Im September soll eigentlich Karlsruhe über den ESM entscheiden. Nun wird sich das wegen der neuen anhängigen Klagen wahrscheinlich verschieben. Aber dessen ungeachtet treibt die EU-Kommission die Entmachtung der Bundesregierung weiter voran: Für September ist ein Gesetzentwurf vorbereitet, der der Europäischen Zentralbank die Aufsicht über alle Banken Europas übertragen will – auch über die nicht systemrelevanten wie die Genossenschaftsbanken. Die Bundesregierung will die Bankenaufsicht bisher auf die 25 wichtigsten Geldhäuser der Eurozone beschränken.
Damit würden Fakten geschaffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Das Ziel dabei ist klar: Deutschland soll sich nicht mehr über die erstmal notwendige Zustimmung auf nationaler Ebene davor drücken können, für die Schulden der anderen Eurostaaten mit zu bürgen.
Auch andere Länder, wie etwa Kanada, drängen darauf, dass Deutschland eine Führungsrolle in der Eurokrise übernimmt. Das sagte Ministerpräsident Stephan Harper gestern bei einem Treffen mit der Kanzlerin in Ottawa. Angela Merkel spricht sich auch selbst für ein größeres Eingriffsrecht in die nationalen Haushalte aus, favorisiert aber eine andere Reihenfolge: Erst muss die politische Integration der Nationalstaaten innerhalb Europas stattfinden, verbunden mit einer Konsolidierung der nationalen Haushalte. Danach kann vergemeinschaftete Finanzpolitik gemacht werden.
Da nun die Zeit aber drängt, die nationalen Finanz-Spielräume in Italien und Spanien täglich kleiner werden, favorisieren diese Länder schnelle Lösungen. Alles wartet auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die bisher die Umsetzung des ESM verhindert. Sollte Karlsruhe dem zustimmen, wird damit gerechnet, dass sowohl Spanien, als auch Italien hunderte von Milliarden an Hilfen beantragen werden, die dann keine strengen Kontrollmaßnahmen wie etwa bei Griechenland zur Folge haben. „Vorsicht Angriff“ titelt denn auch dazu heute die Wirtschaftswoche. Womit die Märkte rechnen, konnte man diese Woche am Beispiel des Crash-Propheten Marc Faber sehen: Der kaufte in großem Stil Euro-Aktien. …
Finland hat derweil heute die EU aufgefordert, sich auf den Zerfall des Euro vorzubereiten. Dies könne für die EU insgesamt sogar ein Vorteil sein, sagte Außenminister Erkki Tuomioja. Zufall oder nicht: Heute morgen in twitter wechselten sich obige Nachrichten ständig mit einer „kleinen“ Entscheidung ab, die das Bundesverfassungegricht gefällt hat: Die Bundeswehr darf jetzt auch im Inland eingesetzt werden. Aber nur bei großen Katastrophen, nicht etwa bei Demonstrationen…
KenFM hat die Gelegenheit genutzt, in einem Audio-Beitrag noch einmal aufzuzeigen, warum Währungssysteme immer wieder zusammenbrechen müssen: Weil die Banken mit ihrem Zins und Zinseszins Geld schöpfen, das nicht durch Wirtschaftsleistung gedeckt ist. Früher oder später entsteht daraus ein Schuldenberg, der nicht mehr abtragbar ist – unvermeidliche Folge ist der Crash.
Update 31-8-2012: Was die Bankenkontrolle bringen soll – Argumente der Befürworter
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