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Ein Tank voll Sprit ist billiger als ein Liter Wasser – das ganze Dilemma Venezuelas

Hugo Rafael Chávez Frías‘ Körper darf nicht in der Erde ruhen. Er wird einbalsamiert und dauerhaft öffentlich ausgestellt.Das muss so sein, denn sein Volk braucht ihn  dringend. Weil er – allen persönlichen und menschlichen Schwächen zum Trotz die wohl wichtigste Integrationsfigur Lateinamerikas ist: Er hat den Nicht-Weißen Einwohnern seines Landes gezeigt, dass sie stolz sein können auf sich und ihre Hautfarbe. Und er hat einen Anspruch erhoben, der ihn zum Feind aller global agierenden Konzerne und Regierungen machte: „Unser Land und seine Schätze gehören zuerst einmal uns“. Damit wurde er zu einem leuchtenden Hoffnungsträger – und diese Hoffnung darf auf keinen Fall sterben.

1,36 Billionen Barrel förderwürdigen Öls sollen unter dem Staatsgebiet von Venezuela lagern, so Guy Caruso, vormaliger Chef für Erdöl-Geheimnachrichten für den CIA. Die OPEC sprach Ende 2010 von „nur“ 296,5 Milliarden – aber auch das macht Venezuela durch Erdöl-reichsten Nation der Erde. Täglich werden rund zwischen 2,3 und 2,8 Millionen Barrel gefördert, 100 000 davon gehen täglich ans Bruderland Kuba – das ohne diese Hilfe angesichts des Handelsembargos aufgeschmissen wäre.

Unnötig zu erwähnen, welche Begehrlichkeiten solch ein Rohstoffreichtum rund um den Globus weckt.

Venezuela hat rund 29 Millionen Einwohner. Davon sind 67 Prozent Mestizen. 21 Prozent der Venezolaner sind europäischer, 10 Prozent afrikanischer und 2 Prozent  indianischer Abstammung.  Ungefähr 85 Prozent der Bevölkerung lebt in den städtischen Gebieten im Norden des Landes. Im Gebiet südlich des Orinoco, das immerhin fast die Hälfte der Gesamtfläche einnimmt, leben nur 5 Prozent der Einwohner.  Die 2 Prozent Ureinwohner gehören etwa 24 unterschiedlichen indigenen Gruppen an.   Quelle: Wikipedia

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Diese Fakten sollten bewusst sein, wenn man hinterfragt, was Hugo Chavez so besonders macht und warum heute, dem Tag der offiziellen Trauerfeier, sein Volk weint. Geschätzte neun Millionen Menschen waren bei der Trauerfeier in Caracas auf den Beinen. Der Tagesspiegel hat in einem lesenswerten, einfühlsamen Nachruf versucht, die Widersprüche dieses Mannes zu erklären:

„Chávez goldene Regierungsjahre dauerten von 2004 bis 2008, als die Öleinnahmen sprudelten. Mit ihnen finanzierte er die „Misiones“: Nachbarschaftszentren, in denen Lesen und Schreiben gelehrt wird und die medizinische Versorgung kostenlos ist. Die Einschulung von Kindern fördert die Regierung mit gratis Mahlzeiten, außerdem öffnete sie Staatsläden mit billigen Grundnahrungsmitteln. Das positive Ergebnis: Zwischen 1998 und 2008 sank in Venezuela der Anteil der Armen von 60 auf 27 Prozent. Der Analphabetismus wurde beseitigt und Millionen von Menschen gingen erstmals zum Arzt. Das negative: Man gewöhnte sich an erdölfinanzierte Regierungsgeschenke; Bürokratie und Korruption infizierten die Programme.

