Schlagwort: Betrug

Bekommt Donald Trump jetzt die Rechnung für ein Leben voller Lügen?

Am 3. November haben die Vereinigten Staaten ihren Präsidenten gewählt. Selten war eine Wahl so spannend und die Beteiligung so hoch wie dieses Mal: Hatte doch Amtsinhaber Donald Trump in den vier Jahren seiner Amtszeit und einem schmutzigen Kampf um seine Wiederwahl das Volk in bisher ungekannter Weise gespalten. Fast eine Woche dauerte es, bis das vorläufige Ergebnis nach Auszählung der meisten Briefwahlstimmen fest stand: Konkurrent Joe Biden, dessen Ergebnis am Wahltag selbst gar nicht nach Sieg ausgesehen hatte, hatte Donald Trump in einer quälend langsamen Aufholjagd schließlich mit 306 Wahlmännern und -frauen, sowie einem Vorsprung von sechs Millionen Wählerstimmen deutlich überflügelt. 270 Wahlmänner genügen zum Sieg.

Noch immer weigert sich der amtierende Präsident, das Wahlergebnis anzuerkennen. Mit mehreren Dutzend Klagen versucht er das Unmögliche möglich zu machen und seinen Verbleib im Weißen Haus doch noch durchzusetzen. Dabei scheut er kein Mittel, spricht von Lug und Trug bei der Stimmauszählung, obwohl nichts derartiges nachweisbar ist. Gleichzeitig verweigert er seinem Nachfolger die übliche Art des Briefings durch seine Behörden, damit am Tag der Amtsübergabe, dem 20. Januar 2021, ein nahtloser Wechsel der Amtsgeschäfte möglich wird.

Dass es Donald Trump nicht gelungen ist, sich eine zweite Amtszeit zu sichern, ist für ihn der Supergau. In seinem ganzen Leben wurde er noch nie dazu gezwungen, eine Niederlage öffentlich einzugestehen. So lange sein Vater lebte, glich der mit seinem Geld die Pleiten seines Sohnes aus, um dessen Image als toller selfmade-Geschäftsmann zu sichern; später waren es die Banken, die Kreditausfälle fürchteten, würden sie Trump fallen lassen. Um ihn herum hat sich eine Entourage von Ja-Sagern versammelt, die ihn ausschließlich lobt und bestätigt – aus gutem Grund: Wer es wagt, die Wahrheit zu sagen, wird gefeuert. Jahrzehntelang in seinem narzisstischen Weltbild als gerissener Geschäftsmann bestätigt, war Donald Trump im Laufe der Zeit immer unverschämter aufgetreten, hatte sich immer weniger an geltendes Recht gehalten. Auch nach der verlorenen Wahl traut sich seine eigene Partei nicht, ihrem „900 Pfund-Gorilla“ zu widersprechen.

Jetzt droht diesem die Quittung: Sobald er nicht mehr durch die Immunität seines Amtes geschützt ist, rollt eine Welle von Prozessen auf ihn zu. Es geht um Steuerhinterziehung, Verleumdung, Betrug, sexuelle Belästigung. Die Vorwürfe beziehen sich auch auf die Trump-Organisation und weitere Familienmitglieder. Die Prozesse werden nicht nur Millionen an Anwaltskosten verbrauchen; es können Strafen in dreistelliger Millionenhöhe auf ihn zukommen, wie das ZDF-Auslandsjournal zusammenfasst (Video). Damit nicht genug: Wenn es ganz dick kommt, kann der Noch-Präsident für bis zu zehn Jahre im Gefängnis landen.

Im Buch „Die Akte Trump“ zeigt Pulitzerpreisträger David Cay Johnston den Aufstieg des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten – angefangen bei Kindheit und Erziehung bis zum erbitterten Wahlkampf gegen Hillary Clinton. Mithilfe zahlreicher Interviews, Gerichtsakten und Finanzdokumente belegt er ein Geflecht aus Lügen und Betrug. Nach der Lektüre dieses Buches konnte jeder wissen, dass mit Donald Trump ein Lügner und Betrüger ins Weiße Haus eingezogen ist.

Donald Trump hat nach einer Auflistung der Financial Times mindestens 1,1 Milliarden Dollar Schulden. 900 Millionen davon werden in den nächsten drei bis vier Jahren fällig. Mit allein 340 Millionen steht er bei der Deutschen Bank in der Kreide. All seine Schulden sind über relativ wenige Gebäude und Golfplätze besichert. Laut Forbes besitzt der Noch-Präsident ein Vermögen von etwa 2,5 Milliarden Dollar. Wie realistisch diese Schätzung ist, steht auf einem anderen Blatt: Sein Leben lang hat Trump den Wert seines Vermögens für Zwecke wie die Forbes-Liste aufgebläht und für Steuerermittlungen klein gerechnet.

Michael Cohen, Trumps „Ausputzer“, hat in seinem Buch „Disloyal“ , das kurz vor der Wahl erschien, sowie vor Gericht viele der erhobenen Vorwürfe gegen den Präsidenten bestätigt. Nicht wenige der Betrügereien und Schweigegeldzahlungen, die dem Präsidenten vorgeworfen werden, hat Cohen persönlich in die Wege geleitet, begleitet oder ausgeführt, so etwa Schweigegeldzahlungen an mindestens zwei Frauen, mit denen Donald Trump Affairen hatte. Er musste im Namen des Präsidenten immer wieder dessen Frau Melania belügen.

Eine kleine Chance, sein Amt zu behalten, hat Donald Trump noch; auch wenn es kaum möglich scheint, sie zu erreichen: Bis zum 23. November müssen alle Stimmen fertig ausgezählt sein, damit sie zertifiziert werden können. Bis 8. Dezember stellt in jedem Staat ein paritätisch besetztes Gremium das Wahlergebnis offiziell fest. Ab dann ist dieses im „safe harbour“ und kann grrundsätzlich nicht mehr angefochten werden.

Normalerweise geht es dann so weiter: Die Wahlleute der jeweiligen Staaten geben bis 14. Dezember ihre Stimmen ab und schicken das Ergebnis bis zum 23. Dezember nach Washington. Dabei kommt es immer wieder vor, dass einige anders wählen, als sie sollten (faithless electors). 2016 gab es überdurchschnittlich viele von ihnen: zehn. Dennoch haben diese nicht vom Wahlergebnis überzeugten Wahlmänner und -frauen bisher nie eines verändert. Bis 3. Januar konstituiert sich der Kongress, der dann die Stimmen der Wahlmänner auswertet. Bis 6. Januar muss das Ergebnis vorliegen. Der neue Präsident wird ausgerufen und am 20. Januar vereidigt.

Das Trump-Team könnte nun während dieses Ablaufs für Verzögerungen sorgen, die ein Eingreifen ermöglichen: Die erste Gelegenheit dazu gibt das Datum 23. November. Wenn bis dahin genügend Unsicherheit geschürt wurde und (berechtigte) Klagen noch nicht entschieden sind, bestimmen die Parlamentarier die Wahlmänner nach ihren Vorstellungen. Sind sie überzeugt, dass Trump Präsident bleiben sollte, könnten sie die entsprechenden Wahlmänner und -frauen am Wählerwillen vorbei aufstellen. Zu diesem Zweck hat der Präsident diese Woche bereits zwei republikanische Abgeordnete aus Michigan ins Weiße Haus eingeladen. Die beiden erklärten danach jedoch, keinen Grund zu sehen, um gegen das Wahlergebnis vorzugehen und hätten statt dessen druckvoll um mehr Pandemiehilfen für ihren Bundesstaat geworben. In Pennsylvania musste das Trump-Team gerade einen großen Teil seiner Klage zurückziehen, mit der die Zertifizierung gestoppt werden sollte. In Georgia hat der Noch-Präsident die zuständigen Behörden und Abgeordneten regelrecht terrorisiert.

