Schlagwort: Cayman

Luxleaks: Deshalb brauchen wir kundige, hartnäckige, unabhängige Journalisten

Schonmal vom ICIJ gehört? Hinter der sperrigen Abkürzung verbirgt sich das Internationale Consortium Investigativer Journalisten in New York. Das ist ein Netzwerk 185 investigativer Journalisten aus 65 Ländern, die zusammenarbeiten, wenn es darum geht, grenzüberschreitende Machenschaften aller Art, die hohe Fachkenntnis und hartnäckiges, zeitaufwendiges Recherchieren fordern, aufzuklären. Auf diese Weise entsteht ein unabhängiges Aufklärungspotential, das kein Medium der Welt allein stemmen könnte. Neuste Veröffentlichungen der 1997 gegeründeten Gruppe: die Luxleaks.

Marina Walker Guevara erinnert sich im ICIJ-Blog an die Aufregung unter den 40 Journalisten, die das Consortium im Juni nach Brussel gerufen hatte, um sich mit einem Wust von Dokumenten auseinander zu setzen, die fundierte Fachkenntnis und viel länderspezifischen Sachverstand erforderten. Darunter waren Details etwa über das global agierende Unternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC), die vorher niemals öffentlich geworden waren. PricewaterhouseCoopers hatte unter anderem Pepsi, IKEA, Abbott und 340 anderen Unternehmen weltweit geholfen, geheime Steuerdeals mit Luxemburg auszuhandeln, die ihnen erlaubten, ihre Steuerschuld drastisch zu senken.

Der Aufregung folgten Monate intensiver,  investigativer Arbeit im Stillen. ICIJ richtete ein Sicherheitsnetzwerk ein, um Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen rund 80 Reportern aus 26 verschiedenen Ländern zu ermöglichen und nannte es „Enterprise“. Die Arbeit hatte klare Vorgaben: Es mussten länderspezifisch so viele Spezialisten wie möglich ins Boot, wenn das ganze Ausmaß der Leaks aufgearbeitet, Namen, zugeordnet werden sollten, um letztlich beweisbar zu machen, dass beide Seiten, sowohl die Politik, als auch die Unternehmen, aktiv  Win-Win-Situationen anstrebten.

Dann schlug man, wie inzwischen schon mehrfach, gleichzeitig los: In Deutschland starteten die Süddeutsche Zeitung, der WDR und der NDR die Berichterstattung, die einem politischen Erdbeben gleich kommt. Wieder einmal wird offenbar, wie sehr die Politik ihre Wähler verschaukelt, wie es um die Zusammenarbeit innerhalb der EU wirklich bestellt ist – und dass mit dem in der selben Woche ins Amt eingeführten neuen Präsidenten der E-Kommission, Jean-Claude Juncker, buchstäblich „der Bock zum Gärtner“ gemacht wurde.

Hier der Beitrag aus der Sendung Panorama vom 6. November 2014:

28 000 Seiten Steuerdokumente aus den Jahren 2002 bis 2010 mussten die Journalisten nachvollziehen. Bei 86 Dokumenten, so die SZ, ist ein Bezug zu Deutschland feststellbar. Darin geht es unter anderem um die Deutsche Bank, EON und Fresenius Medical Care.

All die Konstruktionen lassen sich sehr genau beschreiben, da die Berater von PwC der Luxemburger Steuerbehörde detailliert darlegen, was der jeweilige Konzern plant. Und weshalb am Ende kaum oder keine Steuern anfallen auf Einkommen aus Lizenzgebühren, Dividenden, Zinsen oder Kapitalerträge. Das US-amerikanische Kurierunternehmen FedEx etwa musste nach Luxemburg verbrachte Gewinne mit nicht einmal 0,1 Prozent versteuern. Die frühere Pepsi Bottling Group, die zum US-Getränkeriesen Pepsi-Co gehörte, hatte nach einer Reihe von konzerninternen Darlehen via Luxemburg ebenfalls eine signifikant niedrigere Steuerquote.