Zudem versäumte es Chávez, neben dem Öl weitere Industrien aufzubauen. Weil alles mit Petrodollars importiert werden kann, wird in Venezuela nichts mehr produziert. Es ist zeitweise einfacher, in Caracas Whisky zu kaufen als Milch. Mal fehlt Reis, dann Mehl, dann Butter. Chavez` Rezept: Die Regierung lässt unter großem Tamtam die Lagerhäuser privater Unternehmen öffnen. Hinzu gesellt sich eine galoppierende Inflation. Doch weder mit ihr noch mit der extrem hohen Kriminalität oder der ausufernden Vetternwirtschaft bringen die Chavisten ihren Führer in Verbindung. Er steht über den Dingen, ähnlich wie sein Vorbild Fidel Castro in Kuba“.

„Chavez hat das Land ruiniert,“ schreibt dagegen die Zeit. „Um Chávez‘ Ausgaben im In- und Ausland zu finanzieren, druckte die Zentralbank Geld. Doch ohne das Erdöl wäre das sozialistische Experiment viel früher am Ende gewesen. Als Chávez 1999 die Regierung übernahm, kostete ein Fass Erdöl 20 Dollar. Um die Jahrtausendwende stieg er wegen des chinesischen Wirtschaftswunders auf mehr als 100 Dollar und ist seither stabil.

Es ist schon lange abzusehen, dass dieses Modell nicht mehr funktioniert. Weil zu wenig investiert wird und die Anlagen schlecht gewartet werden, sinkt die Ölproduktion. Die Opec schätzt sie auf 2,3 Millionen Fass pro Tag. Vor 14 Jahren waren es noch 2,8 Millionen gewesen. Und dem staatlichen Ölkonzern PDVSA fehlen Fachkräfte: Nachdem im Jahr 2002 die Ölarbeiter gegen Chávez gestreikt hatten, wurden Tausende Manager, Ingenieure und Facharbeiter aus politischen Gründen entlassen.“

Der amerikanische Journalist Gregory Allan Palast fasst zusammen, gegen welch mächtige Interessengruppen sich der bolivarische Führer mit seinem Handeln stellte. Diese und diverse andere stehen auch jetzt buchstäblich Gewehr bei Fuß: Zu lukrativ scheinen die möglichen Geschäfte in Venezuela, als dass man untätig bleiben kann.

In den amerikanischen Medien begann bereits Minuten nach der Todesnachricht die Debatte, ob und wie stark nun US-Unternehmen in Venezuela wieder Fuß fassen könnten. CNN begleitete die Trauerfeier live, diskutierte mit Korrespondenten: Die machten allerdings wenig Hoffnung auf Besserung der Beziehungen: Zu tief ist das Misstrauen in Venezuela – zu stark das Vermächtnis des Präsidenten, das Nicolas Maduro schnellstmöglich legitimiert fortsetzen will. Zur Trauerfeier entsandte Amerika zwei einfache Kongressabgeordnete – Reaktion auf Vorwürfe aus Venezuela, die USA hätten Chávez mit Krebs infiziert.

In der Neuen Züricher Zeitung ist zu lesen, dass China bereits 40 Milliarden vorab gezahlt hat, die in Öllieferungen abzugelten sind –  zum Großteil mit Lieferbindungen für chinesische Produkte oder Dienstleistungen. Im ganzen Land sind deswegen chinesische Konzerne meist mit importiertem Personal dabei, Infrastruktur- und Sozialwohnungsprojekte zu errichten.

Nach Angaben der Zentralbank habe Venezuela in den knapp 14 Jahren der Regierung des Präsidenten Hugo Chávez 800 Milliarden Dollar durch Ölverkäufe eingenommen. „Die Regierung hat davon nach eigenen Angaben rund 300 Milliarden in soziale Projekte gesteckt. Dadurch gelang es ihr, die Armutsrate Venezuelas von 49  (2002) auf heute 28 Prozent zu senken.  Verdoppelt haben sich aber die Bruttoschulden in vier Jahren auf 120 Milliarden Dollar. Trotz hohen Öleinnahmen steuere der Staatshaushalt auf ein Defizit in Relation zum Bruttoinlandprodukt von 20 Prozent zu, erwartet Daniel Volberg von Morgan Stanley. Die Deviseneinnahmen sind in vier Jahren von 43 auf 25 Milliarden Dollar geschrumpft. Auch soll die Regierung von den Anfang 2012 nach Venezuela transferierten Goldvorräten bereits 10 Tonnen verkauft haben, schätzt der Internationale Währungsfonds. Venezuela braucht deshalb in den nächsten Monaten dringend Kredite aus dem Ausland.“