Danach kann Trump noch zu erreichen versuchen, dass die Wahlmänner und Frauen nicht zertifiziert werden. Auch hier ist er bereits bei der Arbeit und ruft persönlich bei Wahlkommissionen an. Sollte das scheitern, bleiben noch die faithless electors. Hier könnte das Schüren von Unsicherheiten, mit dem der Präsident bereits Monate vor der Wahl begonnen hat, Wirkung zeigen. Ohne Beweise, allein durch ständige Wiederholungen seiner Behauptung, es habe groß angelegten Betrug bei der Briefwahl gegeben, hat er drei Viertel seiner Wählerschaft davon überzeugt. Weil er sich bei allen drei Wegen noch Chancen ausrechnet, betont der Präsident immer wieder, dass er am Ende gewinnen werde.

Siehe auch:

Narzisstische Wut will vernichten: H.G. Tudor und Donald Trump

Make America great again: Mit Donald Trump kommt ein Lügner und Betrüger ins Amt

„Disloyal“: Trumps „Auskehrer“ packt aus  und

„Donald Trump zu unterschätzen, wäre ein tödlicher Fehler“

„Disloyal“: Was muss passieren, damit ein Süchtiger geht?

Was muss passieren, damit ein Co-Narzisst einen Narzissten verlässt? Diese spannende Frage beantwortet der langjährige Anwalt von Präsident Donald Trump: NICHTS lässt einen Süchtigen wirklich Abschied nehmen. „Disloyal“ – abtrünnig – heißt das Buch, das Michael Cohen im Gefängnis geschrieben hat. Es zeigt auf, wie grenzenlos dieser Mann bereit war, für Donald Trump einzustehen, und warum er schließlich „abtrünnig“ wurde: Weil ihm außer seiner Geschichte nichts geblieben ist. Nichts plus etwas unglaubliches: Die Zuneigung zu dem Mann, dem er erlaubte, sein Leben zu zerstören.

Michael Cohen und Donald Trump haben einiges gemeinsam: Beide suchen nach größtmöglicher Macht, nach Ansehen in der Gesellschaft; nach Reichtum und Statussymbolen. Beide sind bereit, dafür zu tun, was immer nötig ist – egal, ob im Rahmen der Gesetze, oder nicht. Wäre das nicht so, hätten sie sich vielleicht nicht so einfach gefunden. Der Eine, Donald Trump, verfügt über ein unglaublich manipulatives Charisma und einen schlafwandlerischen Sinn für Opfer. Der Andere, Michael Cohen, ist getrieben von der unstillbaren Sehnsucht, einem reichen, mächtigen, charismatischen Menschen wie Trump dienen zu dürfen, damit eine geheime Macht über ihn zu erlangen und ihn an sich zu binden. Auf diese Weise, im Schatten des bewunderten Menschen, sieht er sich wachsen als Mann im Hintergrund, der die Strippen zieht und die wahre Macht übernimmt, auch wenn nur er selbst es weiß.

Cohen stürzt genau in dem Moment, als er sich auf dem Gipfel wähnt. Er stürzt und wird von Donald Trump wortlos fallen gelassen, so wie alle vor ihm, die den gleichen Wunsch hatten. Halb aus Rache, halb als Versuch der Selbsttherapie entscheidet er sich, der ganzen Welt in einem Buch die Wahrheit zu sagen. Zu dieser Wahrheit gehört aber auch: Michael Cohens Zuneigung zu Donald Trump ist ungebrochen.

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Gaspipe Casso
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Roy DeMeo

Michael Cohen wird am 25. August 1966 in eine wohlhabende jüdische Familie als zweites von drei Kindern geboren. Sein Vater, ein polnischer Jude, hat den Holocaust überlebt und praktiziert in New York als Arzt. Der junge Michael hat schon als Kind einen starken Sinn für Loyalität – und zwei Seelen in der Brust. Vordergründig lebt er, wie man es von ihm erwartet: Er geht zur Schule, später zur Uni, studiert mit möglichst geringem Kraftaufwand, um den von den Eltern gewünschten bürgerlichen Beruf zu ergreifen, heiratet die Liebe seines Lebens. Seine zweite Seite ist dunkler. Groß ist die Bewunderung des Teenagers für die Gangster, die in den 80er Jahren die Stadt beherrschen und sich in stattlicher Zahl im „Club“ seines Onkels Morty Levine einfinden, dem El Caribe. Dort hilft der geschäftstüchtige junge Mann bis zum Ende seines Studiums immer wieder aus und betreibt auch einen eigenen Eisstand. Er lernt die harten Jungs seiner Zeit kennen, die teilweise Dutzende von Morden auf dem Konto haben, so etwa „Gaspipe“ Antony Salvatore Casso, Roy DeMeo, Anthony Senter, Joey Testa oder Frank Lastorina. Als er eines Tages Zeuge eines Mordes wird, zeigt er sich loyal und verrät der Polizei nichts. Dafür belohnt ihn der Mörder mit 500 Dollar.

In seiner Kanzlei ist Anwalt Michael Cohen schnell erfolgreich und verdient gutes Geld, das er in Taxi-Lizenzen und Immobilien investiert. Für seine junge Familie, Ehefrau Laura und die beiden Kinder, kauft er drei Appartements in einem Trump-Gebäude, die er zu einer einzigen Wohnung umbauen lässt. Bei dieser Gelegenheit freundet er sich mit Donald Trump junior an. So kommt es, dass er eines Tages im Jahr 2006 einen Anruf von dessen Vater erhält, der ihn um ein Treffen bittet. Der analytische Verstand Cohens begreift bei diesem Treffen innerhalb kürzester Zeit, worauf er sich einlässt: Auf einen Menschen, der stets gelobt werden muss, der so lange lügt, bis er selbst an seine eigene Geschichte glaubt, und der absolute persönliche Loyalität verlangt, völlig egal, ob er innerhalb des Rechts agiert, oder nicht.

Nach einigen Testaufträgen erwirbt er sich Trumps Vertrauen und bezieht gegen den Rat seiner Familie ein Büro im Trump Tower. Von diesem Moment an lebt Michael in einem aufreibenden Chaos, in dem sich Drama an Drama reiht. Innerhalb kurzer Zeit lernt er, ohne dass man es im wörtlich sagt, was seine Aufgabe hier sein wird: Er ist der Mann für die schmutzigen Aufgaben, der Auskehrer hinter einem Menschen, der nach seinen eigenen Gesetzen lebt. Donald Trump ist wegen seiner lautstarken Wutausbrüche gefürchtet, ebenso wie wegen seiner ständigen Wortbrüche. Dazu gehört auch, dass er Rechnungen nicht bezahlt, wenn das Ergebnis der Leistung nicht seinen Vorstellungen entspricht. Privat ist er Raubtier in Sachen Sex. Immer wieder tauchen Frauen auf, die behaupten, sexuell bedrängt worden zu sein oder Affairen mit Donald Trump gehabt zu haben, die sie nun zu Geld machen wollen. Die Porno-Darstellerin Stormy Daniels ist wiederholt darunter. Das Geld, das sie schließlich bekommt, als Trump bereits Präsident ist, wird einer der Brocken sein, die Cohen das Genick brechen.

„Da wusste ich, dass dieser Mann einmal Präsident sein würde,“ schreibt er, nachdem er erlebt hat, wie Donald Trump sich im Beisammensein mit führenden Evangelikalen in einer bühnenreifen Darstellung als Mann Gottes präsentiert. Auch diesen Kontakt hat ihm sein persönlicher Anwalt vermittelt: Dessen Nachbarin ist nämlich Paula-Michelle White-Cain, eine Führungsfigur unter den Evangelisten, die das Zusammentreffen organisiert. Diese Wandlungsfähigkeit in der Selbstdarstellung, verbunden mit einem großen Geschäftssinn und dem Instinkt Trumps bei der Auswahl „nützlicher“ Menschen bewundert sein „Fixer“ rückhaltlos. In großer Detailgenauigkeit erfährt der Leser, wie und mit wem „der Boss“ Geschäfte macht (immer wieder mit Hilfe der persönlichen Kontakte Cohens), wie er dabei Menschen über den Tisch zieht, kleine Unternehmen einfach nicht bezahlt, wohl wissend, dass diese sich langjährige Gerichtsverfahren nicht leisten können. Der Anwalt spart nicht aus, wie oft er sich persönlich demütigen lassen muss, wenn Trump mal wieder einen Schuldigen braucht oder einfach seine Laune heben will. Er lässt es geschehen, so wie das ganze Umfeld Trumps, einschließlich seiner drei Kinder. Gelegentliches Lob und vor allem sein Gefühl, für den „Boss“ unersetzlich zu sein und zu dessen innerstem Kreis zu gehören, honorieren ihn nach eigener Wahrnehmung reichlich. Dafür lässt er sich das Gehalt halbieren, setzt persönliche Freundschaften und sogar seine Familie auf’s Spiel.

