesverfassungegricht gefällt hat: Die Bundeswehr darf jetzt auch im Inland eingesetzt werden. Aber nur bei großen Katastrophen, nicht etwa bei Demonstrationen…

KenFM hat die Gelegenheit genutzt, in einem Audio-Beitrag noch einmal aufzuzeigen, warum Währungssysteme immer wieder zusammenbrechen müssen: Weil die Banken mit ihrem Zins und Zinseszins Geld schöpfen, das nicht durch Wirtschaftsleistung gedeckt ist. Früher oder später entsteht daraus ein Schuldenberg, der nicht mehr abtragbar ist – unvermeidliche Folge ist der Crash.

Update 31-8-2012: Was die Bankenkontrolle bringen soll – Argumente der Befürworter

Vergleichen Sie zu diesem Thema weitere Beiträge in diesem Blog: ESM und seine Folgen sowie Kein Weg zurück zum Länderparlament

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