„Der Außenhandel machte 2011 geschätzte 40 Prozent der Wirtschaftsleistung Venezuelas aus“, schreibt die Süddeutsche. „Der Ausfuhrüberschuss belief sich auf 42 Milliarden Euro. Die USA und China sind die wichtigsten Handelspartner. Erst dahinter folgen die Anrainer Brasilien und Kolumbien. Deutschlands Einfuhren aus Venezuela bestanden 2011 zu drei Vierteln aus Erdöl und rund 15 Prozent aus Eisen und Stahl. Aus Deutschland wurden vor allem Maschinen und chemische Erzeugnisse über den Atlantik geschippert.

Seit Mitte 2012 ist Venezuela Mitglied im südamerikanischen Wirtschaftsverbund Mercosur. Mit seinem Ölreichtum unterstützt das Land diverse karibische Staaten, darunter auch die Dominikanische Republik.  Der Konzern Petrocaribe erlaubt ihnen Käufe zum Marktpreis, aber nur 40 Prozent des Kaufpreises muss bei einem Ölpreis von über 100 Dollar innerhalb einer Frist von 90 Tagen gezahlt werden. Der Rest kann über 25 Jahre zum Zinssatz von 1 Prozent gezahlt werden. Bei einem Ölpreis unter 100 Dollar müssen 60 Prozent des Kaufpreises innerhalb von 90 Tagen gezahlt werden;  bei einem Preis über 200 Dollar nur 30 Prozent. Die Karibikstaaten können zu diesen Konditionen bis zu 185 000 Barrel am Tag erwerben. Auch Bezahlungen mit Waren oder Dienstleistungen (Tauschhandel) sind möglich, berichtet Latina Press.

Trotz der hohen Öl-Reserven muss Venezuela selbst jedoch Benzin importieren, da die Raffineriekapazitäten des Landes nicht ausreichen. Sprit wird seit Jahren mit Milliarden subventioniert, so dass er weltweit nirgends billiger ist als in Venezuela. 2012 kostete ein Liter Wasser genauso viel wie eine ganze Tankfüllung von über 80 Litern.“

Auch Russland ist stark mit bilateralen Verträgen in Venezuela engagiert, wie bei RIA zu erfahren ist: Russlands Vizeregierungschef Arkadi Dworkowitsch sagte am Mittwoch vor der Presse in Den Haag: „Wir werden unseren Teil der Verpflichtungen erfüllen… und hoffen darauf, dass die Politik der Zusammenarbeit unverändert bleibt und das Geplante realisiert wird“. Russische Konzerne beteiligen sich an fünf Ölprojekten in Venezuela, darunter zur Erschließung des riesigen Feldes Junin-6 im Einzugsgebiet des Orinoco-Flusses. Dieses Projekt erfordert Investitionen von etwa 20 Milliarden US-Dollar. Zudem ist Venezuela einer der größten Käufer russischer Waffen und Kampftechnik.

„Eine Währungsabwertung sendete jüngst Schockwellen durch die Wirtschaft Venezuelas“, schreibt das Wall Street Journal. Dabei entkräftete die Regierung den Devisenkurs von 6,3 Bolivar je US-Dollar auf 4,3 Bolivar je Dollar, was die Dollar-Einnahmen aus den Ölverkäufen des Landes steigerte und der Regierung nominal mehr Geld in die Kassen spülte. Gleichzeitig aber erhöhte die Maßnahme den Druck auf die Preise im Land, dabei liegt die Teuerungsrate schon bei rund 20 Prozent.