Über seine persönliche Entwicklung schreibt Michel Cohen: „In den Tagen, als ich auf die kommende Kandidatur zu schwebte, begann ich zu fühlen, wie ich mich veränderte: Ich schien eine härtere und entschlossenere Version meiner selbst zu werden – bereit, willens und fähig, Trump zu gefallen – egal womit. Da entstand eine neue Version von Schamlosigkeit, eine Persönlichkeit, körperlos und im Äther fließend, wie ein Cartoon von bully boy. Kurz: Ich wurde zu Trump.“

Die Weise wie sich der spätere Präsident Aufmerksamkeit verschafft, ist oft tief unter der Gürtellinie. So ist der Hass auf seinen Vorgänger Barack Obama „grenzenlos“. Nach dessen Amtseinführung 2008 geht Trump so weit, ein Video mit einem Obama-Double drehen zu lassen, in dem er diesen rituell feuert. Er versucht, Obama zu diskreditieren, indem er öffentlich anzweifelt, ob dieser in den USA geboren ist. Ähnlich ergeht es anderen seiner Feinde: Einem unterstellt der die Nähe seines Vaters zum Killer von Präsident Kennedy, Lee Harvey Oswald. Ob sich seine Anschuldigungen beweisen lassen, ist ihm egal: Durch das Streuen des Verdachts sichert er sich selbst Medienpräsenz und etwas bleibt immer hängen. Trump – und in seinem Namen Michael Cohen – droht, wütet, erpresst, pokert und lügt, um Recht zu haben und zu gewinnen. „Er war rücksichtslos. Er beschuldigte immer wieder Andere dessen, was er selber tat. Das war Teil seines Modus operandi.“

Immer wieder nimmt der Anwalt das Chaos und Drama um Donald Trump als völlig andere Realität wahr. Eine Lüge wird erfunden und so lange wiederholt, bis Trump selbst und alle um ihn herum glauben, es handele sich um die Wahrheit. „Niemand sagt Trump je die Wahrheit über sein Benehmen, seine Überzeugungen oder darüber, welche Konsequenzen sein Verhalten, seine Ignoranz und Arroganz haben. Er lebt in einer Blase, die nichts mit dem realen Leben zu tun hat. Alle lügen für ihn und loben ihn, aus Angst davor, für immer verbannt zu werden, wenn sie es nicht tun.“

Der Tag, an dem Donald Trump seine Kandidatur öffentlich macht, wird zu einem Albtraum für seine ganze Mannschaft und seine Kinder. Statt sich als integrative Führungsperson zu zeigen, hält er eine Hassrede. Mexikaner seien Vergewaltiger, bringen Drogen und Gewalt ins Land, der amerikanische Traum sei vorbei und er werde seine Kampagne aus eigenen Mitteln finanzieren. Nachdem sich das erste Entsetzen gelegt hat, erkennt Michael Cohen das System dahinter: „Trump hat die Gefühle derer aufgenommen, die in den Obama-Jahren Rassisten genannt wurden: Weiße, Konservative, Christen; Menschen, die die Nase voll haben von politischer Korrektheit, davon, illegale Immigration zu tolerieren und vorgeben zu müssen, an Dinge zu glauben, von denen sie einfach nicht überzeugt sind. Für all diese Leute ist Trump der Champion. Der wenig Gebildete, der Reaktionär, die Leute, die glauben, dass Abtreibung Mord ist – sie alle sehen einen furchtlosen Geschäftsmann vor sich, der die politische Ordnung Amerikas Bullshit nennt. Die Globalisierung, der Klimawandel, die gleichgeschlechtliche Ehe, der Verlust amerikanischer Arbeitsplätze an die Dritte Welt, Immigration, die zentrale Rolle Gottes – all die trauernden Menschen, die Menschen mit starken Ressentiments, haben in ihm ihren Anwalt gefunden.“

Eine große Verantwortung dafür, dass Donald Trump Präsident werden konnte, so der Anwalt, tragen die Medien. „Trump ist ein Produkt der freien Medien. Frei wie kostenfrei. Die freie Presse gab Trump Live-Shows, Tweets, Pressekonferenzen, idiotische Interviews, rechte, linke und moderate Präsenz im Fernsehen, im Radio im Internet, in Facebook. Sie hat Trump gewählt und könnte ihn sehr gut auch wiederwählen. Der Boss weiß, wie man die Gier und Käuflichkeit der Journalisten ausnutzt; darin war und ist er Experte. Trump war immer eine gute Story mit den ständigen Chaos und Drama um ihn herum. CNN, die Times und Fox News fraßen ihm pflichtschuldig aus der Hand.“

Ähnlich sieht Michael Cohen die Situation vor der neuen Wahl. „Trump witzelt über eine zweite und weitere Präsidentschaften. Aber Donald Trump macht niemals Witze.“

Das Sex-Raubtier Trump ist sehr angetan von russischen Geschäftspartnern, die ihre Freude an besonders vulgärem Sex haben. Michael Cohen erlebt, wie begeistert sein Boss eine Darstellung von goldenen Duschen erlebt (urinieren auf eine Person). Er weiß nicht, ob es wirklich ein Video gibt, in dem der Präsident sich in einem russischen Bett, in dem bereits das Ehepaar Obama geschlafen hat, von Prostituierten goldene Duschen geben ließ. Aber er wäre, wie er schreibt, nicht erstaunt darüber. Er hört Donald Trump immer wieder auf vulgärste Weise über Frauen, Titten und Ärsche reden. Obwohl es ihn anekelt, nimmt er sogar hin, dass Trump seine eigene Tochter mit entsprechenden Vokabeln bedenkt.

Als der „Boss“ schließlich Präsident wird, macht Stormy Daniels einen weiteren Vorstoß, an Geld zu kommen. Sie hat Trump in der Hand, so dass dieser sich bereiterklärt, 130 000 Dollar zu zahlen. Aber die Spuren müssen verwischt werden. Donald Trump hat jedoch seinen Mann für solche Fälle, den CEO der American Media, David Pecker, vergrätzt.

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Dieser hat 150 000 Dollar an das Playmate Model Playboy-Model Karen McDougal gezahlt, um sie 2016 mit ihren Sex-Vorwürfen mundtot zu machen. Trump erstattet ihm das Geld jedoch nicht. Nun findet sich niemand mehr, der bereit ist, seinen Namen und sein Geld für die Überweisung herzugeben. Schließlich nimmt Michael Cohen, ohne seiner Frau etwas davon zu sagen, einen Kredit über 130 000 Dollar auf und gründet eigens eine Firma, um dieses Geld möglichst ohne Spuren an Daniels zu leiten. Trump macht auch hier keine Anstalten, ihm die Summe zu erstatten, kürzt vielmehr am Jahresende auch noch seinen Bonus auf geradezu lächerliche 50 000 Dollar.

Viel später, als Trump lange Präsident ist und sein Schwiegersohn Jared Kuschner zum neuen Stern an seiner Seite geworden ist, gibt es schließlich ein Agreement: Cohen arbeitet wieder in seiner Kanzlei, will den „Boss“ aber weiter in speziellen Angelegenheiten beraten und bekommt dafür monatliche Schecks bis zur Höhe der Summe. So macht Trump erneut ein Geschäft: Er kann mit Hilfe der Rechnungen auch noch Steuern sparen.

Wenig später, Cohen hat gerade ein Gespräch Donald Trumps mit dem Sheikh Hamad bin Jassim bin Jaber bin Mohammed bin Thani Al Thani aus Katar, einem der reichsten Menschen der Welt arrangiert, taucht plötzlich das FBI in seiner Privatwohnung auf, durchsucht alles und konfisziert seine Handies und Laptops.