„Es ist beinahe schon ein Vergnügen, beim Lesen der Papiere zuzusehen, wie die reguläre Unternehmensteuer, die in Luxemburg bei rund 29 Prozent liegt, unter den kunstvollen Handgriffen der PwC-Leute zerbröselt, bis kaum etwas übrig ist,“ vermerken die Schreiber der SZ. „Wohlgemerkt: legal. Es werden Schwestergesellschaften erschaffen, Schuldscheine verschoben, Dividenden verwandeln sich über Nacht in Zinsen und sind als solche steuerfrei. Alles für sich rechtens, und doch Interpretationssache.“

In Luxemburg wird dabei angewendet, was auch die USA gern für sich beanspruchen: Man macht Gesetze, die bestimmtes Handeln im eigenen Land legalisieren, lädt dann internationale „Freunde“ zum Mitmachen ein und betont bei auftretender Kritik, alles sei „völlig legal“.  Dazu richtet man offizielle Stellen ein, die Dokumente staatlich stempeln, so dass jeder Beteiligte die Legalität seines Vorgehens auch nachweisen kann.

Juncker

So funktionierte das System des luxemburgischen Finanzministers (seit 1989) und bis zu seinem Rücktritt 2013 langjährigen Premiers Jean-Claude Juncker. Dass das den europäischen Nachbarn nicht verborgen blieb, wird im Panorama-Beitrag deutlich. Immer wieder habe man den Mini-Staat (500 000 Einwohner) aufgefordert, sich zu mäßigen, aber unter Juncker sei er entschlossen gewesen, sich wie ein schlecht erzogenes Kind zu benehmen…. aha.

Da will man doch wissen, aus welchen Gründen die europäischen Nachbarn nicht nachdrücklicher auf den arrogant-charmanten Strippenzieher eingewirkt haben – obwohl es eigentlich jedem klar ist: Weil alle mitmischen im riesigen Poker um Geld. Haben sich die Regierungschefs etwa deshalb auf Juncker als Kommissionspräsident geeinigt, weil man ihm zutraut, ganz Europa zu einem neuen Schwerpunkt für gute Finanz-Deals zu machen? Dafür könnten sie anschließend sogar gute Gründe präsentieren: Schließlich muss der Euro gerettet werden…

Bereits jetzt geht aus den Recherchen hervor, dass öffentliche Pensionsfonds – auch deutsche – ebenfalls Geld über Luxemburg angelegt haben. Ebenso bekannt ist, wie aufmerksam die Schweiz das Treiben im Kleinstaat beobachtet, um nicht im Kampf um milliardenschwere Anleger abgehängt zu werden. Man weiß von den Steueroasen in britischer Hand – von der Isle of Man bis hin zu den Caymans – und denen in den USA. Auch Deutschland ist kein unbeschriebenes Blatt.

So liegt der Fehler im Gesamt-System: Weil sich alle Staaten belauern wie Geier, um selbst am großen Geld-Topf möglichst viel Anteil zu haben, ist es so schwer, internationale Einigungen herbeizuführen.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet derzeit einen Aktionsplan, der 2015 beschlossen werden soll. Nach den Vorstellungen der OECD müssten Länder wie Luxemburg künftig betroffene Staaten informieren, bevor sie einem Konzern eine solche Konstruktion erlauben. Außerdem sollen Konzerne dokumentieren, welcher Teil des Profits auf die jeweiligen Länder entfällt, in denen sie aktiv sind. Nächste Woche tagen die G20 – Staaten in Australien, um Strategien gegen die Steuerflucht der Konzerne zu konkretisieren. Darunter sitzen auch die, die selbst über Luxemburg aktiv sind.

Die EU liegt mit dem Großherzogtum seit Monaten im Clinch: Wettbewerbs­hüter untersuchen, ob die Rulings, die Luxemburg mit Amazon und Fiat abgeschlossen hat, gegen EU-Recht verstossen: Individuelle Steuerregelungen, so der Vorwurf, kämen einer verbotenen Beihilfe gleich. Die Regierung des Grossherzogtums weigert sich in dem Streit, alle relevanten Dokumente offenzulegen, hat auch nicht die Absicht, ihr steuerfreundliches Verhalten signifikant zu modifizieren: Gerade wurde der „Freeport“ eröffnet, zur Party kam sogar Großherzog Henri. Der Freeport ist ein Gebäude mit Schließfächern neben dem Flughafen. Der Zoll schaut weg, daher auch: „Freihafen“. Freeports sind Lagerräume ohne staatliche Kontrolle – und ohne Steuern.