Die Abwertung half auch wenig gegen die wachsende Knappheit an Grundnahrungsmitteln wie Mehl und Fleisch, die wegen des Mangels an Dollar-Devisen im Land rar geworden sind. Schlimmer noch: Nach dem Wechselkurs-Eingriff schwächte sich der Bolivar auf dem Schwarzmarkt weiter ab. Kostete ein US-Dollar im Oktober noch 10 Bolivar, sind es jetzt rund 25 Bolivar.

Bereits wegen der Abwertung der Landeswährung Bolívar gegenüber dem US-Dollar hat der belgische Kreditversicherer Delcredere das Geschäftsrisiko für Venezuela unlängst mit der höchsten Risikoklasse bewertet, wie Cash Online vermerkt. “Durch die hohe Abhängigkeit des Landes von Konsumgüterimporten wird die Abwertung aller Voraussicht nach dazu führen, dass die ohnehin schon hohe Inflationsrate weiter steigt. Zudem rechnen wir damit, dass sich die lebensnotwendigen Güter verknappen – auch wenn die Regierung bereits angekündigt hat, ähnlich wie nach der Abwertung im Januar 2010 gegenüber Preiserhöhungen vorgehen zu wollen“, so Christoph Witte, Deutschland-Direktor des Kreditversicherers.

Vor diesem Hintergrund brodelt es im Land. Neuwahlen zum Präsidenten müssen innerhalb von 30 Tagen durchgeführt werden. Die Oppositionsparteien haben sich bereits auf den Juristen Henrique Capriles als Kandidaten geeinigt,  der den Staatshaushalt konsolidieren und das Land wieder mehr für die Marktwirtschaft öffnen will.  Für die Chavisten tritt Chavez‘ Wunschkandidat und Stellvertreter Nicolas Maduro an.  Dass dieser nach der Trauerfeier  als Interimspräsident vereidigt wurde, obwohl er als Präsidentschaftskandidat eigentlich zugunsten von Parlamentspräsidenten Diosdado Cabello hätte zurücktreten müssen, hat ihm zusätzliche Feindschaften eingetragen. Sollte es hart auf hart kommen, könnte das Militär eine entscheidende Rolle spielen.

Wie auch immer die Wahlen ausgehen, steht eines jedoch fest: „Man kann die Sozialprogramme von Chavez nicht wegnehmen. Die politischen Kosten wären zu hoch“, sagt Juan Guerra, ein ehemaliger Zentralbankvertreter und Berater von Herausforderer Capriles. Die Bürger empfänden das als einen guten Weg, um am Ölreichtum des Landes teilzuhaben.

Das folgende Video hat The Guardian veröffentlicht.

Siehe auch:

Die Trauerfeier  und

„Vaya con dios, Hugo Chávez – mi amigo…“ 

Update: Ex-Berater: „Maduro wird ein schwacher Präsident“

Update: UN-Vollversammlung gedenkt Chavez‘

Update: Chavez  wird doch nicht einbalsamiert 

Update: Venezuela steht am Rande eines Bürgerkriegs

Update: Das dunkle Erbe des Hugo Chavez

Update: How Venezuela exploded

Update: Die gewagte Wette auf die Rettung Venezuelas

Update: Venezuelas Parlament ist entmachtet

Update: Parlament will Maduro entmachten

Update: Hat der Sozialismus Venezuela zugrunde gerichtet?

Update: Britische Notenbank blockiert Venezuelas Gold

Update: Russischer Flieger soll 20 Tonnen Gold aus Venezuela holen 

Update: Venezuela verkauft 15 Tonnen Gold in die Emirate

Update: Kommentar: Rückkehr in alte Ausbeutungsverhältnisse?