Mit ungläubigem Staunen verfolgt der treu ergebene Anwalt in den Medien, wie sein „Boss“ ihn nicht nur fallen lässt, sondern auch seine für ihn so wichtige exklusive Rolle herunterspielt und schließlich aufhört, seine Anwälte zu zahlen. Gebunden an eine Schweigeverpflichtung erlebt Michael Cohen, wie der Staat Anschuldigungen gegen ihn erhebt, die er nicht zu verantworten hat, wie man öffentlich über ihn lacht, dass er aus eigenem Vermögen Trumps Sexgeschichten bezahlt. Er beschließt, mit den Behörden zu kooperieren. Das löst aktive Gegenwehr des Präsidenten aus, der nun alles tut, seinen einstigen Ausputzer und „Fixer“ unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Wie in einem schlechten Film erlebt dieser nun am eigenen Leib, was er selbst mehr als zehn Jahre lang zugunsten Trumps so vielen angetan hat. Über das Justizministerium versucht sein „Boss“, ihn unterschreiben zu lassen, dass er niemals über seine Geschichte sprechen wird und auch alle anderen, die etwas davon wissen, davon abhalten wird. Er unterschreibt nicht. Schließlich stellt man Cohen vor die Wahl: Entweder erklärt er sich schuldig in acht Punkten, von denen er einige gar nicht begangen hat, und wird verurteilt, oder man wird sein Vermögen von über 50 Millionen Dollar einfrieren und sowohl ihm, als auch seiner völlig unbeteiligten Ehefrau Laura den Prozess machen. Daraufhin verlangt sein Anwalt sofort ein Millionen-Honorar und droht damit, die Verteidigung abzugeben. Der Gefallene hat keine Wahl: Er bekennt sich schuldig und wird zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Nachdem er zunächst relativ komfortabel untergebracht ist, gerät der Anwalt später an Wärter, die zu den Trump-Anhängern zählen und ihn schikanieren. Er verbringt mehr als einen Monat in Einzelhaft und grübelt die ganze Zeit darüber nach, wie es geschehen konnte, dass er für Donald Trump alle seine rechtlichen Pflichten als Anwalt über Bord werden konnte. Ganz langsam erkennt er, wie und warum er in immer tiefere Abhängigkeit von einem charismatischen, aber selbstsüchtigen, empathiefreien Menschen geraten konnte – und wird dennoch nicht frei von ihm. Seine Existenz ist zerstört, sein Vermögen zum größten Teil aufgebraucht. So entscheidet er schließlich, ein Buch zu schreiben, das rückhaltlos ehrlich ist. Er wird abtrünnig, verlässt den Kreis des Schweigens und analysiert dabei gnadenlos sein eigenes Verhalten. Er wird zum Büßer und zum Rächer: Untreue gegen Untreue.

Und doch brennt und weint sein Herz: Noch immer will es Donald Trump nicht loslassen.

Siehe auch:

Narzisstische Wut will vernichten: H.G. Tudor und Donald Trump

Warum landen manche Menschen immer wieder bei „den Falschen“?

„Mein wahres Ich wirst du nie erreichen“

„Warum heilen wir uns nicht gegenseitig?

Ein tragisches doppeltes Trauma

„Der Mann meines Lebens ist ein Narzisst“ und die dortigen Links

„Mein wahres Ich wirst du nie erreichen“

Ein tragisches doppeltes Trauma

„Warum heilen wir uns nicht gegenseitig?

Siehe ausserdem: „Make America great again“: Mit Donald Trump kommt ein Lügner und Betrüger ins Amt und

„Donald Trump zu unterschätzen, wäre ein tödlicher Fehler“

Update: Donald Trump hat mindestens eine Milliarde Schulden

Update: Trump hat insgesamt 1,1 Milliarden Dollar Schulden – eine Auflistung

Gestrandet im Paradies: Wenn geliebte Menschen sich als Teufel erweisen…

Eigentlich hat sie „alles“. Mit Mitte 50 hat sie ihre Eigentumswohnung in guter Wohnlage in Berlin abbezahlt, sie hat ein erfreulich gut bestücktes Sparkonto, einen sicheren Beruf als Teilzeit-Lehrerin und einen freundlichen Ehemann.  Aber trotzdem fehlt ihr „alles“. Ihr Beruf, wie auch die ganze eingefahrene Alltagsroutine machen sie krank. Das soll nun alles gewesen sein? Oh nein. Julia lässt sich an ihrer Schule für ein Sabbatjahr freistellen und geht auf Reisen.

Knapp drei Jahre später steht sie vor den Scherben ihrer Existenz. Facebook-Freunde sind es, die sie retten und ihr helfen, nach Europa zurückzukehren. Sie braucht viele  Monate, um zu sich zu kommen. Jahre wird es dauern, bis ihre Seele das Erlebte verarbeitet haben wird. Sie versucht, sich dabei zu helfen und hat ein Buch über die beiden schlimmsten Jahre ihres Lebens geschrieben: „Gestrandet im Paradies,“ heißt es.

Es war die Dominikanische Republik, die Julia während ihres Sabbatjahres total verzauberte. Das leuchtend blaue karibische Meer, strahlend blauer Himmel, die Wärme, farbenprächtige Natur, und ein Mann – zehn Jahre jünger als sie selbst – bildeten einen unwiderstehlichen Cocktail der Anziehung. Ja, beschloss sie. Ja, sie will es noch einmal wissen. Sie will ein neues Leben wagen und eine neue Liebe.

Im Herbst des selben Jahres wandert Julia aus. Mit einem Container voller Teile ihres bisherigen Lebens, mit einem gut gefüllten Konto vom Verkauf zweier Wohnungen und zusammen mit ihrer Tochter, die ebenfalls einen Neuanfang sucht. Da hat sie die beiden  schwersten Fehler ihres Lebens schon gemacht: Ihre sichere Beamtenstelle hat sie gekündigt. Und sie hat dem dominikanischen Mann, in den sie sich Hals über Kopf verliebt hatte, eine sechsstellige Summe überwiesen. Er soll damit ein Grundstück am Meer bezahlen, das sie sich ausgesucht hat. Ein Öko-Hotel mit Hobbitwohnungen, vegetarischer Ernährung  und spirituellem Hintergrund will sie dort errichten, sich zusammen mit ihrem Liebsten eine gemeinsame Existenz aufbauen.

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Was dann geschieht, hat das Zeug zu einem handfesten Krimi – und lässt den Leser sich immer wieder die Augen reiben: Unglaublich die Unbekümmertheit, mit der die eigentlich lebenserfahrene Julia gegenüber den bettelarmen Einwohnern ihren Wohlstand zur Schau stellt, als freundliche Gönnerin von Mensch und Tier auftritt und damit wie eine „Goldeselin“ auf dem Präsentierteller steht. So wenig wie sie nach eigenem Bekunden anfangs die Gesichtszüge der Menschen auseinander halten kann, so wenig begreift sie ihre Wirkung auf die chancenlosen, bettelarmen Menschen in ihrem neuen Umfeld.

Ausgerechnet Barahona, unweit der Grenze zu Haiti, haben sich die beiden Frauen als neuen Lebensmittelpunkt ausgesucht.  Hier gibt es kaum Tourismus, ist die ohnehin hohe Kriminalität der Karibikinsel noch höher, die ganze Gegend ist als Drogenstraße aus Richtung Mexiko bekannt. Aber hier ist die Natur besonders wild und schön. Und hier lebt Rafael, der geliebte Mann, der in einem Moment unglaublich zärtlich, im nächsten schroff und unnahbar sein kann. Besonders letztere Seite zeigt er, nachdem Julia mit ihrem ganzen Hab und Gut in Barahona eingetroffen ist. Sie ist verunsichert und reagiert gelähmt. Sie glaubt, ihn zu brauchen, um ihren Lebensunterhalt in der fremden neuen Welt verdienen zu können. Da er aber nie zur Verfügung steht, sitzt sie zuhause – weitab vom Strand – verbringt ihre Zeit damit, frustriert auf ihn zu warten und Supermärkte zu finden, in der es einigermaßen abwechslungsreiche vegetarische Kost gibt. In langen einsamen Stunden postet sie für ihre 13 000 Facebook-Abonnenten spirituelle Weisheiten mit schönen Fotos.