B16T-19IcAA3Lvg

Und der Architekt der gesamten Struktur, der Ex-Regierungschef, ist nun als Präsident der EU-Kommission der wohl mächtigste Mann Europas. Er stellt bisher wortkarg fest, dass er sich aus den Ermittlungen, die seine Gremium nun gegen sein Land aufnehmen wird, selbstverständlich heraushalten wird…

Der NDR hat eine Chronik der Entwicklung Luxemburgs zum Steuerparadies erstellt. Das war eine verhältnis,mäßig leichte Aufgabe im Vergleich zu den Hindernissen, mit denen sich die Journalisten in den verschiedenen Ländern herumschlagen mussten, erinnert sich Marina Walker Guevara. Als man sich beispielsweise in Kanada darum bemühte, die Steuerregelungen für ein Unternehmen der kanadischen Regierung in Luxemburg einzusehen, erreichte die Gruppe ein fast vollständig geschwärzter Datensatz. Als der europäischen Kommission klar wurde, dass in konzertierter Aktion zu den Steuerpraktiken im Großherzogtum recherchiert wurde, reagierte sie nervös. Sie kündigte Überprüfungen von Konzernen, aber auch des Kleinstaats an und beklagte, dass letzterer sich weigerte, Unterlagen herauszugeben.

Dennoch gelang es mit den bisher veröffentlichten Dokumenten, bereits 550 luxemburgische Steuerregelungen frei zugänglich zu machen, obwohl die Unterlagen bei weitem nicht fertig ausgewertet sind. Das ist viel Arbeit und kostet viel Geld. Der ICIJ freut sich deshalb über Unterstützung: „We welcome tips from readers and encourage other media organizations to join our reporting in the months ahead. Like ICIJ investigations? Find out how you can support our work.“

In der interaktiven Datenbank des ICIJ kann jeder Interessierte selbst in den Dokumenten blättern. Es wird darauf hingewiesen, dass nicht jedes Unternehmen, das hier auftaucht, Steuern vermieden hat. Einige Dokumente beziehen sich auf reguläre Umstrukturierungen oder beschreiben Geschäfte, die regulär in allen beteiligten Ländern versteuert worden sind. Die Unterlagen sind weitgehend in Englisch verfasst.

Nach all den bisher „Verschwörungstheorien“ genannten Wahrheiten, die uns 2014 mit real existierenden Dokumenten belegt wurden, steht jedenfalls eines fest: Mehr denn je brauchen wir die wenigen Menschen, die bereit sind, unter Einsatz ihrer gesamten Existenz das System des Schweigens zu verraten. Und wir brauchen gut ausgebildete, international vernetzte, finanziell unabhängige Journalisten, die die Dinge aufarbeiten und öffentlich machen. Ohne Druck der Öffentlichkeit wird es niemals möglich sein, die Politik zu kontrollieren, die so gern in die Fänge des großen Geldes läuft.

Das gilt übrigens auch für das Lokale. Wie oben, so unten – man kann es zurzeit beispielsweise daran sehen, was etwa die Windindustrie in Bundesländern, Landkreisen, Verbandsgemeinden, einzelnen Orten anrichtet. Für Unsummen werden Landflächen gepachtet, auf denen Windräder stehen sollen – Entscheidungsträger aus den Gremien finden gut dotierte Arbeitsplätze in der Windindustrie selbst oder ihrem direkten Umfeld – Verbandsgemeinde und Kreise gründen komplexe Firmenkonstrukte, um offiziell nicht an riskanten Investitionen beteiligt zu sein, andererseits aber möglichst viel Rendite in Aussicht zu haben. Und immer geht es darum, an viel Geld zu kommen.

In den Regionen kann man auch sehr gut sehen, wie schwierig es ist, in Regionalzeitungen eine die ganze Wirklichkeit abdeckende Berichterstattung zu erreichen.

Warum?

Dreimal dürfen Sie raten.

Siehe auch:

Offshore-Leaks: Wer profitiert vom weltweiten „Zorn der Gerechten?“   und die dortigen weiterführenden Links

Wer braucht schon die Caymans – wenn er die Hilfe deutscher Banken hat? 