Update: Maduro und Guaidó: Es gibt kein zurück mehr

Update: In Venezuela, White Supremacy is a Key to Trump’s Coup

Warum der Gold-Preis fällt – und worauf ein Anleger jetzt achten sollte

Der World Gold Council (WGC) hat Marktzahlen für das vierte Quartal 2012 veröffentlicht. Demnach wurde noch nie so viel in Geld in Gold investiert wie im vergangenen Jahr.

Mit 236,4 Milliarden US-Dollar beziffert der WGC die weltweite Goldnachfrage im vergangenen Jahr. Das entspricht einer Steigerung von 2 Prozent und wertmäßig einem neuen Allzeithoch. Die nachgefragte Goldmenge lag jedoch mit 4.405,5 Tonnen vier Prozent unter Vorjahr.

Im vierten Quartal 2012 betrug die Goldnachfrage 66,2 Milliarden US-Dollar, 6 Prozent mehr als in Q4 2011. In Tonnen gemessen ergab sich mit 1.195 Tonnen ein Plus von 4 Prozent.

Die Daten stammen vom Marktforscher Thomson Reuters GFMS, veröffentlicht durch den World Gold Council. Quelle: Goldreporter.de

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Im vierten Quartal 2012 wurden in Deutschland 26,1 Tonnen Gold im Wert von 1,44 Milliarden US-Dollar nachgefragt. Wertmäßig lag die deutsche Goldnachfrage damit nur noch knapp über dem Durchschnitt der vergangenen vier Jahre.

Laut aktuellen Zahlen des World Gold Council wurden im vierten Quartal 2012 in Deutschland Goldmünzen und Goldbarren im Wert von 1,445 Milliarden US-Dollar nachgefragt. Das entsprach 26,10 Tonnen. Gegenüber dem Vorquartal ging die deutsche Goldnachfrage damit um 5,6 Prozent (wertmäßig) beziehungsweise 9,4 Prozent (in Tonnen) zurück.

Im Vergleich zum Vorjahr fiel die Goldnachfrage in Deutschland noch schwächer aus: minus 32,9 Prozent in US-Dollar gerechnet und minus 34,3 Prozent in Tonnen.

Das Gesamtjahr 2012 lieferte mit 110,4 Tonnen die mengenmäßig schwächste deutsche Goldnachfrage seit vier Jahren. In US-Dollar gemessen lag sie mit insgesamt 5,9 Milliarden US-Dollar höher als 2009 und 2010, aber gut 28 Prozent niedriger als im bisherigen Rekordjahr 2011.

Eine komplette Übersicht über die deutsche Goldnachfrage seit 2009 erhalten Sie in der folgenden Grafik.

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„Ich bin schon zu lange an der Börse, dass mir klar ist, dass es sich  um alles andere als einen manipulationsfreien Raum handelt“, kommentiert Jochen Stanzl, Chefredakteur des Gold- und Rohstoffreport. „Insbesondere große, mächtige Marktteilnehmer versuchen ständig, auf Kurse Einfluss  zu nehmen. So läuft das Spiel. Mag schon sein, dass interessierte Kreise in umsatzschwachen Zeiten gerne am Terminmarkt in Gold short gehen. Andere, mit ebenso großem Interesse in der Gegenrichtung, machen eventuell das Gegenteil (das ‚Goldminen-Kartell‘). Das Ergebnis, welches jeder Marktteilnehmer in Langfristcharts überprüfen kann, ist eine gigantische Performance.

Wenn ich einer unvoreingenommenen Person einen 10-Jahreschart von Gold zeigen würde, ohne zu sagen um welchen Basiswert es sich handelt, und dann die Frage stellen würde: Wurde dieser Basiswert manipuliert? Was wäre die Antwort? Käme jemand auf die Idee zu behaupten, es läge eine systematische Manipulation nach UNTEN vor?