Dann nehmen die Katastrophen ihren Lauf – so schnell aufeinander folgend, eine schlimmer als die andere, dass man beim Lesen kaum zu Atem kommt.  Rafael gesteht, ihr Geld veruntreut und statt des Grundstücks einen Gips-Steinbruch erstanden zu haben.  Nun hätte Julia zusammen mit ihrer Tochter und ihrem ebenfalls hergezogenen Bruder – alle der spanischen Sprache mächtig – versuchen können, sich auf eigene Faust eine Existenz aufzubauen. Statt dessen fördert sie die Gipsmine finanziell weiter, verköstigt unzählige unliebsame Verwandte Rafaels, kümmert sich um drei der minderjährigen Kinder ihres Lebensgefährten, glaubt ihm, dass er von seiner Ehefrau wirklich getrennt lebt und ändert auch nichts, als er das erste Mal handgreiflich wird. Nachdem er sie ein paar Wochen später mit der Faust k.o. geschlagen hat, zieht der Lebensgefährte bei Nacht und Nebel aus. Eine weitere Woche danach ist er tot: Unter dubiosesten Umständen erschossen. Nun erfährt Julia, dass die Geliebte „ihres“ Rafael,  ein minderjährige  Mädchen,  ein Kind von ihm trägt. Die Umstände des Mordes an Rafael werden nie aufgeklärt, obwohl der Mörder gefasst ist.

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Wenige Wochen später stirbt Rafaels Mutter bei einem Verkehrsunfall. Danach lernt Julia seine Sippschaft mal richtig kennen: Alle wollen Rafael beerben, beanspruchen das Unternehmen, das er mit ihrem Geld gekauft hat und weiteres Vermögen. Anwälte verlangen horrende Honorare ohne Leistung zu erbringen, Julia setzt große Summen ein, um die Gipsmine vor der Witwe Rafaels in Sicherheit zu bringen. Papiere verschwinden, Verträge sind plötzlich ungültig, ihr Vermögen schmilzt in schwindelerregendem Tempo dahin. In dieser Zeit stirbt Julias Bruder an mehreren Infekten, die er sich im karibischen Paradies zugezogen hat.

Um das Maß voll zu machen, bringt Julias Tochter Zwillinge zur Welt. Eins der Kinder ist hirngeschädigt. Da ist das Geld schon so knapp, dass Julia ihre Facebookfreunde um Hilfe bitten muss, um die Krankenhausrechnung zu bezahlen. Der Lebensgefährte ihrer Tochter erweist sich als genauso wenig vertrauenswürdig wie zuvor der ihre. Als „Geschäftsführer“ des Steinbruchs veruntreut er große Summen Geldes. Es kommt, wie es kommen musste: Mittellos und praktisch ohne einheimische Freunde müssen Frauen und Kinder um ihr Leben fürchten, denn würde ihnen etwas zustoßen, würde der Lebensgefährte der Tochter als Vater der Kinder alles erben. Nur mit Hilfe einer wohlhabenden Facebookbekanntschaft können sie bei Nacht und Nebel mit wenigen Kisten und Kasten das Land verlassen – die geliebten Hunde und eine Katze bleiben zurück.

Das Buch ist eine Warnung an alle, die vorhaben, auszuwandern: In fremden Ländern herrschen andere Sitten; angefangen beim Status von Männern und Frauen über den Umgang mit Behörden bis hin zu den Einheimischen selbst: Wer in ein sehr armes Land, und dort noch in eine Gegend geht, in der praktisch keine Europäer wohnen, muss sich darüber im Klaren sein, dass die meisten seiner zahlreichen neuen, so netten  „Freunde“ nichts anderes wollen als einen Teil vom Wohlstandskuchen. Das ist die harte Wirklichkeit: Wo bittere Armut herrscht, sind Tier- und Menschenfreundschaft  unterentwickelt. Wer das in unserem wohlstandsverwöhnten Land nicht beachtet, muss es unter Umständen teuer bezahlen.

Julia Martin: Gestrandet im Paradies ist erschienen bei „Books on Demand“.

Siehe auch: „Kaltes Herz – Narzisstischen Missbrauch überwinden“

Investmentbanking: Die mafiöse Karriere unserer Deutschen (Vorzeige-) Bank…

UpdateBanken sind Firmen. Keine staatlichen Institutionen.

Banken arbeiten gewinnorientiert. Auf wessen Kosten sie Gewinne machen, ist ihnen ziemlich wurscht.

In den Banken gibt es Investmentabteilungen. Da sitzen Menschen, die im Hauptberuf genauso gut Zocker in Casinos sein könnten. Sie arbeiten offiziell für ihr Unternehmen, in Wirklichkeit aber für sich selbst. Für sich selbst und ihre millionenschweren Boni. Das kann schonmal lebensgefährlich werden, manche Investmentbanker sterben gar durch eigene Hand. Gefährlich ist es auf jeden Fall, ihnen Geld anzuvertrauen – denn man kann nie wissen, ob man dadurch nicht zur Deponie für Giftpapiere wird.

Gefährlich wird es – leider wegen des Rufschadens und glücklicherweise, weil Gesetze manchmal doch noch greifen – irgendwann sogar für die größte Bank der Welt, wenn sie ihren Zockern zuviel freie Hand gewährt und dann noch deren Anführer zum Vorstand macht. Anshu Jain spielt eine Hauptrolle in der Welle von Betrugsprozessen, denen sich die Deutsche Bank zurzeit ausgesetzt sieht. Der hochintelligente, gnadenlos disziplinierte indische Brite, in dessen Augen ein jederzeit sprungbereiter Tiger lodert, hat die Filiale der Deutschen Bank in der City of London zur Geldmaschine gemacht.

Die untenstehende ZDF-Dokumentation zeigt auf, wie wenig sich das Raumschiff Deutsche Bank um Gesetze schert, um welch unglaubliche Summen es dabei geht, und wie richtig es ist, dass Milliardenstrafen verhängt werden.

Siehe auch: Abgezockt, für dumm „verkauft“ – und immer wieder die Deutsche Bank

Wer ist Anshu Jain, Familie Jain, Jainismus und Anshu Jain in Wikipedia

Nach der aktuellen Hauptversammlung: Anshu Jain bekommt noch mehr Macht – Pressekompass

Update: Rain Man vor Gericht

Update: Fitschen und Jain gehen, John Cryan soll Bank alleine führen

Update: Anshu Jain verzichtet auf zehn Millionen Gehalt und will sechs Monate umsonst für die Bank arbeiten

Update: Deutsche Bank erwartet Milliardenverlust

Update: Tabuala rasa in der Führung – die neue Deutsche Bank

Update: Dreimal Freispruch im Kirsch-Prozess

Update: Deutsche Bank auf in den USA auf 14 Milliarden verklagt – Kurs stürzt ab

Update: Berlin urges US to treat Deutsche fairly in misselling case

Update: Arbeitet die Bundesregierung an einem Rettungsplan für die Deutsche Bank?

Update: Türkei schielt auf Deutsche Bank

Update: Anshu Jain geht zurück auf Los

Update: Milliardengrab mit Kurspotential unter Null

Update: Anhaltend schlechte Geschäfte – John Cryan vor der Ablösung

Update: Neuer Vorstand – das letzte Aufgebot

Update: „Dysfunktionalstes Unternehmen“  : IT-Chefin verlässt Deutsche Bank

Update: Job-Kahlschlag in den USA

Update: Bafin schickt Sonderbeauftragten in Deutsche Bank

Update: Verdacht auf Geldwäsche: Razzia bei der Deutschen Bank

Update: Das Trump-Problem der Deutschen Bank

Update: Donald Trump gegen die Deutsche Bank: Eine Bank im Kreuzfeuer

Update: EZB: Deutsche Bank hatte Probleme mit der Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells

Update: Deutsche Bank will 6000 Stellen im Privatkundensektor streichen

Update: Deutsche Bank zahlt in den USA 100 Millionen Strafe wegen Korruption

„Catch me if you can“: Das Fischer-Netz des Finanzmaklers Marco Russo

Wie groß das Betrugsvolumen von Finanzschiebern wie Marco Russo weltweit ist, weiß niemand. Ihr System wird so gut wie nie geknackt. Denn von ihrem Betrug profitieren viele. Die Banken, die Kredite vermitteln. Die Zwischenhändler, die Gebühren einstecken. Und eben Leute wie Russo, die für die von Staatsanwälten als Betrug bezeichneten Deals saftige Provisionen vorab kassieren. Für Russo sind die Geschäfte fast ohne Risiko. Eine Verurteilung dauert Jahre, und dann können Verurteilte immer noch in Berufung gehen. So wie jetzt: Marco Russo tritt eine mehrjährige Haftstrafe in Italien erstmal nicht an und erschließt sich statt dessen den deutschen Markt.