Medien: Eine gute Geschichte ist immer eine gute Geschichte und die dortigen weiterführenden Links

Update: Das wahre Steuerparadies liegt in den Niederlanden

Update: Gesunder Wettbewerb hält wach

Update: Misstrauensvotum gegen Juncker kommt von rechts und hat deshalb keine Chance

Update: „König Juncker“ beantwortet keine ‚widerlichen Fragen‘

Update: Pro-Juncker-Koalition in der EU verhindert Lux-Leaks-Untersuchungsausschuss

Update: Die Steuerkonstruktionen Disney und Koch

Swissleaks: Die ganze Geschichte

Update: Anhörung Junckers: „Lux-Leaks“ ist ein Unwort

Update: Cayman Signals Willingness to Abandon Corporate Secrecy – But Not Yet

Update: Schattenfinanz-Index: Gleich nach den Caymans kommen die USA und Cayman Island top ranking of money hideouts

Offshore-Leaks: Wer profitiert vom weltweiten „Zorn der Gerechten?“

86 investigative Journalisten aus 46 Ländern rund um den Globus haben diese Woche Wikileaks klein aussehen lassen: Sie haben in einer bisher beispiellosen Gemeinschaftsaktion Steuerpraktiken global agierender Unternehmen und vermögender Menschen offengelegt, die es sich leisten können, weltweit die günstigsten Konditionen zu nutzen. Möglich wurde das durch ein „Geschenk“ per Post: Ein anonymer Absender hat dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) eine Festplatte mit 260 Gigabyte Daten und 2,5 Millionen Dokumenten übermittelt, die in solcher Ausführlichkeit noch niemals öffentlich geworden sind.

Was für eine Mammutaufgabe die Auswertung dieser Daten bedeutete, beschreibt die Süddeutsche Zeitung, die in Deutschland zusammen mit dem NDR an der Gemeinschaftsaufgabe beteiligt war: Es sind Unterlagen zu mehr als 122.000 Briefkastenfirmen und Trusts auf den Britischen Jungferninseln, den Cook-Inseln, Samoa, Hongkong, Singapur, den Cayman-Inseln, Mauritius, der Insel Labuan vor Malaysia und den Seychellen. 12.000 Vermittler solcher Konstrukte erscheinen, die Daten von rund 130.000 Menschen sind gespeichert, mit Adressen aus 170 Ländern.

„Die aufgedeckten Listen mit Nutznießern des Finanzbunkersystems ermöglichen den Einblick in ein globales System der Steuervermeidung und Vermögensverschleierung“, schreibt die Süddeutsche dazu.  „Seitdem einst die Regierung Kohl in eines ihrer Steuergesetze den Satz geschrieben hat, die Vermögensteuer werde von 1997 an „nicht mehr erhoben“ – seitdem werden auch die großen Vermögen nicht mehr wirklich erfasst. Die Listen, die jetzt veröffentlicht werden, sind daher so etwas wie ein alternativer Armuts- und Reichtumsbericht. Es handelt sich um die notwendige Ergänzung zum Regierungsbericht, der von der Realität des Reichtums nichts wissen und nichts sagen will. (…) Es gibt nicht wenige Reiche, die große Stifter sind, oder sich, noch besser, zu einer Vermögensabgabe verpflichten – die also den kargen Satz des Grundgesetzes ernst nehmen: Eigentum verpflichtet! Er verpflichtet zumindest dazu, Steuern zu zahlen. Das ist das Mindeste. Die veröffentlichten Listen können, wenn es gutgeht, zu diesem Mindesten beitragen.“

Eine Aussage, der niemand widersprechen kann. Eine Aussage aber auch, die so nicht unkommentiert stehen bleiben darf. Die „Flucht“ des Geldes in die rund 70 „Steuerparadiese“ weltweit ist nur deshalb ganz legal möglich, weil es keine Gesetze gibt, die das verhindern. Um nur einmal beim Beispiel Europa zu bleiben: Wieso ist einerseits möglich, Geld zu besten Konditionen in Luxemburg oder auf britischen Inseln (die auch in der Karibik liegen) zu parken, während andererseits milliardenschwere Rettungspakete aus Steuergeldern geschnürt werden müssen, um klamme Banken zu refinanzieren?