Die Moral von dieser Geschichte ist ganz simpel: Man darf an der Börse nie seine Offenheit verlieren, insbesondere gegenüber guten Argumenten. Es ist sinnlos, sich in Basiswerte zu ‚verlieben‘. Die Kurse werden niemals machen was wir willen oder was wir uns wünschen. Wir können nur zur Kenntnis nehmen was passiert und daraus die hoffentlich richtigen Schlüsse ziehen.

Im Fall von Gold kann das bedeuten, dass man ganz einfach eine längere, möglicherweise auch jahrelange Underperformance hinnehmen muss, auch wenn die eigene Abneigung gegen das herrschende Papiergeldsystem einen immerwährenden Aufwärtstrend suggeriert.“

Wie richtig Jochen Stanzl liegt, zeigt allein der letzte Handelstag am vergangenen Freitag: Starinvestor George Soros trennte sich von der Hälfte seines Goldes – und der Preis an der Börse stürzte umgehend um rund 30 Dollar ab. Zum ersten Mal seit August letzten Jahres unterschritt er kurzzeitig die magische Marke von 1600 Dollar. Insgesamt verlor der Goldpreis allein letzte Woche rund 3,5 Prozent.

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Es gab allerdings auch diverse andere Gründe, aus denen Gold in den letzten Monaten gefallen ist: So sank beispielsweise trotz der Hochszeits-Saison in Indien die Nachfrage stark, weil die Rupie gegenüber dem Dollar erheblich an Wert verloren hat, berichtete dieser Tage reuters.

Die amerikanische Regierung hat sich nach der Wiederwahl entschlossen, der Eingrenzung der Staatsschulden nicht mehr höchste Priorität einzuräumen. Die genauso  turmhoch verschuldete japanische Regierung hat nach dem Führungswechsel ebenfalls die Notenpresse angeworfen. In Europa ist eine trügerische Ruhe eingekehrt, nachdem Banken vorzeitige Rückzahlungen von EZB-Hilfen angekündigt haben.

Gelöst ist dennoch kein einziges Problem, das die Krise überhaupt hat entstehen lassen. Es ist ein Hangeln entlang des Abgrundes. Inzwischen ist Griechenland eines der kleineren Probleme, mit denen Europa kämpft: Italien wird, falls Monti nächste Woche die Wahl verliert, in die nächste Krise stürzen, Spanien, Portugal und Irland stecken schon drin, Frankreich sehen immer mehr Fachleute inzwischen als schwergewichtigen neuen Kandidaten.  Alles zusammen bedeutet, dass sich durch mehr Geld an den Märkten zwar ein Pseudo-Wachstum entwickelt, das aber auf einem ständig einsturzgefährdeten Boden. Würde nun der Goldpreis steigen, würde diese Tatsache allen Anlegern unvermittelt klar werden. Sie wurden kaufen und den Preis damit weiter befeuern. Aber der Goldpreis sinkt – und das ist im Interesse aller beteiligten Staaten und Banken. Nun folgen die Anleger : Der am Freitag veröffentlichte COT-Report wies einen markant nachlassenden Optimismus großer wie kleiner Goldspekulanten aus.

„Bei der Anzahl offener Kontrakte, dem sogenannten Open Interest, kam es allerdings zu einem Zuwachs. Er erhöhte sich in der Zeit vom 5. bis 12. Februar von 423.982 auf 435.088 Kontrakte (+2,6 Prozent). Mit der kumulierten Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten ging es hingegen spürbar bergab, auf das niedrigste Niveau seit Mitte August. Sie ermäßigte sich nämlich von 174.607 auf 160.653 Kontrakte (- 8,0 Prozent). Bei den Großspekulanten (Non-Commercials) ging es mit der Netto-Long-Position von 137.465 auf 126.835 Futures (- 7,7 Prozent) nach unten, während bei den Kleinspekulanten (Non-Reportables) ein Rückgang von 37.142 auf 33.818 Kontrakte (- 8,9 Prozent) zu Buche schlug.