Über seinen Anwalt lässt er mitteilen, er sei unschuldig. Der Anwalt sagt, Russo sei von einigen Vorwürfen freigesprochen worden, während andere Verurteilungen entweder rückgängig gemacht wurden oder sich in der Berufung befinden.

In einer aufwändigen Recherche haben Reporter aus vier Ländern die Spuren Marco Russos und seiner Helfer verfolgt. El Confidencial aus Madrid hat seinen Ritterorden und weitere Helfer aus seinem Netzwerk aufgespürt. Der Schweizer Tages-Anzeiger hat Mittelsmännern in der Schweiz nachrecherchiert. Das Investigative Reporting Project Italy arbeitete sich durch tausende Seiten Gerichtsakten aus Strafverfahren gegen Russo, die mehr als 20 Jahre seiner Karriere beschreiben. Und CORRECT!V ging den aktuellen Deals des Betrügers in Deutschland nach. CORRECT!V – Recherchen für die Gesellschaft ist eine Marke der PULS – Recherchen für die Gesellschaft, gemeinnützige GmbH Essen und stellt seine Informationen jedem Multiplikator kostenfrei zur Verfügung – damit möglichst viele Menschen erfahren, was in unserer Gesellschaft alles läuft. Die zugehörigen Fotos habe ich Facebbok und google+ entnommen, wo sie öffentlich einsehbar sind.

Correct!v hat sich entschieden, zu berichten, was Russo vor Gericht selbst gesagt hat. Zum Beispiel wie einfach es geht, Bundesschatzbriefe zu fälschen: Er benutzte Corel Draw, eine gängige Software zur Bildbearbeitung. “Jeder Fünfjährige könnte das”, sagte Russo einmal.

Italienische Ermittler jagen ihn seit Jahren. Russo ist dort vorbestraft, die kriminelle Vergangenheit des 1970 geborenen Florentiners reicht bis 1995 zurück. Seiner Kriminalakte zufolge wurde er im Jahr 2002 wegen Hehlerei verurteilt und seiner Verbindungen  zu anderen Kriminellen. Im Mai 2014 hat ihn jetzt ein Gericht in Mailand in erster Instanz erneut verurteilt. Viereinhalb Jahre soll er für schweren Betrug ins Gefängnis. Doch Russo verdient weiter Geld, nun mit der nächsten Firma in Deutschland. Das geht wegen des komplizierten italienischen Rechtssystemes. Dort kann ein Verfahren durch drei Instanzen laufen, bevor ein Krimineller in Haft muss. Ein Anwalt von Russo sagt: „Wir werden gegen das Urteil Berufung einlegen und dann freigesprochen.“

In Deutschland hat der Mann seine Fühler nach Hannover ausgestreckt. Von hier aus will er mit der von ihm Ende 2013 gegründeten YUMA Finance AG Kunden gewinnen. Dafür hat der Italiener Webseiten bauen lassen, die speziell auf hiesige Kunden zugeschnitten sind; auf normale Menschen, die eine finanzielle Beratung suchen. Das geht unter anderem aus Gesprächen mit Gennaro Piro hervor, der Russo dabei geholfen hat, Firmen in Deutschland und Luxemburg zu gründen. Ein anderer Geschäftspartner sagt, Russo finde seine Kunden häufig über ein Netzwerk anderer Finanzberater, deren Dienste selbst im rechtlichen Graubereich angesiedelt seien.

Russo hat jedenfalls richtig Geld investiert. Offenbar plant ein ganzes Team, in Deutschland Kasse zu machen. Es arbeitet teilweise in einem legalen Graubereich. Die Behörden wissen nichts davon, können potentielle Kunden in Deutschland davor kaum schützen.

Vor einigen Monaten mietete die YUMA Finance AG einen Stand bei einer Banken-Konferenz in Berlin. Zur selben Zeit kündigte YUMA an,  Zugang zu einem deutschen Fonds zu haben – ohne nähere Informationen dazu zu veröffentlichen. Ein Köder für deutsche Anleger. Das Angebot ist inzwischen von den Webseiten entfernt worden.

Wie Russo seine Geschäftspartner ausnimmt, kann man am besten am Beispiel der österreichischen Firma Trenkwalder erklären. Auf einer Geschäftsreise nach Istanbul traf ein Vertreter von Trenkwalder einen australischen Kollegen mit ähnlichen Interessen: Beide wollen Kredite aufnehmen, um neue Geschäfte zu finanzieren.

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Die Firma Trenkwalder plante, in die türkische Müllentsorgung einzusteigen, die australische Firma, Trident, wollte in Asien eine Ölplattform kaufen. Das Problem: Beide Firmen hatten nicht genug Sicherheiten, um die entsprechenden Kredite aufzunehmen. Über türkische Mittelsmänner kamen Trenkwalder und Trident mit Russo in Kontakt, der ihnen gegen eine Leihgebühr Anleihen der Royal Bank of Scotland im Wert von 200 Millionen Euro als Sicherheiten anbot. Diese Anleihen werden auf der ganzen Welt gerne als Sicherheiten genommen.

Trenkwalder überwies eine Anzahlung von insgesamt 350.000 Euro als Garantie für die Sicherheiten an Russo. Der Vereinbarung nach sollte die Bank fünf Tage später die Existenz der Anleihen bestätigen, bevor Russo sein finales Honorar von 10 Millionen Euro bekommen würde, fünf Prozent vom Wert der Anleihen. Doch die Bankbestätigung kam nie an. Trenkwalders Berater setzten Russo unter Druck, die Echtheit der Anleihen zu belegen. Als ihm Trenkwalder sogar mit Klage drohte, ließ Russo die Firma abblitzen. “Macht was auch immer ihr wollt, lasst mich verdammt nochmal in Ruhe.”

Gerichtsdokumenten zufolge bekam ein Trenkwalder-Vertreter wenig später einen Anruf von Russos Assistentin. Diese habe damit gedroht, dass sie wisse, wo die Familie des Vertreters lebt und dass diese einen ‘Besuch’ bekommen würde. Trenkwalder zeigte Russo trotzdem an. Hilfe bekam er dabei von Claudio Loiodice, einem italienischen Geldwäsche-Experten. Loidodice ist Soziologe und Kriminologe und arbeitete zuvor für eine Spezialeinheit der italienischen Polizei und als Ermittler für OLAF, die Anti-Korruptions-Einheit der EU. Als Polizist war Loiodice fast zehn Jahre lang an Undercover-Aktionen gegen Mafia-Gruppen wie die kalabrische ‘Ndrangheta‘ beteiligt. Im Fall Russo unterstützte ihn der Anwalt Massimo Munno aus Turin.

Jahre später, im Frühjahr 2014, gab Russo vor Gericht zu, dass er die Papiere für Trenkwalder gefälscht hat. “Ich hätte nie gedacht, dass diese Leute [gemeint sind Trenkwalder und ein anderes Opfer, Anm. d. Red.] mir wirklich 600.000 Euro für ein Stück Papier überweisen”, sagte er dem Richter in Mailand. Russo belastete außerdem einen Vertreter Trenkwalders, Andreas Pölzelbauer, und behauptete, diesem sei der Betrug definitiv bewusst gewesen. “Pölzelbauer war eindeutig. Er sagte zu mir: ‘Du musst eine Lösung finden’. Und ich habe ihm eine Lösung gebracht”, sagte Russo in seiner Zeugenaussage vor Gericht.