Einseitig die Banken zu verdammen, die Kunden helfen, die steuergünstigsten Anlagemöglichkeiten zu finden, trifft nicht wirklich des Pudels Kern (hier im Link ein Beispiel, wie die Deutsche Bank für Geldanlagen an Niedrigsteuer-Finanzplätzen wirbt). Krass formuliert tun die Banken nichts anderes als ihren Job. Illegal wird das erst, wenn per Gesetzgebung die Möglichkeiten dazu nicht mehr bestehen. Niedrigsteuer-Finanzplätze gibt es übrigens auch bei den „Guten“: Man schaue sich untenstehenden ZDF-Film an und staune über geparkte Millionen in Florida und Briefkastenfirmen im US-Staat Delaware…

„Die Enthüllungen über die Offshore-Firmen sind im Einzelfall brillant. Ihre Inszenierung als Massen-Phänomen ist jedoch gefährlich: Es entsteht den Eindruck, als sei jeder Bürger im Kern ein Krimineller“, formulieren in einem sehr nachdenklichen, lesenswerten Artikel die Deutschen Mittelstandsnachrichten. Die simple Ideologie „Jagt die Reichen, dann haben wir keine Probleme mehr!“ kann eine sachkundige und faire Interpretation nicht ersetzen. (…) Die Massen-Anklage arbeitet mit einer unzulässigen Umkehr der Beweislast: Nicht mehr der Staat muss beweisen, dass ihm Geld entgangen ist. Vermögende müssen beweisen, dass sie rechtmäßig gehandelt haben (…)

Transparenz – als einseitige Verpflichtung für den Bürger?

Der europäische Rettungsschirm ESM entzieht der Euro-Zone 700 Milliarden Euro. Über ihre Verwendung entscheidet ein nicht gewähltes Direktorium, das vollständige Immunität genießt (…) ohne Transparenz“. Zum Abschluss zitieren die Mittelstandsnachrichten den Bloger Simon Black:

‚Insolvente Regierungen haben in der Geschichte immer nur auf ein sehr begrenztes Repertoire von Mitteln zurückgreifen können: Kapitalkontrollen, Kontrolle von Löhnen und Gehältern, Konfiszierung von Eigentum. Es wird bald, schon sehr bald, eine Zeit kommen, da werden die Regierungen die Vermögen zur Altersvorsorge ins Visier nehmen. Die Zentralbanken werden weiter die Kaufkraft und hart erarbeiteten Ersparnisse zerstören.

Einen Teil seines Vermögens ins Ausland zu bringen ist nicht kriminell. Es ist nicht verrückt. Wenn es rechtlich sauber gemacht wird, ist es eines der klügsten Dinge, die man machen kann, um sich gegen die wirklichen Kriminellen zu schützen.'“

„Politiker in den Industrieländern wettern gelegentlich gegen diese modernen Piratennester und geloben, diese auszuräuchern. Sie machen es aber nicht. Dabei wäre das eine Kleinigkeit: Eine konzertierte Aktion der USA und der EU würde die Steueroasen sehr schnell sehr radikal austrocknen. Wie das geht, haben die Amerikaner neulich demonstriert, als sie das bis dahin als unknackbar geltende eiserne Schweizer Bankgeheimnis bei der Verfolgung amerikanischer Steuersünder einfach so im Vorbeigehen zertrümmert haben“, formuliert Die Presse und hat gleich in mehrfacher Weise Recht damit. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, den ZDF-Film „Flucht in die Karibik“  genau anzusehen. Es sind nämlich nicht nur Politiker und ihre Berater als Privatpersonen, die Steuern verringern wollen. Die Staaten und Länder sind nicht selten auch beteiligt an den handelnden Konzernen.

Und so eröffnet sich eine völlig andere Perspektive dieses spektakulären Leaks:

1. Wer hatte Zugang zu dieser enormen Datenflut, konnte sie bündeln und den Leakern seiner Wahl übermitteln?

2. Für Steuer-CD einzelner schweizer Banken wurden Millionenbeträge gezahlt – die jetzt vorliegenden Infos wären Milliarden wert. Wer hat ein größeres Interesse an der Verbreitung der Informationen als daran, für das Übermitteln Geld zu bekommen?