Für zunehmende Nervosität sorgte eine Meldung der Securities Exchange Commission, dass zwei Großinvestoren ihre Anteile bei diversen Gold-ETFs komplett abgebaut bzw. erheblich reduziert haben. In diesem Zusammenhang wurden vor allem die beiden US-Milliardäre  George Soros und Louis Moore Bacon genannt, während John Paulson dem sicheren Hafen weiter die Treue hielt. Nach zwölf Jahren mit steigenden Goldpreisen wächst mittlerweile die Sorge, dass im Jahr 13 ein Trendwechsel droht. Seit dem Jahreswechsel ist zwar ein Verlust in Höhe von vier Prozent angefallen, von einer Massenflucht kann allerdings noch nicht gesprochen werden. Notenbanken sowie Käufer aus China und Indien dürften einen Trendwechsel des Edelmetalls nach unten verhindern. Laut World Gold Council nahm deren Goldappetit im vierten Quartal deutlich zu. Gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode kletterte die nachgefragte Goldmenge um vier Prozent auf 1.195,90 Tonnen.“ (Quelle: Wallstreet online).

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„Der Goldpreis reagiert (stark) auf erwartete künftige Entwicklungen (wie etwa eine herannahende Finanz- und Wirtschaftskrise); und die tatsächlichen Käufe der Zentralbanken, die mit Blick auf das Volumen für den Goldmarkt natürlich bedeutsam sind, scheinen eher nachlaufende Indikatoren zu sein. Das wiederum unterstützt die Überlegung, dass es keine ‚mechanische Formel‘ gibt, die eine einfache Herleitung der künftigen Preisentwicklung des gelben Metalls erlaubt. Vielmehr erscheint es bei Goldpreisprognosen notwendig zu sein, eine Vielzahl von Faktoren ‚im Auge‘ zu haben, sie zu beobachten und letztlich ‚richtig‘ deuten zu können“, schreibt Thorsten Polleit im Degussa-Marktreport, und erklärt das so:

„Die nachlassenden ‚Krisenbefürchtungen‘ und der damit einhergehende Konjunkturoptimismus beeinflussen das Preisgefüge in den Edelmetallmärkten stark. Während die Preise der konjunkturabhängigen Metalle wie vor allem Platin und Palladium in den letzten zwei Wochen weiter zulegten, setzte sich der Preisrückgang beim Gold fort. Ganz offensichtlich bildet sich die ‚Prämie‘, die der Goldpreis als ’sicherer Hafen‘ in der Zeit der akuten Krise aufgebaut hat, zurück.

Vor allem zwei (miteinander verbundene) Faktoren sollten an dieser Stelle jedoch nicht übersehen werden, die dem Goldpreis früher oder später helfen sollten. Erstens: Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ist nicht vorbei. Die Probleme verlagern sich vielmehr: Aus einer ‚Kreditkrise‘ dürfte eine ‚Währungskrise‘ werden.  Sobald diese Veränderung der Krisenlage offen erkennbar wird (Stichwort ‚Abwertungswettlauf‘), könnte auch die Nachfrage nach Gold (und auch anderen Edelmetallen) krisenbedingt wieder zunehmen und einen höheren Goldpreis in Aussicht stellen. Zweitens: Die Zentralbanken der aufstrebenden Volkswirtschaften setzen den Auf- und Ausbau ihrer offiziellen Goldreserven fort – das gilt vor allem für Russland, dessen Goldbestand sich Ende 2012 auf 30,79 Millionen Feinunzen belief, ein Anstieg von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die offiziellen Goldkäufe der Zentralbanken dürften dabei das Bestreben widerspiegeln, sich gegen eine mögliche Entwertung der bedeutenden Währungen – wie US-Dollar, Euro, Yen, Britisches Pfund und Schweizer Franken – abzusichern.