So einfach funktioniert der Betrug: Früher bekam Russo angeblich von korrupten Bankern Ausdrucke aus der zentralen Verrechnungsstelle für alle europäischen Fonds-Geschäfte, aus Euroclear. Diese Ausdrucke sollen dann die Existenz von Anleihen bestätigt haben, die eigentlich überhaupt nicht existierten, beschreibt die italienische Finanzpolizei. Das war in den 90er Jahren.

Heute, da alles elektronisch läuft, haben es Betrüger laut Russo noch viel einfacher. Der Italiener sagte dem Gericht, er habe ein Abbild solcher Wertpapiere einfach abgeändert und mit dem Computer so verändert, dass es echt wirkte. Einem Zeugen zufolge hatte Russo aber zudem auch Zugang zu einem elektronischen Trainingsprogramm von Euroclear. Das erlaubte es ihm, ganz einfach Dokumente zu kreieren, die aussahen wie im Original. Ein Betrug ohne Kosten, ohne Aufwand, der überall auf der Welt jederzeit wiederholt werden kann. Euroclear antwortete nicht auf Anfragen von Correct!v.

Vor Gericht machte sich Russo lachend über die Naivität der Österreicher lustig. “Diese Bonds haben nie existiert. Ich bin keine Bank. Wo sollte ich solche Anleihen hernehmen?” Schlimmer: Er behauptete, dass einige seiner Klienten die Fälschung stillschweigend geduldet, vermutlich sogar davon profitiert hätten. Im Fall Trenkwalder war das Gericht jedoch anderer Meinung. “Alle gefälschten Dokumente sind mit dem einzigen Zweck zusammengestellt worden, Trenkwalder zu täuschen”, schreiben die Richter. Trenkwalder antwortete nicht auf Anfragen von Correct!v.

Für solche gefälschten Anleihen bezahlte auch Gary Bradford, Geschäftsführer der Ölfirma Trident. 250.000 Euro kassierte Russo von dem Australier als Vorab-Gebühr für angebliche Sicherheiten im Wert von 100 Millionen Euro. Am Ende blieben nur ein paar wertlose Papiere übrig – sowie ein Urteil an einem Mailänder Gericht, das seine Ansprüche gegen Russo untermauerte. Bradford und Trident lehnten es einem Sprecher zufolge ab, auf Rechercheanfragen zu antworten.

Trident und Trenkwalder gehören zu den wenigen, die Russo bis heute vor Gericht gebracht haben. Doch allein die Staatsanwaltschaft in Mailand geht von mindestens vier weiteren Firmen aus, die zwischen 160.000 und 500.000 Euro verloren haben. Als die Finanzpolizei Russos Büro in der Via Durini 5 in Mailand durchsuchte, fand sie zahlreiche weitere Personen- und Firmennamen sowie halbfertige Verträge. Mit Bezug auf weitere Betrugsvorwürfe der Firmen, die keine offizielle Anklage erhoben hatten, befand das Gericht Russo für unschuldig.

Das globale Volumen solcher und ähnlicher Finanzbetrügereien kennt niemand. Klar ist nur: Es gibt viele Russos. Sie machen ihre Geschäfte mal gemeinsam, mal alleine. Und immer leiden die Menschen vor Ort, platzen Kredite, gehen Arbeitsplätze oder ganze Firmen kaputt.

Marco Russo in google+

Tatsächlich versteht es Marco Russo, mit dem ergaunerten Geld zu leben. Er ist Mitglied im edlen Golfclub Poggio dei Medici, mit bekannten Designern ist er persönlich befreundet. Hotels bucht er auch mal für 1.000 Euro pro Nacht. Als Russo die Firmen Trenkwalder und Trident betrog, gönnte er sich einen Porsche 997 für 150.000 Euro und dazu einen Bentley für 164.000 Euro. Erst kürzlich kaufte sich Russo ein Apartment für eine Million Euro, in der Nähe der Ponte Vecchio in Florenz.

Das erste Mal kam der gebürtige Florentiner als junger Mann wegen Diebstahls und Hehlerei mit dem Gesetz in Konflikt. Später war er Manager des apulischen Fußballvereins Foggia Calcio – bis dort wegen Verdachts auf Betrug und Geldwäsche gegen ihn ermittelt und er in Rom unter Hausarrest gestellt wurde. Seinem Anwalt zufolge hat das Gericht Russo damals von allen Vorwürfen freigesprochen.

Verurteilt wurde Russo dagegen 2002 in Pisa wegen Hehlerei und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Fünf Jahre sollte Russo ins Gefängnis, saß jedoch nur einen kleinen Teil davon ab. Schon zwei Jahre später ermittelten die Behörden erneut, diesmal wegen Diebstahls und Schmuggels von Kunstwerken, doch Russo wurde niemals offiziell angeklagt. Sein Anwalt sagt, sein Mandant werde stets als unschuldig aus eventuellen neuen Verfahren hervorgehen.

In Spanien lockten Mitglieder aus Russos Netzwerk zum Beispiel die Geschäftsführer der Firma Forcusa in die Falle. Diese benötigten einen Kredit, um die Firma mit mehr als 200 Mitarbeitern zu retten.  Forcusa hoffte auf einen Kredit über 42 Millionen Euro, den die Firma in Spanien nicht bekommen hatte. Die Gebühren: 420.000 Euro vorweg. Für den Kredit reisten die Geschäftsführer zu Treffen in London und Madrid. Immer wieder kamen die Mittelsmänner mit neuen Fragen, gepaart mit weiteren Versprechungen. Den Kredit bekam Forcusa nie zu sehen, die Gebühren waren weg. Heute beschäftigt die Firma nur noch weniger als zehn Leute und wird bald ganz aufgelöst. In Madrid stehen jetzt mehrere Makler wegen Betrugs vor Gericht.

Russos bislang angeblich größter Betrug spielt in China, Spanien und Deutschland. Die Suntech Power Holdings Co, der weltweit größte Solarzellen-Hersteller, hinterlegte 560 Millionen Euro in deutschen Bundesschatzbriefen als Sicherheit für einen chinesischen Staatskredit. Die Schatzbriefe hat es aber niemals gegeben. Als eine Tochterfirma die Schatzbriefe nutzen wollte, flog der Schwindel auf.

In einem Zivilverfahren in Singapur beschuldigte Suntech Russo, die gefälschten deutschen Schatzbriefe zur Verfügung gestellt zu haben. Das Verfahren in Singapur endete außergerichtlich, doch im Januar 2014, in Mailand, gab Russo vor Gericht zu, dass er Anleihen elektronisch gefälscht habe, um seinen Kunden bei Kreditanträgen zu helfen.

Russo spielte auch eine wichtige Rolle in einem der größten politischen Skandale Italiens, der Affäre Telekom Serbia. Der zentrale Vorwurf damals: Politiker sollten beim Verkauf der Telekom Serbia an die italienische Telecom von illegalen Rückzahlungen profitiert haben. Angeblich sollen damals 120 Millionen Euro auf einem Konto in Monte Carlo aufgetaucht sein. Schmiergeld. Letztlich kamen die Ermittler aber zu dem Schluss, dass die angeblichen Bestechungsgelder niemals existierten. Den Ermittlern zufolge waren die Belege über die 120 Millionen Euro angeblich von Marco Russo gefälscht worden. Die sich anschließende Untersuchung ließ Russo jedoch außen vor.

Mindestens zehn Mal, sagte Russo in diesem Frühjahr vor Gericht, habe er solch gefälschte Sicherheiten vor dem Deal mit der österreichischen Firma Trenkwalder schon an Kunden verkauft. Warum diese Firmen ihn nicht auf Rückzahlung der Gebühren verklagt hätten? “Es hat für beide Seiten gepasst,” sagte Russo Gerichtsdokumenten zufolge. Die Dunkelziffer solcher Geschäfte ist freilich riesig.

Zurück nach Deutschland: Für die Gründung der nun neuen, seit Ende 2013 existierenden YUMA Finance AG bekam Marco Russo Hilfe von drei Deutschen: Rita Herrmann, Michael Braun und dem Anwalt Bernd Karwiese. Letzterer ist Vorsitzender des YUMA-Aufsichtsrates und sagt, an der Gründung der Firma sei nichts Besonderes. Er habe keinerlei Informationen zu den Vorwürfen gegen Russo. Auch Vorstandsmitglied Hermann sagt, sie wisse nichts über kriminelle Aktivitäten und sei für mögliche Probleme auch nicht haftbar. Michael Braun sagt dagegen, er habe seinen Vorstandsposten vor einiger Zeit niedergelegt. Grund dafür seien unter anderem die mangelnden Informationen gewesen, die er über YUMA bekommen habe.