3. Die Festplatte wurde nicht einer Organisation wie etwa Wikileaks übergeben, sondern den internationalen Medien. Warum? Ganz einfach: Wegen der Glaubwürdigkeit. Die Medien, das wusste der Informant, würden werten zwischen ethisch verwerflich und moralisch anständig. Sie würden polarisieren, sie würden die Masse der Niedrigverdiener, die gnadenlos von den Finanzämtern rangenommen werden, einbinden, sie würden damit der Politik Druck machen.

4. Wer profitiert von politischem Druck, der speziell in Richtung der bekannten „Steuerparadiese“ in Europa, Asien und der Karibik ausgeübt wird? Angesichts der Dimension ist klar: Das sind nicht einmal mehr einzelne Staaten. Hier geht es um Staaten, Staatenverbünde, um Wirtschaftsblöcke. Hier geht es um das Herbeiführen von Kontrolle im ganz großen Stil. Es geht um weltweite Macht.

5. Wer die Macht hat, kann andere für sich instrumentalisieren. Wer andere steuern und kontrollieren kann, wird viel Geld verdienen. Und so schließt sich der Kreis: Hier geht es um Macht über das Geld.

Deshalb gilt: Wer immer den weltweiten Sturm der Empörung entfacht hat, kann jetzt in Ruhe sein politisches Süppchen kochen – es sei denn, die Medien zeigen, was sie wirklich drauf haben und entlarven auch den Kern des Themas.

Wenn wir wirklich Gerechtigkeit wollen, brauchen wir nicht nur Kontrolle der Reichen. Wir brauchen auch Kontrolle der gewählten Politiker. Wir brauchen transparente Gesetze, nachvollziehbare Entscheidungen. Und nicht zuletzt brauchen wir ein Bildungssystem, das es jedem Bürger beibringt, wirklich zu verstehen, was  eigentlich gespielt wird.

Steueroasen 2013
STEUEROASEN Ausgabe 2013: Mit Sonderteil: Stiftungen und Trusts im Ausland zur Unternehmens- und Vermögenssicherung: Mit Sonderteil: Einblicke in die Offshore-Welt

Übrigens: Man kann sich auch mit Hilfe der Bücher kompetenter Fachautoren bilden. Einer davon ist beispielsweise Hans-Lothar Merten: Der Bankkaufmann und Betriebswirt  arbeitet als freier Publizist mit den Schwerpunkten Finanzen, Steuern und Unternehmensorganisation. Sein Buch „STEUEROASEN Ausgabe 2013“ ist bereits in der 16. Neuauflage erschienen.

Die Welt am Sonntag schreibt dazu: „Auf mehr als 500 Seiten beschreibt der Experte, wo noch legale Wege der Steuerminimierung gangbar sind und nimmt auf seiner Weltreise auch exotischste Destinationen unter die Lupe. Das Buch ist lesenswert und dürfte nicht nur bei steuermüden Bürgern, sondern ebenso bei Finanzämtern und Steuerfahndern auf Interesse stoßen.“

Der Kommentar der Süddeutschen Zeitung ist kurz und bündig: „Es gibt Bücher, die lassen den Wunsch nach einer Zensurbehörde aufkommen. Dieses gehört dazu.“

Update: SZ übergibt die Offshore-Daten nicht dem Staat

Update: Österreich soll Bankgeheimnis lockern

Update: EU half Euro-Banken, ihr Geld rechtzeitig aus Zypern abzuziehen

Update: Diskret und fast unsichtbar: Deutscher steuert Geldflüsse eines Oligarchen

Update: Auch deutsche Konzerne zieht es nach Delaware

Update: Luxemburg will auch die Daten von Großkonzernen offenlegen

Update: EU befürchtet Steuerflucht; deutscher Spitzensteuersatz liegt weit über EU-Durchschnitt

Update: Geheime Unterlagen aus Offshore-Steueroasen wurden Behörden zugespielt

Update: Steuer“optimierung“ am Beispiel der Kaffeehauskette Starbucks

Update: Crédit Suisse am amerikanischen Pranger

Update: Bankgeheimnis in Österreich und Luxemburg fällt

Update: Cayman-Bankdaten gleich tonnenweise in Hamburg gelandet

Update: Was bedeutet das britische Gesetz zu Steueroasen für die Schweiz?