Abschließend soll noch auf einen interessanten Umstand hingewiesen werden: nämlich dass zwischen dem Goldpreis und fundamentalen Nachfragefaktoren – wie zum Beispiel den Goldkäufen der Zentralbanken – nicht notwendigerweise ein systematischer Zusammenhang bestehen muss. Zwar nahmen die Goldreserven seit den frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ab, und der Goldpreis sank. Aber seit März 2001 (der Goldpreis erreichte hier seinen Tiefpunkt von 257,95 USD pro Feinunze) bis März 2009 galt das Umgekehrte: Die Reserven nahmen weiter ab, der Goldpreis stieg jedoch stark an.“

Fazit: Die Gefahr einer weltweiten Krise ist keineswegs gebannt – im Gegenteil.  Wo immer man hinschaut, warten ungelöste Probleme: Die USA bekommen ihr Schuldenproblem nicht in den Griff – Japan hat die Geldpresse bis zum Anschlag aufgedreht – Europas größtes Problem ist nicht Griechenland oder Zypern, sondern die Tatsache, dass immer mehr Garanten für die Finanzierung der Rettungsschirme aus wirtschaftlichen Gründen ausfallen könnten. Ein niedriger Goldpreis nützt allen, die sich jetzt absichern wollen: Den Notenbanken ebenso wie den Staaten und den großen Investoren. Wenn Konzerne wie der des George Soros aus dem Gold aussteigen, sollte man sich nicht täuschen lassen: Hier geht es einfach darum, Gelder frei zu bekommen, um durch andere Investitionen mehr Geld zu verdienen, als es mit Gold momentan möglich ist. Bei Bedarf kann genauso schnell wieder umgeschichtet werden.

Wer also freie Mittel hat, um sie in physischem Gold anzulegen – und es sich leisten kann zu warten, sollte jetzt die Möglichkeit nutzen, sich verhältnismäßig günstig einzudecken.

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Gold: Wieviel ist da – wieviel ist gefragt – wie entwickelt sich der Preis?

Die US-Bank Morgan Stanley hat eine „Goldtafel“ präsentiert: Rückblickend bis 205 und vorausschauend bis 2018 betrachtet sie die weltweite Verfügbarkeit im Vergleich zum globalen Bedarf in den wichtigsten Bereichen, die Entwicklung des Preises für physisches Gold und im Bereich ETF. Zum Vergrößern klicken Sie bitte auf das Bild ganz unten.

Die Morgan-Stanley-Analysten Richardson und Crane erwarten für das erste Quartal einen durchschnittlichen Goldpreis in Höhe von 1.715 Dollar. Dieser soll sich dann im zweiten Quartal auf 1.745 Dollar und in Q3 2013 auf 1.800 Dollar erhöhen. Im vierten Quartal soll sich sogar ein Durchschnittspreis von 1.830 Dollar einstellen.  Auch erwartet Morgan Stanley eine anhaltend hohe Goldnachfrage von Finanzinvestoren und diversen Notenbanken. Letztere erhöhten 2012 ihre Bestände netto so stark wie seit 48 Jahren nicht mehr.

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Auch Privatanleger dürften weiterhin dem gelben Edelmetall treu bleiben. 2013 rechnen die Analysten bei physisch besicherten Goldprodukten mit Nettozuflüssen in Höhe von 100 Tonnen.

“Wir bleiben 2013 zuversichtlich für Gold – ungeachtet der jüngsten Schwäche, die von Sorgen über eine früher als bislang erwartete Straffung der US-Geldpolitik ausgelöst worden war”, schrieben Peter Richardson und Joel Crane. Und: “Wir bezweifeln, dass die Abweichler im Offenmarktausschuss der US-Notenbank angesichts der Wachstumsrisiken und der noch immer hohen Arbeitslosenrate vor Ende 2014 die gegenwärtige Geldpolitik ändern werden. Wir erwarten, dass sehr niedrige Nominalzinsen, ein andauerndes Festhalten an QE3 und eine nur schwache Erholung bei gleichzeitigem Druck auf den US-Dollar die Investmentnachfrage nach Gold fördern wird.”

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