Marco Russo mit Yulia Shesternikova

Pressesprecherin der YUMA ist Yulia Shesternikova, die Ehefrau von Marco Russo. Sie schreibt per E-Mail, ihr Mann sei stets von allen Vorwürfen freigesprochen worden. Weiter schreibt Shesternikova, ihr Mann sei 1985 in Abwesenheit verurteilt worden, ohne dass er sich habe verteidigen können und ohne dass ihm ein Urteil zugestellt wurde. Sie sei eine auf internationale Kriminalität spezialisierte Journalistin und leite die Lügen aus unserer Presseanfrage an ihre Anwälte weiter.

Die YUMA Finance AG wird seit August 2014 von der deutschen Finanzaufsicht BaFin geprüft.  Sollte die Behörde auf kriminelle Aktivitäten stoßen, gibt sie die Ermittlungen an die entsprechende Staatsanwaltschaft ab. Die öffentlich bekannten Finanzgeschäfte von Russo und seinen Kollegen sind in Deutschland teilweise nicht reguliert. “Das ist ein Graubereich”, sagt die Sprecherin der BaFin. Die Ermittlungen seien deshalb extrem aufwändig. In Deutschland gibt es kein Gesetz, das es verbietet, Gebühren für die Vermittlung von Krediten an Dritte zu erheben. Natürlich ist es aber eine Straftat, Staatsanleihen oder andere Wertpapiere zu fälschen. Russo hat eine legale Fassade, die ihn davor schützt, sofort als krimineller Fälscher aufzufliegen.

Heiko Schöneck ist Finanzberater, der deutschen Kunden Anleihen wie die von Marco Russo vermittelt. Schöneck stand vor etwa vier Jahren in Kontakt mit Russo. Damals habe ihn ein Kunde darum gebeten, Sicherheiten für einen Bankkredit über 300.000 Euro zu besorgen. Schöneck sagte, er habe sich damals an einen weiteren Berater gewandt. Dieser Berater habe sich als Mittelsmann angeboten und behauptet, er wisse wie man Wertpapiere für eine bestimmte Zeit mieten könnte. Diese Anleihen würden dann wiederum von Banken als Garantie für Kredite akzeptiert. “Am Ende der Kette stand Russo”, sagte Schöneck. Ob sein Kunde den Kredit letzten Endes bekommen habe, wollte Schöneck nicht verraten.

Eine Kundin von Russo war Monique Boes. Boes ist eine in Deutschland lebende Französin und reiste 2009 drei Mal nach Italien, um Geld zu organisieren. Dort traf sie sich mit einem Mitarbeiter Russos in einer auf den ersten Blick luxuriösen Anwaltskanzlei, in der Innenstadt von Mailand. Doch auf Boes machte die Kanzlei schnell einen komischen Eindruck: Das Büro war riesig und hatte eine Rezeption – aber keinerlei Mitarbeiter. Noch merkwürdiger war, dass sie in den Räumen nicht ein einziges rechtliches Dokument fand, nicht einmal als sie in andere Räume schlich. “Ich habe noch nie eine Anwaltskanzlei gesehen, die kein Papier benutzt”, sagte Boes im Gespräch mit Correct!v.

Trotz all dieser Bedenken wollte ihr Kunde das Geschäft durchziehen. Gerichtsdokumente zeigen, dass in der Mailänder Kanzlei 300.000 Euro in bar bezahlt wurden.

Boes sagt, ihr Kunde habe die ‘Vorab-Gebühr’ bezahlt, weil er von Russo deutsche Staatsanleihen im Wert von 500 Millionen Euro leihen wollte. Insgesamt hätte die Vermittlungsgebühr dafür am Ende 13 Millionen Euro betragen sollen. Die Staatsanleihen sollten einer Schweizer Bank als Sicherheit für einen Kredit präsentiert werden. Diesen Kredit benötigte Boes’ Kunde, um den Aufbau einer Chemiefabrik in Russland zu finanzieren. Ihre Rolle sei es gewesen, den Kredit in der Schweiz zu organisieren und die Gespräche zwischen ihrem Kunden und Russo zu übersetzen. Dieser habe den Kredit letztlich nicht bekommen.

Glaubt man Finanzberater Heiko Schöneck, steht Marco Russo am Ende einer ganzen Reihe von Beratern. Die größten Geschäfte würden dabei von den Mittelsmännern gemacht. Doch die Jagd nach Opfern beginnt viel weiter „unten“. Die meisten potentiellen Opfer sind normale Bürger, viele benötigen einfach nur Beratung, wie sie mit ihren Ersparnissen oder Schulden umgehen sollen. Guter Rat ist gerade in Finanzfragen schwierig zu finden. In Deutschland gibt es kaum Fördermittel für unabhängige Beratungsstellen. Das gilt auch für die Verbraucherzentralen. Andreas Gernt ist Finanzexperte bei der niedersächsischen Verbraucherzentrale. Gernt sagt, in den 1980er Jahren habe die Zentrale in größerem Umfang Kreditberatung für normale Verbraucher angeboten. Wegen fehlender Finanzierung sei das jedoch stark zurückgefahren worden.

Das ist besonders gefährlich in einer Zeit, in der immer mehr Betrüger Geschäfte anbieten, die zu gut sind, um wahr zu sein. Ein Beispiel sind Schufa-freie Darlehen für Menschen mit miserabler Kreditwürdigkeit. Die Schufa selbst beauftragte deshalb im Jahr 2012 eine Studie. Das Ergebnis: Weniger als zwei Prozent aller Testkunden, die Gebühren für die Vergabe von Krediten bezahlten, bekamen auch wirklich einen Kredit. Die betrügerischen Gebühren für diese erhofften Kleinkredite betrugen im Schnitt 400 Euro.

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Marc Russo investiert viel Zeit in seine Maskerade. So veröffentlichte seine Ehefrau Yulia Shesternikova zwei Geschichten über ihn auf CNN iReport, in denen sie ihren Gatten als erfolgreichen Geschäftsmann darstellt. CNN iReport ist eine scheinbar angesehene Nachrichtenseite des bekannten Senders. Tatsächlich ist es jedoch auch Forum für Werbung. CNN schreibt schlicht auf seiner Webseite, dass es die Fakten der Geschichten auf iReport nicht überprüft.

Bisher sind Betrüger wie Russo den Ermittlern stets einen halben Schritt voraus. Russo selbst scheint das zu genießen. Sein Lieblingsfilm ist Geschäftspartnern zufolge der Hollywood-Erfolg ‘Catch me if you can’. Mehrere Bitten um ein persönliches Gespräch wies er ab. Auf Anfrage von Correct!v antwortet er schließlich per E-Mail. Er sei immer von allen Vorwürfen freigesprochen worden. Außerdem werde er uns verklagen.

„P:S. Ihr seid Verlierer-Journalisten und auf einer falschen Fährte.“

Update (11.9.14): 

Marco Russi beobachtet aufmerksam, wer was über ihn veröffentlicht. Über mein LinkedIn-Profil, das er heute besuchte, bekam ich diesen Kommentar zu obigem Artikel: „Hahaha, ihr solltet den Beruf wechseln“.

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Russo bewirbt in LinkedIn unter anderem seinen Standort Hannover : „YuMa Finance AG, November 2013 – heute (11 Monate) Hannover, Germania: As part of a full-service, financial services firm, Yuma Finance has ready access to a wealth of resources. Yuma Finance clients have access to our financial planner and asset management capabilities through financial tools.
Yuma finance offers access to a comprehensive range of financial products and services, such as stocks, bonds, mutual funds, unit trusts, insurance, tax exempt investments, retirement and personal trust services*, financial planning, and professional portfolio management.“

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Siehe auch: Der wahre Wolf der Wall Street

Update: Immer mehr Schäden durch Anlagebetrug

Update: Prinz, Polizeidirektor, Besitzer der Weltbank